Five Broken Blades (eBook)
496 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-492103-7 (ISBN)
Der König von Yusan muss sterben. Die gefährlichsten Attentäter des Reiches werden zusammengerufen, um gemeinsam einen einzigen Auftrag zu erfüllen: Den Gottkönig Joon zu töten, unter dessen unbarmherziger, unsterblicher Hand die Reichen immer reicher werden, während die Armen eingesperrt oder als Sklaven verkauft werden.
Fünf Klingen sollen ihn zur Strecke bringen: ein Leibwächter, eine Diebin, eine Meuchelmörderin, ein Fürst ohne Königreich und der Geheimdienstchef des Königs selbst. Den Mördern wird schnell klar, dass sie sich nicht nur miteinander verbünden müssen, um zu überleben. Sie müssen auch lernen, einander zu vertrauen.
Doch können sie das? Was, wenn es einen Verräter unter den Verrätern gibt?
Für Fans von Leigh Bardugo, Rebeccca Yarros oder Carissa Broadbent
Mai Corland ist in Korea geboren, in New York aufgewachsen und vor der Kälte des Winters nach Florida geflohen, um zu studieren. Wegen einer Reihe fragwürdiger Entscheidungen lebt sie jetzt wieder im Norden. Wenn sie nicht gerade schreibt, hält sie mit beiden Händen einen Cappuccino fest umklammert. Unter ihrem Namen Meredith Ireland hat sie bereits einige YA-Romane verfasst.
Kapitel 1 Royo
Umbra in Yusan
Blut gegen Gold – das ist mein Geschäftsmodell und mein Lebensmotto.
Der Händler zählt langsam die Goldmun ab, seine behandschuhten Finger zittern bei jeder Münze, die in seinem Handteller landet. Er ist etwas größer als ich, dafür sind meine Schultern doppelt so breit.
»Wird’s bald? Ich hab nicht die ganze Nacht Zeit.«
Bei meiner barschen Bemerkung fährt er zusammen, und zwei Bronzemünzen fallen klirrend zu Boden. Er lässt sie wegrollen, scheint aber zu überlegen, ob er ihnen nachlaufen soll. Zehn Höllen nochmal, wie viele Lebzeiten wird das hier noch dauern?
Endlich lässt er die Bezahlung für die gebrochene Nase und das zerschmetterte Knie in meine Hand gleiten und stürzt mit wehendem Pelzmantel in die Nacht davon. Ein vornehmes Leben ist es nicht, wenn man sich als Schläger verdingen muss, aber viel besser haben die da oben es auch nicht.
Ich gehe mit schweren Schritten die rußbedeckten Häuser entlang und zähle das Geld. Alles da. Ich stecke es in meinen Münzbeutel, verstaue ihn in der Innentasche meiner Jacke. Hinter mir in der dunklen Gasse wimmert mein letztes Opfer. Wenn er damit nicht aufhört, werden ihm die Haelgreife bis zum Morgengrauen sämtliches Fleisch von den Knochen picken. Und für eine Tötung hat der reiche Arsch von Händler nicht bezahlt.
»Lass mal den Krach sein«, sage ich.
Das Wimmern verebbt.
»Danke.«
Er ist jetzt still – könnte an meinem Auftreten oder an seinen Schmerzen liegen.
Ich überlege, ob ich zurückgehen und ihm helfen soll. Den Impuls habe ich jedes Mal. Aber es geht mich nichts an. Ist nicht mein Problem, was passiert, nachdem ich meinen Job erledigt habe. Oder warum der Händler überhaupt so eine Botschaft senden wollte.
Es würde mich nirgendwohin bringen. Ich muss aber wohin.
Ich hauche mir in die rauen Hände. Diese Scheißkälte. Die Pflastersteine sind mit einer glänzenden Eisschicht überzogen, und die Rinne friert schon zu. Die paar Bäume, die es in dieser beengten Stadt gibt, sind längst kahl. Der Winter kommt plötzlich, hier in Umbra. Aber das ist mit dem Tod ja immer so.
Wahrscheinlich sollte ich mir ein Paar warme Handschuhe kaufen, aber schon der Gedanke, eine von den Silbermünzen anzubrechen, bereitet mir Magenschmerzen. Jede Münze zählt, und eigentlich brauche ich diesen Schnickschnack auch gar nicht.
Als ich in die Alte Zollstraße einbiege, kommen mir zwei aufgetakelte Pärchen entgegen, die sofort zur Seite weichen und mich vorbeilassen. Pelzmuffs und teure gefiederte Hüte. Schickeria. Sie machen einen großen Bogen um mich und eilen davon, als wäre ich ansteckend. Wenn meine Größe die Leute nicht einschüchtert, dann spätestens die Narbe, die mein Gesicht in zwei Hälften teilt. Die Leute halten Abstand.
Gut so.
Grummelnd stoße ich mit der Schulter die Tür zum Metzger & Most auf. Ich war schon in netteren, weniger schmuddeligen Lokalen mit besserem Fraß, aber solche Läden sind nicht mein Ding. Die Schänke ist warm, aber nicht laut; kein Lärm, das ist alles, was ich jetzt brauche. Das Metzger & Most ist für mich wie Zuhause. Hier habe ich vor zehn Jahren angefangen. Kurz nach meinem fünfzehnten Geburtstag habe ich hier in der Ecke die ersten Aufträge angenommen – mit vierzig Pfund weniger Muskeln und ohne Narbe im Gesicht. Man kennt mein Geschäft, aber durch mich ist der Laden sicher, also schaut man weg.
Ich sitze auf meinem gewohnten Hocker am Ende des Tresens. Yuri sieht mich und schenkt mir ein Bier ein. Er könnte vierzig sein oder auch sechzig. Schwer zu sagen mit der Glatze. Er ist nicht sehr gesprächig, das mag ich an ihm.
Er schiebt das Bier über das abgenutzte Holz. Das Glas ist beinahe sauber. »Jemand hat nach dir gefragt.«
Ich ziehe die Brauen hoch und nehme einen großen Schluck Ale. Irgendwer fragt immer nach mir – kämpfen, verletzen, töten, so lauten die Aufträge. Das ist nichts Neues. »Na und?«
Yuri wirft sich das Geschirrtuch über die Schulter und beugt sich zu mir. »Es war ein Mädchen.«
Ich stelle das Glas ab. Das Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich schlucke und versuche, gelassen zu wirken. »Wie sah sie denn aus?«
»Hübsch«, sagt Yuri. Keine sonderlich hilfreiche Beschreibung. Ich balle die Hand zur Faust und starre ihn an. Er bekommt große Augen und reibt sich schnell die Nase, die ihm ein anderer vor einer Weile gebrochen hat. Dann wird er gesprächig: »In etwa so groß wie ich, braune Augen, kurzes schwarzes Haar. Ungefähr dein Alter – Mitte zwanzig. Roter Samtumhang.«
Ich schlucke, verdaue seine Worte. Dass eine junge Frau nach mir fragt, ist ungewöhnlich. Und »hübsch« auch – ich kann mich nicht erinnern, wann zum letzten Mal ein hübsches Mädchen zu mir gekommen ist. Vielleicht möchte sie einem alten Schulfreund einen Denkzettel verpassen, oder sie will sich an einem anderen Mädchen rächen. Aber das gibt es bei mir nicht.
»Sie übernachtet im Schwarzen Schuh«, fügt Yuri hinzu.
Die edelste Bude in ganz Umbra. Sie hat also Geld und ist nicht von hier, und trotzdem weiß sie, dass sie nach mir suchen muss. Das riecht nach Ärger.
»Kein Interesse«, sage ich.
Yuri zuckt mit den Schultern. »Wie du meinst.«
Er wendet sich einem anderen Gast am Tresen zu. Der Typ sitzt vier Hocker von mir entfernt und sieht älter aus, als er ist. Yuri ist der Einzige, mit dem er Blickkontakt aufnimmt, er ist also genau wie ich hier, um allein zu trinken. Manchmal fühlt es sich weniger einsam an, seine Sorgen in einem gemeinsamen Glas Ale zu ertränken. Sich unter die anderen Gäste zu mischen. Auch wenn man kein Wort mit ihnen wechselt. So geht es mir in den meisten Nächten.
Aber heute wird das nichts. Ich weiß jetzt schon, dass ich heute Abend nicht vergessen kann, egal wie viel ich trinke. Warum also die Kopfschmerzen in Kauf nehmen, die morgen hinter meinen Augen hämmern werden?
Ich leere mein Glas in einem Zug und stoße mich von der Theke ab, dass die Beine des Barhockers über den klebrigen Boden schrammen. »Ich bin weg.«
Yuris buschige Brauen schnellen nach oben. Was ihm auf dem Kopf fehlt, scheint ihm im Gesicht zu wachsen. »Jetzt schon?«
Er ist zu Recht überrascht. Normalerweise sitze ich mindestens ein paar Bier lang in meiner Ecke und warte darauf, dass der nächste Job reinkommt. Irgendwo gibt es immer Ärger, und der findet früher oder später zu mir. Meistens eher früher, aber manchmal braucht es auch vier Bier. Heute nur eins.
»Kopfschmerzen.« Ich tippe mir an die Schläfe, als wüsste er nicht, wo mein Kopf ist. Ist gelogen. Und ich kann in seinen wachsamen Augen lesen, dass er mir nicht glaubt.
Aber er nickt. »Gute Nacht, Royo.«
Ich will mich gerade zum Gehen wenden, da passiert es. Ein komisches Gefühl überkommt mich, wie wenn das Herz einen Schlag aussetzt. Ich könnte schwören, dass ich im Augenwinkel etwas Rotes gesehen habe. Ich blinzle angestrengt und schaue mich um, blicke in den Spiegel hinter der Theke. Nichts. Nur mein vernarbtes Gesicht und mein geschorener Kopf. Nirgends etwas Rotes. Ich schüttele mich. Ist nicht mein Abend heute. Am besten haue ich jetzt ab.
Ich verlasse das Metzger & Most und trete wieder auf die eisige Straße hinaus. Ich muss dringend die Schnürsenkel meiner Stiefel reparieren, wahrscheinlich auch das Leder ausbessern – dann kann ich sie noch eine Weile tragen.
Es ist kälter geworden, während ich in der Schänke war. Beim Atmen stoße ich kleine Wölkchen aus. Ich hauche mir in die Hände und mache mich auf den Weg.
Fünf Häuserblocks in die falsche Richtung, dann komme ich am Schwarzen Schuh vorbei. Ich kann nicht anders. Ich verlangsame meinen Schritt und starre die hellen Fenster an. Ich frage mich … dann schüttele ich den Kopf.
Was mache ich hier? Wonach suche ich überhaupt?
Ich gehe jetzt doppelt so schnell, nichts wie weg hier. Das Ganze ist zu verdächtig. Zu seltsam. Mein Instinkt täuscht mich nie, und die Narben auf meinem Körper erinnern mich an die Momente, in denen ich mein Bauchgefühl ignoriert habe. Letztes Mal hat es mich fast alles gekostet. Das passiert mir nicht mehr.
Zu Fuß dauert es über die Avalonstraße bis zu meiner Hütte am billigen Ende der Stadt fünfzehn Minuten. Die Gebäude werden immer schlichter, kleiner, je weiter ich mich vom Geschäftsviertel entferne. Seit König Joon wieder an der Macht ist, also seit meiner Kindheit, geht es mit Umbra bergab. Eigentlich mit dem ganzen Land.
Die Straße macht eine Biegung, und zu meiner Linken verläuft jetzt der Fluss. Man könnte annehmen, dass es nett ist, am Wasser entlangzugehen, aber nicht in Umbra. Unsere einzige Wasserstraße ist der dreckige Sol. Die Leute leeren ihre Nachttöpfe und ihre Mülleimer einfach in den Fluss. Und in seiner Nähe ist die Kälte noch schlimmer, klirrend, sobald man hören kann, wie das Wasser am dreckigen Ufer leckt.
Ich versuche, auf den Weg zu achten, auf die Umgebung. In Umbra lauern zu viele Gefahren: von Banden, von Männern wie mir, von den Haelgreifen, wenn man nicht aufpasst. Aber heute bin ich nicht bei der Sache. Ich bin abgelenkt.
Ich gebe Yuri die Schuld. Er ist ein Schankwirt, kein Botenjunge. Er hätte den ganzen Unsinn für sich behalten können.
Aber ich bin nicht wirklich böse auf Yuri. Wenn ich ehrlich bin, denke ich an sie. Als Yuri das Mädchen erwähnt hat, habe ich wieder gehofft. Aber die Hoffnung ist ein schartiges Messer. Die Hoffnung fügt die Scherben zerbrochener Träume zusammen, nur damit die Wirklichkeit sie wieder...
Erscheint lt. Verlag | 28.8.2024 |
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Übersetzer | Gesine Schröder, Nadine Püschel, Nadine Mutz |
Zusatzinfo | 1 s/w-Abbildung |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Action und Abenteuer • Assassinen Fantasy • Buch mit Farbschnitt • Das Lied der Krähen • enemies to lovers • Fantasy Bestseller • Fantasy Liebesromane • Fantasy Neuheit 2024 • farbschnitt fantasy • found family • koreanische fantasy • New Adult Fantasy • Onyx Storm • Rebecca Yarros • Romance und Fantasy • Romantasy • Romantasy Bücher Reihe |
ISBN-10 | 3-10-492103-2 / 3104921032 |
ISBN-13 | 978-3-10-492103-7 / 9783104921037 |
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