G. F. Unger 2260 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6250-2 (ISBN)
Am Waldrand verhält Oven Timberland seinen Rotfuchs und sieht auf seine Hütte hinunter, die am Fuße des Hanges unter hohen Föhren errichtet ist.
Er drückt den Rest seiner Zigarette am Sattelhorn aus, steckt ihn in die Tasche und reitet langsam in die Senke hinunter.
Im kleinen Hof vor dem Blockhaus, dicht vor dem Tränktrog, steht ein fremdes Sattelpferd. Oven Timberland schwingt sich aus dem Sattel, und ein Comanche hätte es nicht geschmeidiger machen können. In Deckung seines Pferdes bleibt er stehen. Seine scharfen Augen entdecken bald die Umrisse eines Mannes, der bewegungslos auf der Bank neben der Tür sitzt. Die Dunkelheit ist nahezu vollständig geworden. Oven Timberland hat seinen Colt in der Hand, als er fragt: »Mann, wer sind Sie?«
Ein leises Lachen antwortet. Und dann sagt eine tiefe Stimme im schleppenden Tonfall des Texaners: »All right, Oven. Ich bin es - aber ich bin mir nicht sicher, ob du es bist. Deshalb wartete ich. Ich möchte mit dir sprechen, Oven.«
Oven Timberland erwidert nichts. Einige Sekunden verharrt er schweigend hinter dem Pferd. Dann führt er es zum Tränktrog und nimmt ihm den Sattel ab.
»Gehen Sie in die Hütte, Thomson, und machen Sie Licht. Ich schließe die Fensterläden und komme gleich nach«, murmelt er.
Der andere Mann erhebt sich und verschwindet. Die Tür knarrt leise. Dann wird drinnen eine Petroleumlampe angezündet ...
Stern auf der Weste
Am Waldrand verhält Oven Timberland seinen Rotfuchs und sieht auf seine Hütte hinunter, die am Fuße des Hanges unter hohen Föhren errichtet ist.
Er drückt den Rest seiner Zigarette am Sattelhorn aus, steckt ihn in die Tasche und reitet langsam in die Senke hinunter.
Im kleinen Hof vor dem Blockhaus, dicht vor dem Tränktrog, steht ein fremdes Sattelpferd. Oven Timberland schwingt sich aus dem Sattel, und ein Comanche hätte es nicht geschmeidiger machen können. In Deckung seines Pferdes bleibt er stehen. Seine scharfen Augen entdecken bald die Umrisse eines Mannes, der bewegungslos auf der Bank neben der Tür sitzt. Die Dunkelheit ist nahezu vollständig geworden. Oven Timberland hat seinen Colt in der Hand, als er fragt: »Mann, wer sind Sie?«
Ein leises Lachen antwortet. Und dann sagt eine tiefe Stimme im schleppenden Tonfall des Texaners: »All right, Oven. Ich bin es – aber ich bin mir nicht sicher, ob du es bist. Deshalb wartete ich. Ich möchte mit dir sprechen, Oven.«
Oven Timberland erwidert nichts. Einige Sekunden verharrt er schweigend hinter dem Pferd. Dann führt er es zum Tränktrog und nimmt ihm den Sattel ab.
»Gehen Sie in die Hütte, Thomson, und machen Sie Licht. Ich schließe die Fensterläden und komme gleich nach«, murmelt er.
Der andere Mann erhebt sich und verschwindet. Die Tür knarrt leise. Dann wird drinnen eine Petroleumlampe angezündet ...
Als Oven eintritt, die Tür schließt und den Sattel gleich neben der Tür auf den Boden legt, zündet Thomson gerade im Herd das Feuer an.
Dann richtet er sich auf, lächelt ernst und sagt: »Es war ein weiter Ritt zu dir. Ich habe einen mächtigen Hunger, Oven. Ich denke, wir unterhalten uns nach dem Essen.«
Oven Timberland sieht den US Marshal Mac Thomson aufmerksam an.
Die scharfen Falkenaugen des Oldtimers funkeln seltsam. Ein grimmiger Ernst ist in ihnen zu erkennen.
»All right.« Oven Timberland nickt. Er nimmt einen Holzeimer und geht hinaus. Nach einer Weile kommt er zurück. Man sieht, dass er sich gewaschen hat.
Dann bereiten sich die beiden Männer ein Abendbrot.
Sie essen schweigend. Manchmal sehen sie sich in die Augen. Aber sie sprechen nicht. Und als nichts mehr da ist, schieben sie ihre Teller zurück und drehen sich Zigaretten.
»Ich stecke mir keinen Stern mehr an die Weste, Thomson, wenn Sie deshalb gekommen sind«, murmelt Oven Timberland und sieht den Alten an.
Der schenkt ihm ein freudloses Lächeln.
Oven Timberland legt beide Fäuste auf den Tisch. »Thomson, ich werde fünfunddreißig Jahre alt. Ich habe genug vom Reiten und Kämpfen. Ich baue mir hier eine Ranch auf. Eines Tages wird die Weide hier von Rindern wimmeln, die meinen Brand tragen. Und vielleicht finde ich eine Frau, die mir Söhne schenkt. Das sollte das Ziel eines Mannes sein, der sein halbes Leben schon hinter sich gebracht hat.«
Mac Thomsons faltige Gesichtshaut spannt sich plötzlich. Seine Falkenaugen werden noch schärfer. Sie funkeln.
»Sei doch ehrlich, Oven. Du hast aus anderen Gründen deinen Stern abgelegt. Du wolltest kein US Deputy Marshal mehr sein, weil dein Bruder ein Bandit wurde. Damals ließ ich dich gehen, denn es wäre hart für dich gewesen, den eigenen Bruder zu jagen. Nun, jetzt hole ich dich zurück. Du wirst dir wieder den Stern an die Weste stecken!«
Er funkelt ihn an und zeigt seine Zähne, die lückenlos und gesund geblieben sind.
»Thomson, Sie wissen ganz genau, dass Jack durch besondere Umstände plötzlich außerhalb des Gesetzes stand. Er war nie ein wirklicher Bandit und ist es auch heute noch nicht – wenn er auch in den Wild Cliffs in Gesellschaft von ...«
»Er ist tot, Oven«, unterbricht Mac Thomson sanft. Und dann beobachtet er schweigend, wie Oven Timberland den Schock bekämpft.
Oven Timberlands breite und knochige Schultern spannen sich. Seine Augen werden schmal, und in ihrem Hintergrund erscheint ein kaltes Funkeln. Dann stößt er den angehaltenen Atem aus und fragt kurz: »Wer?«
Thomson hebt die Schultern und zeigt nach Indianerart seine Handflächen.
»Jemand schoss ihm in Rushwater drei Kugeln in den Rücken. Es war Nacht, und er wollte sich gerade in den Sattel schwingen, um aus dem Ort zu reiten. Vorher hatte er im Three Bells Saloon mit Big Joe Uvalde eine Unterredung. Mehr ist mir noch nicht bekannt über seinen Tod. Ich habe jedoch von meinem Vertrauensmann einige Berichte erhalten, die für mich sehr aufschlussreich sind.«
Eine Pause entsteht. Die beiden Männer sehen sich in die Augen.
Dann murmelt Oven Timberland: »Jack hat zwei Männer getötet, um einem Freund eine Chance zu geben, dem er selbst sein Leben verdankte. Jack wurde damals zu diesem Kampf gezwungen. Und er war ein Revolvermann. Das alles stimmt. Aber ich weiß, dass er niemals eine krumme Sache mitgemacht hätte. Er war jemandem im Weg. Und dieser Jemand hat ihn in den Rücken geschossen. Nun, ich werde nach Rushwater reiten und diesen Mann zu finden wissen!«
Mac Thomson nickt.
»Das war mir von Anfang an klar«, sagt er ruhig. »Deshalb suchte ich dich auf. Hör, Oven: Wenn du in diese wilde Ecke reitest, dann reitest du mitten in einen Weidekrieg hinein.«
»Ich werde meinen Mann finden«, wiederholt Oven Timberland hart.
»Damit solltest du dich nicht begnügen, Oven.«
»Sicher nicht. Der Mann wird Freunde haben. Ich werde einen ganzen Verein in Stücke schlagen müssen. Das weiß ich. Und ich werde es tun, um meinen Mann zu bekommen.«
»Vielleicht erweist du dann der anderen Partei damit einen Dienst, Oven. Vielleicht gab es unter guten Leuten nur diesen einen Schuft. Oven, im Rushwater County gibt es noch kein Gesetz. Ich möchte, dass du einen Stern trägst, wenn du hinreitest. Der Stern wird dich zwingen, die Dinge objektiv zu sehen. Deine Achtung vor dem Gesetz wird dich auf die richtige Art handeln lassen. Du wirst dieses wilde Land eines Tages zur Ruhe bringen. Mach es auf die saubere Art, Oven. Hier ist der Stern! Steck ihn an! Dann reite hin, und bringe das Gesetz nach Rushwater. Und noch etwas, Oven: Du hast freie Hand. Alles, was du tun wirst, werde ich decken. Meine beste Zeit liegt schon einige Jahre hinter mir. Sonst würde ich selbst hinreiten und die Arbeit machen. Du willst den Mörder deines Bruders finden. Reite mit dem Stern nach Rushwater, Junge. Dann machst du es richtig!«
US Marshal Jack Thomson legt den glänzenden Stern eines US Deputy Marshals auf den Tisch. Das Metallabzeichen funkelt im gelblichen Schein der rauchenden Petroleumlampe.
Ein paar Kratzer sind auf dem Metall. Oven Timberland kennt diese Kratzer. Er nimmt den Stern in die Hand und besieht ihn sich genau.
»Das ist mein alter Stern, den ich damals zurück ...«
»Yeah, er gehörte Captain Oven Timberland, der mein erster Deputy war«, knurrt Mac Thomson. »Steck ihn dir an, Sohn!«, schnappt er plötzlich.
Oven Timberland schließt seine lange Hand um das Ding. Es ist nur ein Stück Metall mit scharfen Ecken. Aber für einen verantwortungsbewussten Mann, der nach bestimmten Grundsätzen lebt, ist es mehr.
Dieser Stern bedeutet Unbestechlichkeit.
Sein Träger darf nicht seinen eigenen Wünschen dienen.
Man muss diesen Stern – und mit ihm das Gesetz – mehr lieben als das eigene Leben.
Dieser Stern ist eine Pflicht, eine Bürde. In diesem rauen Land, in dem die meisten Männer ihr eigenes Gesetz in Gestalt eines Colts an ihrer Hüfte tragen, bedeutet dieser Stern Einsamkeit unter anderen Männern. Und er ist erst dann für seinen Träger etwas wert, wenn im Land Gesetz und Ordnung herrschen.
Das alles weiß Oven Timberland. Plötzlich steckt er sich das Ding an. Und dann sieht er Mac Thomson in die Augen.
»Ich habe ihn nun an der Weste. Aber ich habe Angst, Mac, dass ich eines Tages nicht mehr weiterweiß, ihn als Last empfinde, ihn zum zweiten Mal zurückgebe und es ohne ihn erledige«, murmelt er düster.
»Ich habe keine Angst, Oven«, knurrt Mac Thomson. »Wann reitest du?«
»Wenn ich mein Bündel gepackt habe«, erwidert Oven und erhebt sich.
✰
Rushwater
Fünf Meilen
Bleibt auf der Straße!
Oven Timberland liest die Worte. Dann verfolgt er den Lauf der staubigen Straße, die sich in Windungen neben dem Creek nach Norden zieht.
Nach einer Weile trennt sich der Wasserlauf von der Straße. Da Oven weiß, dass der Creek vom Wasserfall bei Rushwater gespeist wird, folgt er dem Creek und nicht der Straße.
Ein kaum erkennbarer Reitweg führt am Ufer entlang. An einer Biegung setzt er auf die andere Uferseite über. Das Wasser geht dem Rotfuchs bis kaum über die Knie.
Als Oven dann an einer Waldinsel vorbei will, sieht er drei Reiter im Schatten der Bäume.
Und er weiß, dass sie ihn schon seit einigen Minuten beobachten.
Als er mit den wartenden Reitern auf gleicher Höhe ist, treiben diese ihre Pferde vorwärts und reiten vor ihm auf den Weg. Über die Köpfe ihrer Pferde hinweg...
Erscheint lt. Verlag | 24.2.2024 |
---|---|
Reihe/Serie | G.F.Unger |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • GF • g f barner • Indianer • jack-slade • Jugend • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • martin-wachter • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • sonder-edition • Western • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp |
ISBN-10 | 3-7517-6250-7 / 3751762507 |
ISBN-13 | 978-3-7517-6250-2 / 9783751762502 |
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 992 KB
Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopierschutz. Eine Weitergabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persönlichen Nutzung erwerben.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich