Androiden 6: Adams Ruf (eBook)
64 Seiten
PERRY RHODAN digital (Verlag)
978-3-8453-5193-3 (ISBN)
1.
Marlynn Kane
Zwanzig Millionen Lichtjahre!
Marlynn Kane entfuhr ein leises Stöhnen. Zögernd öffnete sie die flackernden Lider.
Ein Schwall weißen Lichts überflutete sie. Es dauerte einen Moment, bis die Umgebung scharf wurde. Dann verstand sie, wo sie war. Sie lag in einer kleinen Schlafkammer – einer der Kryokapseln des gewaltigen Raumschiffs, das sie Silberarche genannt hatten.
Immer noch ein wenig wirr im Kopf stützte Kane sich auf die Unterarme und richtete sich halbwegs auf. Hatten sie soeben tatsächlich die Distanz von zwanzig Millionen Lichtjahren überwunden?
Die Silberarche erreichte einen Überlichtfaktor von 45 Millionen. Ihr Schlaf hatte also ein halbes Jahr gedauert. Insgesamt war ein ganzes Jahr vergangen, seit sie von Asgylon zur Welt der Roboter im intergalaktischen Leerraum aufgebrochen waren. Oder hatte sie das alles nur geträumt?
Kane fasste sich an den Schädel und stöhnte noch einmal. Oh, sie war sicher, für Helden der Galaxis wie Perry Rhodan und Gucky gehörte das alles zum Tagesgeschäft. Aber mal ganz im Ernst: Was hatte sie, Marlynn Kane, hier verloren?
Klar, sie hatte sich der Explorerflotte angeschlossen. Also raus in die unendlichen Fernen! Es gehörte zu ihrem Beruf, fremdartige Lebensformen zu erforschen. Und war die Roboterzivilisation, der sie begegnet waren, nicht eine fremdartige Lebensform? Sie wollte ihren Job machen. Sie wollte das Gefühl haben, zu irgendwas Nutze zu sein. Aber musste sie deswegen gleich mit Perry Rhodan durch Raum und Zeit hüpfen?
Kane drückte den gläsernen Deckel der Kryokapsel hoch, kletterte aus dem Behältnis und setzte zitternd ihre nackten Füße auf den Boden.
Der riesige Raum war hell erleuchtet. Wie es aussah, nur für sie. Denn sie war allein. Links und rechts und direkt gegenüber waren Dutzende weiterer Kryokapseln aufgereiht, jede mit Platz für einen Menschen oder ein ähnlich großes Lebewesen. Sechs der anderen Kapseln waren, ebenso wie ihre, geöffnet.
Na typisch, sie war also die Letzte, die aufgewacht war.
Kane drehte den Kopf zu beiden Seiten. Ihre Kameraden waren nirgends zu sehen. Da sie alle die Silberarche bereits ausführlich erkundet hatten, war Rhodan wohl der Ansicht gewesen, Kane brauchte diesmal keinen, der auf sie wartete und sie beim Aufwachen betreute. Langsam begann sie, ihre Kleidung und die Stiefel überzustreifen, die fein säuberlich in einem Schränkchen neben der Kapsel aufbewahrt wurden. Kam wenigstens ein Roboter, der Kaffee brachte?
*
Der Weg in die Zentrale erschien Marlynn Kane unendlich lang.
Dieses silberglänzende Kugelschiff mit einem Durchmesser von über einem Kilometer war für Roboter gebaut worden. Dennoch enthielt es Elemente, die für biologische Organismen gedacht war, von der atembaren Luft und dem hellen Licht im Innern bis zu den Kälteschlafkammern für Langdistanzflüge. Die Roboter, die die Galaxis angriffen, sahen sich als hilfreiche Diener der Menschen, deshalb waren ihre Schiffe für Menschen geeignet. Bloß war ihr Programm aus irgendeinem Grund gestört worden. Deswegen erkannten sie die Menschen nicht mehr.
Kane ging durch lange Korridore, das Klackern ihrer Raumstiefel hallte von den Wänden wider. Sie erreichte den Antigravschacht, und kurz darauf stand sie endlich vor dem Zentraleschott. Die Silberarche wirkte einsam und leer. Für einen Moment durchfuhr Kane ein schrecklicher Gedanke. Was, wenn die Arche verlassen war und sie den Rest ihres Lebens auf diesem Geisterschiff verbringen musste?
Das Schott glitt mit einem Zischen zur Seite. Als Kane vertraute Stimmen hörte, atmete sie erleichtert auf. Da waren Perry Rhodan, Kor Chappal, Gucky und die anderen!
Kor Chappal löste sich umgehend von der Station, an der er gerade arbeitete, und ging auf Kane zu. Sie spürte, wie ihr Herz ein wenig schneller schlug. Für einen Technikfreak wie Chappal musste es ein Freudenfest sein, das Innere eines solchen Robotschiffs zu erkunden. Dennoch kam er sofort zu ihr.
»Na, gut geschlafen?« Sanft nahm er sie in die Arme und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Siehst noch ein wenig wuschelig aus.«
Für einen Moment schloss sie die Augen und ließ ihren Kopf an seine Schulter sinken. Wenigstens hatte sie in diesem verrückten Abenteuer einen Menschen gefunden, der ihr Halt gab. War es nicht das, was sie in Wahrheit die ganze Zeit gesucht hatte?
Sie öffnete die Augen wieder und gestattete sich, ganz und gar in der Gegenwart anzukommen.
Perry Rhodan stand mit dem Rücken zu ihr inmitten eines halbtransparent flimmernden Holos, das Sternkonstellationen in schneller Veränderung zeigte. Rhodan schien sich überhaupt nicht zu bewegen. Offenbar nutzte er die telepathische Schnittstelle, die die Androgyn-Roboter in Menschenstadt freigeschaltet hatten. Durch diese Hilfe konnten Rhodan und seine Begleiter das Schiff inzwischen uneingeschränkt bedienen. Er war anscheinend gerade dabei, den Kurs der Silberarche neu zu programmieren.
Weiter hinten saß Gucky in einem Kontursitz. Er ließ den Sitz drehen und winkte Kane quer durch den Raum mit einem Pfötchen zu. Gucky sah aus wie eine zu groß geratene Maus mit Biberschwanz. Wenn er gewollt hätte, hätte er sich direkt vor ihre Nase teleportieren können. Er verzichtete aber darauf.
Ein weiteres Wesen schob sich Kane auf eigenartige Weise entgegen, um sie zu begrüßen. Es sah noch fremdartiger aus als der Mausbiber: Der Chenno Auquun war eine anderthalb Meter lange Kröte mit einem großen halbkreisförmigen Maul und vier Augen, zwei vorne und zwei an den Seiten, die hinter schützenden Hautfalten lagen.
Unter dem großen Maul, das zur Atmung und Nahrungsaufnahme diente, lag eine zweite Körperöffnung, mit der der Chenno Laute von sich geben konnte. An Land kommunizierten die Chenno untereinander meist in einer Gebärdensprache. Eigentlich fühlten sich die amphibischen Wesen aber im Wasser am wohlsten. Wenn Auquun zu den Menschen sprach, gab er Töne durch sein zweites Maul von sich, vor dem ein wassergefüllter Sprechsack hing.
Kane hatte sich ihrer Jobbeschreibung gemäß ausführlich mit den Chenno befasst. Damit hatte alles angefangen. Chentap, die Heimat der Chenno, war einer der ersten Planeten gewesen, den die Roboter überfallen hatten.
Kane und Chappal und die anderen waren mittendrin gewesen, weil sie sich ausgerechnet diesen Zeitpunkt ausgesucht hatten, den Planeten zu erforschen. In was für einen Quantendreck waren sie da geraten! Natürlich hatte Kane, statt sich im rechten Moment aus dem Staub zu machen, nichts Dringenderes zu tun gehabt, als Rhodan auf seiner Reise mit der Silberarche zu begleiten. Chappal hatte gezögert, aber letztlich hatte er sich Rhodans Team angeschlossen – Kane zuliebe.
Neben Gucky saßen noch die beiden Raumsoldaten in der Zentrale. Sie beschäftigten sich mit Holos, die irgendwas mit Navigation oder Ortung zu tun haben mussten. Wie hießen sie doch gleich? Calvin Domiro und Tom Marg. Der eine hatte eine Glatze, der andere schwarze Stoppelhaare. Sie mochten beide so um die dreißig Jahre alt sein. Mehr, musste sie zugeben, wusste sie über die beiden nicht, die erst in letzter Minute zu ihnen gestoßen waren.
Das war Rhodans Team. Sieben unterschiedliche Lebewesen. Sie waren in die Welt der Roboter gereist und nun mit einer wichtigen Information in die Heimat zurückgekehrt.
Kane fühlte sich noch immer etwas benommen von der langen Reise. »Sind wir ... wirklich wieder in der Milchstraße?«, fragte sie, während sie versuchte, auf den Holos der Soldaten eine bekannte Konstellation zu erkennen. Sie war zwar in der Explorerflotte, aber keine Astronavigatorin. Sie fühlte sich leicht deplatziert. Alle außer ihr schienen genau zu wissen, was gerade Sache war.
Zu Kanes Überraschung war es ausgerechnet Rhodan, der sich langsam zu ihr umdrehte und sie freundlich anlächelte. War er wirklich erfreut, sie zu sehen, oder war es nur die Erleichterung, dass die Aufgabe erledigt war, mit der er sich gerade beschäftigt hatte?
»Ja, Marlynn, wir sind zurück in der Milchstraße. Das ist die gute Nachricht. Willkommen in der Heimat.« Rhodans Lächeln verschwand. »Leider gibt es auch schlechte Nachrichten.«
*
In der Milchstraße herrschte Krieg.
Ein ganzes Jahr Terra-Standardzeit war vergangen, seit sie zu der Roboterwelt aufgebrochen waren, die in Richtung Große Leere lag, allerdings doch noch weit von dieser astronomischen Superstruktur entfernt.
In diesen zwölf Monaten waren in der Heimatgalaxis die Silberkugeln der Roboter aufgetaucht. Überall.
Sie hatten den Einflussbereich der Liga Freier Galaktiker geradezu überschwemmt, mit Nachschub, der unerschöpflich schien. Entsetzt sah Kane Szenen von Kampf und Vertreibung in Holoaufzeichnungen, die ihre Kameraden aus dem umfangreichen Funkverkehr der Galaxis extrahiert hatten.
Die Robotschiffe waren über Ertrus und Olymp hergefallen, in den Sternsystemen der Epsaler, Plophoser und Imarter materialisiert. Sie hatten abgelegene Kolonialplaneten genauso angegriffen wie Sternenreiche mit schlagkräftigen Raumflotten. An unzähligen Orten waren die Silberkugeln wie aus dem Nichts gekommen und hatten ihre Energiestrahlen auf Raumschiffe und Siedlungen abgefeuert. Überall, wo sie erschienen waren, hatten sie den Sieg davongetragen.
Nach aktuellem Stand führte die Liga-Flotte einen verzweifelten Abwehrkampf.
Konvois mit Milliarden Flüchtlingen zogen durch die Galaxis.
»Das ... das kann doch nicht wahr sein!«, stammelte Kane. »Wir müssen was tun!«
Die anderen schwiegen betroffen. Für sie lag der Schock wohl schon eine oder zwei...
Erscheint lt. Verlag | 23.5.2024 |
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Reihe/Serie | PERRY RHODAN-Androiden |
PERRY RHODAN-Androiden | PERRY RHODAN-Droiden |
Verlagsort | Rastatt |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | Neo • Perry Rhodan • Perryversum • Science Fiction |
ISBN-10 | 3-8453-5193-4 / 3845351934 |
ISBN-13 | 978-3-8453-5193-3 / 9783845351933 |
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