MULELE (eBook)

Ein Roman aus dem Herzen Afrikas
eBook Download: EPUB
2024 | 5. Auflage
281 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7584-5440-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

MULELE -  Michael Birnbaum
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Michael Baumann, Afrika-Korrespondent einer großen deutschen Zeitung, erfährt mitten im Kongo-Krieg 1996 eine unglaubliche Geschichte über eine vor Jahrzehnten von Rebellen entführte Missionarin, die in Geiselhaft ein Kind zur Welt gebracht hat. Baumann kennt das Gerücht von einem Rebellenchef irgendwo im Kongo - einem »Halbblut«, der sich Mulele nennt. Ist dieser Kriegsherr das Kind der Missionarin?   Es gelingt ihm, zu Mulele vorzudringen. Aber nun verstrickt sich der Journalist immer tiefer in den Konflikt. Im wirren Treiben der Kriegsherren, Söldner und Todesschwadronen wird Michael Baumann vom kritischen Beobachter immer mehr zum Parteigänger. Baumann offenbaren sich die Machtstrukturen und Menschen, die diesen Konflikt zu orchestrieren versuchen. Derweil geht der Bürgerkrieg im finsteren Herzen Afrikas erstaunlich schnell seinem Ende zu. Am Pfingstwochenende 1997 nehmen Laurent Kabilas Rebellen die Hauptstadt ein. Mit einer kleinen Cessna fliegt Baumann wieder in die letzte freie Region des Riesenreiches am Ende der Welt. Denn Mulele will, dass er journalistischer Kronzeuge seines Kampfes wird. Hier im Ituri-Wald will er eine selbstbestimmte Republik gegen Kabila und den Rest der Welt durchsetzen Doch Muleles Kämpfer werden niedergemäht, Mulele selbst gelingt die Flucht. Michael Baumann, schwer an Malaria erkrankt, fällt in die Hände der Todesschwadronen. Als er nach Fieberträumen wieder aufwacht, soll er ihnen verraten, wohin Mulele geflohen sein könnte. Und Michael Baumann muss sich entscheiden, zu wem er hält... Ein mitreißender Roman auf dem Hintergrund der blutigen Kriege im Herzen Afrikas, für alle Leser von Frederick Forsyth und John Le Carrè.

Michael Birnbaum, geboren 1955, war fast zwei Jahrzehnte Redakteur, Kommentator und Korrespondent der »Süddeutschen Zeitung«. Für diese Zeitung war er in den 1990er Jahren der Korrespondent in Afrika. Seine Erlebnisse und Erfahrungen in dieser Zeit inspirierten ihn zu diesem Roman - von dem er immer behaupten wird, er sei ganz und gar erfunden. Michael Birnbaum hat bereits zwei Sachbücher zu Afrika geschrieben (»Die schwarze Sonne Afrikas«, 2000 Piper, und »Krisenherd Somalia. Das Land des Terrors und der Anarchie«, 2002 Heyne). Er lebt heute in München. Kontakt zum Autor: birnbaum@me.com, www.drbirnbaum.de

Michael Birnbaum, geboren 1955, war fast zwei Jahrzehnte Redakteur, Kommentator und Korrespondent der »Süddeutschen Zeitung«. Für diese Zeitung war er in den 1990er Jahren der Korrespondent in Afrika. Seine Erlebnisse und Erfahrungen in dieser Zeit inspirierten ihn zu diesem Roman – von dem er immer behaupten wird, er sei ganz und gar erfunden. Michael Birnbaum hat bereits zwei Sachbücher zu Afrika geschrieben (»Die schwarze Sonne Afrikas«, 2000 Piper, und »Krisenherd Somalia. Das Land des Terrors und der Anarchie«, 2002 Heyne). Er lebt heute in München. Kontakt zum Autor: birnbaum@me.com, www.drbirnbaum.de

KRIEG AM ENDE DER WELT


 

AM GRENZÜBERGANG


 

Montagmorgen, kurz vor 8 Uhr. Der Kivusee lag vor ihnen, glänzend wie eine frisch polierte Silberscheibe, beschienen von der gleißenden Sonne. Nicht ein Staubkörnchen trübte den klaren Blick. Auf der einen Seite erstreckte sich die hügelige Landschaft Ruandas, stets grün und größtenteils von üppigen Wäldern bedeckt, mit den markanten Musterungen der angelegten Anbauflächen. Auf der anderen Seite breitete sich der tiefgrüne Tropenwald des Zaires aus, der sich von den Hängen der Virunga-Vulkane bis hinunter zum Ufer des Sees erstreckte. Ein fruchtbarer, unheimlicher und düsterer Wald, durchzogen von Sonnenflecken, in wilder Vitalität brodelnd, ein Ort des ewigen chaotischen Lebens.

Vor der Grenzstation am See, über die man hier Ruanda verlassen konnte, staute sich eine Wagenkolonne. Die Weltpresse war früh aufgestanden. Ein Geländewagen reihte sich an den anderen, weiße Journalisten, schwarze Fahrer. Jeder wollte wissen, was drüben los war, jeder wollte nachschauen, was drüben in Goma im Zaire geschehen war.

Die vergangene Nacht war erfüllt von Gewehrfeuer und dem Donnern explodierender Mörsergranaten. Es wurde berichtet, dass die Rebellen die Stadt überrannt hatten, jene Rebellen, von denen niemand genau wusste, wer sie waren, und die bereits vor einigen Tagen Bukavu weiter südlich eingenommen hatten.

Unter den wartenden Journalistenkollegen befanden sich viele Bekannte von Michael Baumann, sei es aus dem Bürgerkrieg in Ruanda vor zwei Jahren oder sogar noch aus den Tagen in Somalia davor. Die Fernsehteams reihten sich eines nach dem anderen artig in die Warteschlange ein.

»Hey Chris«, rief Baumann einer kleinen, etwas untersetzen Frau mit kurzen Haaren zu. Chris war für die BBC in Nairobi stationiert. Sie hatte Baumann in den vergangenen Jahren überall getroffen: Ruanda, Somalia, auch in Angola und nicht zuletzt in Nigeria.

»Weiß du, ob es überhaupt heute noch weiter geht«, rief Chris zurück. Sie hielt immer gerne Abstand von Michael Baumann, wenn er seine brennende Zigarette zwischen den Fingern hielt. Sie war eine leidenschaftliche Nichtraucherin.

»Keine Ahnung, mal schauen. Sehe dich drüben.« Baumann ging die Wagenkolonne wieder zurück zu ihren zwei Kleinbussen. Darin hatten sie alles reingepackt, was Bob Luci am Freitag per Funk durchgegeben hatte.

Bob Luci führte das Virunga-Krankenhaus in Goma, das Douglas McFarland vor drei Jahren eingerichtet hatte. In dem Krankenhaus schien es gar nichts mehr zu geben. Sie hatten von Mullbinden bis zu einfachen Infusionen, Desinfektionsmitteln und OP-Handschuhen alles am Samstag auf dem Wilson Airport in Nairobi in die gecharterte Cessna Caravan geladen und waren dann Sonntagmorgen nach Kigali in Ruanda geflogen. Dort hatten sie sich zwei Kleinbusse organisiert und waren die gut geteerte Straße bis an die Grenze in Gisenyi gefahren.

Denn die Idee war einfach: Auch wenn sie keine Journalisten rüberlassen, medizinische Güter für das einzige noch funktionierende Krankenhaus mit Arzt würden auch die Rebellen begrüßen. Denn Bob Luci half jedem Menschen, Mann, Frau, Kind, Flüchtling, Soldat oder Rebell. Das war seine und Douglas McFarlands Maxime: Wir sind da, um Menschen zu helfen - ohne Unterschied.

Alle anderen Hilfsorganisationen hatten auf Geheiß der UNO den Ostzaire an diesem Wochenende verlassen. Zaires Staatsoberhaupt, Mobutu, der Mann mit der Leopardenkappe, hatte das verlangt. Alle raus, sonst verletzt ihr die Souveränität des unabhängigen Zaire.

Welch ein Unsinn. Im Ost-Zaire hatte die Zentralregierung im fernen Kinshasa nichts mehr zu sagen. Mobutu setzte mal wieder, wie so viele der afrikanischen Potentaten, auf die wirksame, weil tödliche Waffe »Hilfe verweigern«. Wer es nicht mit mir hält, erhält auch nicht die süßen Gaben der weißen Helfer, kein Essen, keine medizinische Versorgung, keinerlei Hilfe von außen. Schluss. Also haltet zu mir.

Douglas McFarland und Michael Baumann hatten nicht einmal eine gute Stunde miteinander diskutiert. Douglas McFarland hatte Michael Baumann um Rat gebeten. »Wenn wir nicht rausgehen, uns der UNO verweigern, kann das das Ende meines Jobs bedeuten. Aber ich will bleiben, zum Schutz meiner Leute drüben - und weil es einfach das Richtige ist«, hatte Douglas McFarland schließlich nach hitziger Diskussion und scharfem Hin und Her und, zugegebenermaßen, manchem Glas Malt Whiskey verkündet. »Entweder wir helfen allen oder niemandem. Mitmenschlichkeit kennt keine Unterschiede.«

Das konnte Michael Baumann sofort unterschreiben. Also hatten sie den Plan entwickelt, möglichst viel Hilfsgüter einzupacken und rüber zu machen - entweder nur als Unterstützer des Krankenhauses, oder notfalls auch unter Baumanns Flagge des Journalismus.

Auf der Fahrt durch die Hügel Ruandas hatten sie wieder und wieder versucht, Funkkontakt zu Bob Luci aufzunehmen. Kein Wort kam zurück.

»Bob hat bestimmt sein Funkgerät verschwinden lassen, damit die Rebellen ihn nicht damit erwischen. Funk heißt in Afrikas Bürgerkriegen immer Geheimnisverrat. Wenn ein Funkgerät entdeckt wird, das endet meist tödlich«, hatte Douglas McFarland sich und Baumann beruhigt.

Also standen die Rebellen kurz vor Goma. Oder waren sie schon drinnen?

»Wir werden sehen«, meinte Baumann nur, der mit seinen Gedanken ganz woanders war. Was für eine verrückte Welt, dachte er sich. Jetzt fahren wir mit Medizingütern in Richtung Zaire über von deutscher Entwicklungshilfe finanzierten, tadellosen Teerstraßen, die noch unter dem Hutu-Diktator Juvénal Habyarimana vor allem von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg finanziert worden waren. Diese Gegend hier im Nordosten Ruandas war das Einflussgebiet des Mannes gewesen, der als Verteidigungsminister Anfang der 70er Jahre gegen seinen Hutu-Verwandten auf dem Präsidentenstuhl geputscht hatte.

Habyarimana hatte dann die Trennung von Hutu und Tutsi auf die Spitze getrieben. Tutsi mussten einen Vermerk ihrer »Ethnie« in den Ausweispapieren mit sich herumtragen. Der afrikanische Judenstern. Keine guten Jahrzehnte für Tutsi in Ruanda.

Deswegen waren viele geflüchtet, nach Uganda, nach Burundi oder eben in den Zaire. Viele hatten dann auch den Weg nach den USA oder England gefunden. Dort war das Überleben sicherer, in Ruanda enteignet wurden sie so oder so. Also hatten die Exil-Tutsi eine Rebellenarmee aufgestellt und waren immer wieder vor allem aus Uganda im Norden eingesickert.

Friedensgespräche, international vermittelt, sollten wieder Ruhe schaffen. Da hatten sie Habyarimanas Flugzeug auf dem Weg von der Unterzeichnung abgeschossen. In der Maschine saß auch sein Präsidentenkollege aus Burundi. Beide tot. Aber nur in Ruanda hatte das Morden begonnen, wie auf Knopfdruck, vorbereitet, brutal mit Pangas, großen Buschmessern, die Tutsi sollten ausgelöscht werden, Völkermord.

Das ließ sofort die Vermutung aufkommen, dass es die Hardliner unter den Hutu gewesen sein mussten, die den »schwachen« Präsidenten aus dem Weg geschafft hatten. Wahrscheinlich war seine Frau dabei oder sogar die Chefin dieses reaktionären Mordkomplotts.

Aber die Kalkulation ging nicht auf. Die Tutsi hatten am Ende gewonnen - und diesmal mussten die Hutu fliehen, vor allem in den Zaire. Menschenmassen waren, ihre Habe auf dem Kopf zu einem Bündel zusammengebunden, zu Fuß über die Grenze gegangen.

Baumann wurde unversehens aus seinen Gedanken gerissen. Die letzte Kurve bergab hatte der Fahrer ziemlich schnell genommen, hinten rutschten die locker geladenen Kisten mit Hilfsgütern auf die rechte Seite und krachten gegen die Karosserie.

Vor ihnen lag Gisenyi, das kleine Grenzstädtchen, ein malerischer Fleck am nördlichen Ende des Kivusees. Diese Landschaft passte so gar nicht zu der grausamen Wirklichkeit, die sich hier erst vor zwei Jahren zugetragen hatte.

Grüne wilde Natur ließ sich von der Sonne in diesem angenehmen Höhenklima am Äquator ins rechte Licht rücken. Dann dieser See, der einfach nur schön da lag und sich sonnte.

Douglas McFarland ließ anhalten. Er wollte hier von der letzten Anhöhe vor der Grenze noch einmal versuchen, Bob Luci anzufunken. »Bob, bitte melden, hier ist Douglas. Nur ein kurzes Lebenszeichen, bitte melden.«

Michael Baumann nutzte den Stopp für eine Zigarette. Während er sie sich anzündete, hörte er nur die elektrischen Entladungen der Luft durch das Funkgerät verstärkt zurückkommen.

Was für ein Blick: Unter ihnen lag Gisenyi, das schon in der deutschen Kolonialzeit gegründet worden war. Dort fanden sich noch Wohnhäuser aus dieser Zeit. Aber auch in der belgischen Kolonialzeit nach dem Ersten Weltkrieg lebten hier viele Kolonialbeamte und Siedler. Das war auch ein schönes Plätzchen Erde hier.

»Bob, bitte melden«, hörte Baumann Douglas McFarland einen neuen Versuch starten, Kontakt zum Krankenhauschef in Goma herzustellen.

Ja, man konnte Teile von Goma jenseits der Grenze am westlichen Seeufer sogar schon sehen. Goma, ihr Ziel, drüben im Kongo, der heute Zaire hieß.

Baumann war schon einmal in dieser Gegend gewesen, als er sich aufgemacht hatte, die Berggorillas in den Virunga-Bergen zu finden. Zwei Tage lang war er mit der Familie des Silverbacks Marcel drüben durch die Regenwälder an den Berghängen gestrichen. Das war ein herrliches Erlebnis gewesen. Aber er war nie dazu gekommen, darüber in der Zeitung zu schreiben, weil vier Tage nach seiner Rückkehr nach Nairobi der Bürgerkrieg und der Völkermord in Ruanda ausgebrochen war.

Jetzt sah Goma von hier oben ganz friedlich aus. Von Kämpfen war nichts zu hören oder zu sehen. Dafür erspähte Baumann ganz...

Erscheint lt. Verlag 1.1.2024
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Afrika • Afrikanischer Konflikt • Auslandskorrespondent • Botschafter • Journalist • Kolonialismus • Kongo
ISBN-10 3-7584-5440-9 / 3758454409
ISBN-13 978-3-7584-5440-0 / 9783758454400
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