Nur die Wühlmaus war Zeuge (eBook)

Ein Schrebergarten Krimi

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
224 Seiten
Emons Verlag
978-3-98707-163-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nur die Wühlmaus war Zeuge -  Martina Pahr
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Ein erfrischender und herrlich humorvoller Kriminalroman mit viel Liebe für Kleingärten und Kleingärtner. Als Valentina in ihrem neuen Schrebergarten einen Teich anlegen will, gräbt sie dabei den Vorbesitzer ihrer Parzelle aus - ermordet. An Verdächtigen für die Tat mangelt es nicht: Alt-Hippie Jo, der hinterm Kirschlorbeer Marihuana anbaut, Senta, einst die »Uschi Obermaier der Anlage«, samt ihrem devoten Ehemann oder Konrad und Lisa alias »Maultäschle und Meerschweinle«, das blitzsaubere Paar aus dem Schwabenland. Und das sind längst nicht alle. Zum Glück erhält Valentina Unterstützung von ihrer betagten Nachbarin Friedl, die sich als wahrer Schrebergarten-Sherlock erweist. Denn der zweite Mord lässt nicht lange auf sich warten.

Martina Pahr, Jahrgang 1968, lebt vom Schreiben und in München - und zwar beides sehr gern. Nach nervenaufreibenden Jahren als Fernsehredakteurin, Reiseleiterin und PR-Frau verbringt sie nun den Winter mit ihrem Laptop in Asien und den Rest des Jahres im Schrebergarten, wo sie die Nachbarschaft mit ihrer Experimentierfreude verblüfft (und mit ihrem Mangel an Fachwissen in Erstaunen versetzt). Sie ist Vorsitzende der Regiogruppe Bayern der Mörderischen Schwestern e.V. und tritt mit Begeisterung auf Lesebühnen auf.

Martina Pahr, Jahrgang 1968, lebt vom Schreiben und in München – und zwar beides sehr gern. Nach nervenaufreibenden Jahren als Fernsehredakteurin, Reiseleiterin und PR-Frau verbringt sie nun den Winter mit ihrem Laptop in Asien und den Rest des Jahres im Schrebergarten, wo sie die Nachbarschaft mit ihrer Experimentierfreude verblüfft (und mit ihrem Mangel an Fachwissen in Erstaunen versetzt). Sie ist Vorsitzende der Regiogruppe Bayern der Mörderischen Schwestern e.V., tritt mit Begeisterung auf Lesebühnen auf und betreibt selbst die ABGEBRÜHTe Comedy-Reihe in München.

5

Zwei Tage später war es dann so weit: Ich durfte wieder in meinen Garten. Sein Image als Insel der Glückseligen war mittlerweile natürlich nachhaltig geschreddert.

Dies war in jeder Hinsicht ein Ausnahmejahr für mich, das mit gleich mehreren Premieren Herausforderungen an allen Ecken bot. Zum einen war ich frisch geschieden. Tatsächlich hatte ich mich auf die Warteliste für eine urbane Oase setzen lassen, als es anfing, in meiner Ehe zu kriseln. Oder besser: als uns beiden langsam dämmerte, dass unsere Lebensentwürfe doch nicht so gut miteinander harmonierten, wie wir immer gedacht hatten, und wir noch hofften, es irgendwie einrenken oder wenigstens ignorieren zu können. Zum anderen war es mein erster Garten; dies allein schon ein massives Projekt, das mir auch in schlichteren Jahren einiges abverlangt hätte. Doch in diesem hatte ich darüber hinaus endlich den Sprung in die Freiberuflichkeit gewagt und mich als Kinderbuchillustratorin selbstständig gemacht. Eine Handvoll solider Anfragen, die einträgliche Folgeaufträge versprachen, hatten mir den Einstieg nahegelegt – und natürlich auch mein früherer Chef, der mit seiner Hektik jede Kreativität im Keim erstickt hatte.

Nun kam zu alldem noch ein Mordopfer, das in unmittelbarer Nähe aufgetaucht war. So abgebrüht wir auch zu sein glauben bei all den Nachrichten und Krimis, die wir tagtäglich konsumieren: Eine unmittelbare, echte Begegnung, noch dazu aus heiterem Himmel und offener Erde, macht was mit einem. Die Redewendung »Dem Tod von der Schippe springen« hatte sich für mich umgekehrt: Ich hatte den Tod buchstäblich auf die Schippe respektive den Spaten genommen. Das machte noch mehr mit mir.

»Kneifen gilt nicht, Liebchen«, hatte mir die Lerche zugeflüstert und ein wenig vom Kreislauf der Biologie erzählt. Wir gärtnern, um zu leben, und leben, um auf dem Kompost der Ewigkeit zu landen … irgendwas in der Art. Leider musste sie arbeiten, weshalb ich mich dem Tatort allein stellte.

Irgendeine gute Seele hatte den Aushub wieder in das Loch zurückgeschaufelt, den Teil, den Wiggerl eingenommen hatte, mit Gartenerde aufgefüllt und das Ganze platt gedrückt. Das sah proper aus, und die Lust auf einen Teich war mir ohnehin vergangen. Erdbeeren würden sich hier auch gut machen, überlegte ich. Doch obwohl die Leiche, die guten Dünger abgegeben hätte, nicht mehr da war, hatte ich Skrupel, Erdbeeren zu essen, die möglicherweise noch ein paar Moleküle meines Vorgängers enthielten.

Ein schriller Pfiff von nebenan, begleitet von einem heiseren Bellen, holte mich aus meinen Gedanken. Mein Nachbar stand am Zaun. »Furchtbar, Valentina. Was für ein Einstand. Wie geht es dir?«

Flokati streckte sich am Zaun hoch und leckte meine Hand. Die Anteilnahme, ich gebe es zu, tat gut. Dieses Gefühl wurde nur leicht geschmälert durch die unverhohlene Neugier, die aus Jos Augen stach.

»Ach, ich stehe noch richtig unter Schock«, wollte ich ihm mein Leid klagen, als er mich unterbrach.

»Was sagt die Polizei? Weiß man schon was?«

Die Grenzen von Jos Mitgefühl waren eng gesteckt. Um ihm einen leichten Dämpfer zu versetzen, erzählte ich eine wilde Geschichte: »Sie haben schon einige Spuren, Sepp. Und etliche davon führen in den Garten. Vielmehr bleiben sie im Garten, um genau zu sein.«

Jo schüttelte sich, als hätte er in eine Zitrone gebissen. »Meine Freunde nennen mich Jo, das weißt du doch.« Er rümpfte seine Nase in Richtung von Sentas und Adis Garten. »Solche Leute, klar, die sagen Sepp, aus reiner Bosheit. Auf die musst du nicht hören. Weißt du, wofür Adi die Abkürzung ist?«

»Adalbert?«

»Denk noch mal nach. Ist ein bekannter Name, Teil unserer Geschichte. Und dann überleg dir, wie ein Mensch gestrickt sein muss, wenn er diesen Namen nicht ändert.«

Ich überlegte. Was sagte es aus, wenn man den Geburtsnamen behielt, selbst wenn er durch Namensvettern und -basen eine schale Assoziation bekommen hatte? Hatte mein Nachbar übersehen, dass er sich den Vornamen mit Stalin teilte, der selbst nicht gerade als Gutmensch in die Geschichte eingegangen war? Jo hielt mein grüblerisches Schweigen nicht lange aus und schlug vor, bald mal an einem Wochenende meinen Einstand mit einem zünftigen Umtrunk zu feiern. Damit ich alle kennenlernen und den Schock überwinden könne.

»Das ist aber nett von dir, danke.«

»Ja, nicht bei mir! Bei dir im Garten, ist ja dein Einstand. Ein kleines Grillfest bricht das Eis. Musst halt warten, bis Friedl wieder zurück ist.«

Da war sie wieder, die mysteriöse Friedl. So langsam wurde ich wirklich neugierig. Aber ich hielt mich bedeckt und fragte stattdessen: »Standet ihr euch nahe, der Wiggerl und du?«

Jos leicht gerötete Augen wurden feucht, wie die von Konrad ein paar Tage zuvor. Er zwinkerte ein paarmal und antwortete dann: »So nah sich Nachbarn nur stehen können. Wiggerl und ich waren die einzigen Junggesellen hier, das verbindet. Nur dass er nie verheiratet war und ich geschieden bin. Aber mein Sohn besucht mich nur ab und zu mal, im Grunde flogen wir alten Herren beide solo. Und Wiggerl war ein guter Mensch, geradeheraus und hilfsbereit. Da könnten sich andere eine Scheibe von abschneiden.«

Er schaute wieder zu seinen direkten Nachbarn hinüber. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und eilte davon. Flokati hechelte ihm hektisch hinterher.

Ich nahm den Spaten in die Hand, brachte es aber nicht über mich, ihn in die Erde zu stoßen. Das Gefühl, wie er den fremden Körper berührt hatte, seltsam nachgiebig und doch fest, juckte immer noch in meinen Handflächen. Unmotiviert zog ich mit der langstieligen Gartenkralle ein wenig Grünzeug aus dem verwahrlosten Gemüsebeet. »Verwahrlost« war nicht meine eigene Wertung. Ich sah da nichts anderes als bunt zusammengewürfelte Blümchen, die hier ein erfülltes Pflanzendasein führten. Aber ein gediegenes Schrebergartenbeet sah eben doch anders aus. Da wurden der kurvenreichen Natur, die sich hierhin und dorthin wölbte, wenn man sie nicht mit Gartenschere und Drähten daran hinderte, klare Linien entgegengesetzt: Radieschen in Reih und Glied, dahinter Möhren, Lauch, Bohnen oder Grünkohl. Ich fragte mich, wo die Bezeichnung »Kraut und Rüben« für ein wildes Durcheinander eigentlich herkam. Sicher nicht aus einer Kleingartenanlage. Krautiges und Rübenartiges wuchs hier sortiert und strukturiert, wie mir bereits aufgefallen war, als ich auf der Warteliste für mein Parzellenparadies gestanden hatte. In diesen fast vier Jahren war ich oft durch die Anlage geschlendert und hatte die Gärten in Augenschein genommen, als Inspiration für meine Arbeit und Ausdruck meiner Hoffnung, bald dazuzugehören. Meine eigenen Beete würden dieses starre Muster durchbrechen, hatte ich mir gedacht. Lockere Grüppchen statt langer Reihen, bunte Mischungen in launigen Formen angeordnet, vielleicht in konzentrischen Ringen oder als Spirale. Damals hatte ich große Pläne gehabt und wenig Ahnung. Die Pläne sollten in den folgenden Gartenjahren kleiner werden, doch meine Ahnung ihren Umfang weitgehend beibehalten.

Irgendwann gab ich die halb gare Arbeit auf und ging in den kleinen Verschlag hinter der Laube, in dessen einer Hälfte eine Komposttoilette untergebracht war. In der anderen, die ich mit einem bunten Tuch optisch abtrennen wollte, befand sich eine Falltür, die eine recht große, sauber geflieste Grube im Boden abdeckte – ein Erdkeller oder auch Kühlloch, in dem sich Getränke und Gemüse sicher gut lagern ließen. Dahinter waren sämtliche Werkzeuge von Wiggerl griffbereit in Regale sortiert oder säuberlich an der Wand aufgehängt. Keine Schleifmaschine, soweit ich sehen konnte, dafür alles potenzielle Tatwaffen: Schlauch, Gartenschere, Mistgabel, die Säge für den Astschnitt, dazwischen Schneckenkorn und Teichfolie … Mir kam der Gedanke, dass ich mit Leichtigkeit vier oder fünf Menschen nicht nur auf unterschiedlichste Weise umbringen, sondern ihre Überreste gleich im eigenen Garten entsorgen könnte. Im Komposthaufen. Im Kühlloch. Im Hochbeet, sofern ich eines bauen würde. Vielleicht sogar im Spitzboden, den ich logischerweise haben musste, weil der Dachgiebel emporragte, das Laubeninnere aber eine flache Decke aufwies. Ein weiteres Geheimnis, das nur darauf wartete, von mir gelüftet zu werden. Vom Münchner Heckenscherenmassaker trennte mich im Grunde nur eine dumme Bemerkung über meine gärtnerische Inkompetenz.

Bevor meine dunklen Gedanken überhandnehmen konnten, streifte ich mir die Blümchenhandschuhe über. Die hatte ich besorgt, bevor ich wusste, dass die Optik nicht das entscheidende Kriterium für Gartenhandschuhe war. Dann schnappte ich mir Gartenschere und Eimer. Es war nicht warm, dafür aber sonnig. Ein schöner Tag für ein bisschen Therapie: Runter von der Psychocouch und rein in den Garten!

Ob es zu früh war, die kreuz und quer austreibenden Rosenstöcke ein wenig auf Vordermann zu bringen? Oder sollte ich lieber auf die Eisheiligen warten, falls doch noch ein Frost kam? Nur mit Mühe unterdrückte ich das mentale Bild, dass jener, der diese Rosen gepflanzt hatte, sie eine ganze Weile lang von unten betrachtet hatte, quasi wortwörtlich. Wie sahen die Wurzeln einer alten Rose eigentlich aus? Ob sie stark genug waren, um …?

»Die Rosen kannst jetzt schneiden, das passt, die Forsythien blühen ja schon. Und beißen tun sie auch nicht«, durchschnitt da eine klare Stimme ein wenig schroff mein Zögern.

Wie ich bald feststellen würde, schwang bei ihr immer diese gewisse Note mit, die klang, als würde sie sich insgeheim köstlich amüsieren. Meist über die anderen und in diesem konkreten Fall über mich. Ich drehte mich um und sah die oft beschworene Friedl vor mir: Elfriede Frühauf, die...

Erscheint lt. Verlag 29.2.2024
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Cosy Crime • Cozy Crime • Eifersucht • Frühling im Garten • Garten • garten krimi • humorvoll • Kleingartenanlage • Kleingartenkrimi • Krimi mit Humor • Leichte Lektüre • Mord • München • Natur • Neid • Schrebergarten • Schrebergartenkrimi • Vergnüglich • weibliche Protagonistin
ISBN-10 3-98707-163-X / 398707163X
ISBN-13 978-3-98707-163-8 / 9783987071638
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