Asche und Feder - Die Magische Bibliothek (eBook)

Die Dark-Academia-Sensation - Roman

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
464 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-31608-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Asche und Feder - Die Magische Bibliothek -  Rachel Caine
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Die Dark-Academia-Sensation
Die Bibliothek von Alexandria ist die mächtigste Organisation der Welt. Sie herrscht über das gesamte Wissen der Menschheit, denn der private Besitz von Büchern ist streng verboten. Jess Brightwell und seine Freunde mussten London verlassen und sind in die einzige Stadt geflohen, die der Bibliothek die Stirn bietet: Philadelphia. Sie wird von den Brandschatzern regiert, die lieber Bücher verbrennen, als sich von der Bibliothek vorschreiben zu lassen, was sie lesen dürfen. Sie wollen Jess und die anderen sofort töten, doch Jess hat einen Trumpf in der Hand: Eine Maschine, die in der Lage ist, die Macht der Bibliothek endgültig zu brechen ...

Rachel Caine, »New York Times«- und internationale Bestsellerautorin, hat bereits als Buchhalterin, professionelle Musikerin und Schadensermittlerin gearbeitet, und war Geschäftsführerin in einem großen Unternehmen, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete und mit zahlreichen Fantasy- und Mysteryserien große Erfolge feierte. Sie lebte mit ihrem Mann, dem Künstler R. Cat Conrad, in Texas. Rachel Caine verstarb 2020.

1


Bücher brannten so leicht.

Papier verfärbte sich in der gleißenden Hitze bräunlich, dann entzündeten sich die Ecken leuchtend rot. Flammen hinterließen zarte Ascheringe. Ledereinbände rauchten und verschrumpelten und wurden schwarz, genau wie verbranntes Fleisch.

Jess Brightwell beobachtete, wie das Feuer die Bücherpyramide emporkletterte, und zwang sich mit aller Gewalt, nicht zusammenzuzucken, als eine Schicht nach der anderen in Brand geriet. Sein Verstand raste vor ungewollten Berechnungen. Einhundert Bücher in fünf Lagen. Die unterste brennende Ebene: vierundvierzig. Die zweite bestand aus weiteren zweiunddreißig Bänden, und bleierner Rauch quoll bereits aus ihnen hervor. In der nächsten gab es achtzehn weitere Folianten, dann fünf darüber. Die Spitze der Pyramide bildete ein einziges Buch, das zu packen eine geradezu verlockende Versuchung darstellte. Es zu retten, wäre ein Kinderspiel, während die Flammen sich durch den Stapel fraßen, eine Lage nach der anderen verzehrten und etwas in ihm verbrannten, das immer schwärzer und kälter wurde.

Wenn ich nur ein Buch retten könnte …

Doch er könnte rein gar nichts retten. In diesem Moment nicht einmal sich selbst.

In der blendenden Sonne hämmerte es schmerzhaft in Jess’ Kopf. Alles war immer noch ein verschwommenes Durcheinander. Er erinnerte sich an das Chaos in London, als die walisische Armee eingefallen war, eine Schlacht, von der nicht einmal er sich jemals hätte vorstellen können, dass die Engländer sie verlieren könnten. Dann an den faszinierenden Anblick der Kuppel von St. Paul’s, die über ihnen Feuer fing, während die Bibliothekare so viel wie möglich retteten.

Er erinnerte sich an seinen Vater und seinen Bruder, die ihm, als es darauf ankam, den Rücken gekehrt und sich aus dem Staub gemacht hatten.

Vor allem erinnerte er sich, wie man ihn in die Translationskammer gezwungen hatte, und an das widerlich reißende Gefühl, in sämtliche Bestandteile seiner selbst aufgelöst und an einem Ort, weit entfernt von London, wieder zusammengesetzt zu werden … hier in der von Brandschatzern besetzten Stadt Philadelphia.

In den aufständischen Kolonien von Amerika.

Jess und seinen Freunden war keine Verschnaufpause vergönnt gewesen. Stattdessen waren sie, immer noch benommen und geschwächt, zu einem freien Platz gezerrt worden, der früher einmal ein Sportstadion gewesen sein musste. In seinen besseren Zeiten war es vielleicht mit jubelnden Zuschauern gefüllt gewesen, jetzt aber lag es halb in Ruinen da – auf der einen Seite waren die Betonränge zu einem unförmigen Klumpen geschmolzen und anstatt eines grasbewachsenen Felds in der Mitte gab es dort einen kahlen Boden und einen Scheiterhaufen aus Büchern.

Jess konnte den Blick nicht von ihnen abwenden, während sie lichterloh brannten, denn in ihm hatte sich ein makabrer Gedanke festgesetzt: Wir sind die Nächsten.

»Jess«, sagte der Gelehrte Christopher Wolfe, der neben ihm auf der Erde kniete. »Es sind keine Originale. Nur Blankobücher.« Das entsprach der Wahrheit. Doch Jess bemerkte ebenfalls das unkontrollierte Zittern, das den Mann durchlief. Das Funkeln in Wolfes dunklen Augen war reiner, ruchloser Wut geschuldet. Er hatte zwar recht: Blankobücher waren nichts weiter als unbeschriebenes Papier und Einbände, zur Verfügung gestellt von der Großen Bibliothek von Alexandria, nichtssagende Hüllen, in die auf Befehl Wörter aus sicher in den Archiven der Bibliothek verwahrten Originalen kopiert wurden. Dies waren nur leere Symbole, die brannten. Im Hoheitsgebiet der Bibliothek könnten sie günstig und leicht ersetzt werden, und nichts wäre verloren.

Der Anblick ihrer Zerstörung schmerzte dennoch. Jess war in dem Bewusstsein großgezogen worden, Bücher zu lieben, auch wenn seine Familie sie geschmuggelt, verkauft und aus ihnen Profit geschlagen hatte.

Worte waren heilige Dinge, und dies war eine besonders grässliche Art der Ketzerei.

Während Jess gebannt in die Flammen starrte, zuckte das letzte Buch in der anschwellenden Hitze zusammen, als wollte es sich gleich losreißen und vor dem Feuer fliehen. Doch dann rollten sich seine Ecken ein, Papier rauchte, und es verkohlte in einem sich aufbäumenden Ascheregen.

Die Gelehrte Khalila Seif kniete zu seiner Linken, so gerade und still wie eine Statue. Sie wirkte vollkommen ruhig. Ihre Hände ruhten matt auf ihren Hüften, ihr Kopf war hoch erhoben, und der Stoff ihres Hidschabs flatterte sanft in der heißen Brise. Unter dem schwarzen seidenen Gelehrtenumhang trug sie ein überraschend sauberes Kleid, das von ihren Strapazen in London nur am Saum etwas mit Schlamm bespritzt und von Glut gesprenkelt war. Neben Khalila sah Glain Wathen aus, als wäre sie mitten im Aufstehen erstarrt – eine geschmeidige Kriegerin, bei der jeder Muskel ihres Körpers vor Anspannung vibrierte. Als Nächstes kamen Thomas Schreiber, dann Morgan Hault und schließlich – buchstäblich der Letzte in Jess’ Gedanken – Dario Santiago. Ausgestoßen, selbst aus ihrem kleinen Grüppchen an Vertriebenen.

Zu Jess’ Rechten saß der Gelehrte Wolfe und daneben Kommandant Santi. Das war der gesamte Kreis an Gefangenen, allerdings ohne eine einzige nützliche Waffe, mit der sie irgendetwas hätten ausrichten können. Ihnen war auch keine Zeit geblieben, einen Plan zu schmieden. Jess konnte sich nicht vorstellen, dass irgendeiner von ihnen in diesem Moment etwas Sinnvolles zu sagen hätte.

Auf den halb eingestürzten Rängen war Publikum zu sehen: die braven Bürger von Philadelphia. Eine zerlumpte, zusammengewürfelte Meute aus hartgesottenen Männern, Frauen und Kindern, die den Hungertod, schreckliche Entbehrungen und ständige Angriffe überlebt hatten. Die Leute hatten kein Mitleid mit den verhätschelten Dienern der Großen Bibliothek.

Was würde Wolfe ihnen sagen, wäre ihm die Chance vergönnt? Dass die Große Bibliothek immer noch bedeutsam und wertvoll war, eine Institution, die es zu retten und nicht zu zerstören galt? Dass der Krebs, der sie von innen zerfressen hatte, immer noch geheilt werden konnte? Sie würden es niemals glauben. Jess holte tief Luft und erstickte fast am Gestank brennender Bücher. Wolfe hielt in seiner Vorstellung dazu miese Reden.

Ein Mann in einem gut geschnittenen schwarzen Wollanzug trat vor und versperrte ihm die Sicht auf den Scheiterhaufen. Es war ein großer Kerl mit Brille, der das Selbstbewusstsein eines wohlhabenden Menschen zur Schau stellte. Dem Aussehen nach hätte er an einem weniger sonderbaren Ort Bankier oder Anwalt sein können. Der Rauch, der sich schwarz gegen den blassblauen Morgenhimmel abzeichnete, schien direkt aus seinem Schädel zu wabern. Seine schulterlangen Haare wiesen denselben Grauton auf wie die Asche.

Willinger Beck. Gewählter Anführer der Brandschatzer von Philadelphia – und im weiteren Sinne von allen Brandschatzern auf der ganzen Welt, da dieser Ort das Symbol ihrer fanatischen Bewegung war. Der größte Fanatiker einer Bewegung, die ausnahmslos aus Fanatikern bestand.

Wortlos musterte er eingehend ihre Gesichter. Er schien ihren Anblick zu genießen.

»Eine sehr beeindruckende Verschwendung von Ressourcen«, sagte der Gelehrte Wolfe. Sein Tonfall war säuerlich und munterte Jess auf. Wolfe klingt immer genau gleich, egal, was passiert. »Ist das ein Vorspiel, um als Nächstes uns zu verbrennen?«

»Machen Sie sich nicht lächerlich«, erwiderte Beck. »Gewiss verstehen unsere gelehrten Gäste die Macht der Symbolkraft.«

»Das ist barbarisch«, sagte Khalila von Jess’ anderer Seite. »Eine schreckliche Vergeudung, geradezu sträflich.«

»Meine liebe Gelehrte, wir hier schreiben unsere Bücher per Hand. Auf Papier, das wir retten, indem wir die Blankobücher der Bibliothek auseinandernehmen und ihre alchemistischen Einbände zerstören. Wir sollen Barbaren sein? Wissen Sie, wessen Symbole Sie tragen? Einen solchen Tonfall uns gegenüber verbitte ich mir.« Gegen Ende hatte seine freundliche Stimme einen dunklen Unterton angenommen.

»Wenn Sie noch einmal so mit ihr reden«, fauchte Jess, »zertrümmere ich Ihnen die Kniescheiben.« Seine Hände waren nicht gefesselt. Er hätte sich frei bewegen können, so wie sie alle. Was bedeutete, dass sie als Gruppe ernsthaften Schaden anrichten könnten, bevor die Wachen der Brandschatzer, die hinter ihnen postiert waren, sie überwältigten.

Zumindest der Theorie nach. Jess wusste, dass der Mann genau hinter ihm einen Gewehrlauf auf seinen Nacken richtete und mit der Waffe ein Loch in ihn reißen könnte, das sein Leben mit einem Schlag beenden würde.

Doch zumindest hatte er Becks Aufmerksamkeit und seinen Blick auf sich gelenkt. Gut.

»Immer langsam mit den jungen Pferden«, sagte Beck, dessen Stimme wieder sanftmütig und tadelnd geworden war. »Im Grunde sollten wir Freunde sein. Immerhin vereint uns das gesunde Empfinden, dass sich die Große Bibliothek von Alexandria in einen schädlichen Parasiten verwandelt hat. Sie ist nicht länger ein großartiges, unantastbares Sinnbild. Wut hat zwischen uns nichts zu suchen.«

»Mir sind amerikanische Umgangsformen nicht vertraut«, sagte Kommandant Santi auf der anderen Seite von Wolfe. Er klang freundlich und seelenruhig. Jess glaubte, dass er weder das eine noch das andere war. »Aber behandelt man hier so seine Freunde?«

»Angesichts dessen, dass Sie bei Ihrer Ankunft in der Krankenstation allein drei meiner Männer niedergeschlagen haben, obwohl Sie geschwächt waren? Ja«, erklärte Beck. »Kommandant Santi, wir...

Erscheint lt. Verlag 14.8.2024
Reihe/Serie Die Magische Bibliothek-Reihe
Die Magische Bibliothek-Reihe
Übersetzer Beate Brammertz
Sprache deutsch
Original-Titel The Great Library – Ash and Quill Book 3
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte 2024 • Afrika • Bibliothek von Alexandria • Booktok • Buch über Bücher • dark academia • eBooks • Fantasy • gay romance • London • magische Bibliothek • Neuerscheinung • Queer • Queere Fantasy • TikTok • tiktok made me buy it
ISBN-10 3-641-31608-1 / 3641316081
ISBN-13 978-3-641-31608-2 / 9783641316082
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