Der Tod der Jane Lawrence (eBook)

Ein Schauerroman - Gothic Fantasy zum Gruseln: düster, romantisch, voll dunkler Magie
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2024 | 1. Auflage
480 Seiten
Penhaligon (Verlag)
978-3-641-29710-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Tod der Jane Lawrence -  Caitlin Starling
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Er hütet Geheimnisse - sie seziert sie: Ein moderner Schauerroman mit Medizinsetting und übernatürlichem Twist.
London, Nachkriegszeit: Jane hat ein besonderes Faible für Mathematik. Deshalb rechnet sie sich aus, dass ihre Chancen auf persönliche Unabhängigkeit steigen, wenn sie selbst einen Heiratskandidaten bestimmt. Ihre Wahl fällt auf den in sich gekehrten und an Jane wenig interessierten Doktor Augustin Lawrence. Als dieser in die Ehe einwilligt, ihr aber verbietet, auch nur einen Fuß in sein Anwesen außerhalb der Stadt zu setzen - in dem er jede Nacht verbringt -, wird Jane klar, dass das Erlernen des blutigen Arzthandwerks nichts ist im Vergleich zu dem, was des Nachts auf Lindridge Hall vor sich geht ...

Caitlin Starlings Debüt »Die leuchtenden Toten« wurde mit dem LOHF Best Debut Award ausgezeichnet und für mehrere weitere Literaturpreise nominiert, u.a. den Bram Stoker Award. Neben dem Schreiben arbeitet sie darüber hinaus in der Videospielentwicklung und ist immer auf der Suche nach neuen Gelegenheiten, um Schlaf zu vermeiden.
Mit »Der Tod der Jane Lawrence« erscheint ihr erster Roman bei Penhaligon.

Kapitel Eins


Dr. Augustin Lawrence hatte Blut an seinen Manschetten, und sein Mantel hatte dem unablässigen Nieselregen nicht standgehalten. Er wirkte durchnässt, elend und verängstigt.

Er hatte Angst vor ihr.

Jane Shoringfield konnte den Blick nicht von ihm wenden, auch wenn ihre ungeteilte Aufmerksamkeit ihn offensichtlich überforderte. Dies war der Mann, den sie zu heiraten beabsichtigte, wenn er sie denn haben wollte. Wenn es ihr gelang, ihn zu überzeugen.

Wie erstarrt stand er in der Tür zum Arbeitszimmer ihres Vormunds, während sie ebenso reglos hinter dem Schreibtisch verharrte. Selbst von hier aus konnte sie sehen, dass sie ein paar Zentimeter größer war als er, dass er dunkles, leicht welliges Haar hatte, an den Schläfen schon etwas ergraut, und dass seinen schlammgrünen Augen eine gewisse Sanftmut innewohnte, die im falschen Licht wohl leicht als Traurigkeit gedeutet werden konnte.

Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er gut aussehen könnte.

»Herr Doktor!«

Dröhnend hallte die Stimme ihres Vormundes durch den Korridor, und der Mann in der Tür fuhr erschrocken herum. »Mr Cunningham«, erwiderte er den Gruß. »Es tut mir leid, ich fürchte, ich habe Ihr Dienstmädchen aus den Augen verloren, und …«

»Kein Problem, kein Problem. Wie schön, dass Sie gekommen sind! Ich hatte schon befürchtet, dass Sie Ihre Entscheidung ändern.«

Jane konnte Mr Cunningham zwar nicht sehen, hatte ihn aber dennoch deutlich vor Augen: das weiße Haar sorgfältig aus der Stirn gekämmt, in einem edlen, aber bequemen Anzug, strahlend braune Augen. Klein und schmal war er, beinahe zu schmal für seine volle Stimme und sein Charisma.

»Allerdings dürfte ich im Moment wohl weder die beste noch die ansehnlichste Gesellschaft sein«, gab der Doktor zu bedenken, wobei sein Blick noch einmal verstohlen zu Jane hinüberhuschte und für einen kurzen Moment abschätzend auf ihr verweilte. »Zu viele Hausbesuche heute. Ich habe es nicht einmal geschafft, noch in der Praxis vorbeizuschauen.«

Was zumindest den Zustand seiner Manschetten erklärte, allerdings auch bedeutete, dass er keineswegs zu früh dran war. Jane sah zur Uhr hinüber und fuhr innerlich zusammen. Eine volle Stunde war vergangen, ohne dass sie es bemerkt hätte. Und sie war nicht zurechtgemacht. Sie trug noch immer ihre Lesebrille, und an der Schläfe glaubte sie einen Tintenfleck zu spüren. Mr Cunninghams Rechnungsbücher lagen aufgeschlagen vor ihr auf dem Tisch.

So hinterließ sie sicherlich keinen ersten Eindruck, der ihrem Anliegen förderlich wäre.

»Keine Sorge.« Mr Cunningham war näher gekommen, aber noch immer nicht zu sehen. »Sie werden bald feststellen, dass es bei dieser Werbung nicht auf Ihre Verführungskünste ankommt.«

Feine Röte stieg in die Wangen des Arztes. »Das ist mir klar, doch ich habe darüber nachgedacht, und ich muss …«

»Bevor Sie fortfahren«, unterbrach ihn ihr Vormund, »möchte ich Sie daran erinnern, dass Sie bislang noch nicht gehört haben, was sie dazu zu sagen hat. Sie sollten sich ihre Argumente anhören.«

Es war Mr Cunningham gewesen, der letzte Woche auf ihren Wunsch hin Dr. Lawrence ihre Idee unterbreitet hatte, als dieser für eine Kontrolluntersuchung seiner Lunge ins Haus gekommen war. Die Cunninghams wollten demnächst nach Camhurst übersiedeln, in die Hauptstadt von Großbreltain, die einen Tagesritt von Larrenton entfernt lag, und wollten vorbereitet sein. Und wie auch immer ihr Vormund ihr Anliegen dargelegt haben mochte, es hatte immerhin ausgereicht, um den Doktor heute hier erscheinen zu lassen.

Blass und sichtlich nervös. Unübersehbar von Fluchtgedanken getrieben.

»Bitte, lassen Sie mich erklären«, schaltete sich nun Jane selber ein. Dankbar stellte sie fest, dass sie mehr als ein Flüstern herausbrachte. Überrascht drehte sich der Arzt zu ihr um – seine Einwände blieben vorerst unausgesprochen.

Nun erschien auch Mr Cunningham im Türrahmen und lachte. »Ah, das erklärt, warum Sie aufgehalten wurden.«

»Es tut mir leid, ich wollte nicht … spionieren«, versicherte Dr. Lawrence schwach. »Miss Shoringfield.«

»Dr. Lawrence.« Grüßend neigte sie den Kopf. »Würden Sie mir zumindest gestatten, Ihnen meine Argumentation in Gänze darzulegen?«

Nun huschte der Blick des Arztes zwischen ihr und Mr Cunningham hin und her. Er wand sich wie ein in die Ecke gedrängtes Tier.

Sie ging das alles vollkommen falsch an. Sie hätte besser auf die Zeit achten und ihn im Salon empfangen sollen, wie Mrs Cunningham es am Vorabend geplant hatte. Aber nun waren sie hier.

Retten Sie mich, schickte sie einen stummen Hilferuf an Mr Cunningham.

»Der Brandy steht auf der Anrichte«, sagte er lediglich, offenbar unempfänglich für ihren verzweifelten Gedanken.

Und zog sich dann leise lachend zurück.

Jane und der Doktor musterten sich stumm, dann zeigte Jane möglichst einladend auf einen Sessel. Nach kurzem Zögern betrat der Arzt das Zimmer, blieb aber stehen. Jane kam hinter dem Schreibtisch hervor, ging zur Anrichte und machte sich daran, ihnen einzuschenken.

Während ihre Hände die Gläser füllten, legte sie sich ihre Argumentation zurecht und wählte als Auftakt den stärksten und zugleich für ihre Situation allgemeinsten Punkt auf ihrer Liste: »Die Ehe ist im Kern viel eher eine geschäftliche Vereinbarung als eine Herzensangelegenheit«, begann sie, ohne sich umzudrehen. »Weshalb es am besten ist, sie von Anfang an in aller Offenheit zu besprechen.«

Sie hörte, wie er überrascht nach Luft schnappte.

Immer noch zu viel. Aber sie wusste einfach nicht, wie sie es sonst anfangen sollte. Die Chance auf eine sanftere Strategie hatte sie bereits vertan.

Also verschloss sie die Karaffe und fuhr, noch immer mit dem Rücken zu ihm, fort: »Ich habe unsere Optionen sorgfältig abgewogen, Dr. Lawrence. Lässt man die üblichen Tanzveranstaltungen, für die Sie sicherlich keine Zeit haben, ebenso beiseite wie Bekanntschaften aus Kindertagen, zu denen ich schon seit Jahren keinen Kontakt mehr pflege, so bleiben uns nicht viele Möglichkeiten auf dem Heiratsmarkt. Deshalb verfolge ich den Ansatz gemeinsamer Interessen.«

Sie lauschte auf hastige Schritte, die seine Flucht verraten hätten.

Doch nichts dergleichen war zu hören.

»Gemeinsame Interessen«, wiederholte er stattdessen. »Welche gemeinsamen Interessen könnten wir haben? Wir sind einander noch nie begegnet.«

Ohne jeglichen Spott stellte er das fest, ohne Herablassung. Nur leise Neugier und eine gewisse Wachsamkeit schwangen in seiner Stimme mit. Jane hielt sich daran fest, drehte sich um und streckte ihm mit respektablem Abstand sein Glas entgegen. Er wich nicht zurück, sondern nahm es entgegen, achtete aber sehr genau darauf, dass ihre Finger sich nicht berührten.

»Wir sind beide unverheiratet und haben ein Alter erreicht, in dem dieser Umstand gewisse Fragen aufwirft«, erklärte sie ihm. »Ein Mann mit Ihrer gesellschaftlichen Stellung und Ihrem Auftreten hat die freie Auswahl unter den Damen. Was Sie nicht genutzt haben. Aus irgendeinem Grund haben Sie kein Interesse an einer normalen Ehe. Und ich möchte eine solche ebenfalls nicht eingehen.«

Mit einem prüfenden Blick versuchte sie, seine Reaktion abzuschätzen. Anfangs schien beinahe so etwas wie Sehnsucht in seinen Augen aufzublitzen, doch die wurde schnell wieder von Furcht verdrängt.

Warum?

Jane nippte an ihrem Brandy, um ihre Nervosität zu kaschieren.

»Ich kann Sie nicht heiraten«, sagte er.

Der Alkohol brannte in ihrer Kehle.

»Das ist nicht im Geringsten gegen Sie gerichtet, Miss Shoringfield«, fügte er schnell hinzu. »Auch wenn Ihre Argumentation durchaus … eindrucksvoll ist, so wäre es nicht angebracht für mich, den Bund der Ehe einzugehen. Egal mit welcher Frau.«

»Aber Sie sind unverheiratet«, widersprach Jane verwirrt.

»Das ist korrekt, ich bin unverheiratet«, stimmte er zu. Er presste die Kiefer zusammen, während er sich seine nächsten Worte zurechtlegte. Die Furcht in seinem Blick wurde von etwas anderem abgelöst … einer Art distanziertem Schmerz. »Bitte, Miss Shoringfield. Mir ist bewusst, dass Sie Ihren Vorschlag sicherlich gründlich durchdacht haben, aber ich möchte Ihnen weitere vergebliche Mühen ersparen. Ich muss Ihr Angebot ausschlagen.«

Höflichkeit und die guten Sitten verlangten von ihr, sich nun zu entschuldigen, die Absage hinzunehmen und sich zu fügen. Es bei dem nächsten Mann auf ihrer sorgsam erstellten Liste zu versuchen, der ebenfalls ihren Kriterien entsprach und vielleicht etwas zugänglicher war. Sie sollte freundlich lächeln und sich setzen, doch sie musste feststellen, dass sie es einfach nicht über sich brachte.

»Dr. Lawrence.« Krampfhaft schlossen sich ihre Finger um das Brandyglas. »Bitte.«

Er zog den Kopf ein.

»Meine Eltern sind gestorben, als ich noch klein war, während der ersten ruzkischen Gasangriffe auf Camhurst.« Sie unterbrach sich. Ihre Hände zitterten. Eigentlich hatte sie ihm das nicht sagen wollen; sie sprach nie über ihre Eltern. Doch ihre Aufrichtigkeit schien etwas in ihm zu bewirken, denn er hob den Kopf und zog betroffen die Augenbrauen hoch. Also fuhr sie fort: »Sie haben mich zu Beginn des Krieges in die Obhut von Mr Cunningham gegeben und mein Auskommen durch jährliche Zahlungen gesichert. Hier in Larrenton reichte das aus, um meine Kosten zu decken, selbst als ich ins heiratsfähige Alter kam. Allerdings verfüge ich über keinerlei Aussteuer, und...

Erscheint lt. Verlag 28.2.2024
Übersetzer Charlotte Lungstrass-Kapfer
Sprache deutsch
Original-Titel The Death of Jane Lawrence
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte 2024 • Anatomie • Crimson Peak • dana schwartz • Dark Fantasy • Dark Fantasy Bücher • dark mirror • der horror der frühen medizin • Der mexikanische Fluch • Dunkle Magie • eBooks • England • englisches Herrenhaus • Fantasy • fantasybooktok • Geister • Gothic • Gothic Horror • Gothic novel • gruselig • Haunted House • Heimsuchung • Horror • Horror Bücher • horrortok • Krypta • Laura Purcell • Lindsey Fitzharris • London • Magie • Mediziner • Mexican Gothic • necromancer • Neuerscheinung • Schauerroman • Schwarze Magie • Silvia Moreno-Garcia • Spiritismus • Spukhaus • Unheimlich • Wiedergänger
ISBN-10 3-641-29710-9 / 3641297109
ISBN-13 978-3-641-29710-7 / 9783641297107
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