Am Himmel funkelt ein neuer Tag (eBook)
512 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-31397-5 (ISBN)
Zoé ist ein echtes Glückskind. Alles im Leben scheint ihr zuzufliegen. Als sie die Chance bekommt, ein Jahr als Innenarchitektin in London zu arbeiten, zögert sie keine Sekunde. Prompt landet sie in einem wunderschönen Viertel, das sich anfühlt wie ein kleines Dorf inmitten der Großstadt. Wenn Zoé über den Blumenmarkt streift oder frühmorgens im Naturteich schwimmt, kann nichts ihr Glück trüben. Nicht einmal der Mann, der ihr einst das Herz gebrochen hat und sich ausgerechnet jetzt wieder meldet. Erst als eine Wahrsagerin ihr prophezeit, dass dieser Sommer all ihre Pläne auf den Kopf stellen wird, beginnt Zoé zu zweifeln. Was hat sie wirklich hierhergeführt? Und was bedeutet eigentlich Glück?
Der große neue Sommerroman der SPIEGEL-Bestsellerautorin - mit liebevoll gestaltetem Anhang mit farbigen Illustrationen.
»Meike Werkmeisters Geschichten machen einfach glücklich.« Karla Paul
»Sie ist wie ihre Bücher: witzig, sympathisch und klug.« NDR 90,3 Kulturjournal
»Die perfekte Sommerlektüre, um abzuschalten und sich unterhalten zu lassen.« belletristik-couch.de (über »Das Glück riecht nach Sommer«)
»Ein Roman wie eine beste Freundin, den man fest in sein Herz schließt.« Feel Good Magazin (über »Sterne sieht man nur im Dunkeln«)
»Diese Geschichte kann beides: Sie wärmt ganz tief drinnen und ist doch frischer Wind im Liebesroman-Genre.« emotion (über »Über dem Meer tanzt das Licht«)
»Ein Roman, der uns zeigt, dass wir uns trauen sollten, auf unser Herz zu hören.« JOY (über »Sterne sieht man nur im Dunkeln«)
Meike Werkmeister ist Buchautorin und Journalistin. Ihre Romane stehen regelmäßig auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Wann immer sie Zeit hat, fährt sie an die Nordsee, wo sie oft auch die Ideen für ihre Geschichten findet.
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 29/2024) — Platz 18
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2
Auf dem Weg zur Bahnhaltestelle sah ich weitere Frauen mit nassen Haaren. Vermutlich gehörte das für Engländerinnen im Sommer einfach dazu. Wie Flipflops und Trägertops, sobald es über dreizehn Grad waren. Ich mochte diese entspannte Einstellung zum Leben. Diesen inneren Sommer, den hier alle ausriefen, irgendwann Mitte März. Wäre ich eine Britin, hätte ich vermutlich etwas Luftigeres getragen und müsste nicht mit dem Gedanken spielen, den obersten Knopf meiner Jeans zu öffnen, weil mein Bauch so voll war. Ravi hatte recht: Keiner machte einen so guten French Toast wie er. Und ich hatte ihn bis auf den letzten Krümel aufgegessen, sehr zu seinem Erstaunen. Bezahlen durfte ich nicht, obwohl ich wirklich insistiert hatte.
Satt und zufrieden lief ich durch die verschlungenen Gassen von Hampstead und freute mich, gleich in der Bahn fast alle Punkte auf meiner Liste abhaken zu können. In den wunderschönen alten Häuschen, an denen ich vorbeikam, gab es alles, was ich für den täglichen Bedarf brauchte: einen Gemüseladen, zwei kleine Supermärkte, eine Apotheke, weitere Cafés, eine Eisdiele, zwei Bäckereien, Imbisse und eine zauberhaft aussehende Buchhandlung. Dieser Stadtteil wirkte wie ein kleines Dorf. Kaum zu glauben, dass ich mich mitten in London befand. Kurz bevor ich an die Bahnstation gelangte, entdeckte ich den Eingang zu einem großen Park. Wie herrlich, sogar Natur gab es hier.
Ein paar Meter vor den Schranken zur Overground hatte ein Obsthändler glänzende Äpfel übereinandergestapelt. Ich kaufte mir einen als Proviant – für den Fall, dass ich nach diesem ausgiebigen Frühstück je wieder Hunger bekommen sollte.
Über den Bahnsteig drängten sich zahlreiche Menschen auf dem Weg zur Arbeit. Ich begann, vor mich hin zu singen, wie ich es immer tat, wenn ich nervös war. Ich spielte an den Piercings in meinen Ohren. Den Silberringen an meinen Fingern. Strich über das neue Tattoo an meinem Handgelenk, ein vierblättriges Kleeblatt, das ich mir im Winter hatte stechen lassen. Alles Ablenkungsmanöver, damit ich nicht darüber nachdachte, dass ich gleich in einen sehr vollen Zug steigen musste. Ich sah auf mein Handy. Meine Mutter hatte eine Nachricht geschickt, in der sie mir für den ersten Arbeitstag alles Gute wünschte und mich bat, sie heute Abend anzurufen. Außerdem hatte Marc mir geschrieben.
Bist du okay, Babe? Hat gestern Abend alles gut geklappt? Viel Glück für deinen ersten Tag!
Ich beantwortete die Nachricht meiner Mutter, dann tippte ich wieder die von Marc an. Was sollte ich ihm antworten? Wie war unser Status? Nicht zum ersten Mal ärgerte ich mich über mich selbst, dass ich nicht klarer gewesen war. In meinen Gefühlen. Und darin, wie ich darüber sprach.
Die Bahn fuhr mit einem so lauten Rauschen in die Station ein, dass ich erschrocken zusammenzuckte. »Alles gut, Zoé«, sagte ich leise zu mir selbst. »Das ist kein Problem für dich.« Der Zug hielt, und ich ließ mich mit den anderen hineinschieben.
Nur fünf Stationen, dann musste ich umsteigen, das würde ich schon schaffen, obwohl es wirklich voll war. Ich hätte auch U-Bahn fahren können. Aber lieber etwas länger oberirdisch als kurz unterirdisch. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, dennoch war ich kaum groß genug für den Handgriff über meinem Kopf, an den ich mich so fest klammerte, dass die Silberringe in meine Finger einschnitten.
Noch drei Stationen. Der Duft verschiedener Deos und Haarprodukte kitzelte in meiner Nase. Der Zug fährt oberirdisch, dachte ich. Bei einer Panne kommst du ganz schnell raus. Die meisten Menschen um mich herum wirkten verschlafen, fast niemand sprach, alle schauten auf ihre Handys. Ich spürte trotzdem ihre Unruhe, als murmelten sie in Gedanken wild durcheinander, voller Pläne und Termine und Wünsche für den beginnenden Tag.
Noch zwei Stationen. Du kannst das. Meine schweißnasse Hand rutschte beinahe vom Griff ab.
Noch eine Station. Und noch eine. Der Zug hielt. Ich stieg aus, drängelte mich über einen weiteren vollen Bahnsteig, rein in den nächsten Zug. Zum Glück war dieser nicht ganz so voll besetzt wie der erste.
Fünf weitere Stationen. Ich konzentrierte mich auf meinen Atem und schaute zwischen den anderen Passagieren hindurch auf die Ziegelhäuser, an denen wir vorbeifuhren. Wie unglaublich britisch sie aussahen mit ihren Erkerfenstern und Satteldächern und Eingängen im Hochparterre.
An der Shoreditch High Street wurde ich wieder ausgespuckt. Erleichtert atmete ich die frische Luft ein und entfernte mich vom Gedrängel auf dem Bahnsteig. Geschafft. Siehst du, alles kein Problem! Mit leicht wackeligen Knien lief ich durch eine Unterführung voller großflächiger Graffitis. Von ein paar Straßenständen wehte würziger Geruch herüber. Ich würde mich an diesen Arbeitsweg gewöhnen. Oder doch aufs Rad umsteigen wie in Hamburg. Aber traute ich mich das in einer Neun-Millionen-Einwohner-Metropole, bei Linksverkehr?
Am anderen Ende der Unterführung bog ich in eine auf den ersten Blick unscheinbare Straße ein. Beinahe ehrfürchtig las ich den Namen auf dem Schild. Brick Lane. Diese »Gasse« hatte nicht nur einem Weltbestseller den Namen geschenkt, sondern stand stellvertretend für das ganze bunte, multikulturelle Viertel, von dem ich schon so viel gehört und gelesen hatte. Ausgerechnet hier durfte ich nun jeden Tag zur Arbeit gehen. Wer wollte sich da schon über zu volle Züge beschweren?
Die Leute, die mir entgegenkamen, hätten unterschiedlicher nicht aussehen können. Manche von ihnen trugen Designerkleidung, andere waren in farbenfrohe Vintageklamotten gekleidet, wieder andere in traditionelle Gewänder gehüllt. Ich kam an einem Nail Spa vorbei, an einem Supermarkt mit arabischem Schild, vor dem 50-Kilo-Säcke mit Reis gestapelt waren, einem Kindergarten, an dessen Tor die Erzieherinnen ihre Schützlinge begrüßten, und einem Barber Shop, dessen Rollläden noch geschlossen waren. Aus dem danebenliegenden Beigel Bake – einem jüdischen Bäcker, der laut Beschilderung rund um die Uhr geöffnet hatte – kam gerade eine Gruppe Männer in weißen Hemden. Eine Frau mit Hidschab trug einen Kaffeebecher aus dem minimalistisch aussehenden Coffeelab nebenan und unterhielt sich lachend und gestikulierend mit ihrer bis zum Haaransatz tätowierten Freundin. Der Geruch frisch gemahlener Kaffeebohnen wehte mit ihnen aus dem Laden. Ich widerstand dem Impuls, mir einen Flat White zu holen, denn ich wusste, dass ich das später bereuen würde. Mein Herz schlug zwar wieder einigermaßen normal, aber Koffein war keine gute Idee.
Stattdessen schoss ich Fotos mit dem Handy. Ich wollte alles festhalten. Das gesprayte Love is Love auf den geschlossenen Rollläden der Metzgerei, die Siebzigerjahre-Sonnenbrillen-Auswahl im Schaufenster des Vintage Store. Die unfassbar bunten Torten in der Auslage der kleinen Konditorei, deren Schichten aussahen wie ein Regenbogen. Den in den Himmel ragenden Turm der alten Truman Brewery.
In den ehemaligen Fabrikgebäuden mit den Gelbklinkerfassaden waren heutzutage jede Menge Shops untergebracht. Zwischen einem Secondhandladen, in dem offenbar hauptsächlich Band-T-Shirts aus den Achtzigern verkauft wurden, und einem Plattenladen mit echten Vinyls entdeckte ich das schlichte Schild meines neuen Arbeitsplatzes. The Interior Designers stand an der Klingel. Was für ein selbstbewusster Name. Es mochte viele Innenarchitekturbüros geben. Aber dies war eben das Innenarchitekturbüro. Und ich durfte ein Jahr lang hier arbeiten.
Dass ich das wollte, hatte ich in dem Moment gewusst, als ich die Anfrage über Instagram bekam. Dafür hatte ich in Hamburg meine Festanstellung gekündigt. Ich hatte erst vor wenigen Monaten in meinem Job angefangen, und auch er war ein echter Glücksfall gewesen. Nach einem Master in Innenarchitektur hatte ich zunächst einige Jahre für meine Professorin gearbeitet, einfach weil es mir an der Uni so gut gefiel und ich spannende Projekte betreuen durfte. Bis ich eine interessante Ausschreibung entdeckte. Mit dreißig sollte ich endlich mal etwas Praxis im Job sammeln, beschloss ich und bewarb mich kurzerhand.
Ich bekam die Stelle. In einer coolen kleinen Agentur mit einer netten Chefin, die mir direkt eigene Aufträge übergab, ein neues Yogastudio oder eine Zahnarztpraxis einzurichten beispielsweise. Ein Sechser im Lotto eigentlich, denn Festanstellungen als Innenarchitektin gab es nicht viele. Weswegen meine Eltern meine Entscheidung, noch in der Probezeit zu kündigen und hastig eine neue Chance zu ergreifen, mit Sorge betrachteten. Vor allem, weil The Interior Designers nicht wirklich eine volle Stelle ausgeschrieben hatten, sondern lediglich ein einjähriges Praktikum. Dafür, meinten auch meine Freundinnen, sei ich doch nun wirklich langsam zu alt und außerdem überqualifiziert.
Ich betrat das Gebäude, stieg in den leicht klapprigen Aufzug und fuhr in den zweiten Stock. Hauptsache, ich selbst wusste, warum ich hier war.
Oben angekommen, erwartete mich eine lichtdurchflutete Bürofläche.
»Ich möchte zu Grace«, sagte ich am Empfang, der aus einem aus Beton gegossenen Tresen bestand. Dahinter tippte ein junger weißer Mann mit asymmetrischer Frisur und schwarz lackierten Fingernägeln auf eine kabellose Tastatur ein.
Er nickte ein wenig müde und führte mich an verglasten Büros vorbei, in denen – selbstredend – Designermöbel standen. Am Ende des Ganges klopfte er an eine Tür.
»Hereinspaziert!«, rief eine samtige Frauenstimme, woraufhin der junge Mann wortlos die Tür aufschob und verschwand.
»Hey,...
Erscheint lt. Verlag | 11.4.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | 2024 • Architektin • eBooks • Frauenromane • Hamburg • Innenarchitektin • Liebesromane • London • Neuerscheinung • Romance • Romane für Frauen • Sommerbuch • spiegel-bestseller Autorin • Spiegel Bestsellerliste aktuell • Summerfeeling • Umzug • Urlaubsbuch • Wahrsagerin |
ISBN-10 | 3-641-31397-X / 364131397X |
ISBN-13 | 978-3-641-31397-5 / 9783641313975 |
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