Nichts Neues von Gurb (eBook)

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2024 | 1. Auflage
176 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-12316-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nichts Neues von Gurb -  Eduardo Mendoza
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»Ein literarisches Antidepressivum« Cosmopolitan Zwei Außerirdische landen mit ihrem Raumschiff im Barcelona des Jahres 1992. Der Kapitän und sein Techniker Gurb reisen bereits seit hunderten von Jahren gemeinsam durchs All. Sie sind inzwischen nicht nur Kollegen, sondern auch gute Freunde. Doch als sie in Barcelona landen, wo die Menschen sich auf die olympischen Spiele vorbereiten, verschwindet Gurb beim ersten Kontakt mit der »Lebensform der Zone«... Gurb ist weg und der Kapitän muss immer wieder in seinem Logbuch notieren: Nichts Neues von Gurb. Am nächsten Tag macht er sich also auf den Weg, um seinen Freund zu suchen. Dabei nimmt er, genau wie Gurb auch, eine menschliche Gestalt an. Doch er muss sich erst an die Welt gewöhnen, in die er da gestolpert ist. Bereits am ersten Morgen schreibt er in das Logbuch: 08:01: Von einem Corsa überfahren. 08:02: Von einem Lieferwagen überfahren. 08:05: von einem Taxi überfahren. Und so nähert der unsterbliche Alien sich der menschlichen Zivilisation langsam an, während er Unmengen von Churros isst und versucht, seinen Freund aufzuspüren. Auf der Suche nach Gurb bleibt kein Stein auf dem anderen. Wird Barcelona diese außerirdische Invasion überleben? Wird der Kapitän seinen Techniker jemals finden? Gibt es in Barcelona genug Churros, um seinen intergalaktischen Appetit zu stillen?

Eduardo Mendoza, geb. 1943, ist einer der bekanntesten spanischen Schriftsteller der Gegenwart. Sein Werk wurde mit diversen Preisen ausgezeichnet, unter anderem dem Preis des Europäischen Buches, dem Franz-Kafka-Preis und dem Cervantes Preis, der wichtigsten literarischen Auszeichnung der spanischsprachigen Literatur. Mit »Nichts Neues von Gurb« hat er 1991 einen ikonischen, sich über Genregrenzen hinwegsetzenden Roman geschrieben, der zum Klassiker der humoristischen Literatur geworden ist.

Eduardo Mendoza, geb. 1943, ist einer der bekanntesten spanischen Schriftsteller der Gegenwart. Sein Werk wurde mit diversen Preisen ausgezeichnet, unter anderem dem Preis des Europäischen Buches, dem Franz-Kafka-Preis und dem Cervantes Preis, der wichtigsten literarischen Auszeichnung der spanischsprachigen Literatur. Mit »Nichts Neues von Gurb« hat er 1991 einen ikonischen, sich über Genregrenzen hinwegsetzenden Roman geschrieben, der zum Klassiker der humoristischen Literatur geworden ist. Matthias Strobel, geboren 1967, übersetzt aus dem Spanischen und Englischen, u.a. Alfredo Bryce Echenique, Federico Axat und Daniel Griffin. 2014 wurde er mit dem Europäischen Übersetzerpreis Offenburg ausgezeichnet (Förderpreis), 2017 gehörte er mit einer Übersetzung von Alberto Barrera Tyszka zu den Finalisten des Internationalen Literaturpreises. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.

TAG 10


07.00 Ich beschließe, mich auf die Suche nach Gurb zu machen.

Bevor ich aufbreche, verberge ich das Raumschiff, um Entdeckung und Untersuchung desselben seitens der heimischen Fauna zu vermeiden. Nach Konsultation des Astral-Terrestrischen Katalogs beschließe ich, das Raumschiff zu verwandeln in einen irdischen Körper namens Einfamilienhaus, Heiz., 3 Schlafz., 2 Bäd., Balkon, Gemeinsch.-Pool, 2 Parkpl., günstige Finanzierung.

07.30 Ich beschließe, die Gestalt eines menschlichen Einzelwesens anzunehmen. Nach Konsultation des Katalogs fällt meine Wahl auf den Conde-Duque de Olivares.

07.45 Statt das Raumschiff über die Luke zu verlassen (jetzt eine einfach strukturierte, aber schwer zu handhabende Massivholztür), beschließe ich, mich an einem Ort zu materialisieren, an dem die Konzentration von Einzelwesen am größten ist, damit ich keine Aufmerksamkeit errege.

08.00 Ich materialisiere mich an einem Ort namens Diagonal-Paseo de Gracia und werde von Bus Nummer 17 Barceloneta-Vall d’Hebron überfahren. Ich muss den Kopf, der aufgrund der Kollision weggerollt ist, wieder einsammeln. Schwieriges Unterfangen aufgrund der Fülle von Fahrzeugen.

08.01 Überfahren von einem Opel Corsa.

08.02 Überfahren von einem Lieferwagen.

08.03 Überfahren von einem Taxi.

08.04 Ich sammle den Kopf wieder ein und wasche ihn an einem öffentlichen Brunnen unweit der Unfallstelle. Ich nutze die Gelegenheit, um die Zusammensetzung des Wassers zu analysieren: Wasserstoff, Sauerstoff und Kot.

08.15 Aufgrund der hohen Dichte von Einzelwesen wird es womöglich schwierig, Gurb mit bloßem Auge ausfindig zu machen, aber ich nehme Abstand von einer sensorischen Kontaktaufnahme, weil ich nicht einschätzen kann, welche Auswirkungen es auf das ökologische Gleichgewicht der Zone und infolgedessen auf ihre Bewohner haben könnte.

Menschliche Wesen gibt es in unterschiedlichen Größen. Die kleinsten sind so klein, dass sie, würden sie nicht von größeren Exemplaren in kleinen Wägelchen geschoben, sofort unter deren Füße geraten würden (und schon wäre der Kopf ab). Die größten sind selten über 200 Zentimeter lang. Überraschenderweise sind sie in liegendem Zustand genauso lang. Einige tragen Schnauzbart, andere Vollbart und Schnauzbart. Fast alle haben zwei Augen, die entweder im vorderen oder im hinteren Teil des Gesichts liegen, je nach Blickwinkel. Beim Gehen bewegen sie sich von hinten nach vorne, wodurch sie den Schwung der Beine mit einem kräftigen Schwung der Arme ausgleichen müssen. Die Eiligsten unter ihnen verstärken diesen Schwung mittels Handtaschen aus Leder oder Plastik oder Köfferchen namens Samsonite aus einem Material, das von einem anderen Planeten stammt. Das Fortbewegungssystem der Automobile (vier paarweise angelegte, mit stinkender Luft gefüllte Räder) ist vernünftiger und erlaubt höhere Geschwindigkeiten. Wenn ich nicht für exzentrisch gehalten werden will, darf ich nicht fliegen oder auf dem Kopf gehen. Merke: Immer schön Bodenhaftung bewahren, sei es mit dem Fuß – egal welchem – oder mit dem äußeren Organ namens Hintern.

11.00 Ich halte schon fast drei Stunden Ausschau nach Gurb. Vergeudete Zeit. Der Menschenstrom an dieser Stelle der Stadt schwillt nicht ab. Im Gegenteil. Meiner Schätzung nach liegt die Wahrscheinlichkeit, dass Gurb hier vorbeikommt und ich ihn nicht sehe, bei dreiundsiebzig zu eins. Und es fehlen sogar noch zwei Variablen: a) dass Gurb nicht hier vorbeikommt; b) dass Gurb hier vorbeikommt, aber seine Gestalt verändert hat. In diesem Fall läge die Wahrscheinlichkeit, dass ich ihn nicht entdecke, bei neun Trillionen zu eins.

12.00 Das Angelus-Läuten. Ich gehe kurz in mich im Vertrauen darauf, dass Gurb nicht ausgerechnet jetzt vorbeikommt.

13.00 Die aufrechte Haltung, die ich meinem Körper schon seit fünf Stunde zumute, ermüdet mich allmählich. Zur Taubheit der Muskeln kommt noch der ständige Kraftakt des Ein- und Ausatmens. Als ich es einmal fünf Minuten lang vergesse, läuft mein Gesicht blau an, und die Augen springen aus den Höhlen, sodass ich schon wieder zwischen den Autos herumkriechen muss, um sie einzusammeln. Wenn das so weitergeht, werde ich doch noch Aufmerksamkeit erregen. Offenbar atmen die Menschen die Luft automatisch ein und aus, was sie dann schlicht Atmen nennen. Diesen Automatismus, der eines zivilisierten Wesens unwürdig ist und den ich hier aus rein wissenschaftlichen Gründen erwähne, wenden die Menschen nicht nur auf die Atmung an, sondern auf viele Körperfunktionen wie Blutkreislauf, Verdauung, Blinzeln – das im Gegensatz zu den beiden zuvor genannten Funktionen sehr wohl willentlich kontrolliert werden kann und dann Zwinkern heißt –, das Wachsen der Finger- und Zehnägel usw. Die Abhängigkeit der Menschen vom automatischen Funktionieren ihrer Organe (und Organismen) geht so weit, dass sie abscheuliche Dinge täten, wenn man ihnen nicht im Kindesalter beibrächte, die Natur dem Anstand unterzuordnen.

14.00 Ich komme an die Grenze meines Durchhaltevermögens und sinke auf die Knie, das linke Bein nach vorne gebeugt, das rechte Bein nach hinten. Als eine ältere Dame mich in dieser Körperhaltung sieht, gibt sie mir eine Fünfundzwanzig-Peseten-Münze, die ich, um nicht unhöflich zu erscheinen, sofort hinunterschlucke. Temperatur: 20 Grad. Relative Luftfeuchtigkeit: 64 Prozent. Leichter Wind aus südlicher Richtung. See: spiegelglatt.

14.30 Die Dichte des rollenden wie gehenden Verkehrs nimmt leicht ab. Noch immer nichts Neues von Gurb. Trotz des Risikos, das prekäre ökologische Gleichgewicht des Planeten zu stören, beschließe ich, sensorischen Kontakt aufzunehmen. Als gerade kein Bus vorbeifährt, konzentriere ich mich voll und ganz auf die Frequenz H76420ba1 400 009 und steigere auf H76420ba1 400 010.

Beim zweiten Versuch empfange ich ein anfangs schwaches, dann stärker werdendes Signal. Ich entschlüssele das Signal, das von zwei unterschiedlichen, aber in Bezug auf die Erdachse einander sehr nahen Punkten zu kommen scheint. Text des (entschlüsselten) Signals:

Von wo rufen Sie an, Señora Cargols?

Aus Sant Joan Despí.

Von wo, sagen Sie?

Aus Sant Joan Despí. Aus Sant Joan Despí. Können Sie mich hören?

Wir scheinen hier beim Sender ein kleines Empfangsproblem zu haben, Señora Cargols. Hören Sie uns gut?

Was?

Ich fragte, hören Sie uns gut, Señora Cargols?

Ja, ja, ich höre Sie sehr gut.

Hören Sie mich, Señora Cargols?

Aus Sant Joan Despí.

Aus Sant Joan Despí. Und hören Sie uns gut aus Sant Joan Despí, Señora Cargols?

Ich höre Sie sehr gut. Und Sie, hören Sie mich?

Sehr gut, Señora Cargols. Von wo rufen Sie uns an?

Ich fürchte, Gurb ausfindig zu machen, wird viel schwieriger, als ich dachte.

15.00 Ich beschließe, die Stadt systematisch zu durchstreifen, statt an einem festen Ort zu verharren. Damit verringere ich die Wahrscheinlichkeit, Gurb nicht zu finden, um eine Trillion, mit nach wie vor ungewissem Ergebnis. Beim Gehen halte ich mich an den heliografischen Stadtplan, den ich beim Verlassen des Raumschiffs in meine Schaltkreise eingespeist habe. Ich stürze in eine Baugrube der Katalanischen Gaswerke.

15.02 Ich stürze in eine Baugrube der Katalanischen Wasser- und Elektrizitätswerke.

15.03 Ich stürze in eine Baugrube der Wasserwerke Barcelona.

15.04 Ich stürze in eine Baugrube der Telefónica.

15.05 Ich stürze in eine Baugrube des Bürgervereins der Calle Córcega.

15.06 Ich beschließe, mich nicht mehr an den heliografischen Stadtplan zu halten und beim Gehen lieber darauf zu achten, wo ich hintrete.

19.00 Ich gehe schon seit vier Stunden und weiß nicht mehr, wo ich bin. Die Beine tragen mich kaum noch. Die Stadt ist riesengroß, überall herrscht Gedränge, der Lärm ist unerträglich. Seltsamerweise erblicke ich nirgends die typischen Bauwerke wie den Kenotaphen der Jungfrau von Pilar, die mir als Orientierung dienen könnten. Ich habe einen Fußgänger angehalten, der einen hohen Freundlichkeitsgrad zu besitzen scheint, und ihn gefragt, wo ich am besten nach einer vermissten Person suchen sollte. Er hat mich gefragt, wie alt diese Person sei. Auf meine Auskunft, sie sei sechstausendfünfhundertdreizehn Jahre alt, hat er mir empfohlen, es im Corte Inglés zu probieren. Am schlimmsten ist das Einatmen der mit fettigen Partikeln versetzten Luft. Bekanntermaßen ist die Luft in einigen städtischen Gebieten von einer solch hohen Dichte, dass ihre Bewohner sie in Hüllen stopfen und unter dem Namen Morcillas exportieren. Ich habe tränende Augen, eine verstopfte Nase und einen trockenen Mund. Wie viel schöner ist es in Sardanyola!

20.30 Nach Sonnenuntergang hätten sich die atmosphärischen Bedingungen um einiges verbessern können, wären die Menschen nicht auf die Idee gekommen, Straßenlaternen einzuschalten. Offenbar brauchen sie Licht, um weiterhin draußen sein zu können. Trotz ihrer mehrheitlich groben, ja geradezu hässlichen Physiognomie scheinen sie nicht leben zu können, ohne einander zu sehen. Auch die Autos haben ihre Scheinwerfer eingeschaltet und bedrängen sich gegenseitig. Temperatur: 17 Grad. Relative Luftfeuchtigkeit: 62 Prozent. Leichter Wind aus südwestlicher Richtung. See: leicht bewegt.

21.30 Basta. Ich gehe keinen Schritt weiter. Mein körperlicher Verfall ist beträchtlich. Ein Arm, ein Bein und beide Ohren sind mir abhandengekommen, und die Zunge hängt so tief, dass ich sie am Gürtel festbinden musste, weil ich schon vier Hundehaufen und unzählige Zigarettenkippen aufgeleckt habe. Unter...

Erscheint lt. Verlag 17.2.2024
Übersetzer Matthias Strobel
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Absurder Humor • Aliens • Aliens und Menschen • Außerirdische • Barcelona • buntes cover • Churros • Douglas Adams • galaktisch • Galaxie • Humor • intergalaktisch • Jasper Fforde • Kultbuch • Logbuch • lustig • Matt Ruff • Neue Fantasy 2024 • neuerscheinung 2024 • Neu übersetzt • Per Anhalter durch die Galaxis • Science-fiction • Science Fiction Klassiker • Sci-fi • Spanien • UFOs • Unterhaltung • Wiederentdeckt
ISBN-10 3-608-12316-4 / 3608123164
ISBN-13 978-3-608-12316-6 / 9783608123166
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