Der Rabengott (eBook)

((Titelideen: Rabenturm))

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
368 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-12292-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Rabengott -  Ann Leckie
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»Es ist ein reines Vergnügen, etwas so Anderes, so Wunderbares zu lesen.« Patrick Rothfuss Seit Jahrhunderten wird das Königreich Iraden von einem Gott beschützt: Er heißt der Rabe und residiert in einem Turm in der mächtigen Hafenstadt Vastai. Von dort wacht er über das Reich. Seinen göttlichen Willen lässt er über einen Rabenvogel an seinen menschlichen »Statthalter« kundtun. Der Vogel des Rabengottes ist tot, und die göttliche Regel schreibt vor, auch der 'Statthalter' muss unverzüglich sterben, um Platz für seinen Nachfolger zu machen. Als Mawat, der rechtmäßige Erbe, mit seinem Freund, dem Kämpfer Eolo, in der Hauptstadt eintrifft, sitzt bereits ein Regent auf dem Herrscherstuhl - sein Onkel.  Mawats Zorn kennt keine Grenzen und während er versucht, sein Reich zurückzuerobern, entdeckt Eolo, dass der Turm des Raben ein dunkles Geheimnis birgt: In seinem Fundament harrt eine Prophezeiung, die, wenn sie sich erfüllt, Iraden für immer zerstören könnte. Die preisgekrönte Science Fiction-Autorin Ann Leckie legt mit dem Rabengott ihren ersten High Fantasy-Roman vor.  »Scharfsinnig, vielschichtig und, wie immer bei Leckie, hochintelligent.« Kirkus Review

Ann Leckie, geboren 1966 in Toledo, Ohio, ist eine amerikanische Science Fiction- und Fantasy-Autorin. Für ihre Science-Fiction Romane wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Hugo Award, dem Nebula Award, dem British Fantasy Award und dem Locus Award. »Der Rabengott« ist ihr erster High Fantasy Roman, der ebenfalls auf der Shortlist für den Hugo Award stand.

Ann Leckie, geboren 1966 in Toledo, Ohio, ist eine amerikanische Science Fiction- und Fantasy-Autorin. Für ihre Science-Fiction Romane wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Hugo Award, dem Nebula Award, dem British Fantasy Award und dem Locus Award. »Der Rabengott« ist ihr erster High Fantasy Roman, der ebenfalls auf der Shortlist für den Hugo Award stand.

Du zögertest. »Ich glaube nicht.« Und schütteltest den Kopf. »Ich glaube nicht, dass er Anlass dazu hätte. Er sagte nur, jemand habe ihm erzählt, ich spräche, als käme ich aus seinem Bezirk.«

»Lass mich raten: Er wollte wissen, ob er mir irgendwie zu Diensten sein kann.« Du bestätigtest Mawats Vermutung mit einem Nicken. »Dera und Radihaw mochten sich noch nie. Und weder Dera noch Oenda ist wohlhabend genug, um es mit Radihaws Autorität aufzunehmen. Aber wenn er die Gunst des nächsten Statthalters hätte …« Mawat schüttelte den Kopf. »Pass auf, was du sagst, wenn du mit ihm sprichst. Du bekommst zu essen, nehme ich an?«

Der plötzliche Themenwechsel schien dich unbeeindruckt zu lassen. »Ja, mein Lord.«

»Dann geh und iss etwas. Falls dich jemand fragt: Ich bin noch zu aufgewühlt, um mit irgendjemandem zu sprechen. Aber sei nicht überrascht, egal, was ich in den nächsten ein oder zwei Tagen tue. Und was auch immer du tust, erzähle niemandem von meinem Verdacht. Nicht einmal Tikaz.«

»Ihr könnt Euch auf mich verlassen, mein Lord.«

»Ich weiß, dass ich das kann«, erwiderte er. »Jetzt geh.«

***

Der Rabe von Iraden stammt nicht aus Iraden. In der ersten Sprache, die ich gelernt habe, wäre das eine äußerst seltsame Aussage. Auf Iradeni gibt es zwei Wörter – eines für »dazugehören« oder »ein Teil von etwas sein« und eines für »von einem Ort stammen«. Es ist nicht so, dass die Kaluet und ihre Vettern den Unterschied dazwischen nicht kennen würden, denn das tun sie. Aber wenn sie sprechen, wechseln sie zwischen den beiden Bedeutungen hin und her, und die meisten Menschen verstehen sie, ohne dass explizit gemacht würde, welche davon gemeint ist.

Doch vielleicht bedeutet die Tatsache, dass ein und dasselbe Wort für zwei verschiedene Dinge verwendet wird, dass die Begriffe »dazugehören« und »herkommen« allmählich miteinander verschwimmen. Vielleicht. Manchmal überlege ich, ob Iradeni-Sprechern überhaupt auffällt, dass »dazugehören« und »ein Teil von etwas sein« nicht unbedingt dasselbe sind. Das kommt zwar vor, ist aber nicht immer der Fall, und ich frage mich, ob mir der Unterschied nur auffällt, weil ihre Sprache so anders ist als meine erste und ich so viel Zeit hatte, darüber nachzudenken.

Jedenfalls stimmt, was ich gerade gesagt habe: Der Rabe von Iraden stammt in Wahrheit gar nicht aus Iraden. Wo genau er herkommt, weiß ich nicht. Irgendwo aus den Bergen im Süden, würde ich vermuten. Jedenfalls nicht aus einem Teil des hohen Nordens, den ich kenne. Wie auch immer. Ich kann mir vorstellen, dass dieser Ort nicht den Reichtum oder die Macht bot, nach der sein Ehrgeiz verlangte. Oder vielleicht hat etwas oder jemand dafür gesorgt, dass er sich in seiner Heimat nicht mehr wohlfühlte, und das hat ihn schließlich nach Norden getrieben.

Hier ist eine Geschichte, die ich gehört habe: Der Rabe beschloss, sich in dem Gebiet niederzulassen, das später zu Vastai werden sollte, und schickte seine Anhänger dorthin, um ein Haus und einen Turm für ihn zu bauen. Und sie, die sich durch das Wort ihres mächtigen Gottes geschützt glaubten, kamen her und machten sich an den Bau. In der Geschichte heißt es, dass sie mit ihren Äxten die größten Bäume in dem nahe gelegenen Wald fällten.

Kannst du mich hören, Eolo? Wenn ja, scheinst du mich zumindest nicht zu verstehen, sonst wärst du bestimmt erzittert, als ich das sagte, oder gar zusammengeschreckt. Der Gott des Stillen Waldes hat seit Jahrzehnten nicht mehr gesprochen. Mindestens ein Jahrhundert lang nicht. Er könnte ebenso gut tot sein, und manche Iradeni haben es schon gewagt, genau das einander insgeheim zuzuflüstern. Aber niemals laut. Kaum ein Iradeni ist so verwegen, den Gott der Stillen zu leugnen, und diejenigen, die es dennoch tun, werden bei der ersten Gelegenheit zum Schweigen gebracht. So stark ist der Einfluss dieses Gottes auf dein Volk – selbst heute noch.

Der Machtbereich des Gottes der Stillen erstreckte sich meilenweit die Küste des Schultermeeres entlang und weit ins Landesinnere hinein, fast bis zu den Bergen. Zunächst kümmerte er sich nur um die Dinge in seinem Wald. Aber die Menschen und kleineren Götter, die an dessen Saum lebten, konnten es sich nicht leisten, den Wald zu ignorieren. Erstens brauchen die Menschen Holz, wie du sicher bereits weißt: zum Kochen und Heizen, für ihre Häuser, um darauf zu schreiben, für Scheunen und Boote und vieles mehr. Zweitens war – und ist – die Grenze des Waldes immer in Bewegung. Was außerhalb und in Sicherheit gewesen war, kann in den nächsten paar Jahren verschlungen werden. Alle Versuche der Menschen, dies zu verhindern und eine Grenze festzulegen, über die sich der Wald nicht ausbreiten darf, erregten stets den Zorn des Gottes.

Es war nicht einfach, eine Vereinbarung mit ihm zu treffen, die den Menschen eine sichere Existenz am Waldessaum erlaubte, sodass sie Feuerholz sammeln und gelegentlich einen Baum fällen konnten. Er brauchte schlicht keine, denn allein seine Größe sorgte dafür, dass die Menschen ihm Opfergaben darbrachten in der Hoffnung, dass er ihnen helfen oder ihnen zumindest nicht schaden würde. Der Wald hatte keinen Grund, auf ihre Bitten einzugehen, geschweige denn, sich auf ein langes Gespräch einzulassen, das zu künftigen Verpflichtungen seinerseits führen könnte. Doch schließlich überzeugte eine Mutter der Stillen ihn davon, dass er noch mächtiger und seine Bäume noch sicherer wären, wenn er nur eine einzige, kleine Vereinbarung träfe.

Das Ergebnis dieser ersten Vereinbarung war, dass die Menschen Holz sammeln und gelegentlich Bäume fällen durften, und zwar zu Zeiten und in Mengen, die der Wald vorgab. Im Gegenzug bekam er Opfergaben, und die Menschen führten bestimmte Rituale aus, wodurch der Gott immer stärker und mächtiger wurde, ohne dass es ihn allzu viel kostete, während die Menschen in der Nähe des Waldes fortan sicherer und wohlhabender lebten. Das führte natürlich zu noch mehr Opfergaben und Gebeten, und als der Gott erkannte, wie sehr seine Macht angewachsen war, folgten weitere Vereinbarungen mit dem Haus der Stillen und damit auch mit den Menschen Iradens:

Erstens beschützte der Wald die Iradeni ab jetzt vor Insektenstichen (bis zu einem gewissen Grad und nur im Austausch gegen regelmäßige Blutopfer).

Zweitens stimmte er zu, die Iradeni vor Heimsuchungen und verschiedenerlei ansteckenden Krankheiten zu schützen.

Drittens gestattete er den Bau einer Straße durch seinen Wald, allerdings unter der Bedingung, dass jeder, der die Straße ohne seine ausdrückliche Erlaubnis verließ, allen Schutz vor den Mächten des Waldes verlor.

Viertens duldete er den Bau einer Stadt – das spätere Vastai – am Ufer des Schultermeeres und ließ zu, dass Holz für die Gebäude geschlagen wurde. Dabei sprach er stets nur zur Mutter der Stillen, die seine Wünsche und Forderungen an die Menschen von Iraden weitergab, die ihn sodann mit großzügigen Geschenken und Dankesgebeten bedachten, ohne ihre Ehrfurcht vor dem Wald zu verlieren, und der Gott selbst wurde immer mächtiger.

Die neu eingetroffenen Anhänger des Raben scherten sich nicht um diese Dinge. Unter dem vermeintlichen Schutz ihres eigenen Gottes gingen sie mit Äxten und Sägen in den Wald und kamen nicht wieder heraus.

Ich kann mir vorstellen, dass der Rabe den Wald für selbstgefällig gehalten hatte. Vielleicht hatte er seine Grenzen schon vorher verletzt und keine in irgendeiner Weise alarmierende Reaktion darauf feststellen können. Hättest du die Gegend zu jener Zeit besucht, wäre sie dir vielleicht wie eine Region voller kleiner bis mittelgroßer Gottheiten vorgekommen – jede mit ihrem eigenen Gebiet und ihren ganz speziellen Eigenschaften und alle mit einer angemessenen Zahl von Opfergaben versorgt, aber gewiss nichts Besonderes. Aber dann war da noch der Wald, seit jeher Gegenstand abergläubischer Furcht, und wahrscheinlich hätte jeder, der es nicht bereits besser wusste, kaum geahnt, wie groß und mächtig der Gott dieses Waldes war. Damals wie heute wird er nur im Geheimen verehrt. Wer kann schon sagen, warum? Vielleicht liegt es daran, dass wir Götter genauso unsere Geschmäcker und Vorlieben haben wie ihr Menschen. Was auch immer der Grund dafür sein mag: Bis auf die kleinen Gaben am Waldrand oder vor den Häusern der Stillen wurden und werden die Opfer an ihn in Schweigen und Dunkelheit dargebracht.

Ein vorsichtiger und kluger Neuankömmling hätte es sich vielleicht zweimal überlegt, einen Krieg mit einem Wald anzufangen, den alle ortsansässigen Völker fürchteten. Der Rabe kann zwar sehr besonnen vorgehen, aber ich würde sagen, das tut er nur dann, wenn er es unbedingt muss. Und nachdem er den wahrscheinlich mächtigsten Gott im Umkreis von mehreren Hundert Meilen erzürnt hatte, wich er nicht zurück, sondern reagierte mit schärfster Aggression: Er zündete die Bäume an.

Die Bewohner Vastais und seiner Umgebung hatten sich nie allzu viele Gedanken über Neuankömmlinge gemacht, egal, ob es sich dabei um Menschen handelte oder um Götter. Sie lebten am Meer, in der Nähe eines guten, wenn auch kleinen Hafens und in Sichtweite eines anderen, größeren. Sie waren also an Reisende gewöhnt, und manchmal blieben diese Reisenden. Neulinge waren in der Regel willkommen, ebenso die Waren, die sie mitbrachten, sowie die Verbindungen zu fernen Orten, die den Handel förderten und zum Wohlstand der beiden Siedlungen an der Meerenge beitrugen. Was bedeutete da schon die Ankunft eines weiteren Gottes? Dass ehrgeizige Gottheiten sich von Orten wie Ard Vusktia und Vastai angezogen fühlten, war nur normal. Und wenn diese Götter durch Opfergaben zu dem einen oder anderen Gefallen zu bewegen waren, umso besser für alle. Folglich...

Erscheint lt. Verlag 16.3.2024
Übersetzer Michael Pfingstl
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Bestseller Autorin • Brandon Sanderson • Buch • Bücher mit Farbschnitt • episch • epische Fantasy • Fantasy • Fantasy Welt • Farbschnitt • George R.R. Martin • Götter • Hamlet • High Fantasy • Hugo Award • LGBTQ • mittelalterlich • Neue Fantasy 2024 • N.K. Jemisin • Patrick Rothfuss • Rabe • Rabengott • schwarz goldenes Cover • The Raven Tower Deutsch • trans Charakter • William Shakespeare
ISBN-10 3-608-12292-3 / 3608122923
ISBN-13 978-3-608-12292-3 / 9783608122923
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