Sophias Geister -  Craig Schaefer

Sophias Geister (eBook)

Ein Daniel-Faust-Roman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
400 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-31520-7 (ISBN)
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Daniel Faust ist wieder da!
Daniel Faust, Privatdetektiv, Gangster und Magier, hat schon einige Dinge in seinem Leben getan, auf die er nicht unbedingt stolz ist. Einen unschuldigen Mann zu erschießen, gehörte nicht dazu - doch genau das verlangt Höllenfürst Sitri von ihm. Wenn er es nicht tut, sieht er seine Geliebte Caitlin nie wieder, denn die ist Sitris rechte Hand. Daniel Faust muss all seine Fähigkeiten, die magischen ebenso wie die kriminellen, einsetzen, um Sitris finsteres Spiel zu durchschauen und seine große Liebe zu retten.

Craig Schaefer ist das Pseudonym der Autorin Heather Schaefer. Sie lebt in North Carolina, wo sie sich gerne in Museen, Büchereien, an einsamen Kreuzungen mitten im Nirgendwo und ähnlichen Orten aufhält, wo sich Autor*innen düsterer Fantasy gerne versammeln.

1


Ich sprang aus der Beifahrertür von Jennifers Prius, landete auf dem Boden wie ein Tourist beim Stierlauf und stürmte über einen rauen gelben Rasen. Die Vordertür von Sophias marodem Reihenhaus stand offen und bewegte sich schwankend in einer vereinzelten Wüstenbrise, die nichts gegen die Hitze ausrichten konnte. Der weiße Wollteppich war mit Blut bespritzt. Es verteilte sich in Schleifen und Pfützen wie auf einem wahnsinnigen Gemälde von Jackson Pollock.

Wir hatten den Anruf vor zwanzig Minuten erhalten. Sophias »Visionen« hatten die Tendenz, zu neunzig Prozent halluzinatorisch und zu zehn Prozent parapsychisch zu sein, doch als sie zusammenhanglos von den rauchgesichtigen Männern in ihrem Haus faselte, ließen wir alles stehen und liegen und fuhren sofort los. Vor drei Wochen hatten selbige rauchgesichtige Männer um ein Haar die Apokalypse ausgelöst.

Ich erstarrte in den Trümmern des Wohnzimmers. Lautes Rauschen drang aus dem blutüberströmten klobigen Fernseher, und eine umgestürzte Lampe warf schräge Schatten über Sophias verstümmelte Leiche. Ihr Mörder war kein Mensch. Es war eine gesichtslose Gliederpuppe aus Holz mit beweglichen Gliedmaßen wie die lebensgroße Version der Modellfigur eines Künstlers. Eine Hand endete in einem hölzernen Stumpf, die andere in einem schartigen, rostigen Messer. Die Gliederpuppe kauerte über der Leiche und stieß die Klinge immer wieder in Sophias Bauch, eine Mordmaschine, die nicht verstand, dass ihr Opfer bereits tot war.

Meadow Brand stand auf der anderen Seite des Blutbads. Ihr selbstgefälliges Grinsen verzerrte die Narbe, die ich ihr zugefügt hatte. Beim ersten Mal hatten wir uns in einem Zimmer gegenübergestanden, das diesem sehr ähnlich war, aber dort hatte ein anderer Freund von mir tot auf dem Boden gelegen. Jetzt hatte sie zwei gut bei mir.

Es war zu viel auf einmal, und es ging zu schnell, um das Szenario erfassen zu können, außerdem hatte ich die harte Lektion vergessen, die ich im Kampf gegen Meadow und ihre Gliederpuppen gelernt hatte: Es war niemals nur eine einzige. Die zweite Puppe sprang aus ihrem Versteck hinter der Tür hervor. Sie stürzte sich auf mich und nahm mich in den Schwitzkasten. Ihre steifen Holzarme pressten mir die Luft aus der Lunge.

Ich riss abrupt den Kopf zurück. Dieser Schlag hätte einem Menschen die Nase gebrochen, aber mir verursachte er lediglich einen heftigen Schmerz, als mein Hinterkopf gegen das glatte Holz krachte. Außer Atem und mit schwarzen Punkten vor Augen beugte ich mich vor und verdrehte meine Schulter. Dann nutzte ich das eigene Gewicht der Gliederpuppe, um sie hochzuheben und über mich hinweg zu werfen. Sie knallte auf den Boden und strampelte wie eine auf dem Rücken liegende Kakerlake.

Jennifer war wenige Schritte hinter mir. Sie tauchte im Türeingang auf, die Augen hinter einer blauen Lennon-Brille verborgen und mit einer Wumme so groß wie Texas. Die Waffe bellte zweimal. Die Schüsse schlugen gegen meine Trommelfelle und hinterließen Lichtstreifen in meinem Sichtfeld. Der Kopf der gestürzten Gliederpuppe explodierte in einem Schauer aus Holzsplittern. Die zweite wurde mitten in die Brust getroffen, und was von der Kreatur noch übrig war, fiel als zuckender Trümmerhaufen auf den Teppich.

»Brand«, keuchte ich, während ich nach Luft schnappte. Ich musste nichts erklären. Jennifer war dabei gewesen, als wir uns Meadows Geschöpfen in einem verlassenen Hotel voller Todesfallen gestellt hatten.

»Wo?«

Ich blickte durch das Zimmer – auf einen leeren Türrahmen. Die Hintertür schlug zu. Mein Magen ballte sich zusammen wie eine Faust.

Wir rannten nach draußen und sahen gerade noch rechtzeitig, wie Meadow in einem schwarzen Mercedes aus der Zufahrt des Nachbarhauses geschossen kam. Sie hielt nur kurz inne, um in den Rückspiegel zu schauen und mir zuzuzwinkern.

»Dieses Mal nicht«, sagte ich und sprang in Jennifers Wagen. Sie warf mir ihre Pistole zu und ließ den Motor aufheulen. »Sie wird nicht entkommen. Dieses Mal nicht.«

Jennifer hielt das Lenkrad fest und starrte geradeaus wie ein Falke, der seine Beute ins Visier nimmt.

Meadow bog mit fünfzig Meilen pro Stunde in die Auffahrt zur Interstate 15, wo der schwere Mercedes über den Asphalt schrammte und Funken sprühen ließ. Wir folgten ihm dichtauf und schlängelten uns durch den Morgenverkehr. Meadow gab Gas, und Jennifers Kleinwagen vibrierte, als er sich abmühte, das Tempo mitzuhalten.

»Plan?« Jennifers Stimme klang genauso angestrengt wie der Motor. Sie machte sich Vorwürfe, weil sie Meadow beim letzten Mal hatte entwischen lassen, und nun war deswegen ein weiteres unschuldiges Opfer gestorben. Ich wusste, wie sie sich fühlte, weil ich dasselbe empfand.

Ich umklammerte die Pistole, spürte ihr Gewicht und kurbelte mein Seitenfenster herunter. »Du bringst uns längsseits, dann schieße ich ihr in das gottverdammte Gesicht.«

»Guter Plan.«

Wir schafften es fast, als wir nach links zogen und beschleunigten, während sie hinter einem langsamen Sattelschlepper auf der mittleren Spur feststeckte. Doch dann wechselte sie nach rechts und trat wieder das Gaspedal durch. Ich beobachtete zähneknirschend, wie sich der schwarze Mercedes immer weiter von uns entfernte.

»Sie muss Sophia aufgelauert haben«, sagte ich. »Um sie zu zwingen, uns anzurufen, und sie dann zu töten.«

»Und eine Falle mit ihren Holzpüppchen aufzustellen«, sagte Jennifer schleppend mit einer Stimme so samtig-weich wie Ahornsirup. »Aber das ergibt keinen Sinn. Im Silverlode Hotel haben wir Dutzende von diesen Dingern ausgeschaltet. Warum hat sie gedacht, sie könnte uns mit nur zweien erledigen?«

Vor uns hielt der Mercedes das Tempo und wechselte lässig zwischen den Spuren. Er wurde ein klein wenig langsamer, dann beschleunigte er wieder.

Sie spielt mit uns, dachte ich, und mein Herz geriet ins Rasen, als ich ihr Spiel durchschaute.

»Jen, folge ihr nicht! Runter vom Highway!«

»Was? Warum?«

»Das war nicht die Falle!«, rief ich. »Das hier ist die Falle!«

Rote und blaue Lichter blinkten im Rückspiegel, als zwei Streifenwagen der Nevada Highway Patrol die Auffahrt heraufschossen und sich hinter uns einfädelten. Kurz darauf schloss sich ein dritter Verfolgungswagen, ein nicht gekennzeichneter SUV mit Blinklichtern hinter dem Kühlergrill, dem Vergnügen an. Ich blickte auf die Waffe in meinen Händen.

»Können wir sie abhängen?«, fragte ich und fühlte mich dämlich, als die Worte über meine Lippen kamen.

»Das hier ist ein Prius«, stieß Jennifer zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Es war eine Falle, und wir waren einfach hineinspaziert wie eine Kuh, die ins Schlachthaus geführt wurde. Es gab kein Entkommen für uns. Wir konnten jetzt nur noch den Schaden minimieren. Jennifer zog auf die langsame Spur, tat, als wollte sie anhalten, während ich den Saum meines Hemds nahm und die Waffe abwischte, so gut es ging. Dann warf ich sie zum Wagenfenster hinaus. Keine Chance, dass sie es nicht gesehen hatten, aber zumindest würde ich mit leeren Händen keinen Selbstmord durch Polizeigewalt begehen.

Wir fuhren noch eine Viertelmeile weiter, bevor wir anhielten. Jennifer stellte den Motor ab. Die Einsatzwagen keilten uns ein. Im nächsten Moment waren wir von Uniformen und gezückten Pistolen umzingelt, und ein Lautsprecher brüllte, dass wir die Hände aus den Fenstern strecken sollten.

Sie zerrten mich aus dem Wagen, warfen mich auf die Motorhaube und fesselten mir die Hände hinter dem Rücken. Als die Handschellen klickten, blickte ich über meine Schulter und lächelte höflich.

»Wo liegt das Problem, Officer?«

Der Bulle starrte mich durch eine verspiegelte Sonnenbrille an, während er mich abtastete.

»Schauen wir mal«, sagte er, »rücksichtsloses Fahren, Gefährdung anderer, Geschwindigkeitsüberschreitung um dreißig Meilen pro Stunde, außerdem rief uns eine Dame an und sagte, Sie würden sie verfolgen und mit einer Schusswaffe bedrohen.«

»Da muss ein Irrtum vorliegen, Officer. Wir beide sind unbewaffnet.«

Da kam ein junger Polizist herbeigerannt und zeigte mit einem Daumen über seine Schulter. »Die Waffe wurde gefunden, Sergeant. Sie konnte etwa eine Viertelmeile von hier geborgen werden.«

»Ooooh«, sagte ich und schnippte mit den Fingern. »Diese Schusswaffe. Tut mir leid, die hatte ich ganz vergessen.«

Nur zur Erinnerung: Polizisten haben keinen Sinn für Humor.

Sie drängten mich auf den Rücksitz des Streifenwagens und Jennifer in einen anderen und riefen einen Abschleppwagen, um den Prius sicherzustellen. Auf der Wache war es so nett, wie es auf einer Wache sein kann, und sie verloren keine Zeit, meine Fingerabdrücke zu nehmen und die üblichen Fotos von mir zu machen. Ich kannte die Routine.

Was als Nächstes geschah, kam für mich trotzdem unerwartet. Sie nahmen mir die Handschellen ab und setzten mich in ein Verhörzimmer, eine nasskalte kleine Kammer aus Sichtbeton mit einem Einwegspiegel und einer Deckenleuchte, die mit einem Drahtgeflecht gesichert war. Dann ließ man mich dort zurück. Die Minuten verrannen und zogen sich hin – zu einer langen, langsamen Stunde.

Ich hatte ein Vorstrafenregister. Jedoch alles nur geringfügige Vergehen, nichts, das einen Alarm auslösen oder zu Nachfragen über Staatsgrenzen hinweg führen würde. Oh, um Missverständnisse zu vermeiden: Ich hatte eine Menge Straftaten begangen, aber ich war nie erwischt worden. Von Rechts wegen hätte man mich verhaften und in eine...

Erscheint lt. Verlag 12.6.2024
Reihe/Serie Daniel-Faust-Reihe
Übersetzer Bernhard Kempen
Sprache deutsch
Original-Titel Redemption Song
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte 2024 • Dämonen • dark urban fantasy • Düstere Fantasy • eBooks • Fantasy • Harry Dresden • Hölle • Las Vegas • Magische Wesen • Neuerscheinung • neuerscheinung 2024 • Urban Fantasy • Urban Fantasy Reihe
ISBN-10 3-641-31520-4 / 3641315204
ISBN-13 978-3-641-31520-7 / 9783641315207
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