Im Schatten der Pinien -  Jessica Vonthin

Im Schatten der Pinien (eBook)

Grausame Morde auf Istrien: Eine junge Ermittlerin kommt an ihre Grenzen
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
420 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-3094-5 (ISBN)
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Schuldig ist nicht nur der Täter, sondern auch der, der den Unschuldigen zum Täter macht. Als in der Provinz Istrien, inmitten des kroatischen Hinterlandes, die Leiches eines jungen Mannes gefunden wird, steht die junge Kommissarin Ana Novak vor ihrem ersten Kriminalfall: Der nackte Tote ist blutüberströmt, die Beine von sich gespreizt, das Herz durchbohrt.  Gemeinsam mit dem alten Griesgram Marco Petkovic und dem charmanten Iren Dillan führen die Ermittlungen das ungleiche Trio zu einem Cold Case nach Deutschland, bei dem ein Mann auf die gleiche Weise ermordet wurde. Während sämtliche DNA-Analysen laufen, beobachtet der Täter schon sein nächstes Opfer, dessen Vergehen er bestrafen wird ...  

Jessica Vonthin arbeitet als Lehrerin und lebt in Solms. Während ihrer zahlreichen Reisen nach Kroatien hat sie sich für ihr Debüt Im Schatten der Pinien inspirieren lassen. Zu ihren Lieblingsautorinnen gehören Nele Neuhaus und Charlotte Link. 

2


25.07.2023
Nationalpark Učka

Sie wusste, dass man dafür geboren sein musste. Dass man einen persönlichen Bezug zu diesem Beruf brauchte, um ihn wirklich ausüben zu können. Das zumindest hatten nicht nur die Ausbilder an der Polizeiakademie in Zagreb ihr immer wieder eingetrichtert, sondern auch Filip. Während Ana über den weißen Kalkstein lief, zeichnete sich das Bild ihres Bruders deutlich in ihren Gedanken ab, als sie überlegte, ob sie wirklich die Richtige für diesen Job war.

Der Anruf war vor einer Stunde reingekommen. Ana hatte das Gefühl, dass die Schlupflider ihres Partners und Vorgesetzten Oberkommissar Marco Petković noch weiter in die Augen gerutscht waren, als er die Aussage der völlig verstörten Reisegruppenleiterin aufgenommen hatte. Gemeinsam mit der Spurensicherung hatten sie sich auf den Weg in die Berge gemacht. Auch wenn Ana sich bewusst für die Polizeiausbildung und das Studium für den höheren Dienst entschieden hatte, brannten sich doch jedes Mal, wenn sie eine Leiche sah, die gleichen Bilder in ihren Kopf – jedes Mal, wenn sie den kalten Körper sah, dessen Seele sich von dieser Welt verabschiedet hatte und nun lediglich eine leblose Hülle fleischlicher Überreste zurückließ.

»Da vorne müsste es sein«, schnaufte Petković und hob seine Kappe ab, um sich mit seinem Handrücken die Schweißperlen von der Glatze zu wischen.

»Was soll ich machen?«, fragte Ana. Sie wollte bloß keinen Fehler begehen. Erst kürzlich hatte sie die Akademie verlassen und wollte nun weder im Weg stehen noch so wirken, als wüsste sie nicht, was sie tat.

»Erstmal nichts. Sie bleiben einfach neben mir. Ich muss mir ein Bild von der Situation machen.«

Ana nickte. Als sie den Tatort erreichten, ließ sie den Blick kurz über die Szenerie, die sich ihr bot, schweifen. Die Felsformation der Schlucht Vela Draga türmte sich vor ihnen wie riesige kalksteinfarbene Stalagmiten auf, während sich im Hintergrund die Abendsonne im Meer spiegelte. »Der perfekte Ort für Verliebte oder einen Heiratsantrag«, überlegte Ana, wobei sie kaum wahrnahm, dass sie ihre Gedanken laut geäußert hatte.

»Oder einen Mord«, erwiderte Petković und stierte die junge Kommissarin argwöhnisch an. »Sie sollten sich konzentrieren, Novak.«

»Tut mir leid, Sir.«

»Sie wissen, dass Sie nur wegen ihres Bruders hier sind, ja?«

»Ja, Sir«, wiederholte Ana.

Sie hatten die Wandergruppe, die kreidebleich auf einem der Felsen kauerte, erreicht. Sanitäter waren bereits eingetroffen und betreuten die Touristen, die sich ihre Abendrunde wohl etwas anders vorgestellt hatten. Petković trat zu einem der Ersthelfer. »Marco Petković, Istrian Police Department. Ich bin der leitende Kommissar.«

»Skarski«, stellte sich der Mann in leuchtender Einsatzkleidung vor. »Die junge Frau dort vorne hatte die Gruppe Touristen hier hoch geführt, als sie die Leiche entdeckte«, erklärte der Sanitäter und nickte einer Frau zu, die mit Wärmedecke und einem Becher Wasser verweint auf einem Stein kauerte.

Der Schock, auf einen toten Körper zu stoßen, dessen aufgerissene Augen einen anblickten, ließen einen selbst erstarren. Die meisten Menschen hyperventilierten direkt, sodass sie zu viel Kohlendioxid abatmeten und es zu einem Mangel an CO² im Blut kam. Es kommt zu Schwindel und Muskelkrämpfen, wodurch sich die Panik bei den Betroffenen verschärft. Manchmal werden sie bewusstlos.

Ana versuchte, ihre Gedanken zu sortieren, als sie wie ein Schoßhündchen Petković nachlief. Bevor dieser die arme Frau vernehmen konnte, musste er sich ein Bild des Tatorts machen. Ein Mord mitten in der Hochsaison, während Tausende Touristen aus der ganzen Welt das Land besuchten, wäre eine Katastrophe.

Mit etwas Abstand traten die Kommissare neben den Leichnam, während die Forensiker bereits Fotos des Toten machten. Die leichte Brise, die aufkam, wehte einige Strähnen des verklebten Haares von der Stirn des Opfers. Ein Mann – Ana schätzte ihn auf Anfang dreißig – lag in der felsigen Schlucht. Das dickflüssige Blut, das aus der Platzwunde an seinem Kopf getreten war, färbte die hellen Steine unter dem steifen Körper dunkelrot, während sich in den weit geöffneten Augen der Himmel spiegelte. Ana begriff, weshalb bei der Todesursache niemand von einem Unfall ausgegangen war. Der Mann war nackt. Splitternackt. Seine muskulösen Beine in einem nahezu perfekten neunzig Grad Winkel vom Rest des Körpers gespreizt. Die Arme lagen leblos in einer Lache aus Blut, das aus dem schwarzen Krater in der linken Brust des Opfers geflossen war. Schockiert über diese Erscheinung wagte Ana einen Blick zu ihrem Partner. Petković aber verzog keine Miene. Wie ein Löwe seine Beute, umkreiste er das Opfer, dabei hatte er die dicken Hände mit dem zerkratzten Ehering tief in die Hosentaschen vergraben.

»Haben Sie so etwas schon einmal gesehen?«, fragte Ana irritiert.

»Eine Leiche?«

»Eine Leiche, die so zur Schau gestellt wurde.«

Petković beantworte die Frage mit einem leichten Kopfschütteln. »Wie lange liegt er schon hier?«, wandte er sich schließlich mit monotoner Stimme an Dr. Ariana Pavić – für die meisten einfach nur Ria. Eine der wenigen Frauen auf dem Revier, von denen Petković etwas hielt, und eine der Wenigen, die Ana immer und zu jeder Zeit zur Seite stand.

»Der Leichenstarre und den Verwesungsmerkmalen nach zu urteilen, etwa einen Tag. Genau weiß ich es erst, wenn er bei mir auf dem Tisch liegt.«

Petković nickte und starrte auf das klaffende Loch in der Brust des Mannes.

»Sehr wahrscheinlich die Todesursache«, beantwortete Ria den Gedanken, der Petković durch den Kopf schwirrte, wischte sich mit dem Handrücken eine der schwarzen Haarsträhnen aus dem Gesicht und stand auf. Neben ihr wurde deutlich, wie riesig Petković war. »Der Stich ging direkt ins Herz. Ich vermute, jemand hat ihn die Böschung runtergeschubst, erstochen, ausgezogen und verbluten lassen. Genau weiß ich das aber erst im Labor.«

»Er wurde erst erstochen?«, fragte Ana, der die Idee in den Sinn gekommen war, den Tathergang andersherum zu rekonstruieren.

»Siehst du die verschmierten Flecken auf der Brust des Opfers?«, fragte Ria und deutete auf den blutverschmierten Oberkörper der Leiche. »Wäre er später erstochen worden, hätte sich das Blut gleichmäßig aus der Brust verteilt und wäre direkt rausgelaufen. Wenn der Mann erstochen wurde und ihm das T-Shirt – oder was auch immer er anhatte – nachträglich ausgezogen wurde, nimmt die Kleidung einen Teil des Blutes auf und lässt diese Schmiererei zurück.«

Ana nickte.

»Sehen Sie die Art und Weise, wie das Opfer zurückgelassen wurde, Novak?«, fragte Petković. Dabei kam Ana nicht umhin, ihren Blick von den gespreizten Beinen zum freigelegten Genitalbereich des Opfers zu richten.

»Es wirkt drapiert. Nicht so, als wäre das Opfer nach dem Sturz zufällig so liegen geblieben.«

Petković nickte zufrieden und Ana hatte das Gefühl, eine Prüfung bestanden zu haben.

»Ich kann mir kaum vorstellen, dass das Opfer nach seinem Sturz zufällig so liegen geblieben ist. Ich gehe davon aus, dass der Täter das Opfer absichtlich so hergerichtet hat.«

Ana hätte gerne gefragt, wieso jemand sein Opfer so herrichten sollte, empfand es aber als klüger, sich erst selbst Gedanken zu machen, bevor Sie sich zu oft an Petković wandte.

»Wie ist er hier hochgekommen?«, wollte Petković, der mittlerweile die Arme vor der Brust verschränkt hatte und seine Zunge nachdenklich gegen die Unterlippe drückte, von Pavić wissen.

»Die Spurensicherung hat einige Fahrzeugspuren oben am Weg gefunden. Allerdings gibt es auch viele Touristen, die hier mit ihren Quads unterwegs sind, von daher ist es schwierig, die Spuren eindeutig zuzuordnen. Zumal der trockene Boden wenig Reifenprofil aufnimmt.«

»Egal. Ich will, dass die Profile so gut es geht bestimmt und den Quadhändlern aus der Gegend zugewiesen werden. Mit dem Auto kommt man nur bis zum Wanderparkplatz. Die Quads sind da besser ausgestattet. Wissen wir denn, wer er ist?«

Dr. Pavić schüttelte den Kopf. »Da er nichts bei sich hatte, wissen wir rein gar nichts. Ich muss ihn untersuchen, dann kann ich Ihnen mehr sagen.«

An der Art und Weise, wie Petković sich räusperte und schließlich seine Hände in den Hosentaschen versenkte, merkte Ana, dass der Kommissar mit dieser Aussage alles andere als zufrieden war. Von Filip wusste sie, dass Petković niemand war, der gerne wartete oder Fälle bearbeitete, die einen langen Rattenschwanz nach sich zogen. Es war immer einfacher, wenn man direkt wusste, mit was oder wem man es zu tun hatte, als bei null anzufangen. Letzteres behinderte lediglich die Ermittlungen und führte zu noch mehr Arbeit.

»Wann können Sie mit der Untersuchung beginnen?«

Ana spürte, worauf Petković hinauswollte. Normalerweise würde...

Erscheint lt. Verlag 1.4.2024
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Deutsch-Kroatisch • Entführung • Ermittlerin • Ermittlertrio • Istrien • Kroatien • Küste • Meer • Mörder • Polizistin • Serienmörder • Spannung • Stalker • Strand • Trauma • Urlaub
ISBN-10 3-8437-3094-6 / 3843730946
ISBN-13 978-3-8437-3094-5 / 9783843730945
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