Das Haus der Lügen (eBook)

Ein Norwegen-Krimi

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
304 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-3494-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Haus der Lügen - Trude Teige
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Knochenfund in der norwegischen Nordmarka.

Die Journalistin Kajsa Coren dreht einen Dokumentarfilm über ihre Studienfreundin Anki, die kürzlich zurück in ihr Elternhaus in Oslo gezogen ist und behauptet, in ihrem eigenen Bett vergewaltigt worden zu sein. Kein Nachbar hat etwas von einem Eindringling mitbekommen. Als sich weitere Fälle nach demselben Muster ereignen, steht fest: Ein Serientäter treibt sein Unwesen. Doch was hat all das mit dem Fund menschlicher Überreste in einem Waldgebiet zu tun? Als Kajsa auf erste Antworten stößt, verschwindet Anki plötzlich spurlos ... 

Scandi-Crime von der Spiegel-Bestseller-Autorin von »Als Großmutter im Regen tanzte«.



Trude Teige, Jahrgang 1960, ist eine bekannte Journalistin und gehört zu den erfolgreichsten Kriminalautorinnen Norwegens. Im Aufbau Taschenbuch liegen bisher folgende Kriminalromane mit Kajsa Coren vor: »Totensommer«, »Das Mädchen, das schwieg«, »Die Frau, die verschwand« und »Der Mann, der nicht vergessen konnte«.

2


Der Anruf ging Freitagnacht um fünf nach halb drei ein. Er kam von der zentralen Notaufnahme in Oslo. Eine Frau präsentierte sich als Sozialarbeiterin und fragte, ob sie Anki Ulstein kenne. Kajsa Coren war sofort hellwach. Anki? Das war lange her, dachte sie und bejahte die Frage. »Was ist denn mit ihr? Ist etwas passiert?«

»Sie ist hier bei uns in der Notaufnahme und hat uns gebeten, Sie anzurufen und zu fragen, ob Sie herkommen können.«

»Was macht sie denn da?«

Die Sozialarbeiterin ignorierte die Frage. »Können Sie ihr ein paar Sachen zum Anziehen mitbringen?«

»Okay, ich komme sofort.«

Kajsas Lebensgefährte Karsten Kjølås drehte sich um und sah sie schläfrig an.

»Wer war das?«, murmelte er.

Kajsa berichtete, was die Sozialarbeiterin gesagt hatte. »Aber sie hat nicht erzählt, wieso Anki in der Notaufnahme ist. Ihr muss irgendetwas zugestoßen sein, meinst du nicht?«

»Wenn sie nicht direkt ins Krankenhaus weitergeschickt wurde, ist es wohl nichts Ernstes.«

»Da hast du recht.«

»Aber wieso haben die dich angerufen? Das muss doch einige Jahre her sein, seit du sie zuletzt getroffen hast?«

Anki und Kajsa hatten sich vor fast zwanzig Jahren beim Journalismusstudium kennengelernt. Sie waren eine vierköpfige Mädchenclique gewesen, die sich eine Wohnung geteilt und in den drei Jahren zusammengehalten hatte. Danach waren sie in Kontakt geblieben, bis die meisten von ihnen vom Familienleben mit kleinen Kindern eingeholt und die Abstände zwischen den einzelnen Begegnungen immer länger wurden. Seit Kajsa vor fünf Jahren an Brustkrebs erkrankt war, hatte sie keine der anderen wiedergetroffen. Anki hatte als Einzige der Frauen keine Familie gegründet und war diejenige gewesen, mit der Kajsa am meisten Kontakt hatte, bis sie einen Engländer kennenlernte und etwa gleichzeitig mit Kajsas Erkrankung nach England zog.

»Die Frau am Telefon hat mich gebeten, ihr ein paar Sachen zum Anziehen mitzubringen«, sagte Kajsa. »Ist das nicht seltsam? Was ist denn mit ihren Sachen passiert?« Kajsa stellte die Füße auf den Boden und stand auf. »Ich sollte dann mal los.«

»Fahr vorsichtig«, sagte Karsten und gähnte.

Kajsa schlich langsam die Treppe hinunter, um die Kinder nicht zu wecken.

*

Kajsa meldete sich am Schalter der Notaufnahme und wurde unmittelbar in einen abgeschirmten Raum geführt. Anki saß auf einer Untersuchungsbank an der Wand, und zwei Frauen stellten sich als Ärztin und Krankenschwester vor. Anki trug eine graue Jogginghose und ein weißes T‑Shirt. Ihr rotes Haar war in Unordnung geraten, ein paar Strähnen hatten sich mit der Mascara verklebt, die ihr die Wangen heruntergelaufen war und an ausgetrocknete Bachläufe erinnerte. Mit ausgebreiteten Armen trat Kajsa auf sie zu, wurde aber von der Ärztin gewarnt. »Bitte keine Umarmung. Wir müssen sie erst untersuchen«, sagte sie. »Es ist gut, dass Sie kommen konnten«, fügte sie hinzu. »Anki wollte Sie gern als Unterstützung dabeihaben, während wir das Geschehnis durchgehen.«

Geschehnis, dachte Kajsa, das klang nüchtern und undramatisch.

Die Ärztin reichte Anki eine Schachtel Papiertücher. Sie wischte sich über die Augen und schnäuzte sich.

»Wir haben in solchen Situationen feste Abläufe«, sagte die Ärztin. »Wichtig ist, dass Sie ein paar Entscheidungen treffen müssen.« Ihr Blick wanderte von Anki zu Kajsa. »Es ist gut, jemanden bei sich zu haben, mitunter ist es schwierig, alles zu begreifen, was wir hier sagen. Ihre Freundin kann Ihnen helfen und Sie unterstützen.«

Kajsa nickte zustimmend.

Die Ärztin konzentrierte sich wieder auf Anki. »Sie können wählen, ob Sie nur untersucht werden wollen, oder ob Sie möchten, dass wir eine Spurensicherung vornehmen. Falls Sie die Vergewaltigung anzeigen möchten, ist das wichtig.«

Kajsa war der Gedanke schon gekommen, aber sobald die Ärztin das Wort benutzt hatte, fühlte sich alles anders an. Realer und schrecklicher. Anki stierte mit leerem Blick vor sich hin.

»Anki, willst du Anzeige erstatten?«, fragte Kajsa.

»Was?« Anki wirkte verwirrt. »Ich weiß nicht.«

»Ich finde, du solltest das tun.«

»Ja … okay.«

»Dann führen wir eine medizinische Untersuchung mit Spurensicherung durch«, sagte die Ärztin. »Sie haben ausgesagt, dass Sie sich nur an wenig erinnern, das ist völlig normal, aber Sie glauben, dass er Handschuhe trug?«

Anki nickte. »Ja, Handschuhe und Skimaske.«

»Hat es sich um einen abgeschlossenen Geschlechtsakt gehandelt?«

»Ja.«

»Hat er ein Kondom benutzt?«

»Ja … ich glaube schon.«

»Vaginal, anal oder beides?«

»Vaginal.«

»Gibt es Stellen an Ihrem Körper, wo er Ihrer Meinung nach Spuren hinterlassen haben kann? Sperma, Speichel, Haut, Blut?«

»Nein … ich weiß nicht, und außerdem … ich habe gebadet.«

»Gebadet?«, sagte die Ärztin und runzelte die Stirn.

»Er hat mich gezwungen, danach zu baden.«

Sie wurde vergewaltigt und dann gebadet?, dachte Kajsa.

»Sind Sie auf der Toilette gewesen?«, fuhr die Ärztin fort.

»Ja.«

»Dann gehen wir hier hinein«, sagte die Ärztin und betrat einen Raum nebenan. Dort gab es einen Untersuchungsstuhl. Anki setzte sich auf die Kante, und die Ärztin erklärte, was jetzt geschehen würde. Ziel war es, eventuelle DNA-Spuren zu sichern, Verletzungen an Ankis Körper zu dokumentieren, sie auf Geschlechtskrankheiten zu untersuchen und herauszufinden, ob sie unter Drogeneinfluss stand.

»Ich habe Wein getrunken«, sagte Anki.

»Uns interessiert mehr, ob Sie unter Drogen gesetzt wurden.«

Die Ärztin öffnete eine Schachtel. Kajsa sah, dass es sich um ein Untersuchungsset handelte.

»Ich habe ein paar Schmerzpillen genommen«, sagte Anki.

»Okay, gut, dass Sie das sagen.«

Die Krankenschwester half Anki, sich zu entkleiden, und legte alle Sachen in eine Papiertüte. Anki trug nur noch BH und Unterhose, als die Schwester ihr Blut abnahm, ihr ein Wattestäbchen in den Mund schob, ein anderes über ihre Lippen führte, ein weiteres über die Haut an Hals und Armen, und mit einem spitzen Holzstäbchen unter ihren Fingernägeln stocherte. Danach kämmte die Krankenschwester Ankis Haar, ehe diese die Unterwäsche ablegen und ebenfalls in eine Papiertüte legen musste. Sie war jetzt völlig nackt und schlug die Arme um den Oberkörper.

»Sie haben ihr etwas zum Anziehen mitgebracht?«, fragte die Krankenschwester und blickte Kajsa fragend an.

Kajsa nahm die Sachen hervor, und Anki konnte sie anziehen, jedoch nur am Oberkörper.

Als die Ärztin mit dem Stuhl heranrollte und sich zum Unterleib vorbeugte, fing Anki an zu weinen. »Kann ich ihre Hand halten?«, fragte Kajsa, und die Ärztin nickte. Anki drückte Kajsas Hand so fest, dass es wehtat. Ein paarmal gab sie einen tiefen, monotonen Laut von sich.

»Versuchen Sie, sich zu entspannen, atmen Sie in den Bauch hinein«, sagte die Ärztin und justierte die Beleuchtung. »Ich mache so schnell ich kann.«

In der Schachtel mit den Untersuchungsgeräten lag ein kleiner Kamm, und als die Ärztin anfing, Ankis Schamhaare zu kämmen, wandte Kajsa sich ab. Nach einer Weile sagte die Ärztin: »Jetzt nehme ich Proben, um eventuelle DNA-Spuren zu sichern, und ich überprüfe, ob Sie Verletzungen davongetragen haben. Ich teste Sie auch auf Geschlechtskrankheiten.«

Kajsa fand, dass es lange dauerte, bis die Ärztin schließlich fertig war. Behutsam streichelte sie Ankis Arm.

Endlich war die Untersuchung überstanden. Anki setzte sich auf, und Kajsa reichte ihr die restliche Kleidung. Die ganze Zeit weinte die Freundin still vor sich hin, und als sie angezogen war, fiel sie Kajsa in die Arme.

Eine Frau wartete im Büro nebenan. Es war die Sozialarbeiterin, die Kajsa angerufen hatte. »Sie haben jetzt das Recht auf Unterstützung durch eine psychiatrische Pflegekraft sowie kostenlose Beratung durch einen Rechtsanwalt«, sagte sie. »Wenn Sie möchten, können wir das für Sie organisieren. Wollen Sie das?«

»Ich weiß nicht …«

»Sie...

Erscheint lt. Verlag 15.5.2024
Reihe/Serie Kajsa Coren
Kajsa Coren
Übersetzer Gabriele Haefs, Andreas Brunstermann
Sprache deutsch
Original-Titel Løgnere
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bestseller • Journalistin • Kajsa Coren • Krimi • neuerscheinung 2024 • Norwegen • Skandinavien • Totensommer
ISBN-10 3-8412-3494-1 / 3841234941
ISBN-13 978-3-8412-3494-0 / 9783841234940
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