Zeit der Schwestern (eBook)
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-5607-5 (ISBN)
Drei Schwestern. Eine große Sehnsucht. Ein Neubeginn.
Es ist Herbst am Bodensee, und die saftigen Trauben in den Weinbergen verheißen einen hervorragenden Jahrgang. Als erfahrene Winzerin weiß Veronika, dass dem kostbaren Geschenk der Natur nun alle Aufmerksamkeit gelten sollte. Doch in ihrer Ehe kriselt es, ihre Teenagertochter Rosalie hütet neuerdings Geheimnisse, und Veronika ist froh, ihre beiden Schwestern Carolin und Romy in ihrer Nähe zu wissen. Da entdeckt sie bei einem Ausflug auf die Insel Reichenau ein idyllisches Ökoweingut, dessen Anblick alte Träume aufleben lässt, und sie ertappt sich beim Gedanken: Was wäre, wenn? Aber ist sie wirklich bereit, beruflich neue Wege zu gehen und auch privat eine längst fällige Entscheidung zu treffen?
Traubenfest ist der dritte Band einer mitreißenden Trilogie über Familie, Neuanfänge und die Liebe - mit drei bezaubernden Hauptfiguren auf der Suche nach den Dingen im Leben, die wirklich zählen.
<p><strong>Tanja Huthmacher</strong>, geboren in Karlsruhe, studierte Germanistik, Journalistik und Kunstgeschichte in Bamberg. Sie ist Autorin von Romanen, Kurz-geschichten, Hör- und Jugendbüchern, arbeitet fürs Fernsehen und gibt Schreibseminare. Sie liebt das Wasser und den Bodensee und ist froh, in ihrer Wahlheimat München einen der schönsten Badeseen gleich vor der Haustür zu haben.</p>
Kapitel 1
Veronika spürte, wie sich der Korken langsam drehen ließ. Jetzt kam es darauf an, im richtigen Moment loszulassen. Noch musste sie ihn mit aller Kraft ein paar Sekunden bändigen.
»Und hiermit ernenne ich dich, lieber Ben, offiziell zum Geschäftsführer von Schifffahrts-König.« Arthur schüttelte Ben fest die Hand und klopfte ihm mit der anderen auf die Schulter.
Endlich!
Veri lockerte ihre Finger, der Korken schnellte mit einem kräftigen Knall nach oben und verlor sich irgendwo zwischen Himmelblau und Bodenseegrün. Die vierzig Gäste, die sich an diesem Samstag Mitte September an Bord der MS Blumeninsel versammelt hatten, klatschten begeistert. Veri schaute lachend zu ihrer Familie in der ersten Reihe: Neben ihrer Mutter Lotte hatten sich ihre jüngste Schwester Romy mit ihren Kindern Luna und Vincent aufgereiht sowie Bens Eltern Margret und Josef, daneben standen ihre Schwester Carolin, deren Schwangerenbäuchlein mittlerweile nicht mehr zu übersehen war, und ihr Freund Cornell. Und dann waren da natürlich auch Stefan und Rosalie, ihr Mann und ihre Tochter. Sie alle gingen nun auf Ben zu, aber als Erste flog ihm Romy um den Hals, und die beiden gaben sich einen zärtlichen Kuss. Veri spürte, dass sie sich an diesen Anblick immer noch gewöhnen musste.
»So süß, die zwei«, flüsterte Caro, die sich zu ihr durchgedrängt hatte und ihr ein Tablett mit Sektgläsern hinhielt. »Wie schön, dass sich unsere kleine Schwester endlich doch wieder für Ben entschieden hat.«
»Finde ich auch.« Veri konzentrierte sich darauf, dass die Gläser beim Einschenken nicht überliefen. »Und ich wünsche ihr sehr, dass sie diesmal nicht wieder sofort einen Schlussstrich zieht, wenn sich mal ein paar dunkle Wolken am Himmel zeigen.«
»Sie hat sich in den letzten vier Jahren, in denen ich nicht hier war, ganz schön verändert. Ich glaube, mit ihren 38 weiß sie jetzt, was sie will.« Caro nahm zwei der gefüllten Gläser vom Tablett, um sie Ben und Romy zu bringen.
»Ja, du hast recht«, sagte Veri. Die Zeichen standen wirklich gut. Und zwar nicht nur in Sachen Liebe, sondern auch, was den Cateringservice ihrer Schwester anging, der mittlerweile bestens lief.
Die Gäste drängten sich nun um Veri und Caro und nahmen sich gefüllte Gläser vom Tablett.
In ihrer Mitte stand Ben und schaute leicht verlegen in die Runde. Er räusperte sich, hob sein Glas und sagte: »Vielen herzlichen Dank, dass ihr alle gekommen seid. Ich bin kein guter Redner, aber ich möchte doch noch etwas sagen: Lieber Arthur, ich danke dir sehr, dass du mir diese Chance gegeben hast. Schon nach den ersten zwei Wochen in deinen Diensten hängt mein Herz am Unternehmen und …«
»Na hoffentlich nicht dein ganzes«, unterbrach ihn Romy, und die Anwesenden fielen in ihr Lachen ein. Ben lief ein wenig rot an, legte dann den Arm um ihre Taille und küsste sie auf die Schläfe.
»Ben hat ein doppelt so großes Herz wie jeder andere«, schaltete sich nun Lotte ein und zupfte an der Schleife ihrer roséfarbenen Bluse. Zu dieser trug sie einen hellgrauen Hosenanzug, der perfekt zu ihrem kinnlangen, fast weißen Haar passte. »Die eine Hälfte für die Familie, die andere für die Firma. Da kommt keiner zu kurz.«
Wieder lachten alle, und Ben brachte nur noch hervor: »Danke, Lotte! Nun lasst uns endlich anstoßen!« Und das ließ sich niemand zweimal sagen.
Arthur und Lotte prosteten Ben zu, ebenso Cornell und Caro, die wie Luna und Vince einen Traubensaft bekommen hatte.
Stefan reichte seiner Tochter Rosalie ein Glas. »Na komm, Rosa, heute kannst du zur Feier des Tages auch mal Sekt trinken.« Obwohl sie inzwischen sechzehn war, nippte sie nur daran. Offensichtlich schmeckte ihr Alkohol immer noch nicht.
»Soll ich mich mal um Bens Eltern kümmern?« Veri hatte sich an Romy gewandt und deutete auf ein älteres Paar, das nun mit seinen Sektgläsern an der Reling stand. »Sie sehen ein wenig verloren aus. Sagst du mir noch mal ihre Vornamen?« Sie war den beiden vor vielen Jahren, vermutlich bei Lunas Taufe, einmal begegnet. Seitdem hatte sich kein Treffen mehr ergeben.
»Das wäre lieb«, sagte Romy. »Ich muss gleich noch mal mein Büfett drinnen checken. Sie heißen Margret und Josef.«
»Ach, richtig!«
»Gibst du mir noch einen Schluck?« Romy hielt Veri ihr leeres Glas hin. »Der ist köstlich, dein Winzersekt. Von dem muss ich bald mal eine Kiste bei dir holen.«
»Klar, gerne«, sagte Veri und schenkte ihrer Schwester nach. »Hübsches Kleid übrigens! Das Moosgrün ist ein toller Kontrast zu deinen blonden Haaren.«
»Danke!« Romy lächelte und strich sich ein paar Strähnen zurück, die sich wie immer aus ihrem Dutt gelöst hatten. »War ein Spontankauf. Ich wusste nicht, was ich heute anziehen soll, und war so froh, als ich es in einem Laden entdeckt habe.«
Dann verschwand sie im Getümmel, und Veri ging mit der Flasche zu Bens Eltern hinüber.
»Darf ich euch noch mal nachschenken?«, fragte sie. »Bestimmt seid ihr sehr stolz auf euren Sohn.«
»Oh ja, und wie!«, rief Josef. »Allerdings musste ich mich erst an den Gedanken gewöhnen, dass er nach so langer Zeit bei deinem Vater Hohenhausen Schifffahrt verlassen und eine andere Stelle angenommen hat. Noch dazu bei Georgs Konkurrenten Arthur König.«
»Aber … nimm es mir nicht übel, wenn ich das jetzt sage …« Margret lächelte Veri zaghaft an. »Bei deinem Vater wäre er immer Kapitän geblieben. Dass er nun Geschäftsführer ist, freut mich sehr für ihn. Das ist schon ein Schritt.«
Veri nickte und füllte ihre Gläser nach. »Ich kann Bens Entscheidung absolut nachvollziehen. Und auch mein Vater hat inzwischen seinen Frieden damit gemacht.«
»Das ist schön. Ach, und …« Margret sah sie fragend an. »Du bist doch die älteste Schwester von Romy, Veronika, oder? Und Carolin ist die mittlere? Kennen wir uns nicht von … von …«
»Von der Taufe unserer kleinen Luna«, ergänzte ihr Mann. »Ist das schon wieder lange her. Sieben Jahre?«
»Genau, ich bin Veronika, die Älteste.«
»Das sieht man dir aber nicht an.« Margret legte den Kopf schief und musterte sie aufmerksam. »Du schaust genauso jugendlich aus wie deine Schwestern. Färbst du deine Haare, oder hast du einfach noch keine grauen?«
»Entschuldige«, schaltete sich Josef ein. »Margret ist manchmal sehr direkt.«
Veri legte ihm die Hand auf den Arm. »Alles gut! Nein, das Braun ist meine natürliche Haarfarbe.« Sie lachte und prostete den beiden zu. »Ich muss ja sagen, dass ich mich wahnsinnig freue, dass Romy und Ben wieder ein Paar sind.«
»Wir uns auch!« Es schien, als könne es Margret selbst noch nicht richtig glauben. »Jetzt sehen wir auch Luna und ihren Bruder wieder viel häufiger. Das ist wirklich schön.«
»Und ich glaube, Vince kommt auch gut klar mit der Situation«, erzählte Veri. »Seinen eigenen Vater sieht er ja nur selten. Pierre lebt nicht in der Gegend, sondern ist beruflich ständig auf Reisen.«
»Ja, das ist schade«, sagte Margret. »Aber ich finde, Ben geht ganz wunderbar mit ihm um. Vince ist ja auch ein lieber Bursche.« Dann sah sie sich suchend um. »Ist dein Vater, der Georg, eigentlich nicht da?«
»Nein.« Veri überlegte rasch, wie sie die Abwesenheit ihres Vaters diplomatisch erklären konnte. Doch Josef kam ihr zuvor.
»Na, du wieder, Margret!« Er klang leicht genervt. »Romy hat doch erzählt, dass sich ihre Eltern im Mai getrennt haben. Und da wird Georg ja wohl nicht auf dem Schiff des Mannes auftauchen, der ihm die Frau ausgespannt hat. Und seinen Kapitän noch dazu.«
»Huch«, stieß Margret verlegen aus. »Stimmt. Wie geht es ihm denn inzwischen?«
Veri hob die Schultern. »Na ja, allmählich gewöhnt er sich an die neuen Umstände. Aber jetzt steht auch noch die Entscheidung an, ob er Hohenhausen Schifffahrt in andere Hände übergibt.«
»Gibt es denn Bewerber für die Geschäftsführung?«, fragte Josef.
»Ja, schon, aber der richtige war noch nicht dabei.«
»Oder will er verkaufen?«
»Momentan kann er sich das noch nicht so recht vorstellen«, sagte Veri.
»Der Ärmste! Das ist ganz schön viel auf einmal«, bemerkte Margret.
Veri nickte. Aber dennoch wollte sie nicht wieder in diese Mitleidsschiene abgleiten, das hatte sie lange genug mitgemacht. Fakt war, dass Georg einfach zu lange gezögert hatte, Ben zu befördern, weil er nicht bereit war, sich trotz seiner 74 Jahre zur Ruhe zu setzen. Und Fakt war ebenso, dass er es seit Urzeiten seiner zukünftigen Exfrau überlassen hatte, die Verantwortung für ihre Ehe zu übernehmen, bis es Lotte einfach zu viel geworden war.
Veris Blick wanderte zu Stefan und Rosa, ihrer eigenen Familie. »Ich muss noch Sekt verteilen«, sagte sie zu Bens Eltern, und sie nickten ihr freundlich zu. Dann nahm Veri Kurs auf Mann und Tochter, wurde aber von Arthur aufgehalten, der sich ihr in den Weg stellte. An seinen Armen hatten sich Romy und Caro untergehakt, hinter ihnen kam Lotte her. Arthur hob sein Glas, und seine Begleiterinnen ließen ihn los.
»Liebe Romy, Carolin und Veronika …« Er sah von einer zur anderen. »Ich freue mich sehr, dass ihr alle drei heute hier seid. Ich weiß, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Ich wollte euch danken, dass ihr mich mittlerweile so liebevoll in eure Familie aufgenommen habt, wie man sich das nur wünschen kann.«
Veri stellte mit einem Seitenblick fest, dass sich Lotte gerührt ein...
Erscheint lt. Verlag | 26.7.2024 |
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Reihe/Serie | Die Bodensee-Schwestern-Serie |
Zeit-der-Schwestern-Serie | Zeit-der-Schwestern-Serie |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Backen • Biowein • Bodensee • Catering • Eifersucht • Emanzipation • Ermächtigung • Familie • Heimat • Konstanz • Kuchen • Kulinarik • Lebenstraum • Liebe • Nachhaltigkeit • Natur • Neuanfang • Regionale Produkte • Reichenau • Rezepte • Saga • Schifffahrt • Schwestern • Selbstfindung • Solidarität • Tradition • Traubenlese • Überlingen • Weinbau • weinernte • Winzer • winzerin • Work-Life-Balance • Zweite Chance |
ISBN-10 | 3-7517-5607-8 / 3751756078 |
ISBN-13 | 978-3-7517-5607-5 / 9783751756075 |
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