Leichenstarr an der Bar -  Joost Jensen

Leichenstarr an der Bar (eBook)

Ein Nordsee-Krimi | Das Finale der Sünnum-Trilogie

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
350 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-77985-8 (ISBN)
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Leichenstarr an der Bar ist ein packender Nordsee-Krimi mit viel Lokalkolorit, ostfriesischem Schnack, nordisch-derbem Humor und einem hochaktuellen Fall.

Enno Prester, Umweltaktivist und enger Freund der Friesenbrauerin Gesine Felber, stirbt in ihrem Armen. Seine letzten Worte geben Gesine Rätsel auf: Schimmelreiter klaut. Was hat das zu bedeuten? Gleichzeitig will die Firma Friesenklima eine klimaneutrale Ferienanlage in der Nähe von Sünnum, Gesines ostfriesischer Heimat, bauen und die Einwohner an der saftigen Rendite beteiligen. Eine so gute Gelegenheit können sich die Sünnumer keinesfalls entgehen lassen. Als Gesine aber entdeckt, dass Enno vor seinem Tod Nachforschungen über die Friesenklima AG angestellt hatte, wird sie misstrauisch und will die Wahrheit unbedingt ans Licht bringen. Dabei begibt sie sich in tödliche Gefahr ...



Joost Jensen (Pseudonym) wuchs in Norddeutschland auf. Schauplatz seiner Geschichten ist die Nordseeküste, die inzwischen zu seiner Heimat geworden ist.

Friesenklima


»Ein Tüdelbräu. Gesine, mach hinne.«

Der Tischler Hinnerk Gravenhorst drückte die Tür zum Kroog hinter sich zu und marschierte durch den kleinen Schankraum zur Theke, die fast die gesamte Stirnseite des Raums einnahm. Die Fächer in dem dahinter stehenden Wandregal waren mit Schnapsflaschen, Gläsern, Strandgut und dem Watthumpen, einer Trophäe, die die Friesenbrauerin Gesine Felber bei einem Bierwettbewerb gewonnen hatte, gefüllt.

An den übrigen Wänden hingen maritime Gemälde in alten Holzrahmen. Auf einem von ihnen war seit Jahren ein daumengroßer schwarzer Fingerabdruck zu sehen, über dessen Herkunft sich die abenteuerlichsten Gerüchte rankten.

Der Tischler bahnte sich seinen Weg durch die dichtgedrängt stehenden Gäste, die an diesem Samstagabend ihr Bier in der Dorfkneipe tranken. Alle Sünnumer, die nicht an der Theke auf Barhockern saßen, standen in Trauben um die drei Stehtische herum und schnackten. Einige von ihnen musterten den Hünen in seinem weißen Hemd, über dem er ein modisches Leinensakko trug, irritiert.

Die hinter dem Zapfhahn stehende Friesenbrauerin reagierte nicht auf seinen Zuruf, sondern unterhielt sich weiter mit ihrem alten Freund, dem früheren Kapitän Joris Harms.

Ihre ehemals brünetten Haare waren inzwischen von silbernen Fäden durchzogen. Die Falten in ihrem Gesicht zeugten vom rauen Leben an der Küste und verliehen ihr eine natürliche Schönheit, die sie gelegentlich mit etwas Lippenstift aufpeppte. Ihre blauen Augen strahlten noch immer eine unbändige Energie aus.

Der Raum war erfüllt von Stimmengewirr und Gelächter. Aus den Lautsprechern erklang das Lied Mein Ostfriesland, meine Heimat das von einigen Gästen textsicher mitgesungen wurde.

Hinnerk stellte sich neben Joris an die Theke. Darüber hing eine ausrangierte Schiffsglocke aus Messing, die nur zu besonderen Anlässen geläutet wurde.

»Wo bleibt mein Bier?« Er stützte sich mit den muskulösen Unterarmen auf die Theke und beugte sich etwas vor. Am linken Handgelenk prangte eine teure Uhr.

Die Friesenbrauerin, die ihr Tüdelbräu in einer im Keller stehenden Brauanlage selbst herstellte, würdigte ihn keines Blickes und zapfte in aller Seelenruhe weiter. Als das Glas endlich gefüllt war, streckte der Tischler die Hand danach aus, aber Gesine reichte es dem alten Kapitän.

»He, das war mein Glas«, beschwerte sich Hinnerk.

»Ich kann dich nicht hören.«

Gesine Felber, die wegen ihrer Erzählungen, in denen sie reale Geschehnisse oft mit einer Prise Seemannsgarn aufpeppte, von den Sünnumern liebevoll Tüdelbüdel genannt wurde, legte die linke Hand hinter ihr Ohr.

»Ich will ein Bier. Aber zackig.«

Hinnerk deutete mit einem Kopfnicken zum Zapfhahn. Die Friesenbrauerin zuckte mit den Schultern und wandte sich wieder Joris zu. Dieser trank einen Schluck und schob dann seine Seemannsmütze in den Nacken. Dabei waren die stoppelkurzen Haare auf der wettergegerbten Haut des ehemaligen Kapitäns zu sehen, die wie der weiße Vollbart in hellem Kontrast zu seinem gebräunten Gesicht standen.

»Du solltest wissen, dass sich meine Mutter nicht hetzen lässt.« Wiebke Felber, Gesines Tochter und einzige Polizistin des Dorfes, stellte ein Tablett mit leeren Gläsern auf der Theke ab und strich sich eine Strähne ihrer dunkelblonden Haare, die sich aus dem Pferdeschwanz gelöst hatte, hinter das linke Ohr. Nach ihrem Dienst half die sportliche Beamtin, der man ihre zweiunddreißig Jahre nicht ansah, oft in der Gaststube aus, so auch an diesem Samstagabend.

Als die Friesenbrauerin ein neues Glas unter die Zapfanlage stellte, leckte sich Hinnerk über die Lippen und fragte: »Gesine, würdest du die Freundlichkeit besitzen und mir ein Tüdelbräu zapfen?«

»Jetzt kann ich dich endlich verstehen.« Sie zwinkerte dem Tischler zu und hielt ein neues Glas unter den Zapfhahn. »Was ist heute nur mit dir los? Du bist sonst nicht so ungeduldig.«

»Zeit ist Geld, das weißt du doch.«

»Wat is denn dat för’n Schwachsinn?« Joris schüttelte den Kopf.

»Davon ist mein Bankberater überzeugt. Der hat mir auch gesagt, dass ich mich zur Ruhe setzen und das Geld für mich arbeiten lassen soll. Angeblich machen das alle reichen Leute so. Nur Döspaddel schuften den ganzen Tag.«

»Oha. Den Spruch hättest du dir im Kroog besser verkniffen.« Der alte Kapitän schaute zur Friesenbrauerin, die Hinnerk aus zusammengekniffenen Augen musterte.

»Hältst du mich für eine Idiotin, weil ich tagsüber im Lädchen schufte und abends Bier ausschenke? Soll ich etwa mit dem Brauen aufhören und meine Ersparnisse für mich arbeiten lassen?«

»Mit dem Brauen aufhören? Das kannst du nicht machen!« Joris riss die Augen auf und wedelte mit den Händen, als wollte er ein fahrendes Auto anhalten. »Hinnerk, du hältst jetzt den Sabbel, bevor du dich um Kopf und Kragen redest. Ein Leben ohne Tüdelbüdel kann ich mir nicht vorstellen.«

»Mein lieber Seebär, das war ein wundervolles Kompliment. Ich wusste nicht, dass dir so viel an mir liegt.« Gesine strich ihrem alten Freund über die linke Wange.

»Ich meine natürlich dein Tüdelbräu.«

»Das hast du aber nicht gesagt.« Sie zwinkerte ihm zu.

»Das war nur ein Versprecher. Heute bin ich etwas tüdelig.« Joris griff nach seinem Glas, trank einen Schluck und wandte sich dann an Hinnerk. »Warum läufst du in diesen feinen Klamotten rum?«

»Kleider machen Leute.«

»Das ist Blödsinn. Ein Vollpfosten wird doch nicht schlauer, wenn ich ihn in einen Anzug stecke. Außerdem kapiere ich nicht, wie das Geld für mich arbeiten kann. Sollen meine Scheine jetzt Suppe kochen und die Münzen den Abwasch machen?«

Hinnerk nahm das Glas von der Friesenbrauerin entgegen und trank ordentlich ab. Dann wischte er sich mit dem Handrücken den Schaum vom Mund und erklärte: »Wenn du dein Geld an der Börse investierst, wird es jedes Jahr etwas mehr, weil die Unternehmen Gewinne machen. Davon bekomme ich dann Dividenden, und das sind meine Renditen. Oder waren das die Kurssteigerungen?« Der Tischler fuhr sich über den kahlen Schädel, während er fieberhaft überlegte und dann abwinkte. »Ist auch egal. Hauptsache, die Kohle arbeitet jetzt für mich.«

»Hast du schon so viel verdient, dass du dir den protzigen Klunker leisten kannst?«, fragte die Friesenbrauerin mit Blick auf die Uhr.

»Nee, noch nicht. Die habe ich von dem Kredit gekauft.«

»Welchem Kredit?«

»Den ich bei der Küstenbank aufgenommen habe, damit das Geld für mich arbeiten kann. Dabei muss ich immer die Zeit im Blick haben.«

»Wieso das denn?«, hakte Gesine nach, während sie Bier in ein weiteres Glas laufen ließ.

»Damit ich weiß, wann ich meinen Kurs checken muss.«

»Zum Bestimmen eines Kurses braucht ein Kapitän einen Kompass und keine Uhr«, ließ sich Joris vernehmen.

»Nee, diesen Kurs meine ich doch nicht.«

»Was denn sonst?«

»Mein Kurs hat nichts mit Seefahrt zu tun, sondern ist so ein Aktiending.«

»Worin hast du denn investiert?«, mischte sich Wiebke in das Gespräch ein und stellte das volle Glas, das Gesine ihr anreichte, auf das Tablett. »Doch nicht etwa in Stormpower

»Wieso denn nicht? Der Bankfuzzi hat gesagt, dass Windenergie eine große Zukunft hat. Vor allem hier im Norden.«

»Das stimmt. Stormpower ist aber kein deutsches Unternehmen, sondern ein höchst spekulativer amerikanischer Nischenwert.«

»Spekulawat?« Hinnerk leerte sein Glas.

»Spekulativ. Stormpower ist ein riskantes Investment, bei dem du dein gesamtes Geld verlieren kannst«, erklärte Wiebke.

»Wieso verlieren? Davon war nie die Rede.«

»Bankberater vergessen gerne, auf die Risiken hinzuweisen, und lassen dich stattdessen stapelweise Dokumente unterschreiben, die kein Mensch jemals lesen wird und nach denen jede Verlusthaftung ausgeschlossen ist. An deiner Stelle würde ich die Aktien sofort wieder verkaufen und das Geld in andere Projekte investieren.«

»Wieso das denn?«

»Weil ein Konkurrent den Auftrag für den...

Erscheint lt. Verlag 15.7.2024
Reihe/Serie Die Friesenbrauerin ermittelt
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Abzocke • Anlagebetrug • Bier • Bier-brauen • Borkum • cosy-crime • Geschenk für Frauen • Geschenk für Männer • Hedgefonds • insel taschenbuch 5053 • IT 5053 • IT5053 • Klaus-Peter Wolf • Klönschnack • Kluftinger • Krumme-Geschäfte • Nordsee • Nordseeküste • Ostfriesland • Plattdeutsch • Regiokrimi • Regionalkrimi • Rita Falk • Schnack • Strand • Tüdelbräu • Watt
ISBN-10 3-458-77985-X / 345877985X
ISBN-13 978-3-458-77985-8 / 9783458779858
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