Mit dem Morgen kommt der Tod -  Molly Flanaghan

Mit dem Morgen kommt der Tod (eBook)

Ein Krimi in Irland
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
240 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-3530-5 (ISBN)
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Mächtige Feinde und mutige Freunde.

In die ruhige Spätsommerstimmung, die über Fiona O'Connors gemütlichem Bed & Breakfast liegt, platzt eine schreckliche Nachricht: Inspector Aidan Connolly, der Mann, in den sie sich trotz aller Hindernisse verliebt hat, wurde in Dublin wegen Mordes verhaftet. Doch Fiona zweifelt nicht eine Sekunde an seiner Unschuld. Dann stehen Aidans Vater und Aidans Tochter Ella vor Fionas Tür. Kann sie den beiden in Ballinwroe sicheren Unterschlupf bieten? Und wird es ihr gelingen, Aidan zu entlasten? 

Fiona O'Connor ermittelt mit viel Herz und scharfem Verstand an der malerischen irischen Westküste.



Molly Flanaghan, geboren 1978, reiste vor Jahren während der Semesterferien mit dem Rucksack durch Irland und verliebte sich Hals über Kopf in das Land. Während einer zweiten Reise lernte sie ihren späteren Ehemann kennen, mit dem sie inzwischen in Deutschland lebt. Irland ist ihr zur zweiten Heimat geworden. Im Aufbau Verlag sind ihre Kriminalromane »Der Tag beginnt mit Mord«, »Der Tod bleibt über Nacht« und »Der Frühling bringt den Tod« erschienen.

2


Durch die Kirchenfenster der Kirche Ballinwroes fiel das letzte Licht der abendlichen Septembersonne und warf bunte Flecken auf die alten Bodenplatten. Fiona O’Connor saß auf der vordersten Bank im Kirchenschiff und lauschte dem Chor, der noch ungeübt und etwas wackelig die letzten Töne des »Halleluja« sang. Im Altarraum hinter dem Chor konnte sie die Umrisse der frisch restaurierten alten Wandbilder erahnen. In einigen Tagen würde die Studentengruppe um die erfahrene Restauratorin Dr. Agens Hales den Abschnitt beendet und das Gerüst abgebaut haben. Die fünf jungen Leute hatten in den letzten Wochen Leben in die Kirche und vor allem in das Pfarrhaus von Pater Michael Moran gebracht, der eifrig mitgeholfen hatte, sein Wandgemälde in neuem altem Glanz erscheinen zu lassen. Fiona freute sich für die Kirche und das Dorf, aber den Anblick des Paters würde sie vermissen. Der hatte schon Monate zuvor, ausgerüstet mit Schaber und Pinsel, in jeder freien Minute selbst auf dem Gerüst gesessen und dabei immer zufrieden, vielleicht sogar glücklich ausgesehen. Im Sommer dann hatte eine große anonyme Spende den Weg geebnet, die Restaurierung unter professioneller Leitung voranzubringen und die Arbeit an den wichtigsten Bildelementen abzuschließen. Die Wandmalereien, die um 1920 von einem durchziehenden Handwerker wohl als Dank für ein Winterquartier angefertigt worden waren, zeigten ein Dorf mit einem Fluss, kleine Häuser und weite Felder, die bis zu den großen Klippen am Rande des Atlantiks reichten. Im Fluss selbst ragte eine große Figur auf, die auf der Schulter ein kleines Kind mit einem viel zu erwachsenen Gesichtsausdruck trug. Der Legende nach hatte Christophorus sein Geld verdient, indem er Menschen über den Fluss trug, stark wie ein Bär. Aber als eines Tages Jesus vor ihm gestanden und ihn um seine Dienste gebeten hatte, war er fast unter dem Gewicht des Kindes zusammengebrochen. Viele Darstellungen, die Fiona kannte und die Pater Moran ihr gezeigt hatte, zeigten Christophorus mit leidender Miene: die Last der Welt auf seinen Schultern. Aber der unbekannte Maler hatte es mit schlichten, fast kindlichen Pinselstrichen geschafft, dem großen Mann mit seinem zerfurchten Gesicht einen liebevollen, mitfühlenden Ausdruck zu geben. Er sah das Jesuskind auf seinen Schultern mit Tränen in den Augen an und hatte tröstend eine seiner großen Hände über dessen zarte Hand gelegt. Die Direktheit und Naivität der Malerei rührte Fiona – und sie war froh, dass sie wieder wie neu erstrahlte. Die Bewohner des Dorfes allerdings hatten sich vor allem darüber gefreut, dass das Flusstal mit den Häusern eindeutig ihren Heimatort Ballinwroe zeigte. Und einige der Figuren, die Wege bevölkerten oder aus Fenstern schauten, wurden eifrig mit alten Fotos von Großeltern und Urgroßeltern verglichen. Denn der Maler hatte den Menschen die Gesichter der Dorfbewohner gegeben. Sogar ein kleines Sägewerk schmiegte sich in eine Biegung des Flusses. Ebendas Sägewerk, das über Jahrzehnte hinweg das Dorf mit Arbeitsplätzen versorgt hatte und in dem auch Fionas Vater viele Jahre lang gearbeitet hatte.

Einer der Studenten hatte zu ihrer Freude beschlossen, seine Abschlussarbeit über die Wandmalerei und den unbekannten Künstler zu schreiben. Er hatte jede Geschichte und jeden Pinselstrich genaustens dokumentiert. Als die Restaurierung des Bildes in den letzten Zügen gelegen hatte, war Evan Gallagher, der Wirt des Pubs und so etwas wie der inoffizielle Patron des Dorfes, mit einer Idee an Pater Michael herangetreten. Was sich daraus ergeben hatte, hörte sie nun.

Fiona fragte sich wieder einmal, wie Evan es geschafft hatte, den Chor in so kurzer Zeit auf die Beine zu stellen. Es lag wahrscheinlich an seiner Persönlichkeit und daran, dass mehr als die Hälfte des Dorfes ihm etwas schuldete. Kein Geld, zumindest glaubte Fiona das nicht, sondern Zeit.

Denn Evan war grundsätzlich dabei, wenn es darum ging, zu helfen, sei es der Transport eines Möbelstückes, die Renovierung einer Wohnung oder auch das Verfassen wichtiger Briefe. Evan hatte sein Jurastudium in Dublin abgebrochen, um den Pub von seinem verstorbenen Vater zu übernehmen, und er kannte sich aus mit Worten. Seine Frau Anna tat noch mehr Gutes, sie hatte insbesondere den günstigen Mittagstisch und das Essen auf Rädern für die älteren Dorfbewohner auf die Beine gestellt. So war es vielen Menschen ein Anliegen, Evan auch einmal zu Hilfe zu kommen. Deshalb standen sie nun hier und probten zögerlich die ersten Lieder für Evans neues Projekt: die Teilnahme Ballinwroes bei »Irland singt«.

Fiona lächelte. Seit sie denken konnte, saßen ihre Eltern und ein großer Teil der Bevölkerung der Insel am ersten Wochenende im Dezember vor dem Radio oder dem Fernseher. Sie wusste, dass die Zuschauerzahlen in Amerika und Australien und überall sonst auf der Welt, wo sich die Iren eine neue Heimat geschaffen hatten, ebenfalls hoch war. Bei »Irland singt« traten Dörfer aus dem ganzen Land in einen musikalischen Wettstreit, der seit den fünfziger Jahren regelmäßig alle zwei Jahre veranstaltet wurde und nach wie vor für traumhafte Einschaltquoten sorgte. Vor Jahren hatte einer der Moderatoren einmal gesagt, die beste Gelegenheit, unbemerkt ein Verbrechen zu begehen, wäre am Tag der Ausstrahlung. Fiona bezweifelte das, denn wahrscheinlich säßen auch sämtliche Verbrecher Irlands begeistert vor dem Fernseher. Jedenfalls hatte die New Yorker Polizei, zumindest der irischstämmige Teil, der wohl nicht unerheblich war, ihre liebe Mühe, die Dienstpläne für diesen Tag zu besetzen.

Die Beliebtheit der Show war sicherlich darauf zurückzuführen, dass die meisten Iren mit ihr groß geworden waren. Sie gehörte einfach dazu und war fester Bestandteil der Weihnachtsvorfreude. Auch für Fiona.

Der Wettbewerb begann mit der Vorauswahl, dann gab es einen Vorentscheid, der innerhalb der einzelnen Countys die besten Beiträge ermittelte, und schließlich als Höhepunkt den live im Fernsehen ausgestrahlten Wettbewerb. Zu diesem Anlass wurde zeitgleich in jedes teilnehmende Dorf ein Kamerateam geschickt, um die Sänger und Musiker vorzustellen und deren Tag zu dokumentieren. Folglich saß so ziemlich jeder Ire vierundzwanzig Stunden lang vor dem Fernseher, mit Ausnahme der Teilnehmer selbst.

Der Charme der Sendung bestand vor allem darin, dass die teilnehmenden Chöre und Musikgruppen nicht aus professionellen Sängern und Musikern bestanden, und auch nicht bestehen durften, sondern aus einem Querschnitt der Bewohner eines Dorfes, die sich zusammentaten, um Musik zu machen. Es ging nicht darum, immer den richtigen Ton zu treffen – etwas, was Ballinwroe nur zugutekommen konnte, wie Fiona bei der heutigen Probe schon mehrfach gedacht und gehofft hatte. Vielmehr ging es darum, Gemeinschaft zu zeigen und mit einem gut zusammengestellten Programm Millionen von Menschen zu berühren.

Und Evan hatte beschlossen, dass sein Ballinwroe, sein kleines Dorf unweit der Klippen von Moher, dieses Mal dabei sein sollte.

Fiona hatte aus Freundschaft und zugegebenermaßen auch aus eigennützigen Gründen ihre Mitarbeit zugesichert. Würde Ballinwroe über die Vorrunde hinauskommen, wäre der Ort über Nacht bekannt, oder zumindest bekannter als zuvor. Und da sie die Besitzerin eines edlen Bed & Breakfast war, das Landurlaub mit regionaler Küche anbot, war Bekanntheit ein nicht zu unterschätzender wirtschaftlicher Vorteil.

Die Stimmen im Altarraum waren verstummt. Fiona richtete sich auf und griff nach der Geige, die neben ihr lag. Sie stellte sich seitlich neben den Chor, aus dessen Reihen nun zwei Menschen hervorgetreten waren.

Rose Brennan, gebeugt und vom Alter gezeichnet, an der Hand ihre zwölfjährigen Enkelin Gwen. Evan gab das Zeichen, und die beiden begannen, die ersten Worte des nun folgenden Liedes anzustimmen. Roses Stimme, alt und brüchig, hatte fast alles von ihrer früheren Schönheit verloren, strahlte aber eine Würde und eine Erfahrung aus, die eine junge Stimme niemals erreichen konnte. Und Gwens Stimme, noch fast kindlich, ungeübt, mit mehr Begeisterung als Treffsicherheit, hüpfte daneben wie ein Ball auf und ab. Fiona lächelte die beiden an und stimmte dann nach den ersten Sekunden mit ihrer Geige in die altvertraute Ballade ein.

Evan gab dem Chor das Zeichen, in die letzte Strophe mit einzustimmen. Was dieser auch tat. Mit Inbrunst. Und Lautstärke. Fiona spielte...

Erscheint lt. Verlag 18.6.2024
Reihe/Serie Fiona O'Connor ermittelt
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bed & Breakfast • Cosy Crime • Cozy Crime • Donnerstagsmordclub • Irland • Irland-Krimi • Mags Blake • Mary Ann Fox • Richard Osman • weibliche Ermittlerin • Wohlfühlkrimi
ISBN-10 3-8412-3530-1 / 3841235301
ISBN-13 978-3-8412-3530-5 / 9783841235305
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