End of Story - Der Mörder unter uns -  A. J. Finn

End of Story - Der Mörder unter uns (eBook)

Thriller - Nach dem Welterfolg 'The Woman in the Window' nun der neue spannende Thriller des Bestsellerautors

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
528 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-22949-8 (ISBN)
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Zwei verschwundene Personen, eine Leiche, ein sagenumwobener Schriftsteller und eine junge Autorin, die tief in das undurchdringbare Netz aus Familiengeheimnissen hineingezogen wird ...
Hope und Cole Trapp, Ehefrau und Sohn des berühmten Krimischriftstellers Sebastian Trapp, sind verschwunden. Seit 20 Jahren gibt es keine Spur von ihnen. Wurden sie entführt und ermordet? In Verdacht gerät Trapp. Als Nicky Hunter engagiert wird, um Trapps Memoiren zu verfassen, stößt sie auf ein undurchdringbares Netz aus Geheimnissen. Nach und nach taucht Nicky tiefer in die Familiengeschichte ein und kommt der Lösung des Verbrechens immer näher - und damit auch dem Täter. Doch dann geschieht ein Mord, eine weibliche Leiche treibt im Teich des Hauses ...

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»The Woman in the Window - Was hat sie wirklich gesehen?«

A. J. Finn hat für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften geschrieben - u.a. für die Los Angeles Times, Washington Post und das Times Literary Supplement (UK). Er ist in New York geboren, hat aber zehn Jahre in England gelebt, bevor er nach New York zurückkehrte. Sein Debütroman The Woman in the Window sorgte vor Veröffentlichung weltweit für Furore, wurde in 41 Sprachen übersetzt und von Fox verfilmt.

Sechs Tage zuvor:
Mittwoch, 17. Juni


1.


»Stehen Sie auf ungelöste Fälle?«

Nicky hebt den Blick zum Rückspiegel. Der Taxifahrer blinzelt sie durch schnapsglasdicke Brillengläser an.

»Sieht aus, als würden Sie da einen Krimi lesen«, krächzt er. Das Taxi donnert über ein Schlagloch, erbebt unter ihnen.

Sie hebt das Taschenbuch an. »Agatha Christie. Mord in Mesopotamien.« Der Mann will Unterhaltung, und Nicky möchte ihm den Gefallen tun. Taxifahren ist bestimmt ein einsamer Job.

»Rauchen Sie?«

»Nein, Sir.«

»Gut.« Wobei er sich eine Zigarette zwischen die Zähne schiebt. »Zu hübsch, um jung zu sterben.«

Er zündet die Zigarette mit einem verbeulten Zippo an und Nicky drückt auf die Fenstertaste. Weiße Luft quillt kühl und feucht in den Wagen und flutet den Fond; sie fährt das Fenster wieder hoch, bis nur ein Spalt offen bleibt, und dreht sich der Scheibe zu, sieht ihren Zwilling darin sitzen: die mit Mascara nachgezeichneten Wimpern, den schimmernden Lipgloss auf dem Mund. Sie ist nicht besonders hübsch – das weiß sie, aber es stört sie nicht wirklich.

Das Taxi macht einen weiteren Satz. Ihre Tasche springt vom Rücksitz. »Ich glaube, Sie haben gerade den Bordstein gerammt.«

»Kann sein.« Er starrt grimmig nach vorn. »Hätte nicht gedacht, dass der Flughafen geöffnet ist. Ein Wunder, dass der Flieger überhaupt landen konnte.«

Nicky, keine geborene Fliegerin, empfindet es jedes Mal als Wunder, wenn das Flugzeug landet. Sie schaut an dem Fahrer vorbei in den wabernden Abendnebel, der im Scheinwerferlicht wie Perlmutt glänzt.

»Wir nennen das June Gloom. Ich wette, bei euch drüben im Osten habt ihr im Juni kein so trübes Wetter.«

»Nein.« Bei euch drüben im Osten – das klingt weit entfernt, fast mythisch.

Er grunzt zufrieden, schlägt auf den Blinkerhebel, und im nächsten Moment jagen sie um eine Ecke und schießen hügelaufwärts. Nicky hält sich an ihrem Gurt fest.

»Ungelöste Fälle.« Der Rauch steigt aus seinem Mund, strudelt durch die kalte Luft. »In San Francisco gibts zahllose ungelöste Fälle. Haben Sie schon mal von dem Zodiac-Killer gehört?«

»Er wurde nie erwischt.«

»Er wurde nie – genau.« Er wirft einen strafenden Blick in den Rückspiegel. Nicky verstummt; es ist seine Stadt, seine Geschichte. »Er ist so was wie unser Jack the Ripper. Dann gab’s da noch die Romance of the Skies. Eine Düsenmaschine, die in den Fünfzigern spurlos verschwand. Sie war auf dem Flug nach Hawaii, und auf einmal …« ein Zug an der Zigarette. »Weg.« Eine Qualmwolke.

»Was ist mit ihr passiert?«

»Wer weiß? Mit dem Ghost Blimp wars genauso. Im Krieg stiegen ein paar Jungs aus der Army in einem Zeppelin auf, und als er in Daly City runterkrachte, war kein Mensch mehr an Bord. Der nächste ungelöste Fall, genau wie – da drüben!« Er schwenkt schlaff die Hand nach rechts. »Das älteste Haus in Pacific Heights.«

Nicky blickt auf ein farbloses viktorianisches Haus mit Fenstern wie entsetzt aufgerissenen Augen. »Fünfzig Jahre vor dem großen Erdbeben erbaut«, prahlt der Taxifahrer. »Das Haus hatte damals schon fünf Jahrzehnte auf dem Buckel und trotzdem hat es überlebt.«

»Es sieht überrascht aus«, merkt Nicky an. »Als könnte es kaum glauben, dass es immer noch steht.«

Er grunzt wieder. »Ich kanns auch kaum glauben.«

Sie rumpeln weiter. Links und rechts blitzen im Nebel weiße Straßenschilder auf, nach vorne weisende Phantomfinger: Hier entlang, immer weiter.

»Sie sind aus New York, haben Sie gesagt?«

»Genau.«

»Also, das hier ist das teuerste Viertel im ganzen Land.«

Wie Schemen tauchen am Straßenrand Villen aus dem Nebel auf: elegante Damen des neunzehnten Jahrhunderts, schlank und züchtig in Pastell gehüllt; eine hingebreitete spanische Villa unter wuchernden Efeuranken; ein falsches Tudor-Haus mit Fachwerkbalken und weißem Verputz auf einem Backsteinsockel in Fischgrätmuster; zwei Queen Annes mit Holzverzierungen wie Spitzendeckchen.

»In manchen davon wohnen Techstars«, erklärt ihr der Taxifahrer. »Google. Uber. Über Uber könnte ich Ihnen Sachen erzählen …« Sein Gesicht verfinstert sich, doch erzählen tut er nichts. »Es gibt aber auch noch viel altes Geld. Die Wir-waren-schon-immer-reich-Typen.«

Nebelschleier tasten sich durch die Straßen vor ihnen. Wie Dünung fließen sie über das Pflaster, in steigenden, fallenden Wellen. Nicky hält den Atem an.

»Wir haben auch Krimiautoren in San Francisco. Dashiell Hammett – der wohnte da hinten. In der Post Street.«

Das nächste Schild sticht aus dem Dunst heraus, drängt sie weiter. Hier entlang. Nicht stehen bleiben.

»Ah, jetzt fällt mir noch ein ungeklärter Fall ein.« Er kaut auf der Zigarette. »Ein Krimiautor aus – war das Pac Heights? Jedenfalls irgendwo in der Nähe. Also, eines Nachts verschwinden seine Frau und sein Sohn auf Nimmerwiedersehen.«

Nicky schaudert.

»Als hätten sie sich in Luft aufgelöst. So wie dieses Flugzeug. Das muss vor fünfundzwanzig … nein – zwanzig Jahren gewesen sein. An Silvester neunundneunzig.« Die Worte treiben in einer Rauchwolke und wabern durchs Auto.

»Was ist passiert?«

»Das weiß niemand! Manche hatten den Bruder unter Verdacht – den Bruder des Schreiberlings – oder dessen Frau oder vielleicht beide. Andere waren überzeugt, dass ihr Kind dahintersteckte. Das Kind vom Bruder, meine ich. Es gab auch Angestellte, einen Mann und ein Mädchen. Aber die meisten«, sie kurven um die nächste Ecke, »die meisten glauben, dass er es selber war. Und da wären wir«, verkündet er, während das Taxi unter einem gepeinigten Quietschen am Bordstein bremst und Nicky nach vorn geschleudert wird, dass ihr das Buch vom Schoß rutscht.

Sie verfolgt, wie sich der Taxifahrer aus dem Fahrersitz hievt und zum Kofferraum geht; die Spitze seiner Marlboro sticht wie ein Irrlicht durch den Nebel.

Nicky steckt das Buch in ihre Tasche. Inhaliert tief, hustet – das Auto riecht wie ein Aschenbecher –, und stößt dann die Tür auf, um in den Nebel zu treten. Die Straße gleicht einer Geisterstadt, gesäumt von schattenhaften Häuserkolossen und Fassaden wie Totenköpfen, die sich über die Straße hinweg anstarren. Sie schaudert wieder.

»Schlau von Ihnen, im Pullover zu kommen«, sagt der Taxifahrer, während hinter ihr die Tür klackend ins Schloss fällt.

Nicky sieht an sich herab. Ihr teuerstes Kleidungsstück: aus Kaschmir, ein schlichter Pullover mit V-Ausschnitt, frisch aus der Reinigung. Irgendwo über Oklahoma hat sie Bier darüber gekippt. Ihre Jeans, erkennt sie, ist immer noch mit rauen Hundehaaren übersät, obwohl sie eine ganze Zeitzone damit zugebracht hat, eines nach dem anderen abzuzupfen.

Als sie den Blick wieder hebt, starrt der Taxifahrer mit großen Augen die steile Einfahrt hinauf. Er dreht sich zu ihr um.

»Das ist das Haus«, sagt er. »Von dem ich gerade geredet habe. Wussten Sie das?«

»Schuldig.« Sie fühlt sich auch so.

»O Mann. Und Sie lassen mich einfach weiterquatschen.«

»Ich wollte Sie nicht unterbrechen«, erklärt sie sanft; sie wollte ihn wirklich nicht vorführen. Aber sie hat alles über die Frau und den Sohn gelesen, die eines Nachts auf Nimmerwiedersehen verschwanden; inzwischen weiß sie mehr als die meisten Menschen darüber. Mehr als fast jeder andere.

Der Taxifahrer zieht noch einmal an seiner Zigarette und schnippt sie grimmig auf die Straße, wo sie einen kleinen Kometenschweif von Funken hinter sich herzieht. »Sieh einer an. Ein Freundschaftsbesuch?« Ein Blick auf ihr Gepäck, einen Kabinentrolley und einen kleinen, altmodischen, mit Reiseaufklebern übersäten Überseekoffer mit Lederschnallen und Nagelbeschlag.

»Ich habe einen Termin.« Sie versenkt eine Hand in ihrer Handtasche und zieht drei Zwanziger und einen Fünfer heraus.

Er betastet die Scheine. »Bargeld sieht man heutzutage nicht mehr oft.«

»Ich bin altmodisch.«

»Und Sie haben keine Angst? Sie glauben nicht, dass er die beiden auf dem Gewissen hat?« Raunend, als würde er sie fragen, ob sie nicht der Meinung sei, sie hätte schon genug intus.

»Ich hoffe nicht«, antwortet Nicky fröhlich.

»Na dann. Viel Spaß bei Ihrem ungelösten Fall.« Er geht in einer Nikotinschwade an ihr vorbei; Nicky ist unschlüssig, ob er den Mordfall in Mesopotamien oder den Vermisstenfall in San Francisco meint. Als er sich auf den Fahrersitz sinken lässt, stößt der Wagen ein erschöpftes Seufzen aus, genau wie der Fahrer selbst. »Und viel Spaß in San Francisco«, ruft er ihr zu. »Fünfzig Quadratmeilen, umgeben von Realität.« Die Tür knallt zu.

Nicky bleibt mit dem Rücken zum Fahrzeug und dem Blick auf ihrem Gepäck stehen. Der Motor räuspert sich kurz; aus dem Auspuff strömen Abgase gegen ihr Bein; dann hört sie, wie der Wagen davonrollt.

Als sie sich umdreht, hat sich die Nebelwand schon wieder geschlossen und steht glatt und reglos hinter ihr wie ein vereister Spiegel, so als hätte es das Taxi und den Fahrer nie gegeben.

2.


Sie steht im Nebel, die Arme vor der Brust gekreuzt, die Hände um die Schultern geschlossen; sie umarmt sich selbst, wie so oft, wenn sie aufgeregt oder nervös oder beides ist. Sie spürt, wie hinter ihr das Haus den Atem anhält. Genau wie sie.

Nicky neigt nicht...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2024
Übersetzer Christoph Göhler
Sprache deutsch
Original-Titel End of Story
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2024 • Agatha Christie • daniel mallory • eBooks • Entführung • Krimi • Lands End • Mord • Neuerscheinung • Neuheiten Thriller • psychologische Spannung • Psychothriller • San Francisco • Sherlock Holmes • The woman in the window • Thriller • thriller aus usa
ISBN-10 3-641-22949-9 / 3641229499
ISBN-13 978-3-641-22949-8 / 9783641229498
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