Mord in Shady Hollow (eBook)
288 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01857-0 (ISBN)
Juneau Black ist das Pseudonym der Autorinnen und Buchhändlerinnen Jocelyn Koehler und Sharon Nagel. Als ihr Chef ihnen vor einigen Jahren in der Buchhandlung von Milwaukee am Lake Michigan einen Korb voller Fingerpuppen überreichte, die sie auspreisen sollten, steckten sie sich die Puppen auf die Hände und erfanden Namen ... und ihre Geschichten ... und wenig später kam dazu ein Mord. «Shady Hollow» wurde ihr gemeinsames Debüt, das sofort viele Fans gewann. Heute arbeitet Sharon Nagel als Bibliothekarin, und Jocelyn Koehler ist Schriftstellerin in Philadelphia.
Juneau Black ist das Pseudonym der Autorinnen und Buchhändlerinnen Jocelyn Koehler und Sharon Nagel. Als ihr Chef ihnen vor einigen Jahren in der Buchhandlung von Milwaukee am Lake Michigan einen Korb voller Fingerpuppen überreichte, die sie auspreisen sollten, steckten sie sich die Puppen auf die Hände und erfanden Namen ... und ihre Geschichten ... und wenig später kam dazu ein Mord. «Shady Hollow» wurde ihr gemeinsames Debüt, das sofort viele Fans gewann. Heute arbeitet Sharon Nagel als Bibliothekarin, und Jocelyn Koehler ist Schriftstellerin in Philadelphia. Die Autorin und Diplomübersetzerin Barbara Ostrop arbeitet seit 1993 als literarische Übersetzerin aus dem Englischen, Französischen und Niederländischen und zählt Liebes- und Familienromane, Spannung, Historisches und Jugendromane sowie Fantasy zu ihren Schwerpunkten. Inzwischen hat sie über hundert Bücher ins Deutsche übertragen und so u.a. mehrere Romane von Simon Scarrow über das antike Rom für deutschsprachige Leserinnen und Leser zugänglich gemacht.
KAPITEL 2
Vera Vixen war eine der Reporterinnen des Herald. Sie gehörte zu den wenigen Mitarbeiterinnen, die tatsächlich in der Redaktion zu leben schienen, und sie befolgte seit jeher die journalistische Tradition, ihren Wachmacher stark, schwarz und siedend heiß zu trinken. Ihr ging es um die Wirkung, nicht um den Genuss. Die flinke Füchsin schien von dem Zeug zu leben. Praktisch alle anderen tranken ihren Kaffee bei Joe, also nur bei Joe, während Vera sich sowohl am Redaktionskaffee als auch an Joes Angebot gütlich tat, denn ihre Persönlichkeit verlangte eine kontinuierliche Zufuhr des starken schwarzen Getränks.
Vera hoffte immer auf einen großen Knüller, und der heutige Tag war keine Ausnahme. Ihre spitzen Ohren zuckten, als sie Gladys hereinschwirren hörte, und sie machte sich auf einen wortreichen Bericht über den neuesten Klatsch gefasst. Doch Gladys huschte an ihren Schreibtisch, ohne ein Wort zu sagen, und das war so ungewöhnlich, dass die Füchsin aufstand und zu dem kleinen Kolibri schnürte.
«Guten Morgen», sagte Vera mit einem Lächeln.
Gladys nickte knapp, hielt den Blick aber abgewendet. Vera war nicht von ungefähr eine erstklassige Investigativjournalistin, und sie bemerkte den keuchenden Atem des kleinen Vogels.
«Was ist los, Gladys?», fragte sie. «Du wirkst verstört. Ist etwas passiert?»
Gladys brach in Tränen aus. Etwas zu verbergen, war wider ihre Natur. Diese kleine Frage genügte, und sie vergaß ihren Entschluss und plapperte los.
Beim hysterischen Bericht des Kolibris wurden Veras rötliche Augen munter, ihre schwarze Nase zuckte. Ein Toter? In Shady Hollow? Vera war – wie Gladys – von Natur aus neugierig. Und sie konnte die richtigen Fragen stellen. Das machte sie zu einer ausgezeichneten Reporterin. Zwar warfen einige Bürger des Städtchens ihr vor herumzuschnüffeln, doch das war ihr egal. Eine gute Reporterin, davon war sie überzeugt, musste sich für alles interessieren und es wagen, die Fragen zu stellen, die andere mieden.
Nachdem Vera der noch immer weinenden Gladys die wichtigsten Fakten durch gutes Zureden abgeschwatzt hatte, brachte sie der Kolibridame ein Glas von deren geliebtem Zuckerwasser und einen Stapel saubere Papiertaschentücher, versicherte ihr, die Polizei zu verständigen, und überließ sie ihren Tränen. Veras Gedanken dagegen arbeiteten fieberhaft. Wenn Gladys die Leiche gerade erst entdeckt hatte, war sie vielleicht sonst noch nicht gesehen worden. Wenn Vera sich beeilte, könnte sie rechtzeitig zum Fundort gelangen und alle Einzelheiten festhalten. Der Tod Ottos würde die Nachrichten dominieren, und sei es, weil jeder in der Stadt irgendwann einmal Bekanntschaft mit dem Geschimpfe des Kröterichs gemacht hatte.
Im Gegensatz zu Gladys fühlte sich Vera keineswegs durch ihr Gewissen genötigt, zuerst zur Polizei zu gehen. Der Polizeichef von Shady Hollow war Theodore Meade, ein Braunbär und langsam von Körper und Verstand. Mit Kleinigkeiten wie Ladendiebstahl oder Beschwerden wegen Lärms hatte er keine Probleme, aber viel weiter reichten seine Fähigkeiten nicht. Vera würde die Ordnungshüter bereitwillig über Otto Sumpfs Ableben informieren, doch erst einmal wollte sie den Schauplatz selbst inspizieren. Sie hängte sich die Kamera um und machte sich zum Aufbruch bereit.
Auf dem Weg nach draußen schaute sie noch einmal nach Gladys. Der kleine Vogel schluchzte noch immer und wischte sich die Augen. Sobald Gladys die Fassung zurückgewonnen hätte, würde sie jedem, der vorbeiging, ihr Herz ausschütten. Vera hatte nur ein kleines Zeitfenster, bevor die ganze Stadt zum Teich pilgerte, um die Leiche des armen Otto zu sehen.
Sie eilte aus der Redaktion.
Zum Glück war es noch immer sehr früh, und nur wenige Tiere waren unterwegs, darunter einige Arbeiter, die zur Sägemühle am anderen Ufer des Teichs gingen. Das Rad drehte sich stetig und zeichnete Wasserringe auf die ansonsten spiegelglatte Wasserfläche.
Vera schritt energisch voran, die Kamera an einem Riemen über der Schulter. Sie spähte auf den Teich. Purpurroter Blutweiderich wuchs in dichten Büscheln am Ufer, und dahinter gediehen kleine grüne Algen. Die Szene war trügerisch friedlich. Außer Otto Sumpf war keiner da. Er trieb im Wasser. Mit dem Gesicht nach oben. Genau wie Gladys es beschrieben hatte.
Vera beugte sich vor und schoss rasch ein paar Fotos der Leiche. Der Uferboden war weich und feucht. Aus Respekt vor Otto bemühte sie sich, nicht auf die vorhandenen Pfotenspuren zu treten. Pfotenspuren – nicht die Spuren eines Kröterichs … Irgendetwas regte sich in ihr, und sie machte schnell von den Pfotenabdrücken ebenfalls ein paar Fotos, auch wenn sie sich nicht sicher war, ob sie zu identifizieren wären. Mit zuckender Nase schnürte sie zwischen Unkrautbüscheln herum. Halb zwischen den schlammigen Stängeln des Röhrichts verborgen, entdeckte sie eine leere Flasche, die zu schön glänzte, um Abfall zu sein. Es sah aus, als hätte jemand sie ins Wasser werfen wollen, doch dann hatte sie sich im Schilf verfangen. Vera ließ sie unberührt und schoss ein weiteres Foto.
Vom unheimlichen Schemen der toten Kröte angezogen, warf sie einen genaueren Blick auf die im Wasser treibende Leiche. Sie war zu weit vom Ufer entfernt, daher konnte Vera keine Einzelheiten erkennen, ohne Boot würde man den Leichnam nicht an Land holen können. Beim Gedanken, den toten Otto an Land zu schleppen, überlief Vera ein Schauder. Mehr als ein paar Worte hatte sie nie mit ihm gewechselt, aber tot? Das konnte sie sich definitiv nicht vorstellen. Hatte er einen Herzanfall erlitten? War es das Alter? Es kam ihr so vor, als hätte Otto schon ewig gelebt. Aber ein Unfall konnte schließlich jeden ereilen. Vielleicht hatte er sich gestern Nacht betrunken, hatte im Dunkeln das Ufer nicht erkannt, war ins Wasser gefallen und ertrunken.
«Aber wer hat je davon gehört, dass eine Amphibie ertrinkt?», murmelte sie in sich hinein. «Hätte Otto in irgendwas ertrinken sollen, dann in einer Flasche Hochprozentigem.»
Vera wurde die Zeit knapp. Die Sonne war inzwischen über die Baumwipfel gestiegen, und rund um sie her begann das tägliche Leben mit seinen typischen Geräuschen. Sie schaute sich noch einmal kurz am Teich um und beschloss, dass es nun Zeit wurde, die Polizei zu rufen. Chief Meade würde sich ein Boot besorgen und Otto wenigstens an Land holen.
Bevor sie sich auf den Weg zur Polizeiwache machte, schlüpfte Vera in die Redaktion des Herald und legte ihre Kamera beiläufig in ihre Schreibtischschublade. Sie wollte noch kurz nach Gladys schauen.
Schon lange bevor sie in die Ecke kam, wo Gladys ihren Platz hatte, hörte sie sie plappern. Sie blieb stehen und lauschte.
«Eiskalt ist es mir den Rücken runtergelaufen, und dann habe ich den armen Otto dort treiben sehen … oh, schon als ich heute Morgen aufgewacht bin, hab ich gewusst, dass es ein schlechter Tag werden würde!» Gladys jammerte weiß Gott wem etwas vor. Sie schien sich von ihrem Schreck erholt zu haben. Vera bemerkte, dass sie ihre Erzählung inzwischen aufgehübscht hatte und Vorahnungen andeutete, mit denen sie sich bei ihrem ersten Bericht nicht aufgehalten hatte. Die Füchsin schüttelte den Kopf und machte kehrt, um rasch zur Polizeiwache zu gehen, bevor irgendjemand ihr die Zeit stahl.
Auf der Wache war es ruhig, doch die Tür stand weit offen, und so trat Vera ohne Anklopfen ein. Es war keineswegs überraschend, dass Chief Meade noch nicht im Büro war, und so berichtete Vera Orville Braun, seinem Deputy, alles, was sie gesehen hatte. Wie sein Chef war er ein großer Bär, jedoch von der braunen Sorte und wesentlich intelligenter.
Er erklärte Vera, er werde sofort zum Teich aufbrechen, um zu ermitteln und die Leiche für die Beerdigung zu bergen. Er wusste, dass der Chief frühestens in ein paar Stunden eintreffen würde, selbst angesichts eines Leichenfunds. Im Gegensatz zu ihm begann Orville seinen Tag in der Polizeiwache gern früh und in relativem Frieden, lange bevor sein Chef auf der Wache erschien. Das gestattete ihm, die Probleme zu lösen, die sich bei der Polizeiarbeit von Shady Hollow Tag für Tag stellten. Wenn er allein in der Wache war, konnte er sich auch gelegentlich größeren Träumen hingeben, in denen er selbst, Orville, der Polizeichef war, einen nagelneuen Hut und eine glänzende Dienstmarke trug und sich mit seiner Arbeit den Respekt und die Bewunderung der ganzen Stadt verdiente.
Vielleicht würde sich sein Engagement jetzt endlich einmal auszahlen. Er könnte sich noch vor dem Mittagessen mit der traurigen Tatsache von Otto Sumpfs Tod befassen, und diese Rotfüchsin von Reporterin würde in ihrem Artikel schildern, wie kompetent und gelassen er die Aufgabe bewältigt hatte. Ja, das klang wirklich gut.
Mit einem Ruck gelangte er zurück in die Realität und ermahnte Vera, niemandem von ihrer Entdeckung zu erzählen, bevor er sich um die Sache gekümmert hatte.
«Dafür ist es leider zu spät. Gladys Honeysuckle hat die Leiche gefunden und mir davon berichtet», stellte Vera klar.
Der Bär verdrehte die Augen. So viel zum Thema Mund halten. Deputy Orville versah sich mit seiner üblichen Ausrüstung – seinem Hut, einem Strick für Handfesseln und einer finsteren Miene – und begab sich mit Vera zum Teich. Sie bat ihn nicht ausdrücklich darum, ihn begleiten zu dürfen, und Orville war noch ein wenig schläfrig. So oder so hatte er keinen Grund, die Füchsin auf Abstand zu halten. Er kannte Veras Ruf als Reporterin. Sie wäre ohnehin bald zur Stelle gewesen.
«Ich werde ein Boot beschlagnahmen...
Erscheint lt. Verlag | 1.6.2024 |
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Reihe/Serie | Vera Vixen ermittelt |
Übersetzer | Barbara Ostrop |
Zusatzinfo | Mit 1 s/w Karte |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Agatha Christie • Beatrix Potter • britische Kriminalliteratur • Cosy Crime • Cosy Krimi • englische Krimis • Glennkill • Krimi • Kriminalgeschichten • Kriminalliteratur • Krimi Neuerscheinungen 2024 • krimis bücher • Krimis und Thriller • Krimi Thriller • Leonie Swann • Mord • Mord mit Aussicht • Pu der Bär • Romane Krimis • Schmunzelkrimi • spannende Bücher • Thomas Chatwin • Tiere Krimi • Tierkrimi • Vier Schafe und ein Todesfall • Waldtierkrimi |
ISBN-10 | 3-644-01857-X / 364401857X |
ISBN-13 | 978-3-644-01857-0 / 9783644018570 |
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