Kein Konto für Köbi -  Stephan Pörtner

Kein Konto für Köbi (eBook)

Der zweite Fall für Köbi Robert
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
192 Seiten
Atlantis Literatur (Verlag)
978-3-7152-7540-6 (ISBN)
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Die Angelegenheit sei dringend und lasse sich nicht am Telefon besprechen. Mehr weiß Köbi nicht, als er von Anwalt Rothenbühler in dessen Kanzlei zitiert wird. Ein seltsam vogelhafter Mann mit Brillengläsern dick wie Flaschenböden, der Köbi erklärt, dass sein Freund und zwischenzeitlicher Arbeitgeber verhaftet wurde. Dem herzensguten Bruno Krämer wird vorgeworfen, den neuen Freund seiner Ex-Frau Rita erschlagen zu haben. Ein Motiv hätte Krämer, ein Alibi hat er nicht, und sich erinnern, was genau er zur Tatzeit gemacht hat, kann er leider auch nicht so genau: Er war noch bei der Festnahme alkoholisiert. Aber Krämer hat seinem Anwalt aufgetragen, sich an Köbi zu wenden. Der soll herausfinden, wer es auf den Anlageberater abgesehen haben könnte. Die Akte, die Rothenbühler Köbi überreicht, ist mehr als übersichtlich, und so führen ihn seine Ermittlungen von der Langstrasse nach Regensdorf und zurück an den Zürichberg.

Stephan Pörtner, geboren 1965, wuchs in einer Schriftstellerfamilie auf: Seine Mutter war U?bersetzerin, sein Vater Autor, seine Schwester ist die Schriftstellerin Milena Moser. Er lebt in Zu?rich, wo seine sechs Krimis mit Ko?bi Robert, dem Detektiv wider Willen, spielen. Der letzte Band Po?schwies wurde mit einem Werkbeitrag ausgezeichnet, fu?r Stirb, scho?ner Engel erhielt er den Zu?rcher Krimipreis. Po?rtner war bereits drei Mal fu?r den Glauser Kurzkrimi-Preis nominiert. Fu?r das Straßenmagazin Surprise schreibt er die Kolumne Tour de Suisse, fu?r das Schweizer Radio Ho?rspiele, ist Co-Autor der Theaterstu?cke Polizeiruf 117 und Die Bankra?uber. Sein ju?ngster Roman Heimatlos wurde von der Literaturkommission des Kantons Zu?rich mit einem Anerkennungsbeitrag ausgezeichnet.

Stephan Pörtner, geboren 1965, wuchs in einer Schriftstellerfamilie auf: Seine Mutter war Übersetzerin, sein Vater Autor, seine Schwester ist die Schriftstellerin Milena Moser. Er lebt in Zürich, wo seine sechs Krimis mit Köbi Robert, dem Detektiv wider Willen, spielen. Der letzte Band Pöschwies wurde mit einem Werkbeitrag ausgezeichnet, für Stirb, schöner Engel erhielt er den Zürcher Krimipreis. Pörtner war bereits drei Mal für den Glauser Kurzkrimi-Preis nominiert. Für das Straßenmagazin Surprise schreibt er die Kolumne Tour de Suisse, für das Schweizer Radio Hörspiele, ist Co-Autor der Theaterstücke Polizeiruf 117 und Die Bankräuber. Sein jüngster Roman Heimatlos wurde von der Literaturkommission des Kantons Zürich mit einem Anerkennungsbeitrag ausgezeichnet.

1


Ich musste eine Weile suchen, ehe ich das Büro des Anwalts fand. Rothenbühler, den Namen hatte ich noch nie gehört.

Er hingegen kannte mich oder hatte zumindest meine Telefonnummer. Wahrscheinlich kannte er nur meine Nummer, sonst hätte er mich nicht frühmorgens um acht Uhr angerufen. Die Angelegenheit sei dringend und lasse sich nicht am Telefon besprechen.

»Kommen Sie bitte um halb zehn in mein Büro«, hatte er gesagt und mir die Adresse gegeben.

»Gut, dann komme ich halt um halb zehn«, hatte ich verschlafen gemurmelt und verzweifelt nach einem Stift gesucht, um den Straßennamen, der mir schon wieder zu entwischen drohte, festzuhalten. Ich schaffte es gerade noch.

Rothenbühlers Büro befand sich in meiner Nähe, beim Idaplatz, an einer jener Straßen, von denen man den Namen kennt, aber nie so genau weiß, wo sie sich befinden, weil man dort nichts zu suchen hat. Es war fünf nach halb, als ich vor der Bürotür im dritten Stock eines Altbaus stand.

Bitte läuten und eintreten, stand auf einem kleinen Aluminiumschild über einem weißen Knopf. So läutete ich und trat in eine Art Vorzimmer, das nicht sehr groß, aber ziemlich hoch war. Vor dem Fenster stand eine verstaubte Grünpflanze, links und rechts davon waren zwei graue Aktenschränke. Eine junge Frau saß hinter einem Schreibtisch und telefonierte. Sie sah irgendwie ungesund aus. Vielleicht lag es auch an dem ausgesucht hässlichen Teppich oder an der Atmosphäre des Raumes. Alles sah alt und abgenutzt aus, als hätte es jemand hier stehen lassen, statt auf den Flohmarkt zu bringen.

»Einen Moment bitte«, sagte die Frau in den Hörer und drückte einen Knopf an ihrem Telefon. Der Apparat sah durchaus modern aus.

»Herr Robert?«

Ohne auf mein Nicken zu warten, wies sie mit dem Kopf nach rechts zu einer Tür, die einen Spalt weit offen stand. Ich ging hinüber und klopfte an den Türrahmen.

»Ja?«, rief es von drinnen, und ich ging hinein. Fast wäre ich dabei mit einem Mann zusammengestoßen. Es war der Anwalt Rothenbühler, wie sich herausstellte.

»Hoppla«, sagte er und bat mich, Platz zu nehmen. Er wirkte zerstreut und abwesend. Sein Alter war schwer zu schätzen, vielleicht war er gleich alt wie ich, Mitte dreißig, vielleicht aber auch zehn Jahre älter. Er hatte halblange, strähnige Haare, sein Gesicht war lang und schmal, die Haut schimmerte weißlich-gelb. Auf der spitzen, schmalen Nase trug er eine runde, breitrandige Brille. Die Gläser waren dick, richtige Flaschenböden. Er hatte einen grauen Wollpullover und braune Manchesterhosen an. Auf dem Tisch stand ein Aschenbecher, der schon ziemlich voll war.

Rothenbühler setzte sich an den Schreibtisch und griff nach seinen Zigaretten.

»Stört es Sie?« Ich schüttelte den Kopf, er steckte sich eine Gauloise blau ohne Filter an.

»Ich nehme an, Sie haben schon von der Sache mit Bruno gehört?«

»Welcher Bruno?«

»Bruno Krämer. Er wurde verhaftet.«

»Bruno? Warum denn das?«

»Mord!«

Ich sagte nichts mehr, sondern schaute diesen seltsam vogelhaften Mann an, der auf seinem Schreibtisch herumfuhrwerkte. Durch die Brillengläser waren die Augen nur verschwommen zu erkennen. Vielleicht war er doch eher Fisch als Vogel.

»Ja«, sagte er ungerührt. »Vor zwei Tagen. Das Tötungsdelikt Baumann.«

Er sah mich an, soweit ich das erkennen konnte. Die Asche fiel von seiner Zigarette, er nahm einen Zug, hob mit der rechten Hand das Papier, auf dem die Asche lag und kippte sie in den Papierkorb. Eine Übung, die er routiniert, quasi blind ausführte. Ich sagte noch immer nichts. Da nicht anzunehmen war, dass er mich herbestellt hatte, um Schabernack mit mir zu treiben, war das, was er mir da erzählte, wohl die Wahrheit. Auch wenn es unmöglich war.

»Sie sind doch ein Freund von Bruno, nicht wahr?«

Ich nickte. Der Anwalt lehnte sich in seinem quietschenden Bürosessel zurück, dessen schwarzes Leder brüchig und abgeschabt war. Es hätte mich nicht gewundert, wenn das Ding zusammengekracht wäre.

»Ich auch, von früher.« Er wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht. Ob er Rauch oder Erinnerungen vertreiben wollte, war nicht klar. »Von früher« hieß wahrscheinlich, dass sie schon länger nichts mehr miteinander zu tun hatten, sonst hätte er wohl »seit Langem« gesagt.

»Baumann Werner, wohnhaft in Regensdorf, erschlagen am letzten Samstag, so gegen elf Uhr nachts.«

Sein verschwommener Blick ruhte auf mir, er wirkte jetzt wie ein Papagei, der etwas gesagt hat und mit schrägem Kopf auf Anerkennung wartet.

»Der Neue von Brunos Ex-Frau Rita.«

Er drückte seine halb gerauchte Zigarette aus, nahm eine neue aus der Packung und steckte sie an.

»Oh, excusez, wollen Sie auch eine?«, fragte er unvermittelt, als wäre ihm etwas Wichtiges eingefallen, das Licht in die Sache bringen würde. Ich bejahte, obwohl ich eigentlich nicht rauchte, außer selten, aber nie am Morgen und schon gar keine Gauloises. Aber vielleicht brachte das ja wirklich Licht in die Sache.

»Bruno ist wie gesagt verhaftet worden, am Montagmorgen. Ich habe ihn gestern kurz gesehen. Es schaut schlecht für ihn aus. Er hat mir aufgetragen, Sie anzurufen und Sie zu bitten, der Sache nachzugehen, herauszufinden, wer es gewesen ist. Er, so sagt er, sei unschuldig.« Rothenbühler neigte sich über den Schreibtisch und gab mir mit einem Feuerzeug aus Blech Feuer.

Ich nahm einen tiefen Zug und mir wurde schwindlig.

»Aber eben, er hat ein Motiv und kein Alibi. Zu Hause will er gewesen sein, und ferngesehen will er haben. Irgendeine Quizsendung, wie er sagt, aber genau erinnert er sich nicht mehr. Nun ja, Promille hatte er auch am Montag noch genug.« Wir rauchten beide konzentriert. Ich hatte mit einem Mal das Bedürfnis, mich wieder hinzulegen. Wahrscheinlich die Wirkung des Nikotins.

»Monika hat eine Kopie meiner Unterlagen für Sie bereit, viel ist es nicht. Rufen Sie mich an, wenn es etwas Neues gibt. Ich werde dasselbe tun.« Er stand auf. Ich stand ebenfalls auf, und wir gingen gemeinsam aus dem Büro.

»Monika«, wandte er sich an die junge Frau, die gelangweilt auf ihren Bildschirm schaute und mit einem Finger rhythmisch auf eine Taste ihres Keyboards schlug, »gib ihm das Dossier Krämer.«

Sie zog die unterste Schublade ihres Schreibtischs auf und griff, ohne richtig hinzuschauen, eine dünne Aktenmappe aus der Hängeregistratur. Rothenbühler nahm sie und gab sie an mich weiter. Er war wieder ganz Goldfisch.

»Schlimme Sache«, sagte er seltsam unbeteiligt. »Es liegt jetzt an Ihnen, etwas daraus zu machen. Viel Glück, Herr Robert.« Er lächelte gequält, zögerte einen Moment, nickte schließlich und sagte noch einmal: »Viel Glück.« Offenbar war er auch kein Freund des Händeschüttelns.

»Danke«, sagte ich. Ich sage immer danke, wenn ich nicht weiß, was ich sagen soll, auch in den unpassendsten Situationen. Die Frau hinter dem Schreibtisch schaute weiterhin gelangweilt auf den Bildschirm, ohne jedoch die Tastatur zu malträtieren.

Ich raunte ihr ein »Widerluege« zu und verließ das Büro mit der Kartonmappe in der Hand.

Draußen auf der Straße fiel mir dann der Himmel auf den Kopf.

Ich hatte Bruno mehr als ein halbes Jahr nicht mehr gesehen, seit ich nicht mehr für ihn arbeitete. Seit ich überhaupt nicht mehr arbeitete. Nach einer unerfreulichen Geschichte, in die ich verwickelt gewesen war, hatte ich einige Monate bei meinem alten Freund Bruno Krämer ausgeholfen. Allerlei Bausachen. Wir waren dabei, ein Einfamilienhaus zu renovieren. Da geschah es: Seine Frau, die schöne Rita, verließ ihn, und seine Welt krachte zusammen.

Er erzählte nicht viel darüber, und ich fragte auch nicht viel, wie das eben so ist unter Männern. Dafür half ich ihm beim Austrinken seines Weinkellers. Wir saßen oft und lange bei ihm oder in der Quartierbeiz, tranken und redeten über alles Mögliche, aber nur selten über das, was wirklich los war. Wobei bei mir nicht viel los war, außer dass ich plötzlich umziehen musste.

Rita war auch umgezogen und die Kinder mit ihr. Bruno sah seine beiden goldigen Töchter nur noch jedes zweite Wochenende, was ihm fast das Herz brach. Irgendwann brach er sich auch noch den Fuß und musste die Arbeit einstellen. Da er die Firma war, wurde ich arbeitslos. Er stellte mir aber alle nötigen Zettel aus, damit ich stempeln gehen konnte. Wir mussten ein wenig daran drehen, damit ich zu meinen paar Kröten kam. Das Geld reichte für die Miete, die Krankenkasse und viele Sonderangebote, was wollte man mehr. Seither war die Zeit schnell vergangen, und ich hatte nichts mehr von Bruno gehört.

Ich setzte mich ins Café Memphis, um die Akte zu studieren.

Krämer Bruno, Mord stand darauf. Darin befand sich eine Kopie des Polizeiprotokolls.

Das Opfer war in Regensdorf, zweihundert Meter von seiner Wohnung entfernt, aufgefunden worden. Tatzeit war die Nacht vom fünften auf den sechsten September, ungefähr 23.20 Uhr. Erschlagen mit einem stumpfen Gegenstand. Zeugen gab es keine. Das war nicht gerade viel, eigentlich war es gar nichts. Es folgten noch die Personalien des Opfers, ein paar Angaben zu Bruno und die Zeit seiner Verhaftung. Ich klappte den Deckel der Mappe zu und stützte meinen Kopf in die Hände. Warum zum Teufel wollte Bruno, dass ich der Sache nachging? Vermutlich, weil er es nicht getan hatte.

Er hatte erlebt, wie ich einmal den Mörder eines Freundes gefunden hatte, aber das war doch kein Grund, anzunehmen, dass ich grundsätzlich in der Lage war, Mörder zu finden. Damals war ich persönlich in die Sache verwickelt gewesen und hätte wohl...

Erscheint lt. Verlag 20.3.2024
Reihe/Serie Ein Fall für Köbi Robert
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Detektiv • Ermittlung • Kreis 4 • Krimi • Langstrasse • Privatermittler • Zürich
ISBN-10 3-7152-7540-5 / 3715275405
ISBN-13 978-3-7152-7540-6 / 9783715275406
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