Godkiller (eBook)
448 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60791-9 (ISBN)
Hannah Kaner wurde in Northumbria geboren und lebt heute in Schottland. Als Senior Digital Consultant arbeitet sie im Gesundheitswesen. Nach einem Abschluss in Englisch am Pembroke College, Cambridge, absolvierte sie ihren Master of Science an der University of Edinburgh. Sie lässt sich von Mythologien aus der ganzen Welt inspirieren, ebenso wie von wütenden Frauen, spekulativer Fiktion, und von Geschichten übers Menschsein.
Hannah Kaner wurde in Northumbria geboren und lebt heute in Schottland. Als Senior Digital Consultant arbeitet sie im Gesundheitswesen. Nach einem Abschluss in Englisch am Pembroke College, Cambridge, absolvierte sie ihren Master of Science an der University of Edinburgh. Sie lässt sich von Mythologien aus der ganzen Welt inspirieren, ebenso wie von wütenden Frauen, spekulativer Fiktion, und von Geschichten übers Menschsein.
PROLOG
Fünfzehn Jahre zuvor
Ihr Vater verliebte sich in einen Meeresgott.
Der Name des Gottes war Osidisen, und ihre Eltern gaben Kyssen und ihren Brüdern Namen, um seine Gunst zu ehren: Tidean – »Auf den Gezeiten«; Lunsen – »Mond auf dem Wasser«; Mellsenro – »Die rollenden Felsen«. Und schließlich Kyssenna – »Geboren aus der Liebe zum Meer«. Osidisen füllte ihre Netze mit Fischen, lehrte sie, wann sie einem Sturm trotzen und wann sie sich verstecken sollten, und geleitete sie jeden Tag mit ihrem Fang sicher nach Hause. Kyssen und ihre Familie wuchsen in der Gunst des Meeres auf.
Doch der Meeresgott brachte den Ländern von Talicia kein Glück. Schließlich wurden die Dörfer auf den Hügeln von der Feuergottheit Hseth und ihren Versprechungen von Reichtum verführt.
Jeder wollte den Reichtum der Anhänger des Feuers. In Hseths Namen verbrannten die Talician ihre Boote und rodeten ihre Wälder, um Waffen zu schmieden, Messing zu erhitzen und große Glocken zu gießen, deren Läuten von den Meeresklippen bis zu den Bergkämmen drang. Die Gewässer Osidisens leerten sich, und Rauch stieg über dem Land auf. Bald verbreiteten sich andere, dunklere Geschichten von Gewalt von Stadt zu Dorf: von Opfern, Jagden und Säuberungen im Namen der Feuergottheit, von Feinden und alten Familien, die zum Vergnügen der Feuergottheit verbrannt wurden.
Eines Nachts, in der Nacht nach dem zwölften Geburtstag von Mellsenro, an dem sein Name auf seine Finger tätowiert wurde, erwachte die elfjährige Kyssen durch einen seltsam dichten und süßlich riechenden Rauch. Er kratzte in ihrer Kehle.
Sie kam zu sich und merkte, dass sie von Männern getragen wurde, die sich Tücher vor den Mund gebunden hatten und deren Gesichter mit Kohlenstaub beschmiert waren und in deren Haaren Glöckchen wie kleine Lampen leuchteten. Kyssen rührte keinen Muskel, und ihre Brust war schwer, als lasteten noch Träume auf ihr. Den süßen Rauch erkannte sie: Es war eine Schlafmedizin, die durch das Verbrennen von Slesssamen hergestellt wurde, zusammen mit anderen Aromen, die sie nicht kannte. Unterhalb ihres Hauses peitschte das Meer gegen die Klippen. Osidisen war wütend.
Sie versuchte zu sprechen, aber ihr Mund wollte nicht funktionieren, ihre Zunge klebte an ihrem Gaumen. Ihr Kopf kippte zur Seite, und sie sah auch Mell, dessen frisch tätowierte Hand über den Boden schleifte.
»Mmmelll«, versuchte Kyssen es erneut, aber ihr Bruder rührte sich nicht. Der Drogenrauch drang durch die Fensterläden, sogar durch die Wände. Er hing in der Luft.
»Ruhig«, sagte einer der Männer, die sie festhielten, und schüttelte sie. Sie kannte diese Stimme, diese schlammgrünen Augen.
»N…Naro?«, fragte Kyssenna. Ihre Stimme war jetzt ein wenig kräftiger. Draußen donnerten die Wellen, und der Rauch wirbelte auf, als Seewind durch die Ritzen der Flechtwerkwände drang. Sie spürte den kühlen Biss salziger Luft auf ihrem Gesicht, auf ihren Lippen. Ihr Kopf wurde ein wenig klarer. Naro musterte sie, Panik in seinen Augen.
»Ihr sagtet, sie würden noch nicht aufwachen«, nuschelte er durch seine Maske.
»Mach schnell!« Die andere Stimme erkannte sie auch. Es war Mitt, Naros Schwager. Die Masken schützten sie vor dem Rauch. »Beeilung!«
Sie trugen sie tiefer in das Haus hinein, bis zur Feuerstelle in der Mitte des Hauses. »Was machst du da?«, fragte Kyssen müde, aber mit klarer Stimme. Ihr Körper rührte sich immer noch nicht.
Sie erreichten die Feuerstelle, einen runden Stein unter dem Strohdach, das sich zum Himmel hin öffnete, damit der Rauch abziehen konnte. Um die Glut des abendlichen Feuers war ein verschlungener Käfig aufgebaut, der in Form einer Glocke aus Treibholz und Metall geschmiedet worden war. Ihre Eltern waren bereits von außen an den Gittern festgebunden worden. Jetzt wurden auch ihre Brüder daran gefesselt: an Knöcheln, Armen, Hals. Opfergaben. Kyssen war die letzte.
Naro und Mitt drückten sie grob gegen die Gitterstäbe neben ihrem Vater. Der Seewind fegte durch das Rauchloch im Dach und pfiff um die Balken. Die Fensterläden klapperten, und das Haus erbebte unter dem Brausen des wütenden Wassers.
»Naro, hör auf!«, sagte Kyssen. Sie klang noch kräftiger. Der Slessrauch war fast weggeweht, aber er fesselte noch immer ihre Glieder. »Warum tust du das?«
Naro verdrehte ihre Beine, um sie unten am Käfig festzubinden, während Mitt ihre Hände an die Gitterstäbe fesselte. Lunsen weinte und hatte Schluckauf vor Angst. Sie hatte Mell aus den Augen verloren. Kyssen fand die Kraft, sich zu wehren, als sie sie an das Metall fesselten, doch sie waren größer und stärker als sie. Draußen läuteten die Glocken, deren Klang durch den aufkommenden Wind zerrissen wurde. Der Klang hätte von Tausenden Glocken stammen können, obwohl das Dorf kaum hundert Seelen zählte. All ihre Nachbarn mussten da draußen sein. Sie hatten das hier gemeinsam geplant, um die vom Meeresgott bevorzugte Familie zu fangen. Kyssen roch heißes Pech in der Nähe. Der Schrecken kroch ihr in die Kehle.
»Es tut uns nicht leid, Liln«, erklärte Mitt. Wie konnte er es wagen, sie »Kleine« zu nennen? So etwas durften Onkel tun, Freunde. Er war kein Freund. Er war ein Verräter. »Das hier muss sein.«
Kyssen nahm alle Kraft zusammen und schnappte mit ihren scharfen Zähnen nach seiner Hand. Er sprang weg und umklammerte seine Daumenballen, wo sie ihn erwischt hatte.
»Lass sie!«, schnauzte er. »Es ist Zeit. Sie werden nicht auf uns warten.«
Sie rannten weg. Kyssen zitterte. Sie spuckte Mitts Blut aus und versuchte zu atmen, wand sich in den Stricken, um den ihr nächsten aus der Familie zu finden. »Papa.« Er war nicht weit von ihr weg. »Papa!«
Bern, ihr Vater, atmete mühsam. Sein Mund war aufgerissen und blutig, sein Gesicht zerschlagen. Sie mussten ihn in seinem von Drogen betäubten Schlaf verprügelt haben. Dieser zerstörte Mund hatte den Gott des Meeres geküsst, aber jetzt war mit Kohle das glockenförmige Symbol von Hseth auf seine Stirn geschmiert.
Die Luft verdichtete sich wieder mit Rauch, diesmal aber nicht mit süßem Rauch der Droge, sondern er war bitter und klebrig, stieg heiß und schwarz aus dem Boden auf. Ihr Dorf hatte das Gras unter ihren Stelzenfundamenten angezündet.
Kyssen zerrte an ihren Handgelenken, an ihren Beinen. »Papa!«, schrie sie. Sie hatten ihren Hals nicht gefesselt, als sie versucht hatte, zu beißen. Sie krümmte sich, zerrte ihren Arm in seltsame Verrenkungen, und die Knochen knackten, als sie ihren Hals zu ihrer nächstliegenden Hand reckte. Da. Sie konnte sie erreichen. Sie schlug ihre Zähne in das Seil, nagte und zerrte an dem Knoten. Es war Schiffstau, das nicht ausfransen sollte, aber sie wollte nicht sterben.
Tidean war ebenfalls wach. »Ihr dreckigen Ausgeburten!«, schrie er, kämpfte gegen seine Fesseln an und würgte, als sie sich an seiner Kehle zusammenzogen. Er hustete in den Rauch. »Ihr feigen Verräter!« Seine Stimme war rau.
Die Hitze wurde stärker. Kyssen spürte sie schon unter ihren Fußsohlen.
»Bleibt ruhig«, murmelte ihre Mutter mit vom Rauch veränderter Stimme. »Seid ruhig, meine Lieben. Osidisen wird uns retten. Ich verspreche es.«
Sie konnten die Flammen noch nicht sehen, aber die Luft waberte. Der Seewind von Osidisen drängte sich immer noch ins Innere, und Rauch und Luft tanzten zusammen wie Öl und Wasser. Kyssens Mund, ihre Augen, ihre Nase trockneten aus. Sie grub ihre Zähne mit neuer Kraft in das Seil.
»Ihr alle werdet mir das büßen!« Tidean schrie sein Versprechen lauter heraus als seine Mutter, aber er war zu fest gebunden, fester als Kyssenna. Sein wildes Sträuben und Strampeln nützte nichts. Der Boden riss bereits an einigen Stellen. Helles Licht drang durch die Spalten in dem Fundament. Die Wände schwärzten sich. Dann flog Glut empor, ein Funke, eine Stichflamme, die hölzerne Türöffnung fing Feuer, schleuderte Funken in Tideans Augen. Er schrie und...
Erscheint lt. Verlag | 1.2.2024 |
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Reihe/Serie | Godkiller-Trilogie | Godkiller-Trilogie |
Übersetzer | Wolfgang Thon |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Bestseller • Disability • divers • Diversität • Epic Fantasy • Epische Fanatsy • Feministische Fantasy • Gefährten • Godkiller Kissen • Götter Fantasy • Gott Skedi • High Fantasy • Inara • Inklusion • LGBTQ+ • Platz 1 Sunday Times Bestsellerliste • Queste • Ritter Elogast • Schicksal • starke Frauenfigur • Sunday Times Bestseller • tiktok made me buy it • Wie Samantha Shannon • zeitgenössisch |
ISBN-10 | 3-492-60791-8 / 3492607918 |
ISBN-13 | 978-3-492-60791-9 / 9783492607919 |
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