Hyazinthenschwestern -  Rebekka Eder

Hyazinthenschwestern (eBook)

Historischer Roman

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
496 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01697-2 (ISBN)
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Eine Liebesgeschichte zwischen duftenden Hyazinthenfeldern und den Wirren der Märzrevolution - ein perfekter Schmöker für den Frühling von der Autorin von «Der Duft von Zimt» Berlin, 1848: Wo später einmal der Boxhagener Platz sein wird, erstrecken sich duftende Hyazinthenfelder, so weit das Auge reicht - die Ländereien der fünf Sonntag-Schwestern. Früher waren sie unzertrennlich, doch seit dem Tod ihres Bruders Heinrich steht ein dunkles Geheimnis zwischen ihnen. Vor allem die mittlere Schwester Alba leidet sehr unter dem großen Streit. Zumal ihre Familie drauf und dran ist, die Felder zu verkaufen, die Alba über alles liebt. In der Sprache der Blumen, die ihre Mutter sie gelehrt hat, versucht sie, mit ihren Schwestern Frieden zu schließen und für den Erhalt von Boxhagen zu kämpfen. Bis eines Morgens ein Fremder in ihrem Blumenbeet liegt, der vorgibt, der neue Gärtner zu sein. Hals über Kopf verliebt sie sich in ihn, ohne zu ahnen, dass in seiner Brust das Herz eines Revolutionärs schlägt, der bereits den Aufstand plant. Ihre Liebe verändert Albas Blick auf die Welt, sodass sie nicht nur Mut fasst, für eine bessere Zukunft zu kämpfen, sondern auch, sich der düsteren Vergangenheit ihrer Familie zu stellen.

Rebekka Eder ist ein Pseudonym. Die Autorin wurde 1988 in Kassel geboren und hat Theaterwissenschaft und Germanistik in Erlangen, Bern und Berlin studiert. Schon während des Studiums begann sie, Romane zu schreiben. Nachdem sie als Journalistin und Werbetexterin arbeitete, machte sie ihre Leidenschaft zum Beruf. Heute lebt und schreibt sie auf dem nordhessischen Land. Sie ist fasziniert von verblichenen Fotografien, gut gehüteten Familiengeheimnissen und der uralten Sprache der Blumen.

Rebekka Eder ist ein Pseudonym. Die Autorin wurde 1988 in Kassel geboren und hat Theaterwissenschaft und Germanistik in Erlangen, Bern und Berlin studiert. Schon während des Studiums begann sie, Romane zu schreiben. Nachdem sie als Journalistin und Werbetexterin arbeitete, machte sie ihre Leidenschaft zum Beruf. Heute lebt und schreibt sie auf dem nordhessischen Land. Sie ist fasziniert von verblichenen Fotografien, gut gehüteten Familiengeheimnissen und der uralten Sprache der Blumen.

1


1. Kapitel


Boxhagen, Oktober 1847

Der schwere Duft feuchter Erde umgab mich, während ich in meinem frisch geharkten Blumenfeld kniete und kleine Löcher aushob. Vorsichtig setzte ich Zwiebel um Zwiebel ein und schob die Erde darüber, drückte sie mit beiden Händen fest, während ich das Leben darin spürte. Über jeden schimmernden Käfer und jeden Regenwurm, der mein Blumenfeld bevölkerte, musste ich lächeln.

«Ihre Mutter wäre glücklich, Sie so zu sehen. Wenn ich das sagen darf, Fräulein Sonntag», brummte Herr Range hinter mir.

Ich drehte mich halb zu ihm um. Der alte Gärtner aus der böhmischen Kolonie zwinkerte mir zu und grub dann emsig weiter Zwiebeln ein. In der Ferne packten weitere Kolonisten sowie mein Gehilfe Alfred fleißig mit an. Dieser milde Oktobertag war perfekt, um Hyazinthen zu pflanzen. Der Wind kühlte uns die Haut, und die Erde war weder zu nass noch zu trocken.

«Ich bin Ihnen wirklich dankbar für Ihre Hilfe …», sagte ich nicht zum ersten Mal.

«Das ist doch selbstverständlich, Fräulein Sonntag. So oft, wie Ihre Familie uns geholfen hat … Das kann ich gar nicht wiedergutmachen.»

«Sie brauchen es nicht wiedergutzumachen, Herr Range.»

Sobald er von der Wohltätigkeit meiner Familie sprach, bekam ich einen Knoten im Bauch. Ja, wir hatten ihnen Kredite gegeben, als die Kartoffelfäule die Ernten der böhmischen Gärtner von Boxhagen vernichtet hatte. Doch die Beträge waren gemessen am Umsatz des Vorwerks Boxhagen lächerlich gering gewesen. Schon als Kind hatte ich mich darüber gewundert, warum die einen über 260 Morgen Land besaßen und immer mehr Reichtum anhäufen konnten, während die anderen kleine Parzellen pachten und ums Überleben kämpfen mussten. Über diese Ungerechtigkeit hatte ich oft mit Heinrich gesprochen. Heinrich, mein großer Bruder, mein Vertrauter. Ich schloss die Augen, versuchte, den Schmerz, der in meiner Brust aufstieg, niederzukämpfen. Nicht jetzt.

«Ich finde es wunderbar, dass eine Dame wie Sie noch selbst Hyazinthen zieht und pflanzt. Ganz wie Ihre Mutter. Damit halten Sie ihr Andenken in Ehren.»

«Sie sind wahrscheinlich der Einzige, der das wunderbar findet, Herr Range.» Ich musste an meine Schwestern denken und daran, wie sie ihre Nasen rümpfen würden, wenn sie mich so sehen könnten. Wir waren die Besitzerinnen dieses Landes. Nicht seine Gärtnerinnen – das zumindest betonte vor allem Ludmila, die Älteste von uns, sehr gern.

«Mitnichten, Fräulein Sonntag! In der Kolonie sagen das alle.»

«Sie sprechen in der Kolonie über mich?» Besorgt blickte ich wieder über meine Schulter. Seine gerunzelte Haut wurde von einem rosaroten Schimmer überzogen.

«Nur … hin und wieder», gab er zu.

Die Kolonie lag am Rande des Vorwerks Boxhagen. Der König von Preußen hatte im vorigen Jahrhundert Gärtner aus Böhmen auf bis dato ungenutzten Sandschollen nördlich unserer Ländereien angesiedelt, damit sie den Boden fruchtbar machten. Auf ihren Parzellen hatten sie Obstbäume und Gemüsefelder angepflanzt. Ich mochte die böhmischen Familien gern. Als wir klein gewesen waren, hatten wir jüngeren Sonntag-Schwestern – Ottilie, Clara und ich – den ganzen Tag mit den Kindern der Kolonisten gespielt. Viele Stunden waren wir durch die Gärten getobt, auf die knorrigen Obstbäume geklettert und hatten uns auf alten Dachböden versteckt.

«Sie wissen doch, wie beliebt Sie bei uns sind.» Herr Range lächelte unter seinem dichten grauen Bart. «Sie sind sich nicht zu schade, selbst in der Erde zu wühlen, und lieben Ihre Blumen. Das kommt bei unsereins gut an.»

Ich ahnte, dass das nicht alles war. «Und was sagt man noch über mich?»

«Ach, nichts weiter …» Herr Range winkte ab und starrte konzentriert auf eine Zwiebel. Er drehte sie in der Hand und hielt sie in die Sonne. «Das wird doch kein Schimmel sein?», murmelte er.

Ich wischte die Hände an meiner Schürze ab und wandte mich gänzlich zu ihm um. Ich sollte nicht nachhaken. Was jetzt kam, würde wehtun, das wusste ich. Und vielleicht wollte ich es deswegen hören.

Als er meinen Blick und die Entschlossenheit darin sah, seufzte er und ließ die Zwiebel sinken. «Nun gut. Wir machen uns ein wenig Sorgen um Sie, Fräulein Sonntag. Sie haben Ihre lieben Eltern viel zu früh verloren. Das steckt niemand so einfach weg. Und dann auch noch Ihr Bruder … Es heißt, seit seinem Tod … sind Sie nicht mehr dieselbe.»

Ich sollte widersprechen, das Thema wechseln. Stattdessen verharrte ich und sah ihn fragend an.

«Es geht das Gerücht um, Sie würden seitdem kein Wort mehr sprechen. Hätten sich fürchterlich mit all Ihren Schwestern zerstritten. Und einige sagen …» Er zögerte. «Meine Frau und ich geben natürlich nichts auf dieses Geschwätz. Fräulein Sonntag, sagen wir immer, ist die Sanftheit in Person! Stets hilfsbereit, stets nachsichtig. Mit dem Tod ihres Bruders kann sie nicht das Geringste zu tun haben.» Mehrfach nickte er, als wollte er seinen eigenen Worten Nachdruck verleihen. Er stellte keine Frage, doch sein Blick unter den dichten Brauen huschte wiederholt zu mir herüber.

Ich mochte Herrn Range sehr. Bei seiner Familie waren wir besonders häufig zu Besuch gewesen. Mittlerweile arbeitete seine Tochter als Dienstmädchen in Berlin, aber mit ihm und seiner Frau verband mich noch immer eine familiäre Freundschaft. Ich konnte ihn nicht anlügen.

Mit dem Handrücken wischte ich mir über die Stirn. «Verstummt bin ich nicht, jedenfalls nicht ganz.» Ich rang mir ein gequältes Lächeln ab. «Clara und ich verstehen uns gut. Aber meine anderen Schwestern …» Ich senkte den Blick. Gedankenverloren bohrte ich die Finger tief in die kalte, feuchte Erde.

«Das wird wieder, Fräulein Sonntag», sagte Herr Range. Ein bisschen hilflos wirkte er, wie er da hockte und mich mit herabhängenden Mundwinkeln und großen Augen ansah. Angesichts seines Mitgefühls schossen mir die Tränen in die Augen. Ich hatte es nicht verdient. Alba, flüsterte, wie so oft, eine Stimme in mir. Alba, was hast du getan? Schnell schnappte ich mir eine Zwiebel und vergrub sie in der Erde.

Als ich das aufgeregte Gekläffe hörte, war ich erleichtert. Es gab mir einen Grund, aufzustehen und meiner Traurigkeit zu entfliehen.

«Echo!», rief ich. «Hierher!»

Doch der graue Mischling dachte nicht im Traum daran, auf mich zu hören. Bellend und knurrend raste er auf das sich nähernde Pferd mitsamt Reiterin zu.

«Echo! Komm auf der Stelle zurück!» Ich rannte los.

Mit nach vorn gerichteten Ohren blieb er stehen, drehte den Kopf in meine Richtung.

«Ruf diesen verfluchten Köter zurück!», rief die Reiterin mir entgegen. Hätte ich meine Schwester Amalie nicht längst erkannt, ihr Befehlston hätte sie endgültig verraten. Doch Echo entschied sich gegen mich und dafür, weiter auf Amalie zuzuhasten. Wütend sprang er an den Beinen ihres Pferdes hoch. Es scheute, tänzelte hin und her.

Erst als ich nur noch einen Schritt von ihnen entfernt war und erneut brüllte: «Nein, Echo!», stob er zur Seite davon, trottete im Halbkreis um mich herum und blieb hinter mir stehen.

«Entschuldige, Amalie», sagte ich, während Amalies Pferd neben mir zum Stehen kam.

Wie eine Königin saß sie auf ihrem erhabenen Tier. Amalie war die Schönste unter uns Schwestern. Und das lag nicht nur an ihrem schwarzen Haar, das mich stets an die Blüten der Tigerlilie erinnerte. In ihrem ovalen Gesicht leuchteten die schräg stehenden Augen mit den dichten Wimpern und die dunkelroten Lippen gefährlich. Schon als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war, hatten sich völlig Fremde verblüfft nach ihr umgedreht. Das zumindest hatte uns Mutter gern erzählt. Ich war damals noch nicht geboren, doch vorstellen konnte ich es mir gut.

In letzter Zeit sah man Amalie selten ohne Pferd. Den Blick ernst und konzentriert in die Ferne gerichtet, galoppierte sie mit wehenden Röcken über die Felder. Normalerweise ritt sie die Kutschpferde der Sonntags. Das Tier, auf dem sie heute saß, hatte ich noch nie zuvor gesehen.

«Wer ist denn diese Schönheit?», fragte ich. «Woher …»

«Erzieh deinen Köter, verstanden?», unterbrach mich Amalie. «Es kann nicht sein, dass er jedes Pferd vom Land jagen möchte, das eine halbe Meile von ihm entfernt vorbeigaloppiert. Stell dir vor, er würde das bei einem Besucher machen!»

Mit einer winzigen Bewegung ihrer Schenkel lenkte sie das schwarz glänzende Tier zurück auf den Feldweg, und weg war sie.

Tief atmete ich durch. Gerade wollte ich zu meinen Hyazinthen zurückkehren, als Echo schon wieder bellte. Diesmal in den höchsten Tönen – eindeutig vergnügt.

Ich drehte mich um und sah Clara und Ludmila in meine Richtung spazieren. Begeistert rannte Echo zu Clara, die sich lachend zu ihm hinunterbeugte.

«Na, da ist ja mein Lieblingsräuber!», rief sie und erlaubte ihm, an ihren Fingern zu knabbern. Ludmila ließ er links liegen. Die Ignoranz beruhte auf Gegenseitigkeit. Ich wusste nicht, ob Ludmila ihn keines Blickes würdigte, weil sie noch nie viel mit Tieren hatte anfangen können oder weil Echo mein Hund war. Aufrecht und steif verharrte sie neben Clara und blickte in die Ferne. Ein Fremder würde niemals ahnen, dass die...

Erscheint lt. Verlag 1.4.2024
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
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ISBN-10 3-644-01697-6 / 3644016976
ISBN-13 978-3-644-01697-2 / 9783644016972
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