Delicate Dream (eBook)
526 Seiten
Lyx (Verlag)
978-3-7363-2193-9 (ISBN)
Ich habe nie aufgehört, von dir zu träumen
Von klein auf wurde Odell Evergreen darauf vorbereitet, eines Tages das Parfüm-Imperium seiner Familie zu übernehmen. Nur bei seiner besten Freundin Emmeline konnte er sich fallen und mal nicht seinen Kopf, sondern sein Herz entscheiden lassen. Gemeinsam haben sie alles über Düfte und einander gelernt, ihre Träume und ihren ersten Kuss geteilt - bis Odell sie plötzlich von sich gestoßen hat. Doch als sein Vater bei einem Unfall stirbt, braucht er dringend Emmelines Hilfe. Denn um CEO zu werden, soll er ein eigenes Parfüm kreieren. Trotz der jahrelangen Funkstille stimmt Emmeline zu, ihm zu helfen. Und als sie zusammenarbeiten, ist auf einmal alles wieder da: die Erinnerungen, die Gefühle und dieser zerbrechliche Traum von einem Wir ...
»Niemand schreibt atmosphärischer, mit mehr Wortgewandtheit und Emotion als Merit Niemeitz. Ich habe alles gefühlt.« SARAH SPRINZ
Band 1 der EVERGREEN-EMPIRE-Trilogie
<p><strong>Merit Niemeitz</strong>wurde 1995 in Berlin geboren und lebt noch immer dort, in einer Wohnung mit unzähligen Flohmarktschätzen, Pflanzen und Büchern. Seit ihrer Kindheit liebt sie Worte und schreibt ihre eigenen Geschichten. Während und nach ihrem Studium der Kulturwissenschaft arbeitet sie seit Jahren in der Buchbranche und möchte eigentlich auch nie etwas anderes tun.</p>
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Paperback (Nr. 35/2024) — Platz 14
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PROLOG
Odell
Alles auf der Welt hat einen Geruch.
Mit dieser Gewissheit war ich aufgewachsen, ich hatte sie geglaubt, gefühlt, gelebt. Meine Gedankenräume waren gefüllt von Düften – nicht unbedingt denen von Gegenständen oder Materialien, eher denen verschiedener Momente.
Früher wurde uns beigebracht, ihre Zusammensetzungen in die winzigen Bestandteile aufzuspalten. Sonntage rochen bei uns nach frisch aufgebrühtem Schwarztee, nach geschmolzener Zimtbutter über warmem Toast, nach dem Mahagoniholz unseres Tischs und den Rosen, die vor dem Fenster des Esszimmers wuchsen. Umarmungen dufteten nach dem Haar unserer Mutter: nach Veilchen, einem Hauch Sonnencreme und einfach … Mum. Unser Elternhaus nach einer Mischung aus den Ölfarben der Gemälde in den Fluren, sonnenerwärmtem Parkett, dem herben Rasierwasser unseres Vaters, Maris blumigem Shampoo und Keatons Bonbons, die er irgendwann nur noch lutschte, um zu verbergen, dass er heimlich geraucht hatte. Als hätte er es nicht besser gewusst, als hätten wir alle es nicht immer besser gewusst, wo das doch die allererste Wahrheit war, die uns beigebracht worden war: Düfte lügen nicht, und sie lassen sich nicht auslöschen, höchstens unterdrücken. Und alles, was man unterdrückt, kommt irgendwann wieder an die Oberfläche, nicht wahr?
Wir hatten es früh gelernt: Düfte waren kein schlichtes Anhängsel von etwas oder jemandem. Sie waren eigenständig und eigenwillig, konnten sich von ihrem Träger lösen, mit anderen verbinden, etwas Neues formen und dabei trotzdem individuell bestehen bleiben. Wenn alles andere verschwand, selbst in völliger Dunkelheit, Stille oder Starre, waren sie noch da. Und die Gefühlserinnerungen, die sie hinterließen, blieben auch dann, wenn sie selbst längst verflogen waren. Genau deswegen waren sie das Zentrum jedes Moments und das Herz unserer Welt. Meiner Welt.
Trotzdem gab es Zeiten, in denen ich sie mir wegwünschte. Nicht nur die Gerüche, einfach alles. Die friedlichsten Minuten meiner Tage waren die, in denen ich die Welt um mich herum ausblenden, kurz innehalten und durchatmen konnte.
Das Räuspern meines Fahrers riss mich aus der Trägheit, die gerade angefangen hatte, es sich in meinen Muskeln bequem zu machen. Widerwillig blinzelte ich und stellte fest, dass wir angehalten hatten. Dämmriges Mittagslicht hing über den Häuserdächern und kroch durch die abgedunkelten Scheiben zu uns in den Wagen. Der Himmel hatte sich wieder zugezogen, dabei konnte es nicht lange her sein, dass wir das Büro in Westminster verlassen hatten.
Verzögert erwiderte ich Nathaniels Blick im Fahrerspiegel und rang mir ein Lächeln ab. »Danke. Und bis später.«
Ich schloss den obersten Knopf meines Hemdes, ehe ich die Tür öffnete und ausstieg. Es war schon Ende März, aber die Temperaturen waren noch so kühl, dass ich trotz des Jacketts zu frösteln begann. Womöglich lag das allerdings nur daran, dass ich heute kaum etwas gegessen hatte. Mein Bauch fühlte sich flau an, vermutlich, weil ich vorm Losfahren meinen dritten Kaffee auf leeren Magen getrunken hatte. Er hatte so laut geknurrt, dass Nathaniel beiläufig vorgeschlagen hatte, bei einer Bäckerei anzuhalten. Ich hatte abgelehnt. Hunger war kein angemessener Grund für Verspätungen. Es gab keine angemessenen Gründe für Unzuverlässigkeit.
Auch wenn ich immer noch nicht ganz verstand, was ich hier überhaupt zu suchen hatte. Das Gebäude, zu dem mich mein Vater bestellt hatte, lag in Mayfair, angrenzend an die Bond Street. Wir hatten schon länger darauf gewartet, dass eine geeignete Immobilie frei wurde, um eine neue Verkaufsfiliale eröffnen zu können. Es war logisch gewesen, dafür in der edelsten Einkaufsstraße Londons zu suchen. »Umgeben von den angesehensten, exklusivsten Marken der Welt – wo wäre Evergreen besser aufgehoben?«, hatte mein Vater mit diesem Lächeln gesagt, das von außen betrachtet leicht als überheblich verstanden werden konnte. Ich wusste, was es wirklich war: stolz. Charles Evergreen war stolz auf das Unternehmen, das bereits seit hundertfünfzig Jahren von seiner Familie geführt wurde und dessen Geschäftsführer er seit rund zwanzig Jahren war. Und wie hätte er es auch nicht sein können? Evergreen Empire war seit Jahrzehnten die umsatzstärkste Parfümmarke Großbritanniens, und auch weltweit gehörte sie zu den führenden Unternehmen. Jeder Mensch in diesem Land hatte bereits von uns gehört oder, besser gesagt, gerochen.
Mein Vater erwartete mich direkt vorm Eingang des Hauses, das momentan alles andere als luxuriös aussah. Ein Gerüst umschloss die cremeweiße Fassade, Plastik verdeckte die Fensterflächen. Die Umbaumaßnahmen liefen noch, wir planten die Eröffnung erst Ende des Jahres. Es war nicht Dads Aufgabe, hier regelmäßig nach dem Rechten zu sehen, aber es fiel ihm schwer, die Kontrolle abzugeben. Etwas, das ich von ihm geerbt hatte. Oder gelernt. Manchmal konnte ich diese beiden Dinge nicht mehr auseinanderfühlen.
Er lächelte, als er mich bemerkte. Die Ärmel seines Hemdes waren hochgekrempelt, das Jackett hatte er sich über die Schulter gehängt, sein dunkles Haar ordentlich aus der Stirn gestrichen. Wie jedes Mal weigerte ich mich, über die grauen Strähnen darin nachzudenken. »Da bist du ja.«
»Ich bin nicht zu spät, oder?« Beunruhigt warf ich einen Blick auf meine Uhr, die unter meinem Ärmel hervorblitzte. Der Termin mit dem Bauleiter war erst in zehn Minuten.
Dad schüttelte den Kopf und legte mir eine Hand auf den Rücken. Wir waren fast gleich groß, ich hatte neben ihm trotzdem immer das Gefühl, ein wenig zusammenzuschrumpfen. Vielleicht war das so, wenn man es sich ein Leben lang antrainiert hatte, zu jemandem aufzusehen. »Komm, ich will dir etwas zeigen, bevor wir mit Mr Bingham über die Fortschritte sprechen.«
Im Inneren erwartete uns eine Baustelle. Der Boden war mit Planen ausgelegt, überall verteilt standen Schleif- und Bohrmaschinen, Kabelrollen und Säcke voll abgerissener Tapete, eine Schicht aus Staub und Putz schwebte über allem.
Wir grüßten ein paar Arbeitende im Vorbeigehen, ehe mein Vater zielstrebig auf ein hinten gelegenes Zimmer zusteuerte. Skeptisch betrachtete ich das Absperrband, das die Tür verklebte und unter dem er, ohne zu zögern, durchtauchte. »Dürfen wir hier überhaupt rein?«
»Wir haben dieses Gebäude gemietet, schon vergessen? Außerdem dauert es nicht lang.« Er schmunzelte und bedeutete mir, ihm hinterherzukommen.
Der Raum war nicht allzu groß, auf den ersten Blick unauffällig. Weiße unverputzte Wände, Nussbaumparkett, das durch das darüberliegende Plastik matt glänzte, keine Fenster, nur eine Tür nach nebenan. Stirnrunzelnd sah ich Dad an, er zeigte nach oben. Erst als ich seinem Wink folgte, begriff ich, worauf er hinauswollte.
Im großen Kontrast zum restlichen Haus wirkte dieses Deckengewölbe bereits fertig. Ein Kunstwerk aus Pastelltönen: goldene Farbkleckse zwischen graublau getupften Wolkenbäuchen, darüber feine Spritzer in einem dunklen Rosaton. Ein falscher Himmel mitsamt Unwettergeräuschen, weil dahinter deutliches Poltern zu hören war. »Was machen sie da oben?«
»Sie haben vor Kurzem Wände eingerissen, ich nehme an, die müssen abgetragen werden.« Dad winkte ab und deutete abermals hinauf. »Sieh richtig hin. Schön, nicht wahr?«
Ich nickte nur, weil ich nicht wusste, was er hören wollte. Die Gestaltung der Verkaufsräume hatte eine Agentur übernommen, das war nichts, was in mein Aufgabengebiet fiel. Fakten, Daten, Entscheidungen – daraus bestand die Seite unseres Unternehmens, auf der ich mich aufhielt.
»Ich bin der Kopf von Evergreen«, hatte Dad früher oft gesagt. Seit ein paar Monaten war aus dem Ich ein Wir geworden. Das warme Gefühl, das mich dabei jedes Mal überkam, war die beste Entschädigung dafür, dass mein eigener Kopf mit jedem weiteren Tag in dieser Rolle mehr schmerzte, weil er so vieles aufnehmen musste.
»Ich habe Bingham gebeten, die Decke so gut wie möglich zu erhalten«, erklärte er jetzt und musterte die Stuckzierden direkt über uns. »Irgendwie erinnert sie mich daran, wie oft wir früher die Zimmerdecke deiner Schwester neu gestrichen haben. Ihr Geschmack war schon immer so wechselhaft wie das Wetter.« Er hob die Mundwinkel zu einem ungewöhnlich sanften, fast traurigen Lächeln, das ich in letzter Zeit ab und zu auf seinem Gesicht entdeckte.
Ich wandte mich jedes Mal ab, wenn es auftauchte. Auch diesmal starrte ich stattdessen auf die glänzenden Spitzen meiner Lederschuhe. »Und ihre Launen«, murmelte ich zynisch.
Sofort drückte sein Blick gegen meine Schläfe. »Wann hast du sie zuletzt gesehen?«
Und du?, wollte ich im ersten Moment erwidern. Ich habe keine Zeit für so was, im zweiten. Beides blieb unangenehm schmeckend auf meiner Zunge kleben. Das passierte seit Kurzem öfter: Mein Mund kam mir vor wie eine Fliegenfalle, in der sich Wörter verfingen. Bittere Buchstabenleichen, die ich auch jetzt kommentarlos herunterschluckte. Es hätte nichts gebracht, sie...
Erscheint lt. Verlag | 23.7.2024 |
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Reihe/Serie | Evergreen Empire | Evergreen Empire |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Aktion Kulturpass • Best Friend’s Brother • Bookstagram • Booktok • BookTok Germany • britische High Society • CEO • Childhood Bestfriend • dramatisch • Düfte • emmeline • Emotional • England • Erbe • friends to strangers to lovers • Große Gefühle • kulturpass • Leidenschaft • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • millionenschweres Unternehmen • Mona Kasten • Mulberry Mansion • Nähe • New Adult • No longer yours • Odell • old money • Parfüm Dynastie • Parfüm Imperium • Rich Boy Poor Girl • Rich Boy/Poor Girl • right person wrong time • Romance • Romantik • romantisch • Sarah Sprinz • Slow Burn • Spiegel-Bestseller-Autorin • TikTok • TikTok books • TikTok Germany • tiktok made me buy it • Tochter der Haushälterin |
ISBN-10 | 3-7363-2193-7 / 3736321937 |
ISBN-13 | 978-3-7363-2193-9 / 9783736321939 |
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