Eternity Online (eBook)
416 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491769-6 (ISBN)
Mikkel Robrahn, geboren 1991 in Norddeutschland, verbrachte einen Großteil seiner Jugend in phantastischen und virtuellen Welten unzähliger Videospiele. Da überraschte es auch niemanden, dass er nach der Schulzeit schnell eine Karriere in der Games-Branche begann. Mittlerweile reicht es ihm nicht mehr, nur die Welten anderer zu besuchen, sondern er entwickelt für seine Geschichten auch eigene.
Mikkel Robrahn, geboren 1991 in Norddeutschland, verbrachte einen Großteil seiner Jugend in phantastischen und virtuellen Welten unzähliger Videospiele. Da überraschte es auch niemanden, dass er nach der Schulzeit schnell eine Karriere in der Games-Branche begann. Mittlerweile reicht es ihm nicht mehr, nur die Welten anderer zu besuchen, sondern er entwickelt für seine Geschichten auch eigene.
Kapitel 2
Rob schreckte auf und rang nach Luft. Fürchterliche Albträume hatten ihn geplagt. Bärenhafte Wesen, die ihn wiederbelebt hatten. Die eigene Existenz, die nur aus einem Leuchten bestand. Der Schrecken saß noch tief, als er sich an die Kante des Bettes setzte und den Kopf zwischen die Hände legte. Hinter seiner Stirn tobte ein Gewitter, das jeden klaren Gedanken unter dichten Wolken zurückhielt.
Das Zimmer war nicht größer als eine Abstellkammer. Das Bett nahm fast den ganzen Platz ein, daneben stand ein Stuhl, und fahles Licht fiel durch das offene Fenster. Er kannte den Raum nicht, war sich aber sicher, dass es eine logische Erklärung für all das gab. Sie war nur unter den Kopfschmerzen vergraben.
Wiederbelebung, davon hatte die Kapuzengestalt gesprochen. Aber Rob war nicht gestorben. Oder? Verzweifelt suchte er in dem Labyrinth aus Erinnerungen nach einem Anhaltspunkt für das, was gerade passierte. Aber immer, wenn er glaubte, einen Gedanken zu erhaschen, entglitt er ihm.
Mit einem Poltern flog die Tür auf. Ein Fellknäuel auf zwei Beinen betrat den Raum, und Rob verwarf die Erkenntnis, dass die Erinnerungen an seine Wiederbelebung ein Traum gewesen waren. Das Knäuel musste sich strecken, um den Knauf zu erreichen und die Tür hinter sich zu schließen. Sein Fell war weiß, und es hatte Ähnlichkeit mit einem Meerschweinchen. Einem sehr großen Meerschweinchen, das auf den Hinterpfoten lief. Es trug ein schwarzes Leinengewand; auf der Brust waren eine silberne Faust und fünf Sterne aufgestickt.
»Guten Tag«, quiekte das Wesen und sandte Blitze aus Schmerz in Robs Kopf.
»Guten Tag«, murmelte er und entschied, erst mal mitzuspielen, bis er wusste, was hier vorging. Bis seine Erinnerungen zurückkehrten.
»Ich bin Rekrutierungsoffizierin Shani.« Das Meerschweinchen blieb vor ihm stehen und musterte ihn aufmerksam. »Alles in Ordnung?«
»Schmerzen«, flüsterte Rob und zeigte auf seinen Schädel.
»Ach, das vergeht schon wieder. Das sind ganz normale Nebenwirkungen.« Sie zog sich unter lautem Knarzen einen Stuhl heran.
»Vielen Dank für das Mitgefühl.«
»Gern geschehen«, sagte Shani ehrlich. »Wollen wir anfangen?«
Rob sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Wir müssen Euren Übergang aus der Totenwelt zurück ins Leben besprechen. Wir haben viel Zeit und Ressourcen in die Wiederbelebung gesteckt. Eine langfristige Investition, die sich hoffentlich bald für das Reich auszahlt«, erklärte sie und rollte ein Stück Papier aus. Rob wollte etwas sagen, aber Shani unterband es mit einer Bewegung ihrer Pfote. »Ihr habt bestimmt viele Fragen, aber dazu kommen wir noch. Möglicherweise werden meine Ausführungen ein paar davon beantworten. Also …« Sie begann mit feierlicher Stimme abzulesen: »Avataris ist in Gefahr. Bedroht durch Garraks Schatten und seine unheilbringenden Horden, haben die freien Völker eine Allianz unter dem Schutz der Göttin Aeya gebildet, um die Angriffe abzuwehren. Ihre Seelenmagier beschwören gefallene Helden, die auf den Schlachtfeldern vor hunderten Jahren gestorben sind. Ihre Seelen treiben seitdem im Meer aus Energie, das alles und jeden umgibt, ziellos umher. Euch haben sie bei ihrem Beschwörungsritual entdeckt und zurückgeholt. Denn es braucht neue Helden, die an Aeyas Seite gegen Garraks Monster kämpfen und schlussendlich Avataris von allem Bösen befreien.«
»Zu viele Namen«, flüsterte Rob. Die Zauberer hatten schon solche Sachen erzählt, aber das machte die Verwirrung nicht geringer. »Was ist Aeya?«
Das meerschweinartige Wesen riss die Augen auf. »So einen Fall von Amnesie hatte ich auch noch nicht. Eigentlich sollten die Erinnerungen langsam zurückkehren.« Dann tippte sie auf die Stickerei über ihrer Brust. »Aeya ist der einzige Grund, warum die freien Völker noch existieren. Sie ist das Leben, das Blumen blühen und Fische schwimmen lässt. Sie schützt uns vor dem Übel, das im Norden lauert und nach unseren Ländereien trachtet. Sie ist die Faust, die zurückschlägt.« Theatralisch patschte das Wesen auf die silbern aufgestickte Faust.
»Verstehe«, murmelte Rob, auch wenn er den Eindruck hatte, dass ihm Shani lediglich Fragmente hinwarf. Zusammensetzen musste er sie selbst. »Ihr seid im Krieg?«
»Wir sind im Krieg«, korrigierte sie. »Und schon sehr lange.«
»Wie lange?«
Das Wesen zögerte kurz. »Ich kann mich nicht erinnern, dass es mal keinen Krieg gab.«
»Und ich soll kämpfen?«
»Deswegen haben wir, die Heldenliga, Euch wiederbelebt, ja. Aber keine Angst, wir werden Euch nicht direkt in eine Rüstung stecken und an die Frontlinie zu den Splitterstreifen schicken. Nein, kommt erst mal in Avataris an, sammelt Euch, entdeckt Eure Talente und Fähigkeiten neu. Alle Champions, die wir hier wiederbeleben, sind ein bisschen eingerostet. Wie ein Schlachtross, das zu lange im Stall stand.« Sie lachte über den Vergleich. »Aber die Bewohner haben genug Aufgaben für Euch, um Euch bei Laune und auf Trab zu halten.«
»Ich soll den Laufburschen spielen?«
Shani legte den Kopf schräg. »Manchmal ist das tatsächlich der Fall. Wenn ein Brief das Dorf wechseln soll oder wichtige Zutaten für einen Trank gebraucht werden, kann es durchaus sein, dass man Euch als Laufburschen benutzt. Das gehört dazu. Die großen Monster kommen noch schnell genug.«
Für Rob waren das keine Aufgaben für einen Champion oder Helden, aber immerhin deutlich ungefährlicher, als Monster auf einem Schlachtfeld zu bekämpfen. »Ich will niemandem zu nahe treten und bin euch wirklich dankbar, aber habt ihr auch Arbeit, die hinter den Mauern einer großen Burg stattfindet?«
»Wir können Euch zurück ins Seelenmeer werfen. Dann würdet Ihr in der Energie verglühen.« Shani sagte es so beiläufig, als hätte sie ihm angeboten, ein heißes Bad zu nehmen. Mit großen Augen sah sie ihn an. Ihre Wimpern klimperten aufgeregt, und Rob hatte das Gefühl, eine Schlinge um seinen Hals würde sich zuziehen.
Auch wenn er noch nicht lange wieder am Leben war, hing er daran. Die eigene Unversehrtheit war ein hohes Privileg, das es so lange wie möglich zu erhalten galt.
»Also werdet Ihr Eure Fertigkeiten und Fähigkeiten in den Dienst Aeyas stellen und schwören, die freien Völker zu beschützen?«
»Was für Völker sind das?«, hakte Rob nach.
»Zu den freien Völker gehört ihr Menschen, aber auch wir Squans, die bärenhaften Gronts und die Eollyans. Wir haben uns unter dem Banner Aeyas verbündet, um gemeinsam Garraks Angriffe abzuwehren.« Wieder klopfte sie auf ihre Brust.
»Und ich war ein …«
»Ein Held. Ihr habt in Eurem früheren Leben auf den Schlachtfeldern von Avataris für Aeya gestritten und seid gestorben. Wahrscheinlich seid Ihr vor unzähligen Zyklen oder mehr gefallen. Nun hat sie Euch auserwählt, zu uns zurückzukehren und unsere Reihen zu stärken. Ihr seid etwas Besonderes.«
Rob fühlte sich nicht wie ein Held. Die Verwirrung verstopfte seinen Kopf wie ein Korken eine Flasche. »Ich habe nie auf irgendeinem Schlachtfeld gekämpft.«
»Aeya irrt nicht, das solltet Ihr nicht vergessen. Sie hat Euch auserwählt, und wer wäre ich, ihr einen Fehler zu unterstellen? Ich bin nur Rekrutierungsoffizierin der Heldenliga, und das hier hat schon alles seine Richtigkeit.« Dann fiel ihr Blick auf seine Hand. »Nun, das ist aber ungewöhnlich.«
Erst da fiel Rob das Stück Metall an seinem linken Ringfinger auf.
»Zeigt mal her«, sagte Shani, und noch bevor Rob reagieren konnte, hatte sie ihm den Schmuck vom Finger gezogen und hob ihn prüfend ins Licht. »Eigenartig, der macht Euch weder stärker noch klüger. Er wird Euch im Kampf nicht helfen. Lasst Euch beim nächsten Schmied ein paar Kupfermünzen dafür geben.« Dann legte sie den Kopf schräg. »Schön ist er, keine Frage. Ihr seid aber der erste Champion, der mit so einem Ring hier auftaucht. Sieht ein bisschen wie das Zeug aus, das Melfana herstellt.« Der freundliche Unterton wich aus ihrer Stimme. »Woran erinnert Ihr Euch noch?«
Rob nahm ihr den silbernen Ring ab. Wer Melfana war, fragte er nicht. In den letzten Minuten waren genug Namen auf ihn eingeprasselt. Er betrachtete die floralen Elemente, die Blüten, die in das Metall eingearbeitet waren und einen blauen Stein einfassten, und hatte zum ersten Mal das Gefühl einer Verknüpfung zu seinem vorherigen Leben. Nein, er würde ihn nicht bei dem nächsten Schmied verkaufen. »Ich weiß nicht mehr viel«, gestand er und zählte auf, was ihm in den Sinn kam: »Nur meinen Namen, was Menschen sind, wofür man ein Schwert nutzt und wie man auf einem Pferd reitet. Wie ein Bier schmeckt, wie man einen Braten zubereitet und den Geruch von Gras nach einem Regenschauer im Frühling.« Er streifte den Ring zurück auf den Finger. »Aber ich habe keine Ahnung, was Squans sind, wer Aeya ist und wie Garrak aussieht.«
»Das ist doch eine Basis, mit der sich arbeiten lässt. Solange Ihr Eure Waffe zu schwingen wisst, werdet Ihr der Heldenliga und den freien Völkern gute Dienste leisten. Die Wissenslücken werden wir schnell füllen«, sagte Shani nun wieder freundlich. Sie zeigte auf den Ring. »Sucht Euch lieber etwas Magisches.«
Rob schüttelte den Kopf. »Er ist wunderschön.«
»Ja, aber das nützt Euch nichts, wenn Ihr einem übel gelaunten Ork gegenübersteht, der schlecht geschlafen hat, weil ihm ein Stück Hähnchenknochen im Zahnfleisch steckt.«
Er sah von dem Ring auf. »Ein Ork?« Den Begriff hatte er schon irgendwo gehört.
»Auf die lassen wir Euch erst los, wenn Ihr genug Erfahrung im Kampf gesammelt habt, keine Angst.« Sie rollte das Stück...
Erscheint lt. Verlag | 28.2.2024 |
---|---|
Zusatzinfo | 5 s/w-Abbildungen |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | deutsche Fantasy • Dungeons & Dragons • elder scrolls • Fantasy für Erwachsene • Fantasy Neuheit 2024 • Fantasy Roman • Final Fantasy • Games Roman • Guild Wars 2 • High Fantasy • Lit-RPG • LitRPG • MMORPG • Online Rollenspiel Roman • Quest Roman • Ready Player One • Science Fiction • Throne and Liberty • Virtual Reality • Virtuelle Realität • World of Warcraft |
ISBN-10 | 3-10-491769-8 / 3104917698 |
ISBN-13 | 978-3-10-491769-6 / 9783104917696 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 6,3 MB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich