Der rote Spatz -  Marcel Huwyler

Der rote Spatz (eBook)

Der dritte Fall für Eliza Roth-Schild
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
256 Seiten
Atlantis Literatur (Verlag)
978-3-7152-7537-6 (ISBN)
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Wirtschaftsspionin Eliza Roth-Schild erhält erstmals einen Auftrag von einem Kunden aus dem Ausland: Der schwerreiche Norbert Kitzbichler, Österreicher mit Wohn- und Firmensitz in Monaco, sucht seinen Sohn. Der zwölfjährige Moritz - ein verhätscheltes Muttersöhnchen, wie der Vater findet - wurde aus einem Eliteinternat im Nobelferienort Gstaad im Berner Oberland entführt. Die Kidnapper haben nichts von sich hören lassen, auf eine Lösegeldforderung warten die Eltern bislang vergeblich. Eliza ermittelt mit Charme, Raffinesse und mit der Hilfe ihres Chauffeurs Herrn Wälti, dem Taxifahrer mit ungeahnten Schnüffler-Talenten. Zwischen Belle-Époque-Hotel und U-Haft merken die beiden schnell, dass im Fall Moritz alles ganz anders ist, als es aussieht. Und dann ist da noch Elizas WG-Mitbewohner Fabio Caprez, der einer uralten, ungeheuerlichen Familiengeschichte auf der Spur ist, die sein Leben verändern wird ...

Marcel Huwyler ist mit seinen Krimis um Frau Morgenstern, von denen zahlreiche Fälle erschienen sind, bekannt geworden. 1968 im Schweizer Dorf Merenschwand geboren, schrieb er schon als Kind Kasperlitheater und tischte seinen Eltern die unglaublichsten Geschichten auf (»Verzell doch kei Gschichte. Und mach nid sones Theater!«). Nach sieben Jahren als Primarlehrer wechselte Marcel Huwyler in den Journalismus. Fast 25 Jahre lang schrieb er für Magazine Geschichten über seine Heimat und Reportagen aus aller Welt - ihn fasziniert Alltägliches, hinter dem sich Sagenhaftes verbirgt, am liebsten entdeckt und beschreibt er ganz normale ungewöhnliche Menschen. Heute lebt Marcel Huwyler in der Zentralschweiz, wo er liest, schreibt, kocht und Klavier spielt.

Marcel Huwyler ist mit seinen Krimis um Frau Morgenstern, von denen zahlreiche Fälle erschienen sind, bekannt geworden. 1968 im Schweizer Dorf Merenschwand geboren, schrieb er schon als Kind Kasperlitheater und tischte seinen Eltern die unglaublichsten Geschichten auf (»Verzell doch kei Gschichte. Und mach nid sones Theater!«). Nach sieben Jahren als Primarlehrer wechselte Marcel Huwyler in den Journalismus. Fast 25 Jahre lang schrieb er für Magazine Geschichten über seine Heimat und Reportagen aus aller Welt – ihn fasziniert Alltägliches, hinter dem sich Sagenhaftes verbirgt, am liebsten entdeckt und beschreibt er ganz normale ungewöhnliche Menschen. Heute lebt Marcel Huwyler in der Zentralschweiz, wo er liest, schreibt, kocht und Klavier spielt.

1


Zehn Tage zuvor

Elizas ausgebufftester Trick beim Spionieren war, sich dabei absichtlich erwischen zu lassen.

Sie hatte diese – auf den ersten Eindruck etwas gar nach Harakiri-Taktik anmutende Vorgehensweise – selbst erfunden, weiterentwickelt, mehrfach an der Front getestet und mittlerweile nahezu perfektioniert.

Sie nannte sie die »Ätsch-bätsch«-Methode.

Diese vermeintlich selbstzerstörerische Spionagestrategie basierte auf folgender, ebenfalls von ihr hergeleiteter Theorie: Die meisten Menschen glaubten, eine »Führungskraft« heiße darum so, weil sie besonders gut im Anführen war. Falsch gedacht. Manager trugen diesen Titel, weil sie Experten im Verführen waren.

Behauptete jedenfalls Eliza.

Entscheidungsträger, insbesondere männliche, wollten nonstop verführen: die Kundschaft zum Kaufen, Kapitalgeber und Anleger zu Risiko-Investitionen, die Firmen-Belegschaft zu Zugeständnissen bei Gehalt, Urlaub und Überstunden und die Konkurrenz zum Fehlermachen – sowie die an diesem Abend im Restaurant Mauvais Garçon anwesende Frau Roth-Schild möglicherweise zu einem unverbindlichen, amourösen Dessert zwischen Dinnerende und Morgenkaffee. Darauf wenigstens – da ging Eliza jede Wette ein – spekulierte die für sie heute zuständige Verführungskraft.

Doch ihre Ätsch-bätsch-Methode zielte auf einen anderen, viel perfideren Trieb der Wirtschaftskapitäne ab. Lustvoller noch und stärker als das Verführen.

War das Überführen.

So weit Elizas Erkenntnis nach mittlerweile zwei Jahren Feldforschung in der Businessprärie, in der es vor Leitwölfen, Alpharüden und Lackaffen nur so wimmelte. Die Gattung der Manager wurde nämlich von einer geradezu kindlich-spöttischen Schadenfreude erfüllt – Ätsch-bätsch, erwischt! –, wenn sie den Gegner und Konkurrenten beim Lügen, Schummeln, Klauen, Tricksen oder Betrügen ertappen konnte.

Oder beim Ausspionieren von Betriebsgeheimnissen.

So wie das in wenigen Minuten mit Eliza Roth-Schild geschehen würde.

 

Der Auftrag war vor eineinhalb Wochen über die Wirtschaftskanzlei Veil, Spörry & Bovier hereingekommen. Einer deren Mandanten – ein Big Player in der Tierpharmabranche und national führender Hersteller von Veterinärpharmazeutika – benötigte ganz bestimmte Informationen über einen rasch wachsenden und deshalb bedrohlich im Nacken sitzenden Konkurrenten. Diese Insiderdaten zu beschaffen, war auf legale Weise gelinde gesagt etwas umständlich. Die Kanzlei hatte ihrem Mandanten daraufhin die diskreten Dienste der Firma Roth-Schild, Business Research empfohlen. Und sodann den Kontakt zur Inhaberin vermittelt.

 

Eliza hatte beinahe ein wenig Mitleid mit der ihr gegenübersitzenden Verführungskraft. Sie mochte den Kerl irgendwie. Und – für ihren Auftrag noch viel wichtiger – er sollte sie mögen.

Die Kostümierung für so einen Fronteinsatz war essenziell. Bereits Stoff und Stil konnten eine Zielperson subtil manipulieren. Eliza wählte ein klassisches Büro-Deux-pièces, Blazer und knielanger Bleistiftrock aus leichter Merinowolle (Eleganz, Weiblichkeit aber auch Rigorismus ausstrahlend) in der gewürfelten Frechfarbenkombi Retrorot-Schwarz (smarte Keckheit andeutend).

Ganz die kapriziöse Seriöse.

Sie schätzte ihr Gegenüber auf Ende vierzig, also etwas jünger als sie. Sein trauriges Blockflötengesicht wollte so gar nicht zu seinem sportlichen Federgang und dem Knackhintern passen, der sich in der slim fit geschneiderten Anzugshose abzeichnete wie zwei enthäutete, vakuumierte Truthahnbrüste. Er war Leiter Marketing bei Läupi Animal Health Biotech, hieß Thomas Ford und bat Eliza beim Aperitif, ihn doch bitte Tom zu nennen.

»Tom, okay, ja gern. Ich bin Eliza. Also, Tom Ford, so wie der …«

»Genau wie der. Ich bin aber nicht die Spur … anzüglich.«

Sie lachten beide hell und vergrinst und auf diese flirty-dirty Art, die einen spannenden Abend versprach.

Eliza hatte ihre Zielperson über die zwei Business-Netzwerke Xing und LinkedIn kontaktiert. Mit dieser doppelten Anfrage signalisierte sie großes Interesse sowie eine gewisse Dringlichkeit ihrerseits. Tom Ford hatte prompt angebissen und Eliza binnen zweier Tage geantwortet. Sie sei Business Researcherin, schrieb sie ihm beim ausführlicheren Zweitkontakt per E-Mail, spezialisiert auf die Datenanalyse für innovative Ideen und künftige Produkte und neuerdings sehr interessiert an der prosperierenden Tierpharmazie. Ob man sich vielleicht demnächst für ein informelles Gespräch treffen könne, schrieb Eliza weiter und legte am Schluss der E-Mail ihre Honigfalle aus: Ich wende mich an Sie, weil ich vom Branchenbesten lernen möchte.

Woraufhin Tom Ford sie zu einem Lunch einlud. Eliza aber erwiderte, ein Meeting am Abend käme ihr aus agendatechnischen Gründen gelegener. Er kaufte ihr den Schwachsinn ab und schlug das heutige Dinner im Mauvais Garçon vor.

»Unglaublich spannend, was du alles über Tierarznei weißt«, sagte Eliza jetzt, während sie mit dem Besteck die kross gebratene Haut von ihrer Dorade Royal ablöste und zusammengefaltet am Tellerrand drapierte.

»Und es ist ein überaus attraktiver Wachstumsmarkt«, antwortete Tom. Er schenkte sich und Eliza etwas vom Chardonnay nach. »Weltweit wurden letztes Jahr mit Tiergesundheit dreiundvierzig Milliarden Dollar umgesetzt. In zehn Jahren erwartet man das Doppelte. Das Doppelte!«

»Darf ich mir ein paar Notizen machen? Ist alles Neuland für mich. Und ich kann eine ganze Menge von dir lernen.«

Tom Ford lächelte und hob die Hände, als gebe er sich geschlagen.

Aus ihrer Handtasche kramte Eliza ein kleines, in rotes Leder gebundenes Büchlein hervor, blätterte darin bis zu einer leeren Seite und begann mit ihrem Füller hineinzuschreiben. Ohne aufzuschauen, fragte sie: »Und ihr von Läupi Animal Health Biotech spielt bei den ganz Großen dieser Branche mit?«

Er schmunzelte verspielt verlegen. »Das darf man wohl sagen, und wir wachsen noch weiter. Unsere klügste strategische Entscheidung war, ganz auf die Sparte Geriatrika für Haustiere zu setzen.«

»Wie jetzt? Beruhigungszäpfchen für den senilen Wellensittich?«

Er atmete amüsiert aus. »Ja, spotte du nur. Aber Tierhalter heutzutage geben viel Geld aus, um ihr altersdementes Haustier medikamentös zu unterstützen. Für ihre Lieblinge zahlen Herrchen und Frauchen Unsümmchen.«

»Interessant.« Eliza schraubte ihren Füller zu und legte ihn auf das aufgeklappte Notizbuch. Sie griff wieder zur Gabel und steckte sich ein in scharfe Chraimeh-Sauce getunktes Stück Fisch in den Mund. »Köstlich.« Sie leckte sich die Lippen einmal zu oft.

Und Tom schaute einmal zu oft hin. Dann fuhr er fort. »Unser derzeitiger Verkaufsschlager CanineRehax – ein Geriatrikum in Filmtablettenform – unterstützt Hunde beispielsweise nach einem Schlaganfall. Das Mittel hilft überdies bei pulmonalen Beschwerden infolge Durchblutungsstörungen im zerebralen und peripheren Bereich. Ebenfalls große Kasse machen wir mit unserem Antidepressivum HilarusTigrix, das bei Katzendemenz die schwere kognitive Dysfunktion der Büsi …«

Eliza wollte, dass er locker wird, also ließ sie ihn labern.

Über eine halbe Stunde lang schwadronierte Tom Ford jetzt schon über die Möglichkeiten der Tierpharmazie. Und von deren traumhaften Gewinnmargen. »Unsere Firma wächst stetig. Wir vergrößern und expandieren.«

»Ihr wollt die Nummer eins werden im Land, stimmts?«

Er schmunzelte, griff nach der Parmesan-Menage und streute mit dem Löffelchen etwas Käse über seinen Limetten-Orangen-Risotto. Dabei schielte er nach rechts und links zu den Gästen an den Nebentischen, als befürchte er Mitlauscher. Und dann im konspirativen Flüsterton zu Eliza: »Ich kann es dir ja verraten, wir machen die News sowieso in einigen Wochen publik; bis dahin aber zu niemandem ein Wort darüber.«

Eliza zog einen imaginären Reißverschluss über ihren Mund.

»Läupi Animal Health Biotech eröffnet nächstes Jahr eine Niederlassung in Jakarta.«

»Nein, so was aber auch.«

»Doch, doch, macht durchaus Sinn. Asiaten haben ihre Haustiere bekanntlich … zum Fressen gern.«

Irgendetwas geriet ihm beim Lachen in den falschen Hals. Er hustete, ein gelbes Risottokorn pfiff aus seinem Schlund und landete auf Elizas Brotteller. Sie warf komplizenhaft den Kopf in den Nacken und gackerte tapfer mit zu seinem Witz.

Dann stellte sie die Frage, wegen der sie einzig und allein heute Abend hergekommen war. Und deren Beantwortung ihrem Auftraggeber eine obszön hohe fünfstellige Summe wert war.

Es begann Phase eins von Elizas Ätsch-bätsch-Theorie. Mach ein plumpes Kreuzverhör.

»Eure Expansionspläne, die Sache mit Jakarta … So etwas kann deine Firma doch nie und nimmer allein stemmen, oder?« Sie lächelte ihm verschwörerisch zu. »Mein lieber Tom, gehe ich recht in der Annahme, dass Läupi Animal Health Biotech deshalb demnächst mit einem anderen Medizinalunternehmen fusionieren wird?«

In voller Absicht geradeheraus und unsensibel wie eine Brechstange.

Er wich ihrem Blick sofort aus, griff stattdessen nach dem Mini-Baguette auf seinem Brotteller und erwürgte es. »Was … Warum willst du das wissen?«

»Och, ging mir nur eben so durch den Kopf. Ich meine … Ist ja eigentlich nur der nächste, logische Schritt, oder etwa nicht?«

Er plagte...

Erscheint lt. Verlag 25.4.2024
Reihe/Serie Ein Fall für Eliza Roth-Schild
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Entführung • High Society • Internat • Investor • Krimi • Privatermittlerin
ISBN-10 3-7152-7537-5 / 3715275375
ISBN-13 978-3-7152-7537-6 / 9783715275376
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