Die Tierforscherin -  Claudia Seidel

Die Tierforscherin (eBook)

Sie sucht das Abenteuer und rettet die Tiere der Wildnis
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
320 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-3512-1 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
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Sie kämpft für das Leben bedrohter Tiere und setzt ihr eigenes aufs Spiel.

Für die 31-jährige Ava erfüllt sich ein Lebenstraum: Sie soll die bedrohten Berggorillas im Kongo erforschen. Doch das Leben im Virunga-Gebirge ist hart, und als Frau stößt sie auf Feindseligkeit. Allein der Kontakt zu den Menschenaffen, die sich schnell an ihre Gegenwart gewöhnen, spendet Trost. Als dann ihr Lager überfallen wird und Ava wegen einer Intrige ins Gefängnis muss, wird ihre Situation zunehmend brenzlig. Nur mithilfe des Tierfotografen Jack gelingt ihr die Flucht. Dabei kommen sie sich näher, als sie dürften, denn Jack ist verheiratet ...

Eine mitreißende Geschichte voller Emotionen - inspiriert von dem Leben Dian Fosseys.



Claudia Seidel hat nach einer Bankausbildung die Richtung gewechselt und Soziologie und Komparatistik in Hamburg und Berlin studiert. Nach vielen Jahren in Führungspositionen im Verlagswesen ist sie jetzt als Autorin und Autorencoach selbständig. Für das Buch »Die Tierforscherin« ist sie nach Ruanda gereist, um die Schauplätze des Romans hautnah selbst erleben zu können. Sie lebt mit ihrer Tochter in Hamburg.

Der Anfang


Louisville, Kentucky, April 1966

»Doktor Winter!« Atemlos eilte Ava durch das Foyer der Universität von Louisville. »Doktor Winter!«

Als sie vor einigen Wochen in der Zeitung gelesen hatte, dass der berühmte Primatenforscher ausgerechnet hier in Louisville einen Vortrag zum Thema Menschenaffen halten würde, hatte sie ihr Glück kaum fassen können. Und kein Termin hatte dicker in ihrem Kalender gestanden als genau dieser Samstag, der 16. April 1966.

»Doktor Winter«, rief sie ein drittes Mal und näherte sich langsam der Traube, die sich so dicht um den Wissenschaftler gebildet hatte, dass man ihn kaum noch sah – was bei seiner gebückten Erscheinung allerdings auch nicht verwunderlich war. Da hatte sie mit ihren ein Meter zweiundachtzig klar einen Vorteil. »Haben Sie meine Briefe erhalten? Mein Name ist Ava Carter, und ich möchte die Gorillas erforschen. Ich habe eben Ihren Vortrag gehört. Brillant! Ich weiß, dass Sie noch jemanden suchen.« Einige der Journalisten und Wissenschaftler drehten sich bei diesen Worten zu ihr um, und Ava errötete, als sie die amüsiert abschätzigen Blicke bemerkte. Sie konnte sich schon vorstellen, was sie von ihr, einer schlanken, fast schon dürren weißen Amerikanerin mit blasser Haut und Sommersprossen, dachten, wenn es um das Thema Leben im Busch ging. Doch Ava ignorierte die offensichtliche Skepsis. Stattdessen nutzte sie die Gelegenheit, die sich ihr heute eröffnet hatte. Sie wollte schließlich nicht ewig als Physiotherapeutin im Kosair-Kinderkrankenhaus bleiben. »Mister Winter, bitte … Sie müssen mir kurz zuhören.« Ava war über die Entschlossenheit in ihrer Stimme selbst ein wenig überrascht, aber sie zeigte Wirkung. Die Menge machte ihr Platz. Über den Rand seiner Brille hinweg musterte Winter kurz die blonde Frau mit dem hochgesteckten Haar, die ihn um einen Kopf überragte.

»Wie sagten Sie, war Ihr Name?«

»Carter, Ava Carter … Ich habe Ihnen geschrieben, und mein Freund George, George Sullivan, hat Ihnen von mir erzählt«, versuchte sie es.

»Waren Sie das, die mir in der Olduvai-Schlucht vor drei Jahren auf mein Giraffenfossil gekotzt hat?«

Ein paar der Journalisten lachten kurz auf, doch Ava schüttelte nur den Kopf. »Nein, Mister Winter. Das war ich nicht. Ich war noch nie in Afrika, geschweige denn in Tansania.«

Interessiert kam Winter einen Schritt näher. »Sie waren noch nie in Afrika und wollen ernsthaft die Gorillas erforschen? Nehmen Sie es mir nicht übel, junge Dame, aber das Leben im Dschungel ist nichts für ein verwöhntes Fräulein, das wilde Tiere bislang nur im Zoo bestaunt hat.«

Ava reckte ihr Kinn nach vorn. »Das ist eine höchst interessante Feststellung, Mister Winter. Sie zeigt mir, wie wichtig es ist, die Primaten besser zu studieren, sofern man dadurch auch den Menschen auf die Spur kommen will. Denn interessanterweise ist nichts von alldem, was Sie mir soeben unterstellt haben, korrekt: Ich bin keinesfalls verwöhnt. Das Gegenteil ist wohl der Fall. Und ich war nur ein einziges Mal im Zoo und wurde dort Zeugin eines zutiefst barbarischen Aktes menschlicher Grausamkeit gegen wehrlose Tiere. Gorillas, im Übrigen. Auch bin ich mit dreiunddreißig Jahren wohl kein Fräulein mehr. Und wenn ich mich recht erinnere«, Ava machte eine Pause und genoss die staunenden Blicke ringsum, »war Miss deBreun sogar erst einunddreißig, als sie nach Tansania ging. Ihr Forschungsprojekt im Kongo täte also sehr gut daran, schleunigst Gestalt anzunehmen. Und schauen Sie …« Ava öffnete ihre braune Ledertasche und holte ein Notizheft und ein abgegriffenes Buch heraus. Beides hielt sie Winter unter die Nase. »Ich lerne sogar schon Suaheli. Hier: Habari ya Siku, Ninaitwa Ava Carter.« Erwartungsvoll sah sie ihn an.

Winter nahm sich nun die Brille ab. Avas kleiner Vortrag hatte seine Wirkung nicht verfehlt. »Was sagten Sie … Sie haben mir Briefe geschrieben?«

»Sechs an der Zahl, ja, Doktor Winter.«

Winter nickte. »Und was glauben Sie, zeichnet ausgerechnet jemanden wie Sie aus, auf dreitausend Meter Höhe isoliert vom Rest der Welt und umgeben von wilden Tieren und noch wilderen Menschen allein bei sechs Grad in einem feuchten Zelt zu schlafen, nicht wissend, was der nächste Tag bringen wird und ob sie ihn überhaupt überleben wird?«

Ava hielt seinem Blick stand und legte ihre ganze Überzeugungskraft, all ihr Wollen und Sehnen in die Antwort. »Ich vermute, dasselbe wie Sie, Doktor Winter, oder wie Cynthia deBreun: Ich will verstehen, wer ich bin.«

Winter wiegte den Kopf hin und her. »Soso … Und was verstehen Sie von Ihren Vorfahren?«

Fragend sah Ava ihn an.

»Was wissen Sie über die Menschenaffen?«

Diese Frage hatte sie erwartet. Und ihre Antwort war die dünnste und ehrlichste, die sie ihm geben konnte: »Außer dass sie die prachtvollsten Geschöpfe dieser Erde sind, meinen Sie? Nun, ich denke, wenn ich schon alles über sie wüsste, würde ich nicht vor Ihnen stehen und alles dafür tun, um nach Zentralafrika zu reisen und es herauszufinden.«

Ava meinte ein leichtes Schmunzeln in Winters Gesicht erkannt zu haben. »Ich überlege es mir«, sagte er nur und setzte sich in Bewegung.

»Wann höre ich von Ihnen?«, rief Ava ihm nach.

»Schreiben Sie mir noch einen Brief«, sagte er im Gehen. »Und lassen Sie sich Ihren Blinddarm rausnehmen, falls Sie noch einen haben. Sie können sich da im Dschungel eine Menge Ärger ersparen.«

Der kleine Tross entfernte sich, und Ava blieb verblüfft zurück. Den Blinddarm rausnehmen? Sollte das ein Witz sein? Und wieso hatte er sie überhaupt nicht nach ihren Vorkenntnissen gefragt? Damit hatte sie fest gerechnet und war bereit gewesen, ihm ein nicht vollständig abgeschlossenes veterinärmedizinisches Studium vorzugaukeln. Zwei Semester waren es ja immerhin gewesen, bis sie in Physik und Chemie durch die Prüfungen gerasselt war. Und ihre Arbeit mit behinderten Kindern hier in Louisville könnte man im weitesten Sinne auch als Verhaltensforschung werten. Aber nichts von alledem hatte ihn interessiert. Je klarer ihr das wurde, desto lauter frohlockte Ava innerlich. Also, wenn es weiter nichts war, als sich den Blinddarm rausnehmen zu lassen und wetterfeste Kleidung einzupacken, dann sollte es daran wohl nicht scheitern. Mit einem Lächeln verließ sie das Gebäude, setzte sich auf die Stufen vor der Fakultät und zündete sich eine Zigarette an. Die Luft war trotz der frühen Jahreszeit noch immer angenehm warm, und auch die Steine strahlten die Wärme des Tages ab. Hier und da kreuzte ein Dozent oder ein später Besucher der Bibliothek den kleinen Campus der Universität. Würde sie all das bald hinter sich lassen? Vermissen würde sie es nicht. Das wusste sie schon jetzt. Ihr Job machte ihr Spaß, keine Frage. Aber Erfüllung fand sie darin nicht. Und für Shep und Brownie, ihre beiden Pflegehunde, mit denen sie etwas außerhalb der Stadt in einem kleinen Haus am Waldrand lebte, würde sie schon ein anständiges Zuhause finden.

Einen Moment überlegte sie, ob sie Lester anrufen und ihn auf ein Bier treffen sollte. Doch sie verwarf diesen Gedanken sofort wieder. Mit Lester war es … kompliziert. Und speziell heute war er sowieso sauer auf sie.

»Ava, meine Mutter hat dich explizit persönlich eingeladen. Das ist doch eine bedeutsame Geste«, hatte er vor einer Woche zu ihr gesagt.

»Ja, lieber Lester, und ich habe mich explizit persönlich bedankt und ihr gesagt, dass ich an diesem Tag leider keine Zeit habe«, hatte sie erwidert.

»Weil du zu einem Vortrag von irgend so einem Anthropologen willst. Das konnte ich ihr wohl schlecht erklären. Mein Onkel ist nach vier Jahren endlich mal wieder aus Südafrika zu Besuch, und meine Verlobte hat keine Zeit.«

Ava verdrehte die Augen. »Er ist Paläoanthropologe, das ist ein Unterschied. Und weißt du, wenn du deine südafrikanischen Wurzeln nicht immer verleugnen würdest und dich nicht amerikanischer geben würdest als der letzte texanische Viehtreiber, hättest du deinen geliebten Onkel ja längst mal in Südafrika besuchen können. Da wäre ich sicher gern dabei gewesen. Aber davor hast du ja Schiss! Nur habe ich keine Lust, bei eurem Theater mitzumachen und der stolzen Mama zuliebe die Vorzeigebegleitung zu spielen!« Die Sache mit der ...

Erscheint lt. Verlag 15.7.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 60er • Afrika • Dian Fossey • Gorillas • Primaten • Ruanda • Starke Frau • Tiere • Wissenschaftlerin
ISBN-10 3-8412-3512-3 / 3841235123
ISBN-13 978-3-8412-3512-1 / 9783841235121
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