Historical Saison Band 105 (eBook)
400 Seiten
CORA Verlag
978-3-7515-2645-6 (ISBN)
2 Romane von JANICE PRESTON
WIE HEIRATET MAN EINEN EARL?
Meint es das Schicksal wirklich gut mit Miss Leah Thame? Erst erfährt sie, dass sie zwei Halbschwestern hat und eine reiche Erbin ist, dann aber muss sie hören, dass sie die Erbschaft nur antreten kann, wenn sie innerhalb des nächsten Jahres heiratet. Wie soll sie nur so schnell einen Ehemann finden? Außerdem gehört ihr Herz schon längst dem verwitweten Earl of Dolphinstone, um dessen Kinder sie sich aufopferungsvoll kümmert. Leider scheint der Earl ihre Gefühle nicht zu erwidern, und Miss Leah spürt, dass er etwas Entscheidendes vor ihr verbirgt ...
FLIEHEN SIE NICHT VOR DER LIEBE, MISS BEATRICE!
Endlich frei! Eine anstehende Erbschaft ermöglicht der jungen Miss Beatrice Fothergill die Flucht aus dem Haushalt ihres tyrannischen Bruders. Jahrelang ist sie dort wie eine Bedienstete behandelt worden. Kein Tag verging, ohne dass jemand sie demütigte. Doch kaum ist sie ihrem alten Leben entkommen, hat ihre Kutsche einen Unfall! Als der schneidige Jack Kingswood Beatrice zu Hilfe eilt, geraten nicht nur ihre Fluchtpläne, sondern auch ihr Herz in Gefahr ...
1. KAPITEL
Miss Leah Thame entstieg der Kutsche, die sie vom Dolphin Court an der Küste von Somerset ins Zentrum von Bristol gebracht hatte, und blickte zum Büro von Henshaw und Dent hinauf. In dem Brief, der sie vor zwei Tagen erreicht hatte, war nachdrücklich darauf gedrängt worden, heute an einem Treffen hier teilzunehmen, weil sie sich sonst die Chance ihres Lebens entgehen lassen würde. Leah glaubte nicht an die Vorstellung, das Glück könne sie ganz plötzlich finden, doch selbst sie mit ihrer praktischen Einstellung konnte die Möglichkeit guter Nachrichten nicht einfach ignorieren.
Sie betrachtete das Gebäude vor sich, das sich nicht von den Häusern in derselben Reihe unterschied, wenn man von dem Messingschild neben der Tür absah, und kaute unruhig auf der Unterlippe. Henshaw und Dent, Anwälte. Sie schlüpfte mit der Hand unter ihren Umhang und tastete nach Mamas Ehering, den sie immer an einem Band um den Hals trug. Für gewöhnlich blieb er unter den zweckdienlichen braunen oder grauen Kleidern verborgen, die sie täglich als Gouvernante auf Dolphin Court trug. Doch heute waren Band und Ring zu sehen und schmückten ein wenig ihr altes königsblaues Reisekleid.
Sie suchte in ihrem Retikül nach Papas Taschenuhr und öffnete den Deckel. Noch zwölf Minuten bis Mittag, der Zeitpunkt ihres Termins. Fünfzehn Jahre waren seit Mamas Tod vergangen und sieben seit Papas, aber der Ring und die Uhr riefen noch immer Erinnerungen wach und gaben Leah das Gefühl, nicht ganz allein zu sein in der Welt. Einen plötzlichen, feigen Impuls zu fliehen, unterdrückte sie fast sofort. Nun war sie schon so weit gekommen, also konnte sie auch bleiben. Außerdem hing sie von Mr. Henshaws Hilfe ab, ihr die Reise zurück zum Dolphin Court zu ermöglichen, da sie selbst kaum eigene Mittel besaß, die sie auf luxuriöse Dinge wie das Mieten einer vierspännigen Postkutsche verschwenden konnte.
Das Pferdegetrappel und Rattern der Wagen auf der Straße hinter ihr riss Leah aus ihren Gedanken, und sie erschauderte, als die frostkalte Luft an diesem letzten Tag des Januars unter ihren Umhang kroch. Es wurde Zeit, dass sie erfuhr, warum man sie aufgefordert hatte zu kommen. Sie presste die Lippen fest zusammen, straffte die Schultern und klopfte.
„Miss Leah Thame“, teilte sie dem blassen, gebeugten Schreiber mit, der ihr öffnete. „Ich bin für zwölf Uhr zu Mr. Arthur Henshaw bestellt worden.“
„Folgen Sie mir, Miss.“
Leah trat an dem Mann vorbei ein, der die Tür schloss und den Eingang in plötzliche Dunkelheit tauchte. Das Gebäude roch nach Feuchtigkeit und Staub, und ihre Kehle kitzelte, während Leah dem Schreiber eine steile Treppe in den ersten Stock hinauf folgte. Kein einziges Mal sah er sie an oder versuchte, ihren Blick auf sich zu ziehen, und obwohl sie keine ängstliche Frau war – Gouvernanten konnten sich einen Überfluss an Empfindsamkeit nicht leisten –, spürte Leah doch ein leichtes Unbehagen in sich aufsteigen.
„Herein.“
Der Schreiber stieß die Tür auf und gab Leah ein Zeichen einzutreten.
„Miss Thame, Sir.“ Die Tür wurde hinter ihr leise ins Schloss gezogen.
Die Wände des Büros waren gänzlich vollgestellt mit Bücherregalen. Ein Feuer schwelte mürrisch im Kamin, ohne viel Wärme auszustrahlen, und eine übermäßig verschnörkelte Stockuhr stand auf dem Kaminsims darüber. Am von Leah entfernteren Ende eines großen Mahagoni-Schreibtisches saß ein bebrillter Mann mittleren Alters mit schütterem Haar, der sich jetzt erhob, um den Tisch herumkam und sich verbeugte.
„Arthur Henshaw zu Ihren Diensten, Miss Thame. Darf ich Ihnen den Umhang abnehmen?“
Leah legte ihn ab, und Mr. Henshaw hängte ihn an einen Garderobenständer in einer Ecke des Raumes.
„Nehmen Sie bitte Platz.“ Er wies auf drei Holzstühle vor dem Schreibtisch. „Ich bin sicher, die anderen werden bald hier sein.“
Leah runzelte die Stirn. „Die anderen?“
„Alles wird Ihnen in Kürze erklärt werden.“
Henshaw kehrte zu seinem Sessel hinter dem Schreibtisch zurück, der bis auf einen niedrigen Stapel juristisch aussehender Dokumente, einem Tintenfass aus Silber und geschliffenem Glas und einer silbernen Siegelwachsbüchse leer war, griff sofort nach einem der Papiere und begann stirnrunzelnd zu lesen. Leah wählte den mittleren Stuhl und setzte sich. Das Ticken der Uhr klang in der Stille besonders laut.
Ihre Gedanken gingen kurz zu ihrem Arbeitgeber, dem Earl of Dolphinstone, und der Nachricht, dass er nach sechzehnmonatiger Abwesenheit jetzt zurückerwartet wurde, wenn er auch noch kein genaues Datum seiner Ankunft bekanntgegeben hatte. Leah erzitterte bei der Vorstellung, wie er reagieren würde, sobald er herausfand, dass sie seine zwei jungen Söhne in die Obhut der Pfarrerstochter gegeben hatte. Allerdings war es das erste Mal, dass sie sie allein gelassen hatte – und das trotz der Tatsache, dass sie das Recht auf einen freien Tag im Monat hatte.
Leah liebte ihre Arbeit und ihre Schützlinge, aber sie war besorgt, wenn sie an die Rückkehr Seiner Lordschaft dachte. Seit sie gezwungen gewesen war, sich als Gouvernante ihren Lebensunterhalt zu verdienen – mit neunzehn Jahren gleich nach dem Tod ihres Vaters –, hatte sie sich hier zum allerersten Mal glücklich gefühlt. Doch die Ankunft ihres Arbeitgebers könnte alles verändern.
Das Bild Seiner Lordschaft – attraktiv maskulin und auf seine raue Weise sehr gut aussehend – erschien vor ihrem inneren Auge. Sie war ihm ein einziges Mal begegnet, als sie für den Posten der Gouvernante bei ihm vorstellig geworden war, und er hatte schroff und unnahbar gewirkt. Aber Leah hatte ihm damals zugutegehalten, dass er erst vor Kurzem zum Witwer geworden war. Als sie zu ihrer Stellung angetreten war, war Lord Dolphinstone bereits abgereist und hatte sich seitdem auf dem Kontinent aufgehalten. Dass er seine Kinder so bald nach dem Tod ihrer Mutter hatte allein lassen können und selbst so lange fortgeblieben war, war kaum zu fassen, und Leah konnte einen solchen Mangel an väterlicher Fürsorge noch immer nicht begreifen. Inzwischen hatte sie lediglich alles getan, was in ihrer Macht stand, um den Jungen die Beständigkeit zu geben, die sie brauchten.
Plötzlich schlug die Uhr die volle Stunde an und riss Leah aus ihren Gedanken. Henshaw sah erwartungsvoll zur Tür. Sekunden darauf klopfte jemand.
„Herein.“
„Miss Fothergill, Sir.“
Wieder kam Henshaw um den Schreibtisch herum und begrüßte den Neuankömmling, bevor er ihr den Mantel abnahm. Miss Fothergill setzte sich rechts neben Leah, doch Henshaw blieb hinter ihnen stehen und klopfte mit dem Fuß auf den blank polierten Boden, wobei er hin und wieder einen leisen Seufzer ausstieß, statt die Anwesenden vorzustellen.
Leah gab ihrer Neugier nach und blickte zur Seite. Miss Fothergill hielt den Blick gesenkt und kaute auf der Unterlippe. Hellbraune Locken lugten unter ihrem braunen Hut hervor. Sie bewegte die Hände in ihrem Schoß so unruhig, dass die Lehrerin in Leah sie dazu drängte, sie beruhigend zu ergreifen.
Bald darauf klopfte es wieder an der Tür und dieselbe Prozedur erfolgte, als jemand namens Miss Croome erschien. Alle waren angekommen, und Mr. Henshaw machte sich also daran, sie bekanntzumachen.
„Erlauben Sie mir, Sie einander vorzustellen“, sagte er. „Miss Aurelia Croome.“
Leah neigte den Kopf und betrachtete die Frau zu ihrer Linken – zierlich und recht hübsch, wenn auch ein wenig mager, als würde eine ordentliche Mahlzeit ihr nicht schaden. Ihr taubengraues Kleid war gut geschnitten, passte ihr aber nicht sehr gut und war abgetragen, ebenso wie der Hut auf ihrem Haar, das, nach den Augenbrauen und Wimpern zu schließen, blond sein musste.
„Miss Leah Thame.“ Jetzt wurde Leah von den anderen beiden Frauen gemustert, und sie nickte beiden höflich zu.
„Und Miss Beatrice Fothergill.“
Miss Fothergill, ebenfalls zierlich und hübsch, aber angenehm füllig, sah nervös aus, und ihr Lächeln blieb zögernd. Das Unbehagen in Leah nahm zu. Sollte sie ebenfalls nervös sein? Ein Blick auf Miss Croome jedoch, die eher verärgert zu sein schien, machte ihr Mut.
„Nun“, sagte Henshaw und lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Dies ist wirklich ohnegleichen.“
Er nahm die Brille ab und sah jede von ihnen abwechselnd an, dann holte er ein Taschentuch hervor und wischte sich damit über die Stirn. Im Raum war nur das Ticken der Uhr zu hören. Henshaw steckte das Taschentuch wieder zurück.
„Ja.“ Er schüttelte den Kopf und sah wieder von einer Frau zur anderen. „Wirklich ohnegleichen und dazu noch verblüffend. Die Damen müssen mir glauben, dass ich große Schwierigkeiten hatte, mir zu überlegen, wie ich am besten vorgehen sollte.“
Miss Croome rührte sich. „Wenn Sie uns vielleicht darüber aufklären wollten, welchen Zweck dieses Treffen hat, Mr. Henshaw, könnten wir womöglich etwas Licht auf Ihre … Schwierigkeiten werfen.“
Sie war wortgewandt, also offensichtlich eine vornehme Dame, die vom Glück verlassen worden war.
„Ja. Nun … Die Klauseln im Testament sind zwar deutlich genug. Es ist nur …“ Er sah alle drei wieder fassungslos an. „Lord Tregowan – der jetzige Lord Tregowan – wird nicht erfreut darüber sein, das kann ich Ihnen versichern. Ich habe ihm erneut geschrieben, um die Dinge klarzustellen. Schlechte Nachrichten für ihn, aber schließlich war nicht ich es, der dieses Testament aufgesetzt hat, Sie verstehen. Ich dachte, ich...
Erscheint lt. Verlag | 27.1.2024 |
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Reihe/Serie | Historical Saison | Historical Saison |
Übersetzer | Eleni Nikolina |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
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ISBN-10 | 3-7515-2645-5 / 3751526455 |
ISBN-13 | 978-3-7515-2645-6 / 9783751526456 |
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