Persephone: Verdammt mächtig (eBook)

Roman | Götterfantasy aus der griechischen Sagenwelt

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
368 Seiten
Piper Verlag
978-3-377-90047-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Persephone: Verdammt mächtig -  Lucia Herbst
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#WhyIStayed: Warum ist es so schwer, einen toxischen Partner zu verlassen? Eine Neuerzählung des Persephone-Mythos in der heutigen Zeit von der Gewinnerin des Phantastikpreises Seraph 2023 für das »Beste Debüt«  »Ich will nicht bei ihm bleiben, aber ich habe Angst zu gehen. Mit mir an seiner Seite bleibt er berechenbar. Doch wenn ich mich trenne, fürchte ich nicht nur um meine Existenz, sondern um die der Welt.«  Ermutigt durch Medusas Prozess versucht die Frühlingsgöttin Persephone, sich aus der Zwangsehe mit dem Herrscher der Unterwelt Hades zu befreien. Sie träumt von einem ruhigen Leben auf der Oberwelt. Allerdings ist sowohl ihr Körper an die Unterwelt gebunden, als auch ihre Seele nach Jahrtausenden im Reich der Toten vergiftet.  Verzweifelt setzt sie für ihre Freiheit die Göttlichkeit aufs Spiel, während Hades im Gegenzug bereit ist, die Welten der Lebenden und der Toten ins Chaos zu stürzen, um sie zurückzubekommen. Erst in seiner Falle begreift Persephone, dass es neben Fügen oder Fliehen noch eine dritte Option gibt: Kämpfen. 

Lucia Herbst, Jahrgang 1982, schreibt Fantasy mit Bezug auf Märchen und antike Sagen. 2020 begann sie die Arbeit an ihrem Debütroman. In ihrem anderen Leben ist sie Gutachterin und lebt mit Mann, Kind und Kater über den Dächern von München. Das Schreiben gelingt ihr am besten, wenn es regnet, das Kind schläft und der Kater satt ist. 

Lucia Herbst, Jahrgang 1982, schreibt Fantasy mit Bezug auf Märchen und antike Sagen. 2020 begann sie die Arbeit an ihrem Debütroman. In ihrem anderen Leben ist sie Gutachterin und lebt mit Mann, Kind und Kater über den Dächern von München. Das Schreiben gelingt ihr am besten, wenn es regnet, das Kind schläft und der Kater satt ist. 

1. Zweifel


Eine Stille, bedrückender als die der Toten, lauert vor dem Garten meiner Seele. Hinter den Säulen, da, wo die Schatten beginnen und mit dem Nebel verschmelzen, setzt das lang vergessene Grauen zum Sprung an.

Lass mich raus, Persephone, flüstert die Dunkelheit und versucht über meine Augen auszubrechen.

Ich antworte nicht. Kneife die Lider zusammen. Sie zittern vor Anstrengung.

Seit Medusas Prozess spricht dieses Übel zu mir. Neuerdings ist es stärker geworden.

Übel? Ohne mich würdest du wie eine Fliege in Hades’ Netz zappeln. Du hast Glück, dass er noch im Gefängnis sitzt.

Mir fehlt die Kraft, mich gegen die Worte des Schattens zu wehren.

Es klopft an der Tür. Das Geräusch reißt mich in die Realität meiner spärlich erleuchteten Gemächer zurück. Das Kerzenlicht und das Kaminfeuer reichen nicht bis in die Ecken des großen Raums, bringen jedoch auf den Wänden und der Decke das Mosaik aus bunten Edelsteinen zum Funkeln. So wirken der abgebildete Wald aus Smaragden, der Himmel aus Saphiren und Aquamarinen, die Wolken aus Bergkristallen und die Sonne aus gelben Diamanten beinahe lebendig.

»Wer ist da?«

Keine Antwort. Nicht schon wieder. Mit einer unguten Vorahnung eile ich zur goldbeschlagenen Tür und reiße sie auf. Auf dem Boden steht eine zartgelbe Vase mit einem Blumenstrauß aus etwa dreißig weißen Rosen. Daneben liegt ein kleiner Korb mit Honiggebäck. Hastig überprüfe ich den Gang. Es ist niemand da. Nur das Licht der an der Wand befestigten Fackeln flackert über die Wände.

»Hermes?«, rufe ich unsicher. Nichts bewegt sich.

Ich habe den Götterboten seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Auch nicht bei Medusas Prozess. Ist er es, der mir seit dreißig Tagen täglich Blumen, Schmuck und Köstlichkeiten im Namen von Hades, der im Gefängnis ist, überbringt? Dass der neue Blumenstrauß wieder vom gleichen Absender ist, erkenne ich an der kleinen Papyrusrolle, die zwischen den faustgroßen Blüten steckt.

Oder ist Hades’ treuer Diener und Gärtner sein Bote?

»Askalaphos?«, frage ich mit dunklerer Stimme.

Wieder Schweigen.

Zum Glück geht mir dieser widerliche Uhu aus dem Weg. Mir hat er seine Vogelgestalt zu verdanken. Ich bin sicher, dass sich Hermes oder Askalaphos in den Schatten zwischen den Lichtkegeln der Fackeln versteckt. Beide beherrschen es, die eigene Präsenz zu verbergen. Mir soll es recht sein. Ich lege keinen Wert auf ihre Gesellschaft.

Nun wende ich meine ganze Aufmerksamkeit den armen Blumen zu, die so gnadenlos zum Sterben verurteilt wurden, als man sie abschnitt. Ich nehme die Vase, drücke sie mit beiden Armen an mich und lege eine Wange auf die Blüten. Zart und kühl schmiegen sie sich an meine Haut. Sie duften verzweifelt nach ihrem nahenden Tod. Ihre Stimmen haben sie bereits verloren.

»Es wird alles gut«, flüstere ich. »Ihr werdet nicht sterben.« Das Honiggebäck schiebe ich mit dem Fuß in mein Zimmer, bevor ich die Tür mit dem anderen hinter mir zuschlage. Zerberus wird sich über die Süßigkeiten freuen.

Die Neuankömmlinge stelle ich zu den dreißig anderen Rosensträußen in verschiedenen Roséschattierungen. Ich kann ihre Angst spüren. Also hauche ich über die Blätter. Ein Funke meiner Kraft genügt ihnen. Nur kann ich gerade nicht einmal diesen entbehren. Macht Hades das mit Absicht?

Ich pflücke die Papyrusrolle aus dem Strauß und öffne sie. Ein kleiner Fetzen von Hades’ Dunkelheit entsteigt ihr und nimmt die Gestalt des Herrschers der Unterwelt an. Die schattenhafte Präsenz meines Mannes wendet sich zu mir und beginnt mit Hades’ Stimme zu sprechen:

»Meine liebste Persephone, ich hoffe inständig, dass es dir gut geht. Ich wage es nicht, dich zu fragen, da ich vermutlich wieder keine Antwort bekommen werde. Wahrscheinlich habe ich es verdient.« Sehnsüchtig streckt Hades’ Schatten die Arme nach mir aus. Ich weiche einen Schritt zurück. »Mein Juwel«, fährt er fort, »ich flehe dich an, rede mit mir. Ich zerbreche mir in meiner Gefängniszelle den Kopf darüber, was ich getan habe. Hast du dich gegen mich gewandt, weil ich Zeus geholfen habe? Ich wollte lediglich die bestehende Ordnung aufrechterhalten. Wie ich befürchtet habe, hat Medusas Sieg zu Chaos unter den Toten und Lebenden geführt. Sieh uns zwei an. Dir fiel es stets so schwer, mit Veränderungen zurechtzukommen. Weißt du noch, wie lange du gebraucht hast, um die Trennung von deiner Mutter zu akzeptieren? Alles, was ich tue, denke oder fühle, gilt allein dir. Ich habe mit Zeus zusammengearbeitet, um dich zu schützen.

Wie furchtbar muss es gerade für dich sein? Du leidest jeden Moment, in dem du die Bürde der Unterwelt auf deinen zarten Schultern trägst. Ich kenne diese Last nur zu gut. Den Druck, die Grenzen zur Oberwelt geschlossen zu halten, die Notwendigkeit, für Gerechtigkeit und Ordnung unter den Seelen zu sorgen. Stets habe ich diese Aufgabe von dir ferngehalten und dich geschont.

Nur um in deiner Nähe zu bleiben, habe ich mich der UGO gestellt. Ich mache mir furchtbare Sorgen um dich. Unsere gemeinsame Zeit verrinnt. Bald wird dich deine Mutter zu sich rufen. Doch der Olymp ist verschlossen. Zeus ist nicht da. Der Zugang zu Nektar und Ambrosia ist dir verwehrt.

Ich beknie dich, wenn du schon nicht um meinet- und unseretwillen mit mir reden willst, so lass mich dir wenigstens helfen, das kommende Sommerhalbjahr unversehrt zu überstehen. Du hast nichts von mir zu befürchten. Ich werde dir verzeihen. Wie ich es immer getan habe. Ich kann dir nicht beschreiben, wie sehr ich dich vermisse. Ohne dich bin ich nichts. Verloren und allein in ewiger Finsternis. Hat für dich denn kein einziger guter Moment zwischen uns existiert? Früher oder später werde ich zurückkommen. Bitte vergiss das nicht. In ewiger Liebe, dein Ehemann Hades.«

Die schattenhafte Gestalt gibt mir einen Luftkuss und löst sich in Rauch auf.

Langsam rolle ich das Pergament wieder zusammen.

»Warum hast du gelogen?«, flüstere ich, um das Zittern meiner Stimme nicht hören zu müssen. Meine Brust ist eng. Ich fürchte seine Rache. Ja, er wird mir verzeihen. Aber nicht ohne Gegenleistung. Werde ich seine Strafe aushalten?

Ich bin am Ende meiner Kräfte. Hades muss es spüren. Er macht sich Sorgen um mich, um die Seelen, um die Ordnung hier.

Nimmst du es ihm wirklich ab? Nicht dein Ernst, oder?

Ich hole scharf Luft. Es ist unwichtig, ob ich ihm glaube oder nicht. Egal was zwischen uns war, er hat mich die Last der Herrschaft nie spüren lassen. Wie sorglos war ich doch vor Medusas Prozess. War es richtig, aufzustehen? Hätte ich seine Lügen nicht ignorieren können? Nur dieses eine Mal?

Ich weiß, dass er mich braucht, wie schlecht es ihm jedes Jahr ging, wenn meine Zeit kam, zu Mutter an die Oberfläche zu steigen. Wie verloren und einsam er bei den Abschieden wirkte.

Ein Blitz bahnt sich einen Weg aus meinen Augen heraus und schlägt in Hades’ Papyrusrolle ein. Erschrocken lasse ich sie fallen. Sie geht in Flammen auf, und die Asche fällt vor meine Füße.

Ich kann das nicht mehr hören! Hades ist der Grund, dass du überhaupt hier bist, dass du ohne Nektar und Ambrosia keinen halben Tag draußen aushältst. Mein Schatten tobt.

Ich schlage mir die Hände vors Gesicht und kneife die Lider zusammen. Er darf nicht ausbrechen.

»Lass mich ihm schreiben«, keuche ich.

Niemals!, brüllt das Übel. Ein weiterer Blitz sammelt sich in mir. Dieses Ding hat jeden schriftlichen Antwortversuch in Flammen aufgehen lassen. Es lähmt mich, hindert mich daran, eine Lösung mit Hades zu finden.

»Es war nicht alles schlecht zwischen uns. Wir alle machen Fehler. Je länger ich mit einer Antwort warte, desto wütender wird Hades.«

Du hättest ihn davonjagen oder vor ihm fliehen sollen. So weit und so schnell du kannst!

»Wie?«, schreie ich. »Und wohin soll ich gehen? Ich bin gebunden an diesen Ort! Wieso bist du wieder da? Wieso bist du ausgerechnet während Medusas Prozess aufgetaucht?«

Du hattest in diesem Gerichtssaal seit Jahrtausenden deinen ersten vernünftigen Moment. Ich dachte, du wachst endlich auf.

»Lass mich in Ruhe«, sage ich stöhnend....

Erscheint lt. Verlag 11.1.2024
Reihe/Serie Greek Goddesses
Greek Goddesses
Greek Goddesses
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Antike • Ariadne • Bestimmung • Bücher • Fantasy Buch Mythen • Fantasy Neuerscheinung 2022 • Fantasy Romane für junge Frauen • Feminimus • gorgone • Götter • Götterfantasy • Griechenland • griechische Mythologie • historische Romane Antike • Ich bin Circe • Köln • Medusa • Mythos • Persephone • Perseus • Prophezeiung • Prozess • Romane für Frauen • Romane über griechische Götter • Romane zum Verschenken • Roman Frauenemanzipation • Schlangen • Spannende Götterfantasy • starke Frauenfigur • Urban Fantasy
ISBN-10 3-377-90047-0 / 3377900470
ISBN-13 978-3-377-90047-0 / 9783377900470
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