Heiner ist tot (eBook)

Der Ostseemordclub ermittelt

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
336 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-30786-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Heiner ist tot -  Jette Jakobi
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Heiner, der Postbote, sitzt in Strandkorb 396 und blickt aufs Meer. Doch die Aussicht kann er nicht mehr genießen, denn Heiner ist mausetot. Er wurde erstochen, wie Karin beim Morgenspaziergang entdeckt. Sie wohnt mit ihren Freundinnen Elsbeth und Ursel, alle Mitte siebzig, in einer Jugendstilvilla in einem hübschen Küstenort nahe Kiel. Kürzlich zog auch Olaf hier ein, Cousin der jüngst verstorben Agathe und pensionierter Kriminalkommissar. In der Damenrunde war er zunächst nicht willkommen, aber nun erweist er sich als Glücksfall. Denn der Mord hat die Neugierde der drei geweckt. Und weil die Polizei nicht vorankommt, beschließen die passionierten »Tatort«-Zuschauerinnen, den Fall selbst zu lösen.

Jette Jakobi ist das Pseudonym von Andrea Russo und ihrer Tochter Christin-Marie Below, die unabhängig voneinander Romane veröffentlichen, die regelmäßig die Bestsellerlisten erklimmen. Sie kennen sich aus mit der Küste und den Menschen, die dort leben - so wie Elsbeth, Karin und Ursel, den Hauptfiguren aus »Heiner ist tot«, dem Beginn der Ostsee-Mordclub-Serie.

1.


Elsbeth

Es begann alles an dem Tag, an dem das Foto eintraf.

Elsbeth saß bei einer Tasse Tee in ihrem gemütlichen Sessel und genoss den Blick auf die Ostsee, als ihr Smartphone mit einem »Pling« den Eingang der Nachricht verkündete. Sie hatte es schon ein paarmal bereut, dass sie sich zu dem Gruppenchat mit ihren beiden Freundinnen hatte überreden lassen. Schließlich wohnten sie im selben Haus und verbrachten ohnehin viel Zeit miteinander, zu viel für Elsbeths Geschmack. Ursel und Karin gackerten den ganzen Tag herum wie die Hühner. Und trotzdem schickten sie sich ständig Mitteilungen. Schlimmer noch: Sie hatten die Sprachnachrichtenfunktion für sich entdeckt. Und da vor allem Ursel arge Probleme mit den Ohren hatte, aber aus Eitelkeit ihr Hörgerät nicht benutzte, hatte sie die Lautstärke ihres Telefons grundsätzlich bis zum Anschlag aufgedreht. So konnten auch alle anderen in der Umgebung gut hören, was die beiden einander zu sagen hatten.

Die Ostsee war an diesem Morgen ungewöhnlich ruhig. Behäbig schwappten die Wellen ans Ufer und wieder zurück. Ein paar Möwen kreisten über dem Wasser, Touristen waren keine zu sehen. Es war noch zu früh am Tag und außerdem Mitte November, die Saison war vorbei, es war Sonntag, kalt, das Wetter so grau wie die See. Kaum jemand war freiwillig draußen am Meer.

Elsbeth mochte diese Jahreszeit am liebsten. Bei nasskaltem Wetter zwickte ihr künstliches Hüftgelenk, und so hatte sie eine Ausrede, wenn ihre Freundinnen sie drängten, mit ihnen an die frische Luft zu gehen. An dem Tag, an dem das Foto eintraf, war Karin allein unterwegs gewesen, auch Ursel war faul zu Hause geblieben. Sie hatte es sich im Bett gemütlich gemacht und einen Krimi gelesen. Wahrscheinlich hatte sie bereits den größten Teil der vorigen Nacht ihre Nase in das Buch gesteckt. Ursels Schrei jedoch war sicher nicht auf die spannende Lektüre zurückzuführen, denn Ursel fürchtete sich so schnell vor nichts.

Überrascht horchte Elsbeth auf, als Ursel erst laut quietschte und dann in schriller Tonlage mit sehr gedehnten Anfangslauten nach ihr rief: »Eeeelsbeth!« Kurz darauf hörte Elsbeth eine Tür zuschlagen, dann trampelnde Schritte auf dem knarrenden Parkettboden. »Eeeelsbeth!«

Ursels Stimme klang aufgeregt, aber nicht ängstlich oder verzweifelt. Elsbeth lehnte sich in ihrem Sessel zurück und wartete.

Schon betrat Ursel den Raum und sah sich um. »Hast du nicht mitbekommen, dass Karin uns gerade eine Nachricht geschickt hat?« Ihr Blick fiel auf Elsbeths Telefon, das auf dem kleinen Bistrotisch neben dem Sessel lag. »Es ist ein Foto. Das musst du dir unbedingt ansehen.« In ihren Worten schwang eine gehörige Portion Sensationslust mit, ihre Augen waren weit aufgerissen, ihre Wangen gerötet. Irgendetwas musste da passiert sein, aber anstatt es einfach zu sagen, bestand Ursel darauf, dass Elsbeth es selbst herausfand. »Na los!«

»Ja, ja, ich mach ja schon«, sagte Elsbeth.

Kurz darauf starrte sie sprachlos auf den Postboten, der tot in einem Strandkorb saß. Es war offensichtlich, dass er nicht mehr lebte. Das lag zum einen an seinen weit aufgerissenen, starren Augen, vor allem aber natürlich an dem Messer, das tief in seiner Brust steckte und einen dunkelroten Fleck auf seinem weißen Hemd hinterlassen hatte. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte man meinen können, er habe es sich im Korb bequem gemacht. Seine Hände lagen ineinander verschränkt auf seinem Schoß, die Beine ausgestreckt auf der Fußstütze.

»Heiner ist tot«, stellte Ursel mit erstaunlich ruhiger Stimme fest. Während Elsbeths Puls sich nun beschleunigte, war Ursels Aufregung verflogen.

Elsbeth konnte sich nur schwer von dem Anblick des Postboten losreißen. Er hatte nicht nur eine lustige, mitreißende Art gehabt, sondern auch die besten Geschichten über den Schönberger Strand auf Lager.

»Ich mochte ihn«, sagte sie.

Genau in dem Moment kam die Sprachnachricht an.

»Von Karin?«, fragte Ursel.

Elsbeth nickte und spielte sie ab, das Telefon in Ursels Richtung haltend.

»Heiner ist tot«, ertönte Karins wie üblich etwas krächzende Stimme. »Jemand hat ihn umgebracht. Dabei war er doch immer so nett.« Eine kurze Stille folgte, untermalt vom Rauschen der Wellen. Und dann sagte sie: »Er schaut aufs Meer hinaus.« Sie räusperte sich. »Er kann natürlich nichts mehr sehen, weil er mausetot ist. Wenn ihr mich fragt, sieht es so aus, als hätte ihn jemand nach seinem Tod in den Strandkorb gesetzt. Dafür sprechen auch die Schleifspuren im Sand. Außerdem hat er keine Jacke an. Und wer geht bei diesen Temperaturen freiwillig ohne?« Sie seufzte. Schließlich sagte sie: »Ich rufe besser mal die Polizei. Kommt ihr? Ich bin in Brasilien, Strandkorb Nummer 396.«

Während Elsbeth noch fassungslos den Kopf schüttelte, machte sich Ursel schnurstracks auf den Weg nach unten zur Garderobe. Elsbeth wusste nicht, was sie mehr schockierte: der ermordete Postbote oder die Tatsache, dass Karin ihn erst mal in aller Seelenruhe abgelichtet und das Foto verschickt hatte, bevor sie auf die Idee kam, die Polizei zu rufen. Andererseits hatte der Tod auf Karin schon immer eine eigenartige Faszination ausgeübt. Während sich Elsbeth und Ursel als Kinder vor Spinnen und anderen Insekten ekelten, hatte Karin sie mit Nadeln auf weiß getünchte Bretter gesteckt. Sie hätte auch tote Möwen und anderes lebloses Getier mit nach Hause gebracht, wenn ihre Mutter nicht strikt dagegen gewesen wäre.

»Worauf wartest du, Elsbeth?«, rief Ursel. »Lass uns schnell zum Strand, bevor alles abgesperrt wird. Oder willst du nicht mitkommen?«

Elsbeth beschloss, dass sie Ursel nicht allein zu Karin marschieren lassen konnte. Irgendjemand musste schließlich auf die beiden aufpassen. Gemeinsam kamen sie schnell auf dumme Gedanken. Am Ende würden sie noch die Leiche bewegen oder irgendwelche Beweisstücke vernichten.

»Warte!« Elsbeth ignorierte das lästige Ziehen in der Hüfte, als sie sich aus dem Sessel drückte und Ursel folgte.

Ursel drehte sich zu Elsbeth um und sah sie mit einem Funkeln in den Augen an, das Elsbeth so schon lange nicht mehr bei ihrer Freundin gesehen hatte. »Wusste ich doch, dass du dir das nicht entgehen lässt.«

Irgendjemand hatte Heiners Licht aus- und dafür Ursels wieder angeknipst. Elsbeth gestand sich ein, dass auch sie neugierig war. Schließlich kam es nicht oft vor, dass eine von ihnen eine Leiche fand – abgesehen von der im Gartenteich. Aber das war schon fünfzig Jahre her, da war im wahrsten Sinne des Wortes Gras über die Sache gewachsen. Sie hatten einstimmig beschlossen, nie wieder darüber ein Wort zu verlieren. Und sie hielten sich daran.

»Gestern hatten wir keine, aber am Freitag hat Heiner uns noch Post gebracht, da hat er noch gelebt«, überlegte Elsbeth laut. »Er sah gut aus, irgendwie verändert.«

»Er hat sich die Zähne machen lassen«, erklärte Ursel und reichte Elsbeth den Mantel. »Außerdem waren seine Augenbrauen gezupft, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass er selbst Hand angelegt hat. Ich glaube, er war bei einer Kosmetikerin.«

»Wirklich?« Heiners Bild blitzte vor Elsbeths geistigem Auge auf, und sie nickte. »Du hast recht, jetzt, wo du es sagst …« Er hatte sich beim Lachen immer verschämt die Hand vor den Mund gehalten, um seine Zahnlücke im Unterkiefer zu verbergen. Sie war verschwunden. »Aber seine Augenbrauen …« Sie überlegte einen Moment. »Da ist mir nichts aufgefallen.«

Während Elsbeth in ihren Wollmantel schlüpfte, beschäftigte sich Ursel mit ihrem Telefon. »Warte, ich zeige es dir.«

»Brauchst du nicht«, versicherte Elsbeth schnell. Sie glaubte ihr. Wenn sich eine von ihnen mit solchen Dingen auskannte, dann war es Ursel. Sie war früher Friseurin mit eigenem Salon in Schönberg gewesen und hatte sogar ein paar Jahre als Visagistin gearbeitet. »Lass uns schnell zu Karin gehen.« Elsbeth sah auf die Uhr. »Genau halb zehn, ich bin gespannt, wie lange die Polizei braucht.«

Sie hörten das weit entfernte Martinshorn etwa drei Minuten später, als sie gerade die Steintreppe am Deich hinaufgestiegen waren.

»Die sind noch auf der Landstraße«, bemerkte Ursel. Sie kniff die Augen zusammen und suchte den Strand ab.

»Nummer 396 müsste links von uns sein«, erklärte Elsbeth.

Zwischen zwei Strandkörben leuchtete Karins rote Daunenjacke auf. Und schon winkte sie ihnen zu.

»Elsbeth, Ursel, hier, hier bin ich!«

Unten am Strand angekommen, sah Elsbeth aus den Augenwinkeln, wie ein dunkelhaariger Mann mit Hund strammen Schrittes den Spülsaum entlang auf sie zukam.

Auch Ursel bemerkte ihn. »Benny«, sagte sie. »Der ist aber spät dran heute. Hat er keine Frühstücksgäste?«

Der Wirt der Barkasse hatte die Frauen auch entdeckt. »Guten Morgen, meine Damen!«, rief er fröhlich.

Da plötzlich schrie Karin laut auf. Elsbeth und Ursel rannten los. Und auch Benny nahm die Beine in die Hand, um Karin zu helfen.

Er war zwar noch etwas weiter weg, aber mit Mitte dreißig etwa halb so alt und natürlich schneller als Elsbeth und Ursel. Er kam fast gleichzeitig mit ihnen an.

»Was zum Teufel …«, sagte er und verstummte.

Karin deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger auf Heiners rechten Arm. Ein kleiner Taschenkrebs spazierte seelenruhig darauf herum. »Der ist gerade aus seinem Ärmel gekrochen. Im ersten Moment dachte ich, Heiner bewegt sich.« Ihre Stimme zitterte. »Aber das kann er ja gar nicht mehr.« Obwohl Karin weiß Gott keine Kirchgängerin war, bekreuzigte sie sich. »Der Herr sei mit dir,...

Erscheint lt. Verlag 1.2.2024
Reihe/Serie Ostsee-Mordclub
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2024 • beste deutsche krimiautoren • Cozy Crime • eBooks • Gisa Pauly • Heimatkrimi • Hobbyermittlerin • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Küstenkrimi • Neuerscheinung • Ostsee • Rentner-Ermittler • rentnerinnen-wg • Richard Osman • Strandkorb • Urlaubsbuch • Urlaubskrimi • Urlaubslektüre
ISBN-10 3-641-30786-4 / 3641307864
ISBN-13 978-3-641-30786-8 / 9783641307868
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