Lassiter Sonder-Edition 35 (eBook)

Lassiter und die Halunkenweiber

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-5825-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lassiter Sonder-Edition 35 - Jack Slade
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Reglos blieb Lassiter liegen. Fast körperlich spürte er die Nähe von mehreren Menschen. Und die waren bestimmt nicht in friedlicher Absicht gekommen. Es handelte sich also um weiße Banditen oder um streifende Indianer, die es auf das Pferd und die Waffen des weißen Mannes abgesehen hatten.
Lassiter horchte. Die Natur schien den Atem anzuhalten.
In die Stille hinein drang ein Knirschen, kaum wahrnehmbar. Aber Lassiter war es nicht entgangen. Er wusste jetzt, dass sich auch hinter ihm ein Mann befand. Vielleicht sogar mehrere.
Jetzt hatten sie ihn in die Zange genommen. Er fühlte sich hilflos, einem unsichtbaren Verhängnis ausgeliefert...


LASSITER UND DIE HALUNKENWEIBER

von Jack Slade

Lassiter fluchte schon längst nicht mehr. Er wusste nicht einmal, ob seine Stimmbänder überhaupt noch einen Ton hergaben. Seine Kehle war so ausgetrocknet wie die Wüste, die ihn umgab. Diese erbarmungslose, sonnendurchglühte Wüste, die ihm zum Verhängnis zu werden schien.

Seit dem Mittag des vergangenen Tages war er zu Fuß unterwegs. Er hatte die Klapperschlange ein paar Sekunden zu spät gesehen, und das Gift wirkte schnell. Lassiter hatte sein Pferd mit einer Revolverkugel von seinen Todeskrämpfen erlöst und war dann losmarschiert.

Es war früher Nachmittag. Vor fünf Stunden hatte er den letzten Rest des lauwarmen Wassers aus der großen fellbezogenen Flasche genommen. Jetzt hing sie leer auf seinem Rücken und schlug manchmal mit einem blechernen Geräusch gegen den Lauf der Winchester, die er schräg auf dem Rücken trug.

Winzige dunkle Punkte waren über ihm aufgetaucht. Geier. Sie kreisten träge im einförmigen Blau des Firmaments und begleiteten den großen Mann mit der geduldigen Gewissheit, ihn irgendwann zusammenbrechen zu sehen.

Lassiter legte keine Pausen mehr ein. Er wusste, dass es tödlich sein konnte, wenn er sich irgendwo niederließ, um sich auszuruhen. Vielleicht besaß er dann nicht mehr die Kraft, auf die Beine zu kommen.

Im Süden sah er eine dunkle Bergkette. Er sah sie schon seit mehr als drei Stunden, und in der klaren Luft schien sie nur noch wenige Meilen entfernt zu sein.

Wenn Lassiters Rechnung stimmte, mussten das die Mohawk-Berge sein, in denen Amos Custer sein Blockhaus hatte.

Amos Custer, Goldgräber, Trapper und Rancher in einer Person. Besitzer eines kleinen Tals, in dem knapp hundert Rinder weideten. Verheiratet mit einer Chiricahua-Apachin. Lassiters Freund. Ein Mann, auf den man sich in jeder Beziehung verlassen konnte.

Er gehörte zu den Männern, bei denen Lassiter unterschlüpfen konnte, wenn er sich eine Zeitlang zurückziehen musste. Und denen er Geld anvertraute, das er sich holte, wenn er welches brauchte, was zum Beispiel im Augenblick der Fall war.

Lassiter saß gewissermaßen auf dem Trockenen. Er besaß noch siebzehn Dollar und ein paar Cents. Deshalb war er unterwegs zu Old Amos Custer.

Fünftausend Dollar hatte er dem alten Freund in Verwahrung gegeben. Mit dem Geld wollte Lassiter in ein ziemlich bombensicheres Geschäft einsteigen. Wenn alles klappte, würden sich die Dollars bald vermehren wie Kaninchen.

Aber Lassiter dachte nicht an Geld. In seinem von der erbarmungslosen Sonnenhitze gequälten Schädel herrschte nur ein einziger, verbissener Gedanke.

Überleben.

Die Bergkette rückte näher. Jetzt konnte der große Mann schon Einzelheiten erkennen. Und er war zufrieden. Er hatte sich nicht verirrt und die richtige Richtung beibehalten.

Deutlich ragten die drei spitzen Felszinnen in den blauen Himmel hinein, die aussahen wie drei zum Eid erhobene Finger. Etwas weiter rechts erblickte Lassiter die Umrisse des bizarr geformten Gipfels, dem Amos Custer den Namen »Wolfskopf« gegeben hatte.

Lassiter schritt schneller aus. Noch eine gute Stunde, dann musste er es geschafft haben.

Seine Gedanken eilten voraus. Er dachte an den Damm, den Amos gebaut und somit das Wasser des Bachs zu einem kleinen See gestaut hatte. Er stellte sich vor, wie es sein würde, wenn er seinen ganzen Körper hineintauchte und sich vollsaugte mit Flüssigkeit wie ein ausgetrockneter Schwamm. Und er träumte von heißem Kaffee, von saftigen Steaks und einem guten Whisky.

Ein belustigtes Lächeln zuckte beim Gedanken an Pearl Custer über sein hageres Gesicht. Pearl war die Tochter von Amos und Nokema Custer, der Apachin. Ein schönes Mädchen mit einem schlanken, biegsamen und dennoch kräftigen Körper. Mit großen dunklen Augen und langem blauschwarzen Haar, das ihre geraden Schultern umfloss.

Seit seinem letzten Besuch vor einem Jahr wusste er, dass sie sich in ihn verliebt hatte. Sie konnte es nicht verbergen. Es war jene Art Liebe, die aus der schwärmerischen Bewunderung eines jungen, unerfahrenen Mädchens erwachsen war.

Lassiter hätte es bestimmt leicht mit ihr gehabt. Aber er hatte sich zurückgehalten. Dieses Mädchen war einfach zu sauber. Deshalb hütete er sich sorgfältig, in ihr irgendwelche falschen Hoffnungen zu wecken. Oder gar ein Feuer in ihr zu entfachen, das nicht mehr zu löschen war. Allzu leicht konnte sie an solch einer Enttäuschung zerbrechen.

Plötzlich blieb Lassiter stehen. Er lauschte.

Sein Gesicht verfinsterte sich.

Nein, es war kein Irrtum. Dort vorne wurde geschossen. Und es hörte sich verdammt stark nach Kampf an.

Der große Mann setzte sich wieder in Bewegung. Er marschierte, so schnell er konnte. Zwischendurch lief er ein Stück, aber in seinem ausgelaugten Körper waren keine Kraftreserven mehr.

Sein Verstand sagte ihm, dass er auf jeden Fall zu spät kommen würde. Nur ein winziger Rest von Hoffnung trieb ihn weiter voran.

Dann verstummten die Schüsse. Gleich darauf sah Lassiter eine dünne Rauchfahne, die senkrecht zum Himmel stieg und träge im weiten Blau zerflatterte.

Jetzt wusste Lassiter es endgültig. Er kam zu spät.

Er brauchte noch über eine halbe Stunde, bis er das kleine Tal vor sich liegen sah.

Das Blockhaus, der Stall und die kleine Scheune waren ein rauchender Trümmerhaufen. Die Sonne stand schon tief und ließ die Oberfläche des kleinen Sees blutrot erscheinen. In einer Ecke des Corrals drängten sich ängstlich drei Stuten, ein Hengst und ein Fohlen. Der Hengst reckte den Kopf vor und wieherte trotzig zu dem großen Mann hinüber, der sich jetzt langsam dem schwelenden Trümmerhaufen näherte.

Weit und breit keine Spur von Menschen. Wahrscheinlich waren alle tot. Von Kugeln durchbohrt, unter verkohlten Balken begraben.

Ein Stöhnen ließ Lassiter herumfahren. Es kam von den Trümmern des Geräteschuppens. Er schritt auf die Stelle zu.

Zuerst sah er die Beine des Mannes. Er lag auf dem Gesicht. Angekohlte Holzstücke lasteten auf seinem Rücken.

Lassiter räumte die Trümmer beiseite. Mit den bloßen Händen. Zum Teil glühte das Holz noch, aber er spürte die Schmerzen nicht, als die Haut an seinen Handflächen angesengt wurde.

Dann lag der Mann frei. Lassiter packte die Beine und zog ihn aus den schwarzen wogenden Rauchschwaden.

Es war Amos Custer. Zwei Kugeln steckten in seiner Brust, eine im rechten Oberschenkel. Blut rann aus einer Streifschusswunde am Kopf. Der graue Bart war von Feuer zerfressen und das Gesicht von einer schmierigen Schicht aus Ruß, Staub und Blut bedeckt. Er lebte noch.

Aber es würde nicht mehr lange dauern.

Lassiter drehte ihn auf den Rücken.

»Amos!«, rief er.

Der Mann rührte sich nicht. Er hatte die Augen geschlossen und atmete röchelnd. Blut rann aus seinem Mundwinkel in den Bart.

Lassiter richtete sich auf und rannte zum Wasser hinunter. Füllte die Wasserflasche und kehrte damit zu dem Sterbenden zurück.

Vorsichtig goss er ihm etwas über das verbrannte Gesicht, dann setzte er ihm die Flasche an die Lippen.

Amos hustete. Dann schlug er die Augen auf. Irgendwie ungläubig starrte er Lassiter ins Gesicht.

»Amigo...«, flüsterte er dann. »Du kommst zu spät...«

»Wo sind die anderen?«, fragte Lassiter. »Nokema. Pearl.«

Amos Custer drehte etwas den Kopf und blickte zum Haus hin.

»Nokema ist tot«, flüsterte er mühsam. »Pearl haben sie mitgenommen. Die Schufte sind...«

Er hustete wieder. Sein Körper bäumte sich auf und fiel dann wieder kraftlos in sich zusammen.

»Wer?«, fragte Lassiter. »Wer war es, Amos?«

Amos schien die Frage nicht verstanden zu haben.

»Sie haben sie mitgenommen«, flüsterte er. »Ich habe ihnen Geld geboten, Amigo. Gold. Und auch deine Dollars, Amigo. Ich war bereit, ihnen alles zu geben. Dafür sollten sie mir das Mädchen lassen. Sie haben so getan, als ob sie auf das Angebot eingehen wollten. Aber sie haben ihr Wort nicht gehalten...«

Erschöpft verstummte er.

»Wer war es?«, wiederholte Lassiter seine Frage. »Kennst du ihre Namen, Amos?«

Der Sterbende schüttelte schwach den Kopf.

»Fünf Mann«, ächzte er. »Drei Greaser, zwei Amerikaner. Der Anführer ist ein Mex. Habe sie nie zuvor gesehen.«

»Keine Namen genannt worden?«

»Kein einziger.«

»Der Anführer. Wie sah er aus.«

»Groß. Schwarze Sachen. Viel Silber. Große Sporen. Hat einen dünnen Schnurrbart. Er...«

Er brach wieder ab. Keuchte schneller, mühsamer. Seine Hand krallte sich in Lassiters Arm.

»Lassiter, du musst...«

Sein Kopf sank zur Seite. Die Augen verloren den Glanz. Amos Custer war tot.

Lassiter sah ihn an und nickte entschlossen.

»Ich weiß, was du sagen wolltest, Amigo«, murmelte er heiser. »Ich soll den Schuften folgen. Und das werde ich auch. Das schwöre ich dir.«

Er erhob sich und ging zum niedergebrannten Blockhaus. Nur vereinzelt...

Erscheint lt. Verlag 9.12.2023
Reihe/Serie Lassiter Sonder-Edition
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • Cassidy • Country • Cowboy • Deutsch • eBook • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g f barner • Indianer • Karl May • Kindle • Klassiker • Laredo • Männer • Nackt • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • Sexy • Western-Erotik • Western-roman • Wilder Westen • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7517-5825-9 / 3751758259
ISBN-13 978-3-7517-5825-3 / 9783751758253
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