Dünentod auf Baltrum. Ostfrieslandkrimi -  Rolf Uliczka

Dünentod auf Baltrum. Ostfrieslandkrimi (eBook)

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
180 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-96586-891-5 (ISBN)
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Der Wunderheiler von Baltrum ist tot! Kurz vor der Sommersonnenwendfeier füllt sich das riesige Areal von Thade tom Brook und seiner Frau Okka in den Dünen der ostfriesischen Insel Baltrum. Denn der »Wunderheiler von Baltrum«, wie Thade angesichts seiner erstaunlichen Erfolge als Heilpraktiker genannt wird, soll nach der Feier wieder eines seiner beliebten Seminare abhalten. Doch dazu kommt es nicht mehr, Thade tom Brook hängt in seiner Meditationshütte tot an einem Seil! Auch der umgefallene Stuhl spricht dafür, dass er sich das Leben genommen hat. Kommissarin Femke Peters und ihr Team stellen jedoch Unregelmäßigkeiten fest. Wurde der vermeintliche Selbstmord nur inszeniert? Steckt einer der Seminarteilnehmer hinter der Tat? Hat womöglich gar ein eifersüchtiger Ehemann den Affären des ostfriesischen Gurus ein Ende gesetzt? Es ist nämlich ein offenes Geheimnis, dass Thade seine Beliebtheit bei Frauen, denen er mithilfe einer speziellen Ernährungsumstellung häufig zur Traumfigur verhalf, zu nutzen verstand …

1. Kapitel


 

Die Sommersonnenwende stand bevor, als sich Thade tom Brook auf der ostfriesischen Insel Baltrum von seiner Frau Okkea verabschiedete, um vor dem großen Ereignis in wenigen Tagen noch einmal in seiner Meditationshütte in den Baltrum-Dünen Energie zu tanken. Das machte er jedes Jahr so und wollte dann auf gar keinen Fall gestört werden. Pikant erschien für Außenstehende, dass er dies in der Regel mit jährlich wechselnder weiblicher Begleitung zu tun pflegte, wie es sich schon rumgesprochen hatte, und dass dies scheinbar sogar mit Billigung seiner Ehefrau erfolgte.

Eingeweihten war allerdings bekannt, dass die tom Brooks schon seit Beginn ihrer Ehe eine offene Beziehung pflegten. Auch wenn Okkea einer engen Freundin schon mal anvertraut hatte, dass sie sich ihre Ehe diesbezüglich eigentlich anders vorgestellt hätte. Zumal unter anderem auch das ausschweifende Liebesleben ihres Mannes letztlich ihre inzwischen erwachsene Tochter und ihren Sohn von der Insel vertrieben hatte.

Mit dieser nach Meinung ihrer Kinder aus der Hippiezeit stammenden Form des ehelichen Zusammenlebens waren diese überhaupt nicht einverstanden. Thades Tochter sah das bei ihrem Vater als antiquiertes Macho-Gehabe an, wie sie es ihm auch schon öfter an den Kopf geworfen hatte. Daher kamen beide Kinder schon seit ihrer Studienzeit nur noch ganz selten mal zu einem Kurzbesuch nach Hause auf die Insel.

Mit ihrem Bezug zur Hippiezeit lagen Okkeas erwachsene Kinder im Übrigen gar nicht so falsch. Zum einen schienen Thade und seine Frau mit ihren mehr als schulterlangen blonden Haaren und ihrer Bekleidung tatsächlich selbst in der Hippie-Ära ihrer Eltern der sechziger/siebziger Jahre hängen geblieben zu sein.

Die große vollschlanke Okkea liebte es, in knöchellangen wallenden blumigen Kleidern herumzulaufen. Dazu ihre sympathischen Gesichtszüge, die, wenn sie schlanker und noch jünger gewesen wäre, durchaus als Vorbild für die berühmte Barbiepuppe hätten dienen können. Das geflochtene Lederband, das sie um Stirn und Kopf trug, betonte dann allerdings doch eher den Hippiecharakter.

Im Gegensatz zu seiner Frau war Thade bei einer Länge von fast zwei Metern gertenschlank, trug gerne verwaschene Jeans und ein weißes weites Überwurfhemd mit einer Halskette und einer großen goldenen Sonne. Sein kurzgeschnittener, kaum merkbar schon etwas grau gewordener Oberlippen- und Kinnbart unterstrich seine ebenmäßigen Züge. Mit dem Blick seiner stahlblauen Augen vermochte er seine Gesprächspartnerinnen und -partner in seinen Bann zu ziehen und schien sogar bei manchen bis in ihre Seelen schauen zu können.

Dabei verwunderte das Erscheinungsbild der Eheleute eigentlich nicht, wenn man deren Vorgeschichte kannte. Sie waren sprichwörtlich in das Hippieleben ihrer beiden Eltern hineingeboren und entsprechend aufgezogen worden.

 

***

 

Thades und Okkeas Eltern hatten sich in der Studentenbewegung der sechziger Jahre kennengelernt. Sie waren gemeinsam mit dem Flugzeug in die USA unterwegs, um an dem Festival in Woodstock teilzunehmen, das später als legendär in die Geschichte eingehen sollte. Drei Tage Open-Air-Musikfestival nur für Peace and Music im Bundesstaat New York in White Lake bei der Kleinstadt Bethel, das wollten sich die vier Hippies nicht entgehen lassen. Für sie damals auch eine Gelegenheit, für Frieden zu demonstrieren.

Okkeas Vater Barne, der aus einer alten Seefahrerdynastie stammte, war über Beziehungen seines Bruders an Karten für das Festival gekommen. Wie es unter Studenten damals nicht unüblich war, hatte sich Barne der Hippiebewegung angeschlossen. Mit Geschäftsführung in den elterlichen Unternehmungen hatte er nix am Hut, wie er sich auszudrücken pflegte. Da sein um etliche Jahre älterer Bruder und er aber mal Alleinerben einer Werft und Reederei sein würden, verfügte er über ein gut ausgestattetes Konto und musste sich über sein Auskommen keine Sorgen machen. Es stand bereits fest, dass sein Bruder mal die Reederei übernehmen würde, und die Werft war inzwischen zu einer Aktiengesellschaft geworden, an der auch er bereits entsprechende Anteile besaß.

Und da Geld für ihn keine Rolle spielte, übernahm er für seine Flower-Power- Mitreisenden die Kosten für den gesamten Flug und Aufenthalt in den USA. Nach Woodstock wollten sie den Pfaden Hemingways bis nach Key West folgen. Okkeas Mutter, die zu der Zeit gerade ihr Literaturstudium abgeschlossen hatte, war ein Fan des großen Literaten.

Sie hatten Glück, dass sie mit einem Mietwagen bereits am Tag vor dem offiziellen Beginn des Festivals angereist waren. Dadurch kamen sie frühzeitig auf das Gelände. Im Gegensatz zu vielen anderen Teilnehmern, die im Verkehr zu den als Austragungsort dienenden Weidefeldern eines Landwirtes stecken geblieben waren. Barne hatte irgendwoher ein kleines Zweimannzelt aufgetrieben, und so machten sie es sich unweit der Tribüne etwas abseits bereits in der ersten Nacht zu viert darin gemütlich.

Dann begann die Musik und kurz darauf kam der große Regen. Da waren die vier heilfroh, dass sie sich in ihr eigentlich viel zu kleines Zelt verkriechen konnten. Obwohl sich das Gelände in kurzer Zeit in eine Schlammwüste verwandelte, blieb erstaunlicherweise alles friedlich. Aus dem um sie herum laufenden Drogenkonsum hielten sich die beiden Paare raus. Auch am Nackttanzen im Schlamm und Regen, wie es einige mit Hingabe machten, beteiligten sie sich nicht. Zwar hörte irgendwann der Regen auf, aber spätestens am zweiten Tag gab es nichts mehr zu essen. Die Stände waren leerverkauft. Bis aus den umliegenden Ortschaften gespendete Nahrung von Hubschraubern eingeflogen wurde. Die Musik lief die ganze Nacht durch, und am Sonntagmorgen gab es gespendete ungeröstete Haferflocken mit Milch und Honig.

Der Auftritt von Jimi Hendrix, den die meisten Besucher am Montagmorgen gar nicht mehr miterlebten, riss die vier mit seiner legendären E-Gitarre aus ihren Träumen. Er spielte zunächst sehr gefühlvoll die amerikanische Nationalhymne an, die er dann musiktechnisch in das Kriegsgewitter des Vietnamkrieges übergehen ließ. Als der Auftritt des Stargitarristen endete, sagte plötzlich Thades Vater Ubke: »Ich sah heute Nacht im Traum die Segelyacht meiner Eltern in den Fluten der Nordsee versinken, und turmhohe Wellen bedrohten den Nordweststrand von Baltrum.«

»Wir sind hier, um von Frieden und Musik und sonst nichts zu träumen, belehrte Barne seinen Freund. »Und wir vier haben heute Nacht von Frieden und Musik getragene Liebe gemacht, wie kannst du danach dann sowas Schreckliches träumen?!«

Ubke zuckte nur mit den Schultern und machte sich wortlos daran, das Zelt abzubauen.

Als sie schließlich wieder in ihrem Mietwagen saßen, freute sich Barnes Frau: »Auf geht’s zum nächsten Highlight! Hemingways Key West.«

»Vorher sollten wir aber noch volltanken. Da vorne ist grad eine Tankstelle«, sagte Barne und bog zu den Tanksäulen ab.

Während der Tankwart den Tank auffüllte, stieg Ubke aus und fragte diesen, ob er von der Tankstelle aus nach Deutschland telefonieren könnte. Dieser sagte ihm, dass er seinen Chef fragen müsste.

Nach ein paar Versuchen über mehrere Vermittlungsstationen meldete sich schließlich die Köchin seiner Eltern am Telefon, und Ubke sagte: »Ik wull blod em hören, ov alls up Stee is.«

»Nix is up Stee, Ubke! Dien Ollern sün up Noordsee bleven!«, schluchzte die Köchin ins Telefon. »Wir haben es gerade erst von der Polizei erfahren. Es ist heute Morgen kurz nach dem Auslaufen einige Seemeilen von hier passiert.«

»Ik hebb dat van Nacht sehn.«

»Ubke, du büst nettso een Spökenkieker as dien Vader!«

»Ich sah im Traum eine Riesenwelle, die unser Boot verschlang«, sagte der Angesprochene.

»Ein Frachter überholte euer Boot gerade, als die Riesenwelle kam und tatsächlich euer ganzes Boot verschluckte. Der Frachter hat sofort die Seenotretter verständigt und mit einem Beiboot nach deinen Eltern gesucht. Aber die See hatte wohl alles mitgenommen. Auch die Seenotretter haben nichts mehr finden können. Der Käpt’n des Frachters hat unseren Seenotrettern gesagt, der Kaventsmann wäre wie aus dem Nichts plötzlich da gewesen. Auch bei ihm hat die Welle sogar eine Scheibe des Kommandostandes zertrümmert«, erzählte die Köchin mit tränenerstickter Stimme.

Als Barne an der Kasse bezahlen wollte, beendete sein Freund gerade das Telefonat. »Was ist los?«, wollte er wissen, denn er sah gleich, dass etwas passiert sein musste.

»Meine Eltern hat die See geholt, wie ich es heute Nacht in meinem Traum gesehen habe«, sagte Ubke.

»Und du bist ganz sicher?«

»Ich habe gerade mit unserer Köchin telefoniert. Sie hatte es vorhin erst von der Polizei erfahren, und die hatten es wohl über Funk von den Seenotrettern.«

Als die beiden jungen Männer beim Auto ankamen, informierte Barne die beiden Frauen. »Wir brechen ab«, entschied er dann. »Ubke braucht jetzt unsere Unterstützung. Hemingway muss warten. Tut mir leid, mein Schatz. Ich...

Erscheint lt. Verlag 4.12.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-96586-891-8 / 3965868918
ISBN-13 978-3-96586-891-5 / 9783965868915
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