Die Lebenspflückerin (eBook)

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2023 | 1. Auflage
341 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-3270-0 (ISBN)

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Die Lebenspflückerin - Regine Kölpin
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Ostfriesland im Jahr 1545: Das Land ist zerstritten und es drängen immer mehr Glaubensflüchtlinge aus Holland ins Land. Zu dieser Zeit muss die Hebamme Hiske Aalken aus dem benachbarten Jever fliehen, da sie dort als als Hexe angeklagt ist. Sie flieht in die Herrlichkeit Gödens und wird gleich bei ihrer Ankunft mit der bestialischen Ermordung des Cornelius von Ascheburg konfrontiert. Und sie stößt auch auf eine Gruppe von Menschen, die in einer Wagenburg rund um das Schloss Gödens lebt. Die Menschen halten heimliche nächtliche Treffen ab und sind verschlossen und geheimnisvoll. Ein Junge schleicht völlig verwildert und keiner Artikulation mächtig um das Lager herum. Als Hiske sich seiner annimmt, macht sie sich damit nicht gerade neue Freunde. Plötzlich stößt Hiske in ihrem Kräutergarten auf eine Leiche und unversehens hängt wieder der Vorwurf der Hexerei in der Luft. Was das für Hiske bedeutet, weiß sie nur zu gut ...

Der Auftakt der großen Lebenspflückerinnen- Reihe.



Regine Kölpin ist 1964 in Oberhausen geboren und wuchs die ersten Jahre ihrer Kindheit auf einem alten Rittergut 'Hof Hirschberg' bei Großalmerode auf. Seit ihrem 5. Lebensjahr lebt sie an der Nordseeküste in Friesland. Die mehrfache Spiegel-Bestsellerautorin schreibt Romane und Geschichten unterschiedlicher Genres. Ihre Arbeiten sind mehrfach ausgezeichnet worden. Sie ist auch als Herausgeberin tätig und an verschiedenen Musik- und Bühnenproduktionen beteiligt. Außerdem hat sie über 200 Kurztexte publiziert. Regine Kölpin ist mit dem Musiker Frank Kölpin verheiratet. Sie haben fünf erwachsene Kinder, mehrere Enkel und leben in einem kleinen Dorf in Küstennähe. In ihrer Freizeit verreisen sie gern mit ihrem Wohnmobil, um sich für neue Projekte inspirieren zu lassen.

Kapitel 1


Mai 1545

Herrlichkeit Gödens – Ostfriesland

Das Donnern der Hufe kam näher. Der Klang trieb sich drohend in den beginnenden Morgen und ließ das Herz der Hebamme Hiske Aalken schneller schlagen.

Sie befand sich in der Gegend um Schortens, hatte am Nachmittag zuvor die Stadtmauern von Jever verlassen. Nun war es dunkel, und auch wenn die Nacht bereits auf dem Rückzug war und sich am Horizont der erste Lichtstreif zeigte, fühlte sie sich nicht besonders wohl in ihrer Haut. Überall um sie herum knackte es, hin und wieder schrie ein Kauz.

Und nun gesellte sich dieser bedrohliche Hufschlag dazu. Hiske blickte sich um, nur wenige niedrige Büsche boten hier Schutz. Über den Wiesen verharrten Nebelschwaden, die die Nacht wie mit Schleiern schmückten und die Szenerie gespenstisch erscheinen ließen.

Hiske vermutete, dass ihre Flucht bemerkt worden war und Fräulein Maria Reiter aus Jever losgeschickt hatte.

Es war besser, ein Versteck zu suchen. Hiske wandte sich um. Ein Stück voraus erkannte sie einen Busch mit ausladenden Zweigen. Es war die einzige Möglichkeit weit und breit, sich zu verbergen. Die Hebamme lief ein wenig schneller, auch wenn sie schon sehr müde und jeder Schritt eine Qual war. Es konnte nicht mehr weit bis Schortens sein, doch auch dort war sie noch lange nicht in Sicherheit. Ihr Ziel war die Herrlichkeit Gödens, denn sie gehörte zu Ostfriesland uns nicht mehr zu Jever. Hiske hoffte, dass es keine großflächigen Überschwemmungen mehr gab und die Wege nicht zu schlammig waren. Kaum hatte sie sich hinter dem Busch verschanzt, hörte sie das Schlagen der Schwertscheiden an den Stiefeln ihrer Verfolger. Es vermischte sich mit dem Klappern der Hufe zu einem unheilvollen Geräusch. Die Männer zügelten die Rösser und bohrten ihre Blicke in den Nebel. Hiske drückte sich ins Gras, dessen Nässe sich augenblicklich in ihre Kleider fraß und sie frösteln ließ. Sie wagte kaum zu atmen. Auf keinen Fall durften die Männer sie finden. Sie wollte nicht nach Jever zurück, das wäre ihr sicherer Tod. Sie wollte kein Feuer an ihrer Haut fühlen, nicht den Geruch einatmen müssen, der sich seit dem Tod ihrer Freundin in ihre Nase gepflanzt hatte.

»War da nicht eben wer? Ich dachte, ich hätte jemanden gehört.«

Der Reiter, ein Mann von dicklicher Gestalt, wandte den Kopf, stellte sich in den Bügeln auf und suchte den Horizont ab.

»Und mir schien, ich hätte jemanden gesehen, ein Weib«, bestätigte der andere, dessen Stimme einem Bellen glich. »Sie könnte uns gehört und sich irgendwo versteckt haben.«

Sein Kumpan ließ sich in den Sattel zurückfallen. »Wenn sie die ist, die wir suchen, und sie ist, was man ihr nachsagt, hat sie starke Verbündete. Alle dunklen Mächte sind auf ihrer Seite.«

Hiske duckte sich immer mehr auf den Boden, fürchtete, dass allein ihr lauter Herzschlag sie verraten könne.

»Mir ist nicht wohl«, schnaufte der Reiter mit der heiseren Stimme. »Sie ist eine Toversche, eine Hexe, und schon mal vom Teufel befreit worden. Gut, dass das Weib, das sich für sie verbürgt hat, längst in der Hölle schmort. Das wird den anderen eine Warnung sein.«

Der Dicke grunzte. »Was ist, wenn wir sie jetzt fassen, und dann kommt ihr dieser Abkömmling von Ottern, Würmern und Kröten zu Hilfe geeilt? Hier ist keiner, der uns helfen könnte.« Er griff nach den Zügeln.

»Wie recht du hast«, bekam er zur Antwort. »Lass uns verschwinden, es ist mir hier nicht geheuer. Und je länger ich darüber nachdenke, desto unheimlicher wird es.«

Sie nickten sich kurz zu und wendeten die Pferde. Der aufgeweichte Boden spritzte unter den Hufen auf, als die beiden Reiter ein rasches Tempo anschlugen.

Hiske verharrte noch eine Weile, bis das Hufgetrappel nicht mehr zu hören war. Sie tastete sich mit den Füßen auf den aufgeweichten Weg zurück, beschleunigte ihren Schritt und umrundete schon bald die Schortenser Kirche. Vor ihr lag das beschwerlichste Stück ihres Weges, das Silland. Der Winter war lang und hart gewesen, hatte bis vor Kurzem das gesamte Land in eine Eisfläche verwandelt. Nun war es vermutlich nass, vielleicht musste sie große Umwege gehen, um Dykhusen zu erreichen.

Kaum hatte Hiske Schortens hinter sich gelassen, wurden die Wege auch schon schlechter, sie sank bis zum Knöchel ein, das Gehen war eine Tortur. Doch wie gering war dies alles gegen das, was sie in Jever erwartet hätte.

Die Wolken schoben sich immer wieder vor den Mond und nahmen die Sicht. Hikse war dankbar, dass sich das Morgenlicht von Osten her immer mehr ausbreitete und die Nacht bald verdrängen würde. Schließlich gelang es ihr, sich zum alten Deich vorzuarbeiten und auf seiner Krone weiterzulaufen, was das Fortkommen merklich erleichterte.

Sie hatte gehört, dass die Herrlichkeit Gödens erst kurz vor Dykhusen begann. Die Angst verlieh Hiske ungeahnte Kräfte.

Sie sehnte sich nach einer warmen Suppe, nach einer Bettstatt, in die sie sich einfach fallen lassen konnte. Mit diesem Ziel vor Augen lief es sich besser. Bald war sie frei. Musste nicht mehr um ihr Leben zittern. In der Herrlichkeit Gödens unterstand sie Hebrich von Knyphausen, der Witwe des Häuptlings Haro von Oldersum und Gödens. Hiske hoffte nur, dass die Gerüchte stimmten, die sie in den letzten Jahren auf dem Markt von Jever aufgeschnappt hatte. In der abgelegenen und nur schwer zugänglichen Herrlichkeit gab es Zuflucht und Schutz, vor allem für Andersdenkende und Andersgläubige. Eine andere Wahl als hierherzuflüchten, hatte Hiske ohnehin nicht. Wo sollte sie auch sonst hin? Diesen Landstrich konnte man nur schwer erreichen, aber auch ebenso schwer wieder verlassen.

Hiske ruckelte ihren Beutel auf dem Rücken zurecht, wickelte den anderen, in dem sich die Utensilien befanden, die sie als Hebamme brauchte, fest um das Handgelenk und marschierte weiter. Noch durfte sie sich keine Pause erlauben, noch war sie zu weit von ihrem sicheren Ziel entfernt.

Trotz ihrer schweren Glieder lief sie etwas schneller. Die Reiter Fräulein Marias waren zwar umgekehrt, aber niemand wusste, ob sie sich nicht doch wieder anders besannen und doch in diese morastige Gegend wagen würden.

Der Zorn der Regentin würde auf sie niederprasseln, wenn sie unverrichteter Dinge zurückkamen. Hiske wusste nicht, was für die Männer schlimmer war: Die Furcht, ihr, der Hexe, der Zauberin, der Toverschen, zu begegnen oder die Reaktion des Fräuleins, das nicht gerade gnädig mit ihren Leuten umging, wenn sie nicht gehorchten .

Hiske sollte in Jever zum zweiten Mal in ihrem Leben als Zauberin angeklagt werden. Sie wollten sie holen, weil sie gemeinsam mit Gesche Glieders einen Baum gemolken haben sollte. Dieses Gerücht hatte sich das letzte halbe Jahr hartnäckig gehalten und war immer stärker ausgeschmückt worden, auch als man ihre Freundin längst verbrannt hatte.

Es hatte Wochen gedauert, bis die Wunden von den Stricken und Ketten von der letzten Verhaftung, als man ihr vorgeworfen hatte, Milch verzaubert und ein Kind totgehext zu haben, verheilt waren. Die Narben würden ihre Füße und Hände ein Leben lang entstellen. Wäre sie nicht freigekauft worden, hätte sie ihr Leben bei der Hexenprobe an der Toverschen Graft in Jever lassen müssen. Aber die Frau, die sich für sie eingesetzt hatte, war längst den Folterungen erlegen; ihr Mut hatte sie das Leben gekostet. Remmer von Seediek hatte mit ihrem Tod ein Exempel statuiert  – keiner würde es mehr wagen, sich für eine angeklagte Toversche einzusetzen. Nein, sie durfte nicht rasten, sie musste weiterziehen. Hiske atmete tief ein, beschleunigte ihren Schritt. Glücklicherweise lichtete sich der Morgennebel zusehends, sodass sie den Weg besser erkennen konnte. Dafür wurde der Boden jetzt auch auf dem Deich immer schlammiger, teilweise sank sie wieder knöcheltief ein und musste ihre Füße mühsam aus dem Matsch ziehen. Doch sie ging weiter. Immer Richtung Süden. Sie hatte es bald geschafft.

An seinen Händen klebte Blut. Es war noch warm, und er wusste nicht, wie es dorthingekommen war. Die ganze Nacht war der Junge herumgeschlichen, hatte nicht schlafen können, weil die Kälte sich durch seinen Körper fraß. Er durfte keine Sekunde innehalten, dann hätte sich die bleierne...

Erscheint lt. Verlag 21.11.2023
Reihe/Serie Die Lebenspflückerin
Die Lebenspflückerin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Frauenschicksal • historisch • Historischer Roman • Iny Lorenz • Ken Follett • König • Liebe • Notre-Dame • Paris • Ralf Dorweiler • Sabine Weiß
ISBN-10 3-8412-3270-1 / 3841232701
ISBN-13 978-3-8412-3270-0 / 9783841232700
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