Lassiter 2679 (eBook)

Alles auf Rot
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-5813-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lassiter 2679 - Marthy J. Cannary
Systemvoraussetzungen
1,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen

Inmitten des tobenden Blizzards, der wie eine eiserne Faust über das Wyoming-Territorium hinwegging, wünschte sich die achtzehnjährige Lilly nichts sehnlicher, als mit ihrer Mutter in einer warmen Stube Handarbeiten nachzugehen. Stattdessen saß das Mädchen eingeklemmt zwischen einem Handelsreisenden aus Baltimore, der murmelnd vor sich hin betete, und einer stummen Näherin aus Iowa, die sie aus bangen Augen anstarrte.
Ihr Schlitten steckte in einer Schneewehe fest.
Sie stiegen aus und halfen dem Kutscher, der unentwegt fluchte und Gott dafür scholt, dass er geschehen ließ, woran er in Wahrheit selbst die Schuld trug. Der Geschäftsmann schwang neben Lilly die Schaufel, Eiskristalle im Bart. Der Kutscher packte das Mädchen beim Arm und stieß es grob zur Seite. 'Steh' mir nicht im Weg!', schnaubte er.
Frierend rieb sich Lilly die Hände...


Alles
auf Rot

von Marthy J. Cannary

Inmitten des tobenden Blizzards, der wie eine eiserne Faust über das Wyoming-Territorium hinwegging, wünschte sich die achtzehnjährige Lilly nichts sehnlicher, als mit ihrer Mutter in einer warmen Stube Handarbeiten nachzugehen. Stattdessen saß das Mädchen eingeklemmt zwischen einem Handelsreisenden aus Baltimore, der murmelnd vor sich hin betete, und einer stummen Näherin aus Iowa, die sie aus bangen Augen anstarrte.

Ihr Schlitten steckte in einer Schneewehe fest.

Sie stiegen aus und halfen dem Kutscher, der unentwegt fluchte und Gott dafür schalt, dass er geschehen ließ, woran er in Wahrheit selbst die Schuld trug. Der Geschäftsmann schwang neben Lilly die Schaufel, Eiskristalle im Bart. Der Kutscher packte das Mädchen beim Arm und stieß es grob zur Seite. »Steh mir nicht im Weg!«, schnaubte er.

Frierend rieb sich Lilly die Hände ...

Von den Spieltischen im Casino mochte Lilly am meisten den Roulettetisch, der oft von gescheiten und klugen Gästen umringt war, die sich auf Zahlen und Wahrscheinlichkeiten verstanden. Sie machte sich nicht selten einen Spaß daraus, den eifrigsten Spielern die Notizblöcke zu stehlen, auf denen diese Kolonnen von Zahlen festhielten, in der ewigen Hoffnung darauf, dass der nächste Einsatz ihnen den ersehnten Gewinn bescheren könnte. Sie las die Aufzeichnungen, schrieb manchmal ein paar Ziffern dazu und gab die Blöcke zurück.

Manchmal gewannen die Leute ihretwegen.

Sie wussten nichts von Lillys Frechheiten, priesen vor ihren Freunden das vermeintliche Rechenwerk an, mit dem sie die Roulettekugel ausgetrickst hätten, und wenn die anderen Männer und Frauen daraufhin bedächtig nickten, musste Lilly den Saal verlassen, um mit ihrem Gelächter niemanden zu verärgern.

»Hurenfotz!«, schimpfte der Kutscher und trat gegen die vereisten Kufen des Schlittens. Er watete durch den kniehohen Schnee und schlug sich den Schnee von den Fäustlingen. »Uns bringt's nichts! Die Anstrengung bringt uns nichts!«

Das ferne Casino mit seinem beheizten Saal, das blank gewachste Parkett unter den Tischen, der geschwungene Tresen, hinter dem ihre Mutter die Drinks eingoss – sie alle verschwanden aus Lillys Vorstellung, zerstoben wie der eisige Schnee, der über ihre Köpfe hinwegwehte und vom Blizzard in die Nacht hinaufgetragen wurde. Sie wurden zu dem finsteren Nichts, das über ihnen in der Dunkelheit hauste und ihnen zusetzte.

»Geh aus dem Weg!«, schnauzte der Kutscher und stieß Lilly erneut in den Schnee. Er scherte sich nicht darum, dass er ein junges Mädchen malträtierte, wie ihn zuvor wenig geschert hatte, dass er seine Passagiere ins Verderben manövriert hatte. »Möge sich jemand unser erbarmen! Der Teufel soll sich unser annehmen! Komm herzu, Beelzebub! Nimm unsere Seelen! Aber lass uns friedlich und ohne Schmerzen sterben!«

Der Geschäftsmann aus Baltimore hieß Herb Bennett und war die Liebenswürdigkeit in Person gewesen, bis sie in den Blizzard geraten waren. Er hatte Lilly und der Näherin erzählt, dass er die Bradbury Northwestern Stagecoach Company kannte und keiner anderen Postkutschengesellschaft vertraute, jedenfalls keiner, die sich ihm in Green River aufgedrängt hätte, die ihm billigste Tarife versprochen hätte, die das Blaue vom Himmel gelogen hätte.

Nun war Bennett außer sich vor Empörung.

Er beschuldigte den Kutscher wieder und wieder, dass er die Route nicht kennen würde, dass es ihm nur um die Poststraße ginge, dass er deshalb das Leben eines jungen Mädchens und einer unschuldigen Frau aufs Spiel setze. Der Kutscher hörte mit verkniffenem Gesicht zu und kratzte das Eis von den Kufen.

»Soll ich Klage gegen Sie führen?«, schrie Bennett gegen den Wind an. »Soll ich die Bradbury Northwestern verklagen? Wäre nicht die erste Klage, die ich führen müsste! Sie töten uns, Mister!«

»Töten?«, höhnte der Kutscher und trat auf Bennett zu. »Wissen Sie, wer uns tötet? Klugscheißer töten uns! Paragraphenreiter wie Sie! Die Postbehörde hat uns zweihundert Dollar Strafe aufgebrummt? Wer soll's wieder reinholen?« Er deutete auf den Postsack, der hinten am Schlitten befestigt war. »Wegen der Post fahren wir rauf nach Camp Washakie! Nicht euretwegen, Mister! Die Post bringt uns das Geld!«

Die Männer stritten weiter, und Lilly verstand nichts davon, als sie von Konzessionen und Verträgen redeten, die jede Postkutschengesellschaft abschließen müsse, und als der Kutscher endlich wieder zu schaufeln begann, war Lilly so kalt, dass sie sich im Schnee zusammenkrümmte.

»Stehen Sie auf!«, rief Bennett streng und reichte ihr die Hand. »Sie dürfen sich nicht setzen, Miss! Die Kälte nimmt sie ein! Stehen Sie auf! Los doch!« Er zerrte an ihr. »Stehen Sie bitte auf, Miss!«

Über Stunden tat sich nichts am Schlitten.

Der Sturm häufte weiteren Schnee auf das Gespann, und die Temperatur sank mit jeder Stunde, die sie länger in dieser Nacht ausharrten. Die Näherin hatte Lilly einen ihrer Mäntel gebracht und gesagt, dass Lillys Lippen blau würden und dass sie sich in acht nehmen müsse.

Allmählich jedoch wurde Lilly die Kälte gleichgültig.

Sie stand einen Steinwurf von dem offenen Schlitten entfernt, der so tief im Schnee saß, dass die Männer ihn selbst mit den Pferden nicht herausbekommen würden. Der offene Schlitten war dem Kutscher von dessen Gesellschaft vorgeschrieben worden; er hatte geklagt darüber, als sie noch an der Dry Sandy Station gewesen waren.

»Gehen Sie ein Stück!«, rief Bennett und ergriff Lilly beim Arm. »Sie müssen sich bewegen, Miss! Sie müssen sich gegen den Frost sträuben!«

Über ihnen lag ein gewaltiges Wolkengrau, aus dem die Schneeflocken rieselten, und je länger Lilly in diese Leere starrte, um unnützer kamen ihre die Worte vor, die man an sie richtete. Sie zog die Handschuhe von ihren Fingern, die klamm und starr vor Kälte waren, und griff in die schimmernde Kristalldecke hinunter, die sich vor ihren Füßen ausbreitete.

Sie spürte die Kälte nicht länger.

Sie nahm nur ein dumpfes, taubes Gefühl in ihrem Inneren wahr, das sich vom Herzen her in ihre Eingeweide schnitt und bis in ihre Beine hinunterreichte. Sie hockte sich nieder, setzte ein strahlendes Lächeln auf und schaute die Männer an. Sie warf den losen Schnee in die Luft, ließ ihn auf sich herabfallen und freute sich an den wirbelnden Glitzerfunken, die um sie herum tanzten.

»Miss!«, schrie Bennett und stürzte auf sie zu. »Miss! Was tun Sie da?«

Für einen Augenblick glaubte Lilly, das Wiehern der Pferde zu vernehmen, die schon vor Stunden erfroren waren. Sie deutete zitternd zum Schlitten. Sie wollte Bennett die unbegreifliche Wahrheit mitteilen, die sich ihr eröffnete, nämlich dass sie gerettet würden, dass die Kälte nicht ihr Tod sei, sondern vielmehr Erlösung bedeute.

Doch Bennett hörte Lilly nicht.

Der weiße Carrara-Marmor des Friedensdenkmals, das mit seinen beiden Frauengestalten auf dem Sockel wie ein Grabmonument wirkte, blendete Lassiter und seinen Begleiter. Die Männer waren aus der Droschke gestiegen, die sie vom Kapitolgebäude herübergebracht hatte, und liefen in der gleißenden Wintersonne über den Platz. Sie trugen lange Mäntel und Fellhandschuhe und hatten sich mit einem Glas Bourbon aufgewärmt.

»Schauen Sie!«, sagte Adam Morris und wies auf das Denkmal. »Eine der Frauen verkörpert die Trauer, die andere die Geschichte. Die Trauer legt ihr Haupt an die Schulter der Geschichte.« Sie betrachteten die beiden allegorischen Frauengestalten. »Die Vergangenheit hat uns selten Glück gebracht.«

Der Zusammenkunft war ein längliches Treffen im Kapitol vorausgegangen, an der neben einigen Verantwortlichen der Brigade Sieben auch der Justizminister teilgenommen hatte. Man war rasch übereingekommen, dass Lassiter der geeignete Mann für den Auftrag war. Das Justizministerium hatte schon zuvor beharrlich darauf gedrungen.

»Die Vergangenheit ist vorüber«, sagte Lassiter und blieb an dem Wasserbassin stehen, aus dessen Mitte der Denkmalsockel aufragte. »Ich schaue eher auf die Dinge, die vor uns liegen, Mr. Morris.«

Der Mittelsmann der Brigade Sieben bekleidete einen hohen Posten im Kongress und war es nicht gewohnt, dass man ihm widersprach. Er ging um das Friedensmonument herum und starrte auf die Siegesgöttin, die unterhalb der anderen beiden Frauengestalten einen Lorbeerkranz in die Höhe hielt. »Ich muss Ihnen nicht sagen, dass die Geschichte der Vereinigten Staaten voll Kummer ist. Die Väter unserer Verfassung wollten uns den Frieden ins Stammbuch schreiben und doch brach gute siebzig Jahre später der Bruderkrieg aus.«

Der Auftrag würde Lassiter ins Wyoming-Territorium führen, in jenes wilde, ungezähmte Land, vor dem man sich im kultivierten Washington D. C. fürchtete. Das Justizministerium hatte betont, dass man einen Mann brauche, der Recht und Gesetz ernst nahm und willens war, nötigenfalls mit dem Leben dafür einzustehen. Die...

Erscheint lt. Verlag 18.11.2023
Reihe/Serie Lassiter
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • Abenteurer • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g-f • GF • g f barner • g f unger • Indianer • jack-slade • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • lucky-luke • Männer • martin-wachter • Nackt • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • Sexy • sonder-edition • Unger • Western • Western-Erotik • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7517-5813-5 / 3751758135
ISBN-13 978-3-7517-5813-0 / 9783751758130
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Ohne DRM)
Größe: 920 KB

Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopier­schutz. Eine Weiter­gabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persön­lichen Nutzung erwerben.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von Anne Freytag

eBook Download (2023)
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
14,99
Roman. Aus den Memoiren der Herbjörg María Björnsson

von Hallgrímur Helgason

eBook Download (2011)
Tropen (Verlag)
9,99
Band 1: Lebe den Moment

von Elenay Christine van Lind

eBook Download (2023)
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
9,49