Mord zur Teatime - Der goldene Samovar (eBook)

Der goldene Samovar

*****

eBook Download: EPUB
2023
344 Seiten
beTHRILLED (Verlag)
978-3-7517-3834-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mord zur Teatime - Der goldene Samovar -  Olga Wojtas,  Helena Marchmont
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Unterschätzen Sie niemals eine Bibliothekarin ...

Shona McMonagle ist auf einer Mission: Die resolute schottische Bibliothekarin hat die ehrenvolle Aufgabe, in der Zeit zurückzureisen und den Lauf der Geschichte zu verändern. Im Moskau des 19. Jahrhunderts soll Shona die schüchterne, aber sehr wohlhabende, Waise Lidia Ivanovna mit Sasha zusammenbringen - einem hinreißenden jungen Mann mit ungeklärter Herkunft. Doch irgendetwas stimmt hier nicht ... Denn ständig sterben Menschen auf seltsame Art und Weise. Hat Shona den Auftrag vielleicht falsch verstanden? Und wird es ihr gelingen, rechtzeitig herauszufinden, wer der wahre Schurke und für die Morde verantwortlich ist?

Gönnen Sie sich eine Tasse Tee - oder einen eiskalten Schluck Wodka - und tauchen Sie ein in die Welt dieser außergewöhnlichen Bibliothekarin. Denn eins ist sicher: Mit Shona McMonagle wird es garantiert nie langweilig! Beste britische Cosy Crime trifft auf charmanten Time-Travel-Plot. Von der Autorin der beliebten Krimi-Serie »Bunburry - Ein Idyll zum Sterben«.

»Clever, witzig und geistreich. Dieses Buch ist ein absoluter Knaller!« Raven Crime Reads
Olga Wojtas ist eine schottische Autorin, die unter dem Pseudonym Helena Marchmont die erfolgreiche BUNBURRY-Serie schreibt. "Mord zur Teatime - Der goldene Samovar" ist ihr erster Roman, der auf der Longlist für den ersten "Comedy Women in Print Prize" 2019 und auf der Shortlist für den CrimeFest Award stand und vom Kirkus Review als einer der besten Krimis des Jahres ausgezeichnet wurde. Olga Wojtas lebt in Edinburgh und arbeitet als Journalistin.

Kapitel Eins


»Wen darf ich melden?«

Bei der Frage sah Madame Potapowas Majordomus weder mich noch das Empfehlungsschreiben an, mit dem ich wedelte. Er war zu sehr damit beschäftigt, erst den Türsteher wütend anzufunkeln, der mich hereingelassen hatte – und dann den Diener, der mich in die Empfangshalle führte.

Ich stellte mich auf russische Art mit Vor- und Vaternamen vor und beschloss, die Exotenkarte auszuspielen. »Shona Fergusowna aus Edinburgh, der Hauptstadt von Schottland. Mein Vater Fergus war Präsident des Heimatvereins in Morningside, dem berühmtesten Viertel von Edinburgh. Ich bin gestern hier eingetroffen und nun hergekommen, um Madame meine Aufwartung zu machen.«

Kein Wimpernzucken. »Ich weiß nicht, ob Madame heute Nachmittag noch mehr Besucher empfängt.«

»Nun, warum fragen Sie sie nicht?«, schlug ich vor. Madame Potapowa war eine alte Witwe und bekannt dafür, die besten Feste im zaristischen Russland zu geben. Ich war auf einer Mission, und die verlangte, dass ich mir eine Einladung zu der Festlichkeit am heutigen Abend sicherte.

Doch bevor der Majordomus antworten konnte, ertönte ein gellender Schrei vom oberen Ende der Marmortreppe, und eine ältere Dame fiel in einem sich drehenden Wirbel aus schwarzer Seide und Taft eine Stufe nach der anderen hinab.

Ich rannte hin, um ihren Sturz abzufedern, bekam indes keine Chance dazu. Auf den Schrei folgten alsbald ein Kratzen von Metall auf Marmor und ein Knacken von Knochen. Die Goldkette der Lorgnette war an einem vorstehenden Teil des kunstvoll gearbeiteten Treppengeländers hängen geblieben. Offensichtlich war die Kette von exzellenter Qualität: Sie brach nicht, dieses Geschick ereilte stattdessen das Genick der Dame. Sie lag auf halber Höhe der Treppe, den Kopf in einem Neunziggradwinkel zum Körper.

»Ist das Madame Potapowa?«, fragte ich den Majordomus.

Er nickte und bekreuzigte sich fromm im Angesicht des Todes.

»Ich nehme an, dass damit das Fest heute Abend ausfallen wird?«

»Leider ja, doch da Eure Exzellenz nicht eingeladen war, werden Ihre Unannehmlichkeiten nicht allzu groß sein.«

Er schnippte mit den Fingern nach einem Diener. »Ihre Exzellenz möchte gehen.«

Ich bemühte mich stets, das Beste in anderen zu sehen, konnte mich für diesen Kerl jedoch überhaupt nicht erwärmen. Ich war sehr froh, dass ich nicht erwähnt hatte, was ich glaubte, gesehen zu haben. In dem Augenblick, wo Madame Potapowa in ihre Verdammnis gestürzt war, erschien es mir so, als hätte sich jemand oben auf dem Flur bewegt und wäre dann im Schatten verschwunden. Sicher konnte ich mir allerdings nicht sein, denn die Zeitreise schien mir leichte visuelle Störungen beschert zu haben.

Hätte ich etwas gesagt, wäre dem Majordomus zuzutrauen gewesen, dass er losschrie, Madame Potapowa wäre nicht gestürzt, sondern gestoßen worden. Dann hätte man irgendein armes Zimmermädchen oder einen Diener, die gerade zufällig in der Nähe gewesen waren, wegen Mordes hingerichtet. Ich war jedoch ein Mensch, der sich von Fakten und nicht von Fantasien leiten ließ. Und eine traurige Tatsache war, dass viele alte Menschen sich zu wenig bewegten, um ihren Gleichgewichtssinn zu erhalten.

Der Diener eskortierte mich durch die Empfangshalle, und der Türsteher öffnete mir.

»Danke«, sagte ich. »Tut mir leid, dass Sie Ihre Stellung verloren haben.«

Der Diener runzelte die Stirn. »Eure Exzellenz?«

»Nun, da Ihre Arbeitgeberin verstorben ist …«, erinnerte ich ihn, doch er wirkte immer noch verblüfft.

»Verzeihung, Eure Exzellenz«, sagte der Diener. »Ich konnte nicht umhin, Ihre Unterhaltung mit dem Majordomus zu hören, und ich glaube, Sie sind Schottin, nicht wahr?«

»Unmöglich!«, hauchte der Türsteher.

Ich bedachte ihn mit einem Blick, den ich als Aufsichtsschülerin benutzt hatte, wenn irgendeine patzige Neuntklässlerin versuchte, Widerworte zu geben. »Haben Sie etwas dagegen?«

»Aber keineswegs, Eure Exzellenz«, antwortete er kleinlaut. »Doch Eure Exzellenz spricht unsere Sprache so perfekt, dass ich nicht glauben kann, dass Sie keine Russin sind.«

Ich lächelte. »Ja, ich bin aus Schottland, wo mir die beste Schulbildung der Welt zuteilwurde.« Ich wandte mich an den Diener. »Was ist mit Ihnen? Haben Sie ein Problem damit, dass ich Schottin bin?«

»Ich … ich wollte nur andeuten, Eure Exzellenz«, stammelte er, »dass Sie womöglich nicht mit unseren Lebensumständen vertraut sind. Wir sind Leibeigene. Wer Madames Besitz erbt, erbt auch uns.«

»Dann hoffe ich, dass sie Sie einer netten Person hinterlässt.«

»Es ist weithin bekannt, dass Madame nie ein Testament gemacht hat. Wir werden daher Unserem Vater übergeben, dem Kaiser und Autokraten aller Russen, dem Herrscher von Moskau, Kiew, Wladimir, Nowgorod, dem Zaren von Kasan, Zar von Astrachan, Zar von Polen, Zar von Sibirien, Zar vom Taurischen Chersonesos, Zar von Georgien, Gebieter von Pskow, Großherzog von Smolensk, Litauen, Wolhynien …«

»Ja«, sagte ich, »ich weiß, wen Sie meinen. Und wie geht es Ihnen damit?«

Der Diener und der Türsteher schlossen in kollektiver Ekstase die Augen.

»Es ist die größte Ehre, die sich ein Leibeigener vorstellen kann«, hauchte der Diener, »Unserem Vater dienen zu dürfen, dem Kaiser und Autokraten aller Russen, dem Herrscher von Moskau, Kiew, Wladimir, Nowgorod, Zar von Kasan, Zar von Astrachan, Zar von Polen …«

Ich schlich mich zwischen ihnen hindurch zur Tür hinaus, während sie über ihr Glück sinnierten. Es war schön, dass meine Sprachkenntnisse offensichtlich den Test bestanden hatten.

Mir war die Bedeutung des Buchpakets nicht klar gewesen, als es mit einem Vermerk für mich persönlich in der Bücherei eingetroffen war. Die beiliegende, nicht unterzeichnete Nachricht hatte gelautet: »Lesen und verinnerlichen.« Also hatte ich genau das in jedem ruhigen Moment getan, den ich fand. Ich hatte mich im Nu durch die Bücher über russische Geschichte, Geografie, Architektur, Politik, Kultur und Infrastruktur gearbeitet, um mir dann die gesammelten Werke Tolstois im Original vorzunehmen. Und stellte fest, dass sie nicht vollständig russisch waren. Ein größerer Teil der Dialoge war auf Französisch, gesprochen von aufgeblasenen Aristokraten. Mein Französisch war so fließend, dass ich es kaum noch als Fremdsprache wahrnahm, und es hatte Spaß gemacht, meine innere Slawistin wieder zu aktivieren.

Noch am gestrigen Tag war ich in meiner Wohnung in Morningside gewesen und gerade zu dem Entschluss gekommen, dass es höchste Zeit wurde, die Küche neu zu streichen, als das Zwicken losging. Zuerst kam es mir wie leichtes Bauchkneifen vor. Dann dachte ich, es würde sich eine Grippe ankündigen. Im nächsten Moment war ich überzeugt, dass mein Blinddarm durchgebrochen war. Ich krümmte mich keuchend und kniff die Augen zu, während ich irgendwie versuchte, den Schmerz erträglicher zu machen. Und als ich schließlich die Lider wieder öffnete, lag ich auf einem polierten Holzfußboden und blickte auf ein gewölbtes, metallenes Ding mit einem Hahn vorn. Es verriet eine Menge über den Grad meiner Verwirrung, dass ich eine volle Minute brauchte, um zu erkennen, dass es sich um einen russischen Samowar handelte.

Mir war gesagt worden, ich würde bei Zeitreisen »ein leichtes Unwohlsein« verspüren, und ich war ziemlich schockiert, dass man mich belogen hatte: In Wahrheit fühlte es sich höllisch an. Ich wirkte doch gewiss nicht so verweichlicht, dass zu befürchten war, ich könnte einen Auftrag verweigern, nur weil damit heftige Bauchschmerzen einhergingen.

Letztere ließen langsam nach, und ich begann einzuschätzen, in was für einer Umgebung ich mich befand; dabei griff ich auf das zurück, was ich in jüngster Zeit gelesen hatte. Ich befand mich im Vorzimmer eines russischen Herrenhauses aus dem neunzehnten Jahrhundert. Der Samowar war aus Messing – geprägt, herrschaftlich, aber zweckdienlich – und bestens dafür geeignet, eine wunderbare Tasse Tee bereitzustellen. Er stand neben einem hochbeinigen Sofa, dessen Bezug alt und ausgeblichen war. An der Wand hing ein großer, rechteckiger Spiegel mit altersfleckigem Glas und einem stumpfen Goldrahmen. Von nebenan waren leise Klänge von Tanzmusik, die hellen Stimmen plaudernder feiner Damen und das Klimpern von Weingläsern zu hören.

Plötzlich wurden die Geräusche lauter – die Tür schwang langsam auf. Ich wollte nicht gesehen werden, bevor ich mehr darüber wusste, wo ich war, also kroch ich rasch unter das Sofa. Es mochte vier Jahrzehnte her sein, seit ich die Schule verlassen hatte, dennoch konnte ich mit Fug und Recht behaupten, dass ich nach wie vor über die Schnelligkeit und das Können verfügte, die mich einst zur Starschwimmerin der Klasse gemacht hatten.

Meine Sicht war auf Bodenhöhe beschränkt. Ein Mann war hereingekommen – jung, dem Gang nach zu urteilen. Quietschende Sohlen. Neue Schuhe. Glänzendes schwarzes Leder, aufwendige Silberschnallen. Die Füße blieben stehen, als würde der Neuankömmling wie ich seine Umgebung mustern.

Als ich unter dem Sofa hervorlugte, konnte ich die verzerrte Widerspiegelung des Mannes in der Wölbung des Samowars sehen. Es war nur ein vager Umriss, und auf einmal hatte ich eine außergewöhnliche optische Täuschung. Ich glaubte zu sehen, wie sich sein Kopf um die eigene Achse drehte.

Und das war mehr als nur ein bisschen beängstigend. Die Krämpfe waren schon schlimm genug gewesen, aber von Sehstörungen hatte keiner ein Wort erwähnt. Ich blinzelte mehrmals, bevor ich die Augen weit aufriss und alles wieder normal wurde.

Eine Stimme erklang von der Tür – weiblich,...

Erscheint lt. Verlag 1.11.2023
Übersetzer Sabine Schilasky
Sprache deutsch
Original-Titel Miss Blaine’s Prefect and the Golden Samovar
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
ISBN-10 3-7517-3834-7 / 3751738347
ISBN-13 978-3-7517-3834-7 / 9783751738347
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