Beichtgeheimnis (eBook)

Ein Grenzlandroman
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
268 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7584-1523-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Beichtgeheimnis -  Eva-Maria Fontaine-Arnold
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In der idyllischen Landschaft des Saar-Gaus, in den kleinen stillen Dörfern des Grenzlands, sollten die Menschen in Frieden leben können. Doch was tut ein junger Priester, dem ein Triebtäter den Mord an einem kleinen Jungen beichtet? Wenn dieser Täter sagt, dass er leidet, aber dennoch weiter töten wird, da er nicht anders kann? Alfred Wagner, der Priester, weiß, dass er reden müsste, aber das Kirchenrecht verbietet ihm das. Selbst als er den Täter erkennt, muss er schweigen und es geschehen lassen, dass weitere Jungen getötet werden. Er weiß, dass er für jeden dieser Morde mitverantwortlich, an jedem Mord mitschuldig ist. Gefangen in der unseligen Allianz, die der Mörder ihm aufzwingt und die er selbst nicht lösen kann, zerrissen zwischen dem Zwang, das Beichtgeheimnis zu wahren und dem Wissen, dass er weitere Morde verhindern könnte, hadert er mit seinem Gott, vor allem aber mit seiner Kirche und droht, an der Last zu zerbrechen. Neben den grausamen Morden und den Gewissensqualen des jungen Priesters entwickelt sich die zarte Liebesgeschichte zwischen zwei reifen Menschen, Marie-Sophie van Geldern und Gaston Schmidt. Marie-Sophie reagiert aufgrund ihres eigenen Schicksals besonders sensibel auf die Morde an den Kindern. Seit zwei Jahren lebt sie in B., einem Dreihundert-Seelen-Dorf auf der Grenze zwischen Deutschland und Frankreich und ist immer noch nicht sicher, ob die Entscheidung richtig war, aus Saarbrücken hierher zu ziehen. Sie empfindet den Kontrast zwischen der Helle und Klarheit der Gaulandschaft und dem Bösen, das hier geschieht, als verstörend. Und sie weiß nicht, ob sie nach der Tragödie ihres Lebens ein neues, spätes Glück mit Gaston überhaupt zulassen darf.

Eva-Maria Fontaine- Arnold, geboren 1949 in Saarlouis, Studium der Germanistik und Geographie, Oberstudienrätin i.R., Dozentin für Sprach -und Integrationskurse an der VHS Saarlouis, Mutter zweier wunderbarer Kinder, weltweit gereist. 2011 Veröffentlichung des ersten Romans 'gerächt/gerecht' unter dem Pseudonym Maria Brünne. 2015 Abdruck eines Gedichts im 'Jahrbuch des zeitgenössischen Gedichts' (Frankfurter Bibliothek 2015) 2016 Abdruck von fünf kurzen Texten im Mundartbuch 'So schwäddse mir im Landkreis Saarlouis' des Kelkel Verlags. 2016 kurzer Auftritt auf der Online-Plattform des deutschen Literaturfernsehens (Lesung von sechs Limericks).

Eva-Maria Fontaine- Arnold, geboren 1949 in Saarlouis, Studium der Germanistik und Geographie, Oberstudienrätin i.R., Dozentin für Sprach -und Integrationskurse an der VHS Saarlouis, Mutter zweier wunderbarer Kinder, weltweit gereist. 2011 Veröffentlichung des ersten Romans "gerächt/gerecht" unter dem Pseudonym Maria Brünne. 2015 Abdruck eines Gedichts im "Jahrbuch des zeitgenössischen Gedichts" (Frankfurter Bibliothek 2015) 2016 Abdruck von fünf kurzen Texten im Mundartbuch "So schwäddse mir im Landkreis Saarlouis" des Kelkel Verlags. 2016 kurzer Auftritt auf der Online-Plattform des deutschen Literaturfernsehens (Lesung von sechs Limericks).

KAPITEL 5


 

Marie-Sophie van Geldern schaute und sah . . . ja, was sah sie?

Tote Hose. Öde. Langeweile. Das würden die einen sagen.

Grüne Hügel, einen Bachlauf, eine friedliche Landschaft. Das würden die andern sagen.

Die wellige Hochfläche des Saar-Gaus, dessen Muschelkalk- und Keuperflächen agrarisch genutzt werden. Das würden der Geograf und der Agronom sagen.

 

Marie-Sophie sah von allem ein bisschen. Vor allem aber sah sie das eine Stück dieser Landschaft, das seit gut zwei Jahren ihr Eigentum war. Seit fünfundzwanzig Monaten und ein paar Tagen gehörte ihr ein Hektar dieser Öde, dieses Grüns, dieser welligen Landschaft.

Hundert mal hundert Meter, das klingt nicht nach viel.

Aber zehntausend Quadratmeter, das klingt fast beängstigend, wenn man sein Leben in einer Dreizimmerwohnung im zweiten Stock in Saarbrücken verbracht hat und ein kleiner Balkon der einzige Zugang zu Frischluft war.

 

Was sie zu dem Schritt veranlasst hatte, der ihr Leben so drastisch veränderte, konnte sie bis heute nicht genau sagen. Es hatte nicht den einen Grund gegeben, nein, aber es waren ein paar Dinge zusammengekommen, die in der Summe schwer genug wogen, um die Veränderung zu wagen.

 

Da war dieser Geburtstag gewesen, der per se schon ein Innehalten postulierte, eine Bilanz im Sinne von „Was habe ich schon?“ und „Was will ich noch?“, und der den Gedanken an eine Veränderung durchaus akzeptabel und bisweilen sogar verlockend erscheinen ließ.

Der Fünfzigste, den sie allein verbracht hatte, und, wie sie sich endlich eingestanden hatte, nicht nur allein, sondern einsam. Mitten in der großen Stadt war sie einsam gewesen.

 

Da war der Brief vom Amtsgericht gewesen, der ein paar Tage nach dem Geburtstag in ihrem Briefkasten gelegen hatte und der sie darüber informierte, dass ihr Onkel Gerhard sie als Erbin seines Vermögens eingesetzt hatte. Ein verspätetes Geschenk? Da war sie immer noch nicht sicher.

Das Vermögen bestand in einem Hektar Land am Rand eines Dörfchens auf der deutsch-französischen Grenze mit drei aufstehenden Gebäuden nebst der Summe von neunzigtausend Euro, die auf einem Sparkonto lag.

 

Da war Linus gewesen, ihr Neffe, der sie nach Bellingen begleitet hatte, um das Erbe zu besichtigen und sofort begeistert gewesen war. „Tante, das ist das Paradies – nein, das vergessen wir. Paradies impliziert Vertreibung. Kein Paradies, aber ein Geschenk, und ein wunderschöner Platz zum Leben. Hier musst du hingehn – und wenn du mich lässt, komm ich mit.“

 

Und da war schließlich die Tatsache, dass sie ihren Beruf als freischaffende Kolumnistin und als erfolglose Schriftstellerin an jedem Ort ausüben konnte.

Es war nicht so gewesen, dass es keine Gegenargumente gegeben hätte.

Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, Kino und Theater, der Bummel durch die Altstadt, das Eiscafé, all das genoss sie, auch allein.

Aber hier spürte sie seit einiger Zeit eine Veränderung. Sie begann, etwas zu vermissen.

Nein. Nicht etwas. Jemanden. Nach fünfzehn Jahren der Witwenschaft fühlte sie, dass ihr jemand fehlte. Dass es gut wäre, einen Freund zu haben.

Dass dieser in der Großstadt eher zu finden wäre als in einem Dreihundert-Seelen-Dorf auf dem Saar-Gau, schien ihr unstrittig.

 

Trotzdem stand Marie-Sophie jetzt auf der neuen Terrasse ihres alten Hauses. Ihr Blick folgte dem Lauf des kleinen Bachs, der ihren Besitz im Nordosten begrenzte.

 

Sie kniff die Augen zusammen. Was war das gewesen? Am Rand ihres Gesichtsfelds hatte sie etwas wahrgenommen. Nicht wirklich gesehen, aber doch wahrgenommen. Weit jenseits ihrer Grundstücksgrenze, da, wo der Wald anfing, war eine dunkle Bewegung gewesen.

Sie war sich ganz sicher. Sie fokussierte die Stelle. Nichts. Die späte Nachmittagssonne beschien eine friedliche Landschaft.

Sie wandte sich um. Die französischen Fenstertüren ihres Wohnzimmers standen offen.

Der Apéro stand kühl, und ein gemütlicher Abend wartete auf sie.

Aber ein Kind war verschwunden. Ein kleiner Junge war abends nicht da gewesen, wo er hätte sein müssen. Die Wunde riss auf. Eine dunkle Bewegung.

 

Marie-Sophie eilte die Stufen zum Hof hinunter. Ihr Fahrrad lehnte an der Hauswand.

Das Rad, das sie angeschafft hatte angesichts einer weiten Landschaft und schmaler Straßen, die asphaltiert, aber angenehm wenig befahren waren.

Und angesichts der Tatsache, dass das nächste Fitnessstudio weit entfernt war.

 

Sie stieg aber in den Peugeot, dessen Schlüssel steckte, und fuhr rückwärts durch das große Tor, das tagsüber offenstand, und meistens auch nachts. Man lebte auf dem Land, wo Böses nicht geschah. So hatte man hier gedacht.

 

Der asphaltierte Weg, der oberhalb ihres Anwesens endete, brachte sie ins Dorf. Dort bog sie auf die Hauptstraße ein.

Diese schmale Straße trennt nicht nur zwei Häuserzeilen, sie trennt Deutschland von Frankreich. Sie verläuft auf der Grenze beider Länder und hat folgerichtig zwei Namen:

Deutsch-Französische Straße heißt sie für die Deutschen, Rue Franco-Allemande für die Franzosen.

Auf dieser bemerkenswerten Straße fuhr Marie-Sophie nun in Richtung des Waldstücks, an dessen Rand sie die Bewegung bemerkt hatte. Aber diese Bewegung, das, was sie zu sehen geglaubt hatte, verlor schon an Bedeutung, wurde zunehmend unwirklich in der hellen, immer noch sonnenbeschienenen Landschaft, in der Geborgenheit ihres Autos.

Sie parkte in einer Ausweichbucht, hundert Meter vor dem Waldrand und stieg aus, sah sich um.

Da war nichts, nichts als das stille Land im Licht der Nachmittagssonne.

Langsam ging sie auf den Wald zu. Sie hielt Ausschau und wusste nicht, wonach.

Die Straße und ihre Randbereiche waren ungewöhnlich sauber. Nicht einmal die üblichen Papierfetzen waren da, keine einzige Plastikflasche. Womöglich hatte eine der gelegentlichen privaten Säuberungsaktionen stattgefunden.

Umso stärker fiel ein kleiner gelber Tetra-Pack ins Auge. Er lag am Straßenrand, der unbefestigt war und staubig, und er war vollkommen sauber. Lange konnte er noch nicht dort liegen.

Marie-Sophie ging näher, betrachtete den Gegenstand und schalt sich albern. Es ist nur ein kleiner Saftbehälter. Fahr weiter und du findest noch ein Dutzend davon.

Wieder sah sie sich um. Immer noch war die Landschaft hell beschienen. Aber die Sonne stand inzwischen schräg, und die Straße, die vor ihr in den Wald eintauchte, kam ihr jetzt vor wie ein düsterer Tunnel. Sie bückte sich und zuckte zurück. Sie zog ein unbenutztes Tempo aus der Tasche ihrer Jeans und konnte ein schiefes Grinsen nicht unterdrücken. DNA. Fingerabdrücke. . . Sie nahm den kleinen Gegenstand mit Hilfe des Tuchs auf und kehrte zu ihrem Auto zurück. Mehr war hier nicht zu tun für sie.

Um ein Wendemanöver auf der schmalen Straße zu vermeiden, fuhr sie weiter und in den Wald hinein. Schlagartig verschwanden Helligkeit und Wärme. Es war auf einmal düster und kühl. Unwillkürlich schauderte sie. Aber nach wenigen Minuten endete der Wald, und die offene, sonnenbeschienene Landschaft lag vor ihr. Spontan entschied sie, der Straße zu folgen, die in sanften Windungen durch Wiesen und Felder führte. Kein Auto begegnete ihr. In einiger Entfernung fuhr ein Traktor mit einem Anhänger einen Feldweg entlang.

Sie fuhr durch mehrere Dörfer. Kaum ein Mensch war auf der Straße. Wo waren die Kinder? Wo die Alten? Die Bänke, die vor den Häusern standen, waren leer.

Als sie die Straße nach B. erreichte, bog sie ein und fuhr nach Hause. Der kleine Umweg –

nein, kein Umweg, sie hatte eine kleine Spazierfahrt gemacht, und das tat ihr gut.

 

Als sie in ihren Hof einfuhr, kam Linus die Stufen der Terrasse herunter. Er schien aufgeregt zu sein. Sie stieg aus und sah, dass er blass war.

„Marie, wo warst du denn? Ich hab mir Sorgen gemacht.“

Linus, der sich Sorgen machte? Das passte nicht. Sie überlegte, wie sie ihren kleinen Ausflug erklären sollte.

„Du hast das Haus offengelassen. Die Terrassentüren waren auf.“ Jetzt klang er vorwurfsvoll. Auch das passte nicht. Linus machte sich keine Sorgen und er machte andern keine Vorwürfe. Unbekümmert, sorglos und großzügig, so kannte sie ihn.

„Linus, was ist los?“, fragte sie ihren Neffen.

Der schaute sie an.

„Ich hab ihn gefunden. Er ist – tot.“ Linus schluckte schwer. „Der Junge, der vermisst war. Ich hab ihn gefunden.“

„Linus, was – was sagst du da?“ Er schien zu schwanken. Unwillkürlich griff sie nach seinem Arm. „Komm rein.“

Sie legte die Hand an seinen Rücken, als sie die Stufen zur Terrasse hinaufgingen. Ihr war, als müsse sie ihn stützen – und sich selbst. Im Wohnzimmer schloss er sofort die drei großen Türen. Er sperrte das Böse aus, schuf einen Schutzraum.

Stockend, in kurzen Sätzen berichtete Linus. Von seiner Eloquenz war nichts mehr da.

„Morgen muss ich zur Polizei. Für meine Aussage“, schloss er.

Ein totes Kind. Eine dunkle Bewegung.

 

Nach Minuten der Stille begann Marie zu sprechen. Von dem, was sie von ihrer Terrasse aus wahrgenommen hatte, von ihrer Fahrt, von dem gelben Tetra-Pack.

„Es hat wahrscheinlich nichts zu bedeuten“, meinte sie schließlich mit einem Schulterzucken.

Linus sah sie an. „Aber wenn doch . . . wenn doch, dann . . . dann ist womöglich ein weiteres Kind in Gefahr.“ Er schluckte. „Melde es, Marie. Besser eine Meldung...

Erscheint lt. Verlag 16.10.2023
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Beichte • Geheimnis • Grenzland • Kindsmörder • Priester • Roman • Verbrechen
ISBN-10 3-7584-1523-3 / 3758415233
ISBN-13 978-3-7584-1523-4 / 9783758415234
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