Science Fiction Dreierband 3063 -  Alfred Bekker,  Jo Zybell,  Lloyd Cooper

Science Fiction Dreierband 3063 (eBook)

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2023 | 1. Auflage
500 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-8588-7 (ISBN)
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Dieser Band enthält folgende SF-Romane: Lennox und der Lichtkult (Jo Zybell) Kennwort Phönix (Alfred Bekker) Lennox und der Quell der Träume (Lloyd Cooper) Die Erde im Jahr 2098; zehn Jahre nach dem globalen Wirtschaftskollaps. Der Zusammenbruch führt zu massiven Veränderungen in den irdischen Machtstrukturen. Die USA, Mexiko, Lateinamerika und große Teile des polynesischen Inselraumes schließen sich zu einer Allianz zusammen und bilden die »Free States of America«, kurz FSA, mit ihrer Außenstation auf dem Mond. Gegenspieler sind der »Pan-Pazifische Block« mit Japan, China, Australien und dem indonesischem Raum, sowie das »Eurasische Commonwealth«, das sich von den britischen Inseln bis nach Afrika, von Frankreich bis nach Sibirien erstreckt und eine Kolonie auf dem Mars unterhält. Aber da ist noch ein Feind, der aus den Tiefen des Alls kommt und die Menschheit unterwandert...

3


Fanlurs Streiter nannten das Ding „Götterauge“. Es bestand aus zwei parallel verlaufenden Röhren, handlang und ein wenig dicker als der Oberschenkelknochen eines großen Mannes. Und es war grau. Ein mattes, sehr dunkles Grau. Etwa wie der Uferschlamm des Großen Flusses. Oder wie Fanlurs langes Haar.

Sie nannten es so, weil man damit weit entfernte Menschen, Häuser oder Schiffe so deutlich sehen konnte, als würde man direkt davor stehen.

Fanlur selbst nannte das Ding Binokular. Fremd klang dieser Name in den Ohren seiner Streiter. So fremd und rätselhaft, wie die Namen manch anderer mächtigen Dinge, die Fanlur besaß und benutzte.

Mit dem Götterauge suchte er die Waldränder und bewachsenen Schutthügel der Flusslandschaft ab.

„Was siehst du, Fanlur?“, rief Honnes zu dem großen Mann mit dem Götterauge hinauf.

Honnes war ein dürrer kahlköpfiger Mann mit dicken, wulstigen Lippen und zerknautschtem Gesicht. Er kämpfte seit vielen Wintern Seite an Seite mit Fanlur gegen die Bruderschaft.

Honnes stand neben Wulf. Seit das Licht des neuen Tages ihn geweckt hatte, kraulte er dem Tier unablässig das weiße Nackenfell. Wulf war ein fast reinrassiger Lupa. Der alte Honnes war der einzige unter den Streitern, den Wulf so nahe an sich heranließ. Abgesehen natürlich von Fanlur, seinem Herrn.

Die sechsunddreißig Streiter hockten oder standen im Moos zwischen niedrigen Büschen. Nicht unten im feuchten Waldboden, sondern gut sechzig Schritte darüber im höchsten Raum der T-Festung. So hieß der am besten erhaltene Ruinenkomplex in den Wälder östlich von Coellen auf der rechten Seite des Großen Flusses.

Keiner der Männer hätte erklären können, warum die Ruine so hieß: T-Festung. Sie hieß einfach so. Schon ihre Väter und Großväter hatten sie so genannt. Es gab ein mächtiges Reich bei den Alten, pflegte Fanlur zu antworten, wenn man ihn danach fragte, ein Reich, das ein T in seinem Wappen führte. In den Zeiten vor Alxanatan. Die T-Festung war das Machtzentrum dieses Reiches gewesen.

Dichtbelaubte Äste strebten zu den Fensteröffnungen herein. Vogelkot hing im Efeu und im Moos, das die Wände überzog wie ein Teppich. Kletterpflanzen rankten sich um die verbogenen Metallstreben, die sich aus den zerborstenen Wänden weit über die Baumwipfel in den dunstigen Morgenhimmel streckten.

Fast ehrfürchtig schauten die sechsunddreißig Streiter zu ihrem Führer hinauf. Fanlur war an den armdicken Ranken des Efeus die Wand hinaufgeklettert. Jetzt hing er zwischen zwei verkrüppelten Birken auf der Mauerkrone der Ruine. Das Götterauge unter seine blauschwarzen Brauen gepresst blickte er nach Süden hinüber zur Coellen-Burg.

„Über vierzig Coelleni-Soldaten außerhalb der Burg“, sagte er. „Fast fünfzig. Sie sind mit Kriegsbogen und Langschwertern bewaffnet.“

„Und die Dysdoorer?“, wollte Juppis wissen. Er war der älteste Streiter, älter sogar als Honnes. Sein langes, weißes Haar hatte er zu einem dicken Zopf geflochten. Manche sagten, er hätte schon siebzig Winter gesehen. Wie die meisten Männer der Streitertruppe trug Juppis die dunkelbraune Lederschuppenrüstung der Coelleni-Soldaten. Beute aus zahllosen Überfällen. „Kannst du die Horden der Dysdoorer schon irgendwo ausmachen?“

Fanlur richtete sein Binokular auf den Urwald hinter der Coellen-Burg. Über Baumwipfel und von Gestrüpp eingesponnene Ruinen hinweg wanderte sein Blick zum Ufer des Großen Flusses. Die Horden aus dem weiter nördlich gelegenen Dysdoor wollten im Morgengrauen angreifen. Haynz, ihr Hauptmann, führte sie seit einer Woche in einem weiten, östlichen Bogen um Coellen herum, um diesmal mit Flößen vom Fluss aus an den Flussgärten von Coellen zu landen.

„Nein“, sagte Fanlur. „Keine Spur von ihnen.“ Er sprach mit tiefer, heiserer Stimme.

Juppis winkte ab. „Wahrscheinlich haben sich die Idioten verlaufen.“

„Oder sind abgesoffen“, krächzte Honnes. Einige der Männer grinsten müde.

Keiner der Streiter hatte übertriebenen Respekt vor den Dysdoorern. Schon gar nicht vor ihren militärischen Fähigkeiten. Ihre Horden waren Chaotenhaufen, und ihr Hauptmann ein verfressener Hohlkopf.

Es galt als offenes Geheimnis in den Siedlungen am Großen Fluss, dass Haynz sich nur durch seine sagenhaften Reichtümer für die Armeespitze von Dysdoor qualifiziert hatte. Angeblich besaß er zwei Dutzend Frekkeuscher, eine große Herde Wakudas, vier Handelsschiffe und einundzwanzig Frauen.

Aber die Dysdoorer waren zahlreich und aggressiv. Und sie hassten die Coelleni-Bruderschaft. Letzteres hatten sie mit Fanlur und seinen Streitern gemeinsam. Ersteres war eher von strategischer Bedeutung für Fanlur. Seine Widerstandsgruppe zählte nicht mal fünfzig Köpfe, wenn man die Verbündeten innerhalb der Stadt mitrechnete. Also nutzte Fanlur die üble Gewohnheit der streitsüchtigen Dysdoorer, regelmäßig gegen Coellen anzurennen, für seine Ziele aus. Er hatte ein Bündnis mit Haynz geschlossen. Es war ein reines Zweckbündnis. Ein brüchiges dazu.

Fanlur richtete sein Binokular wieder auf die Coellen-Burg. Auch sie war ein rätselhaftes Bauwerk der Alten. Ihr Dach bestand aus einer riesigen, kreisrunden Plattform von gut drei Speerwürfen Durchmesser. An vielen Stellen wucherten kleine Bäume und Gestrüpp darauf. Die leicht gewölbte Plattform ruhte auf unzähligen Metallpfeilern. Zwischen den Pfeilern hatten die Coelleni im Laufe der Zeit Steinmauern hochgezogen.

Fanlur ließ sein Binokular über die Krone des ringförmigen Trümmerwalls wandern, der die Coellen-Burg umgab. Er konnte die Wachposten ausmachen. Alle hundert Schritte zwei Soldaten.

Körbe hingen an dem gewaltigen Metallbogen, der sich über dem Dach wölbte. Sechs insgesamt. Drei waren mit Soldaten besetzt. Fanlur sah ihre Helme, die Lederschuppen ihrer Brustpanzer, ihre blonden Vollbärte und die Glocken, die über ihnen an den Haltetauen der Körbe befestigt waren.

Kletterpflanzen wanden sich um die dicken Eisenseile, die den gigantischen Metallbogen mit der Dachkuppel verbanden. Zwischen ihnen, unter dem Zenit des Bogens, flatterte die Flagge der Coelleni-Bruderschaft in der Morgenbrise: Der Doppelturm des Schwarzen Doms auf violettem Grund, zwischen den Türmen der Strahlenkranz des Lebenslichtes, und über den beiden Turmspitzen drei gelbe Kronen.

Die Haupttruppe der Coelleni-Soldaten hielt sich außerhalb des Ringwalls auf. An der gepflasterten Straße, die an der Coellen-Burg vorbei über die Ho’zolbrücke in die Stadt hineinführte. Eine von zwei Brücken, die sich von dieser Uferseite aus über den Großen Fluss spannten. Auch die Brücken stammten noch aus der Zeit vor Alxanatan.

Die Soldaten an der Ho’zolstraße gingen mit Schwertern und Spießen aufeinander los. Kampftraining. Andere vertrieben sich die Zeit mit Schießübungen. Sie jagten Pfeile in einen dicken Eichenstamm. Fanlur konnte beobachten, wie manche Soldaten von Zeit zu Zeit ihre Trinkflasche an den Mund setzten.

Fanlur wusste, was sie tranken: Byrölsch. Die Tyrannei der Bruderschaft stützte sich zu einem guten Teil auf dieses schäumenden Gesöff. Es vernebelte den Verstand, lähmte den Willen und raubte einem Menschen jegliche Hemmungen.

Mit Byrölsch abgefüllte Coelleni-Soldaten glichen mordlüsternen Bestien. Das machte sie so gefährlich. Und gleichzeitig war das Gesöff ihre Schwachstelle – es verführte sie zu Selbstüberschätzung und Leichtsinn.

Jeder einzelne Streiter kannte die Wirkung von Byrölsch aus eigener Erfahrung. Für die meisten lag diese Erfahrung lange zurück. Wer sich Fanlurs Widerstandsgruppe anschloss, hatte als erstes dem Byrölsch abzuschwören.

Fanlur richtete sein Binokular auf den Schwarzen Dom. Die Kristallkugel zwischen den Türmen leuchtete grünlich. Paukenschläge waren zu hören. Und krächzende Hörnerklänge. Auch Fetzen von Stimmengewirr wehte der Wind aus der Stadt über den Fluss.

Und dann, ganz deutlich – heiseres Gelächter. Lauter und deutlicher als Stimmen und Instrumente. Die Streiter unter Fanlur hoben die Köpfe. Einige derer, die saßen, standen auf. Gespannt lauschten alle. Wieder vereinzeltes Gelächter – eine höhere Stimme diesmal. Als würde ein Wahnsinniger kichern.

Wulf hob den Kopf. Er stieß ein heiseres Kläffen aus. „Ist gut, Alter.“ Honnes strich dem riesigen Lupa über das Rückenfell. „Nichts passiert. Nur ruhig, ganz ruhig.“ Er selbst war alles andere als ruhig. Das Gelächter jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken.

Das Gelächter der „Scheußlichen Drei“. So nannten Fanlur und seine Streiter die wahren Herrscher der Stadt. Die Coelleni nannten sie „Die Heiligen Drei“.

„Es geht los“, sagte Juppis. Jetzt konnte man vielstimmige Hochrufe von der Stadt her hören. Und einen Trommelwirbel. Jeder der Streiter wusste, was das zu bedeuten hatte: Der Kaadinarrel würde jeden Moment an der Spitze der Bruderschaft aus dem Dom ziehen. Das monatliche Faste’lear wurde eröffnet. Bald würden wieder drei Menschen sterben!

Bewusst hatte Fanlur den Morgen des Festes für seinen Angriff gewählt.

Ein Schatten schob sich in sein Blickfeld. Er richtete das Binokular auf den Fluss. Ein Floß glitt durchs Wasser, ein weiteres folgte ihm. „Die Dysdoorer!“, rief Fanlur.

„Nanu?“, knurrte Honnes unter ihm. „So früh schon?“

„Werden sich gelangweilt haben“, grinste der...

Erscheint lt. Verlag 28.9.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
ISBN-10 3-7389-8588-3 / 3738985883
ISBN-13 978-3-7389-8588-7 / 9783738985887
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