Jerry Cotton 3457 (eBook)

Goldener Drache

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-5224-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Jerry Cotton 3457 - Jerry Cotton
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Es war ein paar Monate her, dass ich zuletzt mit Li-Ming telefoniert hatte. Phil und ich erinnerten uns sehr gut an die junge Frau. Ihr Verlobter, der Sohn eines Drogenbosses, war tot in einem Betonmischer aufgefunden worden. Sie selbst sollte nach Aussage ihres angehenden Schwiegervaters bei den Triaden sein. Das Telefonat mit der Chinesin wurde plötzlich unterbrochen, ohne dass wir erfuhren, warum sie angerufen hatte. Brauchte sie wieder unsere Hilfe? Noch am selben Tag erhielten wir einen neuen Auftrag. Im Kühlhaus eines Restaurants in Chinatown hatte der Koch eine Frauenleiche ohne Kopf entdeckt. Und wir fragten uns unweigerlich, steckten die Triaden dahinter?


Goldener Drache

Li-Ming hörte Schritte auf dem Flur und unterbrach rasch die Telefonverbindung. Ihr Vater stellte sich in die offen stehende Tür und sah sie mit strengem Blick an.

»Mit wem hast du gerade gesprochen?«, fragte er.

Li-Ming ging nicht darauf ein.

»Antworte! Suchst du wieder Hilfe bei den Agents vom FBI? Das würdest du bereuen.«

Sie erhob die Stimme. »Es geht dich nichts an, mit wem ich telefoniere, aber ich sage es dir ausnahmsweise. Es war eine Freundin.«

Er knallte wütend die Waffe auf den Tisch. »Erledige endlich deinen Auftrag. Ich gebe dir achtundvierzig Stunden Zeit. Erst danach wirst du aufgenommen.«

Ihr Vater wandte sich ab und ging. Er sah nicht, wie Li-Ming die Waffe hob und auf seinen Rücken zielte. Sie nahm die Pistole wieder herunter.

Nicht jetzt, dachte Li-Ming. Noch war nicht der richtige Zeitpunkt gekommen. Sie musste sich gedulden. Alle Vorbereitungen liefen ...

Im FBI Field Office in New York fing fast jeder Morgen erst einmal harmlos an.

Ich ging an meinen Schreibtisch und sehnte mich nach Kaffee. Phil hatte bereits eine volle Tasse vor sich stehen. Normalerweise brachte er mir immer eine mit, oder ich erledigte das für uns. Hier stimmte etwas nicht.

Anstatt zu trinken, gähnte er mit weit geöffnetem Mund, ohne sich die Hand davorzuhalten, was ebenfalls ungewöhnlich für ihn war.

»Das muss eine anstrengende Nacht gewesen sein«, sagte ich. »Fernsehen oder Frau?«

»Beides«, antwortete er. »Sie wollte unbedingt einen Psychothriller mit mir schauen und anschließend darüber diskutieren. So würde man viel über sein Gegenüber erfahren, gerade in der Anfangsphase des Kennenlernens.«

Ich hob eine Braue und lächelte. »Ach so, dann war es die anschließende Diskussion, die dir den Schlaf geraubt hat?«

»Nein, eine Diskussion fand nicht statt.« Phil gähnte wieder. »Es war eine Miniserie mit vier Staffeln. Ich habe nur zwei geschafft, dann bin ich eingeschlafen.«

Ich konnte es mir nicht verkneifen. »Bei einem Psychothriller schläfst du ein? Mit einer Frau in deinem Arm? Ich fasse es nicht. Du wirst alt, mein Freund.«

»Ganz ehrlich?«, fragte Phil. »Der Film hat mich nicht die Bohne interessiert. Unsere Arbeit und das wahre Leben sind viel spannender.«

Da musste ich ihm zustimmen. »Hauptsache, du konntest es anschließend wiedergutmachen.«

Phil schüttelte den Kopf. »Eben nicht. Sie war plötzlich verschwun...«

Mein Telefon klingelte, bevor er ausreden und ich ihn mit ein paar Worten trösten konnte. Ich nahm den Anruf entgegen.

»Hallo, Jerry, Li-Ming hier. Erinnerst du dich an mich?«

Der Name und die weibliche Stimme mit dem chinesischen Akzent waren mir bekannt, obwohl es ein paar Monate her war, dass Phil und ich in einem Ermittlungsfall Kontakt zu Li-Ming gehabt hatten.

»Selbstverständlich erinnere ich mich an dich, Li-Ming«, antwortete ich. Mir waren die genaueren Umstände eingefallen. Ihren Verlobten, den Sohn eines Drogenbosses, hatte man tot in einem Betonmischer aufgefunden, den zweiten Toten in diesem Fall kannten wir als den Enthäuteten vom Murderkill River. Li-Ming selbst war damals in die Schusslinie der Verdächtigen geraten. Ihr angehender Schwiegervater hatte vermutet, sie wäre Mitglied einer Triade. Das konnte jedoch nie bewiesen werden.

Ich war gespannt, was der Grund ihres Anrufs war, und ging nicht davon aus, dass sie sich nur mal so bei uns melden wollte, um sich nach unserem Befinden zu erkundigen. Warum hatte sie ihre Handynummer unterdrückt?

»Ich stelle auf laut«, sagte ich. »Phil möchte dich auch begrüßen.«

»Hallo, Li-Ming. Ist etwas passiert?«, fragte er. »Wirst du beschattet? Bedroht dich jemand?«

Li-Ming zögerte. »Ich weiß nicht so recht, ob ich ...«

»Li-Ming? Li-Ming! Bist du noch da?«, rief ich in das Mikrofon.

Stille.

»Auf die Rückruftaste können wir nicht drücken«, sagte Phil und zeigte auf das Display. »Moment, ich müsste ihre Handynummer im Telefonverzeichnis gespeichert haben.« Er rief seine Kontakte auf und wählte den Anschluss.

»Rufzeichen«, flüsterte er mir zu und stellte auf laut.

Es meldete sich der Ansagedienst. Selbst nach erneutem Wählen blieb die automatisierte männliche Stimme dabei, dass dieser Anschluss vorübergehend nicht erreichbar sei.

Phil lehnte sich entspannt zurück. »Li-Ming wird sich bestimmt wieder bei uns melden, wenn es wichtig ist«, beschwichtigte er mich und schloss für einen Moment die Augen.

»Mag sein«, sagte ich. »Ich hole mir einen Kaffee. Möchtest du auch noch einen?«

»Nein danke. Der macht mich immer so schläfrig.«

Li-Ming stierte auf die Pistole in ihrer Hand, mit der sie eben noch auf den Rücken ihres Vaters gezielt hatte. Er hatte von ihr verlangt, jemanden innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden zu erschießen. Durch das Töten einer x-beliebigen Person sollte sie ihre Skrupellosigkeit unter Beweis stellen, zeigen, dass ihr ein Menschenleben nichts wert und sie jederzeit dazu bereit war, es auszulöschen.

Li-Ming wusste, was dem Bewerber blühte, wenn er Mitglied in einer chinesischen Verbrecherorganisation werden wollte. Versagte er bei der Prüfung, musste er mit seinem eigenen Leben bezahlen. Sollte er tatsächlich aufgenommen werden und sich eines Tages wieder abwenden wollen, erging es ihm nicht besser. Er stellte eine Gefahr für die Triade dar und würde für immer beseitigt werden.

Sie legte die Pistole vorsichtig auf den Tisch. Der Lauf deutete zur Tür.

Zwar kannte Li-Ming die Gesetze einer Triade, aber nie im Leben hätte sie damit gerechnet, dass sie selbst als Tochter des Gangsterbosses diese Hürde nehmen müsste. Das bedeutete, sie durfte sich keinesfalls in Sicherheit wiegen. Ihr Vater würde auch ihr gegenüber rücksichtslos sein.

Dabei hatten sie sich früher sehr nahe gestanden. Als Zehnjährige hatte sie von dem tragischen Unfall ihrer Mutter und ihres Onkels erfahren, bei dem beide ums Leben gekommen waren. Ab dem Zeitpunkt hatte sie sich an ihren Vater geklammert und große Angst gehabt, ihn auch noch zu verlieren.

Erst als Erwachsene hatte sich Li-Ming getraut, der Sache mit dem Unfall auf den Grund zu gehen. Sie hatte ihrer Tante Hao, der Frau des verstorbenen Onkels, einen Überraschungsbesuch abgestattet, um sie nach den genauen Todesumständen zu befragen. Die Tante lebte in einer Anstalt. Angeblich sollte sie verrückt geworden sein. Davon wollte sie sich selbst überzeugen.

»Ich wusste, dass du eines Tages zu mir kommst, meine Schöne«, begrüßte Tante Hao sie und umarmte sie lange. »Setz dich. Du willst wissen, wie deine geliebte Mutter und mein lieber Mann ums Leben gekommen sind, richtig?«

Li-Ming nahm ihr gegenüber Platz und hielt die zittrigen Hände der alten Frau fest.

Die Augen der Tante glänzten wässrig, als sie weitersprach. »Deine Mutter und dein Onkel hatten einen Komplott gegen deinen Vater geschmiedet. Sie wollten nicht länger unschuldige Mädchen zur Prostitution zwingen und den Menschenhandel unterstützen.«

»Haben sie Vater bei der Polizei angezeigt?«, fragte Li-Ming.

»Nein, dann wären auch sie sofort festgenommen worden. Sie wollten nur aussteigen und mit alldem nichts mehr zu tun haben. Glaube niemanden, der dir weismachen will, die beiden hätten ein Verhältnis gehabt. Es gab keinen treueren Ehemann als deinen Onkel. Ach, wie habe ich ihn geliebt.« Sie schluchzte und wischte sich ein paar Tränen weg.

»Und der Unfall?«, fragte Li-Ming.

»Unfall? Welcher Unfall? Sie wurden aus dem Hinterhalt erschossen.«

Li-Ming riss Mund und Augen auf. »Hat Vater sie ...?«

»Wo denkst du hin? Der macht sich nicht die Hände schmutzig. Dafür hat er seine Leute. Nur mich hat er am Leben gelassen, weil nur ich weiß, wo die Goldbarren versteckt sind, die er einmal erben soll.«

Li-Ming interessierten die Goldbarren nicht. Sie hatte die grausame Wahrheit über den Tod ihrer liebsten Menschen erfahren. Für sie war eine Welt zusammengebrochen. Nein, ihre Tante war nicht verrückt, sondern ihr Vater.

»Versprich mir, dass du es niemandem erzählst«, bat die Tante.

»Das mit Mutter und Onkel?«, fragte Li-Ming.

Sie schüttelte den Kopf. »Das, was ich dir jetzt über die Goldbarren erzähle.«

»Mache ich nicht«, versprach Li-Ming. »Aber du musst mir nicht sagen, wo sie sind.« Sie wollte später nicht verdächtigt werden, sie der Tante gestohlen zu haben.

»Doch, du bist die Einzige, der ich vertrauen kann, und ich muss es endlich einmal loswerden.«

Li-Ming seufzte.

Tante Hao holte tief Luft.

»Ich habe nie Goldbarren geerbt. Solange er meint, er könnte herausfinden, wo sie stecken, bleibe ich am Leben.« Sie kicherte wie ein Teenager. »Was will ich mehr? Auch die Ärzte und Pfleger kümmern sich rührend um mich, nachdem ich eine Andeutung...

Erscheint lt. Verlag 16.9.2023
Reihe/Serie Jerry Cotton
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • Action Abenteuer • action romane • action thriller • action thriller deutsch • alfred-bekker • Bastei • bastei hefte • bastei heftromane • bastei romane • bastei romane hefte • Bestseller • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • erste fälle • Fall • gman • G-Man • Hamburg • Heft • Heftchen • Heftroman • heftromane bastei • Kindle • Krimi • Krimiautoren • Krimi deutsch • krimi ebook • Krimi kindle • Kriminalfälle • Kriminalgeschichte • Kriminalgeschichten • Kriminalroman • Kriminalromane • kriminalromane 2018 • kriminalromane deutsch • Krimi Reihe • Krimireihen • krimi romane • Krimis • krimis&thriller • krimis und thriller kindle • Krimi Urlaub • letzte fälle • martin-barkawitz • Polizeiroman • Romanheft • Roman-Heft • schwerste fälle • Serie • Soko-Hamburg • spannend • spannende Krimis • spannende Thriller • Spannungsroman • Stefan Wollschläger • Tatort • Terror • thomas-herzberg • Thriller • Wegner
ISBN-10 3-7517-5224-2 / 3751752242
ISBN-13 978-3-7517-5224-4 / 9783751752244
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