Michelle -  Patrick Karez

Michelle (eBook)

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2023 | 1. Auflage
242 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7583-7599-6 (ISBN)
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Der alleinstehende englische Lord Richard Anilingus III., in seinem Heimatstädtchen Tupperware-upon-Avon auch einfach nur "Lord Dickie" genannt, verliebt sich Hals über Kopf in die sehr blonde und blutjunge Krankenschwester Michelle, woraufhin diese nur kurz darauf zu ihm auf seinen Landsitz, nach Rimmdale Manor, zieht, wo beide fortan den bukolischen Freuden des Landlebens frönen. Obwohl Michelle nicht gerade aus Fortunas Füllhorn mit überbordender Intelligenz gesegnet ward, wünscht sie sich doch nichts mehr, als eine weltberühmte Dichterin und vergeistigte Intellektuelle vom Kaliber einer Madame de Staël zu werden. Bei einem von Königin Elizabeth II. ins Leben gerufenen, nationalen Dichterwettbewerb kann sie schon bald ihr Können unter Beweis stellen... Dieser Roman ist eine Burlesque, eine genauso geistreiche wie plumpe Parodie eines herkömmlichen Liebes- und Schundromans der übelsten Sorte.

Patrick Karez wurde in den Siebziger Jahren als Kind Prager Eltern in Deutschland geboren. Nach seiner Matura lebte er zehn Jahre lang in Paris, wo er an der Université de Paris-Sorbonne in Kunst- und Architekturgeschichte s.c.l. promovierte und als Kunstkritiker für eine dem französischen Ministerium für Kultur anhängige Institution tätig war. In diesem Rahmen publizierte er bereits mit Mitte Zwanzig - so etwa Kunstkritiken, Übersetzungen aus dem Tschechischen, Englischen und Französischen - und verfasste nebenher kontinuierlich belletristische Texte. Nach seinem Studium ging er für ein Vierteljahr nach Südostasien, lebte ferner für mehrere Jahre in Budapest, Rom, New York und Wien, wo er sieben Jahre lang als Mitarbeiter für die Österreichische Nationalgalerie Belvedere samt anhängigen Häusern tätig war. Das 19. Jahrhundert und die Kunst der Jahrhundertwende zählen zu seinen Forschungsschwerpunkten. So stammen etwa aus der Feder des Autors u.a. die beiden Romanbiographien "Gustav Klimt" (erschienen im November 2014 im acabus Verlag, Hamburg; 4. Auflage 2020; russische Ausgabe bei Molodaya Gvardiya, Moskau, 2019) sowie "Egon Schiele" (erschienen im September 2016, im acabus Verlag, Hamburg). Nach seinen Romanen "Schwartz auf Weiss" (2004, publiziert 2018), "Diva - Whatever happened to Martha Külföldi" (1999/2019), "Reinthal" (2020), "Rochade" (2001/2021), "Finisterre" (1991/2021), "Utopia" (2002/2021), "A.E.I.O.U."(1997/2021) und "Projekt Chronos" (2003/2021) und "Nachtfalter" (1996/2023), legt der Autor nun seinen bereits im Jahre 2014 verfassten Roman "Michelle" vor.

5


Später dann, nach dem Dinner und einer Tasse Tee im Tee-Salon (freilich nur für Lord Dickie, denn Michelle nahm selbstverständlich mit einer großen Flasche Cola vorlieb), führte der Lord sie in seine Bibliothek. Nicht ohne Hintergedanken, freilich, denn er war bereits brünftig wie eine Hirschkuh, geil wie ein Ameisenlöwe und rattig wie eine Volksschullehrerin mittleren Alters. Hier, inmitten all dieser Druckwerke aus allen Epochen und aus aller Herren Ländern, die sich an den Wänden hoch und wieder runter stapelten, würde er sie flachlegen, diese süße kleine Maus - ob sie nun wollte oder nicht. Das hatte sie schließlich nicht selbst zu entscheiden. Der lieben Daisy nahm er, als Gentleman alter Schule, diese Entscheidung ja auch immer ab. Und zwar immer mit Erfolg.

„Boh! So viele Bücher!“, Michelle stand mit einem Mal der Mund offen, während ein süßes Tönchen ihrem Böhnchen entfuhr, „So ein großer Bücherschrank!“

„Das ist kein Bücherschrank, mein Mäuschen, sondern eine Bibliothek!“

„Wahnsinn!“, Michelle schüttelte anerkennend ihre blonde Löwenmähne, „Was für tolle Fremdwörter Du da immer kennst! Bei mir daheim hat man einfach nur Bücherschrank dazu gesagt. Also... man hätte dazu Bücherschrank gesagt, wenn es denn einen gegeben hätte. Sowas wie Bücher hatten wir natürlich nich’ daheim. Nur die Tittenhefte von Papa und von Onkel Johnny - genau so welche, wie Du sie auch überall rumliegen hast...“

„Ähm... Ja, diese Bibliothek wurde von einem meiner Vorfahren, von Lord Arschibald Cunnilingus II., dem Gemahl von Lady Analbelle III., im 18. Jahrhundert angelegt! Ich bin sehr stolz darauf. Obwohl ich noch nie eines dieser staubigen Bücher angefaßt habe...“

„Kein Wunder!“, Michelle schüttelte sich, „Da holt man sich sicher nur Filzläuse!“

Mit großen Augen schritt sie nun die meterlangen - und meterhohen - Wände voller Bücher ab. Lord Dickies Bibliothek war wirklich der größte Bücherschrank, den sie je gesehen hatte. Ehrfürchtig fuhr sie mit ihrem rechten Zeigefinger die vergoldeten und in Leder gebundenen Rücken der Bücher ab, was Lord Dickie prompt eine gesalzene Erektion bescherte.

„Darf ich?“ frug sie schließlich, während sie den Lord mit klimpernden Dackelaugen flehend ansah.

„Aber selbstverständlich!“, erwiderte dieser umgehend, „Dazu sind sie ja da!“

Etwas umständlich fingerte sie nun eines der Bücher aus seinem Regalboden heraus. Es steckte ziemlich fest und war im Laufe der Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte auch heftig eingestaubt.

„‚Wenn der Lingam krachend in die Yoni fährt’…“, las sie laut den Buchtitel vor.

„Ah ja, das ist indische Kultur!“

„Ach, Lord Dickie! Du bist so unglaublich gebildet!“

„Nun ja“, er sah mit ungespielter Bescheidenheit zu Boden, „Es ist ja auch das einzige Buch, das ich mir hier jemals angesehen habe. Öfter sogar!“

„Und das hier?“, wieder fingerte sie im Regal herum, wobei sie ihren Finger zuvor mittels ihrer üppigen und ausschweifenden Lippen eingehend befeuchtet hatte, damit er besser flutschte, „Kama... Kama... sutra?“

„Ah ja! Das ist auch indisch. Wir sind hier wohl in der indischen Abteilung!“; Lord Dickie lächelte, jedoch keineswegs peinlich berührt, „Das kenne ich auch! Das habe ich mir auch schon öfter angeschaut. Sehr oft sogar!“

„Oh Gott, Dickie!“, mit einer matten Geste warf Michelle plötzlich das Buch zu Boden und band sich mit unsichtbaren Ketten rücklings an der Bibliothekswand fest, „Ich liebe Bücher! Ich liebe Literatur! Und vor allem liebe ich... Gedichte! Das macht mich so richtig... geil!“

„Ach ja?“, Lord Dickies Brille beschlug plötzlich, „Du... Du magst Poesie? Und Lyrik? Ja, ich... äh...“

Doch es war längst um ihn geschehen. Plötzlich ertönte irgendwo der Bolero - und Michelle begann sich sehr wild und unanständig auf dem Boden der Bibliothek zu wälzen, geradezu wie eine Seegurke, der man ins Hinterteil gebissen hatte.

„Willst Du mich jetzt gleich hier nehmen, Dickie?“, flüsterte sie ihm zu, während ihrem Schlüpfer ein zartbitteres Tönchen entfuhr.

„Oh ja, meine Pusteblume! Nichts lieber als das!“

„Dann lies mir ein Gedicht vor! Wenn Du willst, daß ich auch ohne Hände komme, dann lies mir ein Gedicht vor! Am besten ein sehr langes und sehr dickes!“

„Aber... ich habe kein... ich...“

„Du hast kein Gedicht?“, sie hielt plötzlich inne, „Aber Dickie! Hier is’ doch bis zur Decke alles voller Bücher! Irgend ein Gedicht wird doch wohl hier sein!?“

„Oh ja, ja!“, der Lord sah sich mit gehetztem Blicke um, „Hier sind doch irgendwo die Originalausgaben von William Shakespeare! Mein Großvater hat es mir gesagt. Weißt Du, Shakespeare ist hier ganz in der Nähe geboren! Man kann sogar zu Fuß hingehen!“

„Wer?“

„Na, Shakespeare!“, er begann nun hektisch nach den besagten Bänden zu suchen, „Ach, ist ja auch egal. So ein alter Dichter halt!“

„Jetzt lies mir endlich ein Gedicht vor, bevor ich noch die Lust verlier’!“, rügte sie ihn plötzlich mit mahnender Stimme, „Und wenn Du keins findest, dann denk’ Dir einfach eins aus!“

Ausdenken?“, nun wurde der Lord allmählich panisch, „Aber ich... ich...“

„Nun mach schon! Ich bin schon ganz rattig! Aber ohne Gedicht wird das nix!“

„Nun gut...“, er riß sich zusammen, „Im Mondenschein... mit silbern Glanze... stand ich allein... hob an zum Tanze...“

„Oooh!“, Michelle verdrehte plötzlich ihre Augäpfel - so weit, daß nurmehr das Weiße zu sehen war, „Weiter! Mach weiter!“

„Äh... Ja!“, der Lord sammelte und faßte sich wieder.

Selbst ausgedachte Gedichte - zumal so, auf die Schnelle! - das war Bockmist; er mußte vielmehr auf das längst verschüttete und verstaubte Repertoire aus seiner Schulzeit (lang, lang war’s her!) zurückgreifen:

„Wer reitet so spät durch Nacht und Wind... äh... Es ist der Vater, auf seinem Rind... oder... war es das Kind? Verdammt! Wer reitet schon auf seinem Kind?“

„Jaaaaaa!“, schrie sie, „Gib’s mir! Los, Dickie! Jaaaaa!“

„Äh... Kennst Du das Land, wo die Zitronen blüh’n... äh... im dunklen Laub die... äh... verdammt... was war das noch gleich... die Taschenlampen glüh’n!?“

„Ja! Ja! Ja!“, Michelle schlug nun in rhythmischen Abständen ihre Handflächen gegen den Boden, in wildester Ekstase, wie einst Meg Ryan - ihren jungen und drahtigen Körper wild aufbäumend, wie eine Kegel-Robbe, die eimerweise mit Heringen überschüttet wird.

„Äh... Do you remember?... äh... The twentyfirst night of September?“, begann er nun mit ruhiger Stimme vorzutragen, denn ein Geistesblitz hatte ihn plötzlich ereilt: Billige Songtexte taten es ja schließlich auch! „Our hearts were ringin’... äh... In the key that our souls were singin’...“

„Oh. Mein. Gott!“, Michelle war nicht mehr zu halten, „Dickie! Ich ko-o-o-o-o-o-o-mme!“

Anschließend lagen beide noch lange auf dem alten, struppigen Eisbärenfell in der Bibliothek und liebkosten und herzten sich, so weit sie ihre Beine tragen konnten, doch der Lord wirkte ein wenig nachdenklich und still. Gewiß, es war eine Auszeichnung für ihn - und wohl die größte Auszeichnung seiner Manneskraft überhaupt! - daß er nämlich eine junge Frau einzig mittels seiner Worte zum Höhepunkt gebracht hatte; dennoch irritierte es ihn, denn Dickie war ein konservativer Mensch und mochte es lieber klassisch-traditionell. Den Ketchup hätte er ja schließlich auch nicht später, auf seinem Nachtisch, haben wollen. Oder ein Schaumbad nehmen, bevor er in den Kuhstall ging. Nein, das mußte schon alles seine Ordnung haben, das sollte gefälligst auch fortan so weiterlaufen wie gehabt.

„Du, Zaubermaus...“, flüsterte er seiner Angebeteten jäh ins Ohr, „Geht es bei Dir... vielleicht... auch ohne diese Gedichte?“

„Aber klaro, Mann!“, sie holte plötzlich wieder ihren Kaugummi von irgendwo hervor und begann wie wild darauf herumzuknatschen, „Du mußt mir einfach nur sagen: ,Los, bück Dich, Schlampe’! Das klappt auch!“

Lord Dickie...

Erscheint lt. Verlag 13.9.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
ISBN-10 3-7583-7599-1 / 3758375991
ISBN-13 978-3-7583-7599-6 / 9783758375996
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