Das Buch der kostbarsten Substanz (eBook)

Thriller | Ein fesselnder erotischer Mystery-Thriller

(Autor)

Thomas Wörtche (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
362 Seiten
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-77759-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Buch der kostbarsten Substanz -  Sara Gran
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Wie weit würdest du gehen, um zu bekommen, was du willst?

Gerüchten zufolge ist es das mächtigste okkulte Buch, das je geschrieben wurde: Das Buch der kostbarsten Substanz. Es soll unerhörte sexuelle Wonnen und unbegrenzte Macht verleihen, aber auch dunkle Kräfte freisetzen. Einige der reichsten Menschen der Welt wollen es unbedingt besitzen und bieten der ehemalige Bestseller-Autorin Lily Albrecht ein Vermögen, damit sie es herbeischafft.

Lily hatte sich eigentlich mit ihrem langweiligen, sexlosen Leben als Händlerin seltener Bücher abgefunden. Doch die Verlockung, auf die Schnelle ein Vermögen machen zu können, ist einfach zu groß. Auf ihrer Suche nach dem Wunderbuch trifft sie auf Fälschungen und unvollständige Kopien, jagt undurchsichtigen Figuren nach, stößt auf Kulte und Sekten, Sexkommunen und eisigen Kapitalismus. Recht schnell stellt sich heraus: Niemand, der jemals Kontakt mit dem Buch hatte, scheint überlebt zu haben ...



Sara Gran, 1971 in Brooklyn geboren, schreibt Romane, Drehb&uuml;cher und gelegentlich auch Essays. Sie lebt in Marina del Rey, Kalifornien. Bislang hat sie sechs Romane ver&ouml;ffentlicht, darunter <em>Die Stadt der Toten</em>, der 2013 mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet wurde.

3


Am Ende des Tages packte ich meine Bücher ein, vertraute dem Sicherheitspersonal, dass es sie vor Dieben und anderen Buchhändlern schützen würde, und kehrte in das von mir übers Wochenende gemietete Apartment in Chelsea zurück, wenige Straßen von dem Büchermarkt entfernt, um noch schnell vor dem Abendessen zu duschen und mich umzuziehen. Bücher sind ein schmutziges Geschäft, früher gehörten sie mit der Hexerei und dem Druckgewerbe zu den schwarzen Künsten.

Ich hatte nicht vorgehabt, essen zu gehen, und daher auch nichts Hübsches zum Anziehen dabei. Wobei ich auch zu Hause nichts Hübsches zum Anziehen hatte. Ich zog eine saubere Jeans und ein frisches Jeanshemd an. Dann schaute ich in den Spiegel. Vage erinnerte ich mich, dass man mich früher recht ansehnlich gefunden hatte. Ich zog das Jeanshemd wieder aus und das schmutzige Trägertop an, in dem ich in der vergangenen Nacht geschlafen hatte. Besser. Strickjacke drüber, ebenfalls bereits getragen. Dazu legte ich Lippenstift auf, der wahrscheinlich noch vor der Vorspeise wieder abgegessen sein würde. Zum Schluss warf ich mir noch einen großen bauschigen Parka über, setzte eine Wollmütze auf den Kopf und ging in das von Lucas ausgesuchte Restaurant im West Village.

Es war dunkel. Der Gehweg war nass und glitschig, die Luft kalt und klar. Lucas hatte ein Schmuckstück von einem Restaurant in der West Tenth Street gefunden. Ein paar Stufen führten nach unten zur Eingangstür. Lucas wartete an einem Tisch am Fenster auf mich. Die Kellnerin lächelte ihn an, als sie seine Getränkebestellung entgegennahm. Sie flirteten ein bisschen.

Ich trat ein. Es war gemütlich, die Beleuchtung einladend. Lucas stand auf und drückte mir ein Küsschen auf die Wange. Seine eigene war warm und trocken. Ich wusste, dass er oder seine Bibliothek das Essen bezahlen würde, und bestellte mir ein Steak mit gutem Wein.

»Lily«, sagte er. »Du siehst wunderschön aus.«

Ich war anderer Meinung, dankte ihm aber trotzdem. Beim Essen tratschten wir eine Weile über den Büchermarkt und die Branche allgemein, bis wir schließlich auf die Kostbare Substanz kamen. Immer wenn gerade kein Kunde da war, hatte ich bereits tagsüber auf dem Markt ein bisschen online nach dem Buch geforscht. Es fand sich erstaunlich wenig darüber im Netz und nichts, was mir weiterhalf. In einem Blog über Raritäten fand ich Die Kostbare Substanz auf einer Liste mit Büchern, die es möglicherweise gar nicht gab. In einer Debatte auf Reddit über magische Bücher wurde erwähnt, es habe das Leben einiger Personen ruiniert, allerdings ohne weitere Erklärung. Ich erfuhr, dass der vollständige Titel korrekt lautete: Das Buch der kostbarsten Substanz: eine Abhandlung über die verschiedenen Flüssigkeiten und ihren Nutzen, aber das war’s auch schon.

In einem obskuren okkultistischen Forum namens Dunkle Trias fand sich ein kurzer Chat, in dessen Verlauf jemand behauptete, einmal ein Exemplar gesehen zu haben.

Zufälig (sic) kenne ich einen der reichsten Menschen der Welt. Er schwört Stein und Bein, er habe sein Vermögen den Praktiken in einem Werk mit dem Titel DAS BUCH DER KOSTBARSTEN SUBSTANZ zu verdanken. Er will mir sein Exemplar aber nicht zeigen. Weiß jemand, wo ich so eins finde? Oder hat jemand eins, das ich leihen könnte?

Eine Antwort: Ha, na klar. Das ist eins der seltensten, meistgesuchten Bücher der gesamten okkultistischen Literatur. Also nein, du Arsch, ich hab kein Exemplar, das du dir leihen kannst.

Das war an sich schon eigenartig. Der Eintrag stammte aus dem Jahr 2019. Normalerweise, wenn man den Titel eines noch so seltenen alchemistischen Textes bei Google eingab, konnte man innerhalb von fünf Minuten ein PDF aufs eigene Handy runterladen. Nicht so aber bei diesem Buch.

»Ich glaube nicht, dass Shyman überhaupt etwas darüber weiß«, sagte ich.

»Klingt, als wüsste überhaupt niemand was«, sagte Lucas.

Dann begriff ich, warum Shyman ausgerechnet mich um Mithilfe gebeten hatte: Ich war eine seltene Allrounderin in einer Welt der Spezialisten. Hätte Shyman sicher gewusst, dass es sich um ein okkultistisches Buch handelte, hätte er Jonathan Fracker in Rhode Island angerufen. Hätte er gewusst, dass es um Schiffe geht, hätte er Sonya Rainowitz in Bodega Bay darauf angesprochen.

Er hatte keine Ahnung, wovon es handelte. Und mich als Händlerin seltener Bücher zeichnete vor allem eines aus: Ich war Dilettantin.

»Ich werde mich an der Uni erkundigen«, sagte Lucas. »Mich mal umhören. Irgendjemand weiß bestimmt was.«

»Cool«, sagte ich. »Ruf mich an, wenn du was herausfindest.«

»Mach ich«, sagte er. Wir schwiegen kurz, dann fragte er: »Und. Wie …? Ist er …?«

»Unverändert«, erwiderte ich so schnell ich konnte. »Und du? Bist du mit jemandem zusammen?«

Lucas sagte: »Ich treffe mich mit einer Frau von der Hochschule. Einer Professorin.«

Wahrscheinlich sollte das heißen, er wollte einige Male mit ihr schlafen und dann unter einem Vorwand nie wieder mit ihr sprechen. Soweit ich das beurteilen konnte, verliefen all seine Beziehungen so. Als wir uns kennenlernten, hatte ich das noch für eine vorübergehende Phase gehalten. Ich wusste, dass er auch mal kurzzeitig verheiratet war, lange bevor wir uns kannten, aber es hatte nicht funktioniert. Damals glaubte ich, er würde bald wieder heiraten – er sah gut aus, war intelligent, freundlich und allem Anschein nach immer flüssig. Inzwischen wusste ich, dass all seine Beziehungen nur von kurzer Dauer waren. Lucas hatte anscheinend Angst vor tieferen Gefühlen, einen gewissen Widerstand gegen wahre Verbundenheit. Ehrlich gesagt machte ihn das in meinen Augen noch attraktiver und vermutlich auch in denen der Frauen, mit denen er sich verabredete. Spaß, ganz ohne Verletzbarkeit.

»Cool«, sagte ich. »Was lehrt sie?«

»Mathe«, erwiderte Lucas. »Komisches mathematisch-philosophisches Zeug.«

»Cool«, sagte ich erneut. »Sie muss klug sein.«

»Unglaublich klug«, bestätigte Lucas. »Wie sieht’s aus in der Provinz? Abgesehen von …«

»Ganz gut«, sagte ich. »Ich überlege, einen Laden aufzumachen. Das Städtchen ist inzwischen ganz schön angesagt, wie du weißt.«

Der Kellner schenkte uns Wein nach und brachte unsere Steaks. Meins war genau so, wie ich es gerne aß: rosa in der Mitte, ein kleines bisschen rot im Kern, außen fast schon kross. Allmählich merkte ich, wie meine innerliche Anspannung nachließ.

»Hast du das von May Baron gehört?«, fragte Lucas. »Sie hat einen Gatsby in einem Secondhandladen in Ohio gefunden.«

»O Gott«, sagte ich. »Ausgerechnet May. Wie ist dein Steak?«

»Ausgezeichnet«, sagte Lucas.

Ich vermutete, dass Lucas sehr gut kochen konnte. Ich hatte ihm im Lauf der Jahre ein paar Kochbücher verkauft und konnte mir vorstellen, wie er eine schnelle italienische Mahlzeit in der Küche zauberte – irgendwas Grünes, Bitteres, dazu proteinreicher Fisch mit Zitrone, eine Sauce mit Butter oder Stärke angedickt. Jazz aus der Anlage. Eine Frau lehnt lässig am Tresen, trinkt Wein und isst ein spontan improvisiertes Amuse-Bouche. Sie ist zwischen dreißig und vierzig und ein echter Fang: attraktiv, versiert, gescheit, humorvoll, verfügt über viel Freizeit und Geld. Single. Kinderlos. Idealerweise ohne Familienanhang. Hätte sie tatsächlich ein Leben – mit Geburten, Todesfällen, Kindern, alten Menschen, Krankheiten, körperlichen Leiden –, wäre sie für ihn weniger anziehend. Nach etwa neunzig bis dreihundert Tagen denkt er sich einen Grund aus, sie zu verlassen.

Lucas und ich beendeten unser Essen und verließen gemeinsam das Restaurant.

»Taxi?«, fragte er.

»Nein, danke«, antwortete ich. »Ich gehe gerne ein bisschen zu Fuß – ach, wir haben noch gar nicht über die Arbeit gesprochen.«

»Stimmt«, sagte Lucas. »Ich komme noch ein Stück mit, wenn das in Ordnung ist.«

»Klar.«

Wir gingen auf der Seventh Avenue Richtung Norden. Es war matschig und kalt. Ein typischer unbehaglicher New Yorker Winter. Der liegen gebliebene Restschnee klumpte in schmutzigen kleinen Haufen; die Luft war schneidend und eisig. Lucas lief dicht neben mir und streifte mich ein paar Mal beim...

Erscheint lt. Verlag 11.9.2023
Übersetzer Conny Lösch
Sprache deutsch
Original-Titel The Book of the Most Precious Substance
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte aktuelles Buch • Booktok • bücher neuerscheinungen • Crime • Drogen • Erotik • Extravagant • Horror • Krimi • Magie • magisch • München • Mystery • Neuerscheinungen • neues Buch • New Orleans • New York • Paranormal • Paris • Sex • ST 5355 • ST5355 • suhrkamp taschenbuch 5355 • verführerisch
ISBN-10 3-518-77759-9 / 3518777599
ISBN-13 978-3-518-77759-6 / 9783518777596
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