Das Haus Zamis 76 (eBook)

Das Dorf der Stille

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-5466-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Haus Zamis 76 - Logan Dee
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Die Hütte bebte und ächzte unter den Angriffen der Bestien. Wieder und wieder stürmten sie heran. Noch hielten meine magischen Siegel - aber wie lange noch?
Plötzlich spürte ich, dass ich nicht mehr allein war. Jemand war eingedrungen. Die Präsenz des Eindringlings erdrückte mich geradezu.
»Nocturno!«, entfuhr es mir. Ich war überrascht, aber auch unglaublich erleichtert. Ich musste mich nicht mehr allein den schier übermächtigen Gegnern stellen! Meine Zuversicht, Magdalena und ihr Baby heil hier herauszubringen, war wieder da.
»Ich bin so froh, dass du da bist ...« , stöhnte ich erleichtert.
Da fiel mir auf, dass die Angreifer aufgehört hatten, gegen die Hütte anzurennen. Vielleicht war es aber auch nur die Ruhe vor dem Sturm ...


1. Kapitel


Das Alter der Hexe war schlecht abzuschätzen. Vera hatte erzählt, dass die Thornton mindestens zweihundert Jahre alt sein musste. Ich hatte mir vorgestellt, wie jemand aussah, der zweihundert Jahre auf dem Buckel hatte. Vielleicht wie eine Mumie ...? Sandra Thornton wirkte jedenfalls jünger, viel jünger. Sie sah höchstens aus wie dreißig. Ihr bleiches Gesicht erinnerte an einen Vollmond. Das rotbraune Haar fiel ihr in kleinen Locken über die schmalen Schultern. Sie trat stets grell geschminkt und mit tief ausgeschnittenen Kleidern auf und stellte ihre allzu üppigen Formen liebend gern zur Schau. Ich fragte mich einmal mehr, wen sie damit eigentlich bezirzen wollte: Mein Onkel Cyrano von Behemoth war der einzige Mann im Schloss mit klarem Verstand – sah man von der dämonisierten Dienerschaft und den Gärtnern ab. Darunter waren sicherlich ein paar ansehnliche Burschen, aber um sie rumzukriegen, hätte es nur eines Befehls der Hexe bedurft. Und mein Onkel war uralt. Ich hatte keine Ahnung, ob bei ihm noch etwas anschlug.

»Coco, wo bist du wieder mit deinen Gedanken?«

Ich erschrak. Sandra Thornton hatte mich mal wieder beim Träumen erwischt. Als ich aufblickte, sah ich direkt in ihre vor Zorn blitzenden Augen.

»Beim – beim Unterricht!«, stammelte ich.

»Bestimmt hat sie sich wieder in irgendeinen Menschenjungen verguckt!«, spottete meine Schwester Vera. Vera war zwei Jahre älter als ich. Niemand hätte uns für Geschwister gehalten. Vera wirkte wie ein zerbrechliches, kleines Püppchen mit großen dunkelbraunen Augen, die so sanft und unschuldig wie ein Reh schauen konnten. Aber wehe, wer sich in diese Augen verguckte! Äußerlich wirkte sie wie ein Engel, aber in ihrem Inneren loderte die Hölle. Mehr als einmal hatte ich das zu spüren bekommen.

Ihr schmales Gesicht mit dem geflochtenen Kranz blonder Haare hatte sich mir zugewandt. Sie grinste süffisant. »Vielleicht hat Coco es ja auch längst schon mal mit einem Menschen getrieben!«

»Ruhe, Vera!«, befahl die Hexe. Und an mich gewandt: »Wiederhol, was ich euch soeben gelehrt habe.«

Ich überlegte verzweifelt, aber ich fand einfach den Anknüpfungspunkt nicht.

»Ich weiß nicht, was ich noch tun soll«, seufzte die Hexe. »Dabei habe ich extra deine Schwester Vera hierhergeholt, weil ich dachte, sie könnte dich aus deiner Lethargie reißen.«

Vera hasste den Unterricht genau wie ich. Deswegen war sie über den Wunsch der Hexe, sie aus Wien für einige weitere Wochen in das Schloss zu beordern, alles andere als erbaut gewesen. Und das ließ sie mich spüren. Es verging kein Tag, an dem sie mir nicht irgendeinen grausamen Streich spielte.

Heute Morgen war ich in meinem Bett erwacht – mit zwei Dutzend fetten, warzigen Kröten als Bettgenossen. Ich war aufgesprungen, aber eher, weil mir die armen Viecher leidgetan hatten und ich keines hatte erdrücken wollen. Danach hatte ich sie eingesammelt und wieder in einen der Gartenteiche gesetzt. Das war noch einer von Veras harmloseren Streichen gewesen.

Vor ein paar Tagen hatte sie mir in meine Creme winzige rasiermesserscharfe Splitter gehext. Ich hatte es zu spät bemerkt. Der Schmerz war erst mit einigen Sekunden Zeitverzögerung gekommen. Da hatte ich die Creme bereits im Gesicht verrieben. Plötzlich waren Hunderte winziger Blutstropfen herausgeschossen gekommen ...

Zum Glück war mir sofort der passende Heilzauber eingefallen, aber noch immer schmerzte mein Gesicht, wenn ich an die gemeine Attacke dachte.

Obwohl ich mittlerweile die bessere Hexe von uns beiden war, hatte ich kein Bedürfnis, mich zu rächen. Im Gegenteil, wahrscheinlich wartete sie nur darauf, um dann noch gemeiner zurückzuschlagen. Ich wollte kein Öl ins Feuer gießen.

»Vera, hilf du bitte deiner Schwester auf die Sprünge!«, seufzte Sandra Thornton.

»Aber gerne doch«, lächelte Vera zuckersüß. »Wir haben in der vergangenen Stunde vieles über die Perchten gelernt. Frau Percht geht hauptsächlich zur Nacht auf Dreikönig um. Sie besitzt, wie Janus, zwei Gesichter. Eines ist teuflisch und schrecklich, es symbolisiert den Winter und alles Dunkle. Das andere Gesicht erscheint freundlich und hell. Es symbolisiert das Licht und den Frühling. Daher glauben die dummen Menschen, Frau Percht wäre ihnen hold, wenn sie ihnen ihr freundliches Gesicht zuneigt – doch in Wahrheit ist es nur eine Larve ... Frau Percht und ihr Gefolge gehören wie wir zur Schwarzen Familie, aber sie hat, obwohl sie unter Asmodi steht, eine ganz besondere Machtfülle. Wenn Frau Percht es gebietet, muss jeder Dämon vor ihr niederknien und ihrer kosmischen Ordnung huldigen ...«

Das klang tatsächlich wie aus dem Lehrbuch. Ich ärgerte mich über Veras hochtrabende Belehrung. Wahrscheinlich las sie es aus einem unsichtbaren Buch ab. Sie trickste, wo sie nur konnte. Einmal hatte Sandra Thornton sie dabei erwischt, wie sie aus einem dieser Bücher spickte. Sie richtete es so ein, dass nur sie es sehen konnte ...

Mein Blick fiel auf die magische Tafel. Dort hatte sich wie aus dem Nichts das Gesicht von Frau Percht geformt. »Solltet ihr der Dämonin einmal im Leben begegnen, seid höflich zu ihr und versucht, nicht ihren Unmut heraufzubeschwören – ihre Macht steht der von Asmodi kaum nach«, warnte unsere Lehrmeisterin.

»Gibt es denn keinen Zauber, der sie schwächen kann?«, fragte ich.

Sandra Thorton seufzte. »Auch das, Coco, haben wir bereits erwähnt.«

Wie aus der Pistole geschossen, ratterte einmal mehr Vera die Fakten herunter: »Ihr selbst ist nicht beizukommen, aber Haus und Hof werden seit alters her vor ihr geschützt, indem beim sogenannten Glockenabschütten jemand mit einer Kuhglocke dreimal ums Haus läuft, damit im Laufe des Jahres das Vieh kein böser Zauber befalle.«

»In diesem Fall«, ergänzte die Hexe, »haben die Menschen, aus deren Reihen der Brauch stammt, sogar recht. Jedenfalls tritt Frau Percht selten allein auf, sondern mit ihrem Gefolge. Ihr Volk ist recht seltsam. Selbst uns kommen manche der Gestalten äußerst fremdartig vor: Krampusse, Buttmandeln, Habergeißen, Krapfenschnapper und viele mehr gehören ihr an.« Während die Hexe sprach, zeigte die magische Tafel die verschiedenen Gestalten an. Eine war furchterregender als die andere. »Im Gegensatz zu Vampiren oder Werwölfen können sie sich nicht in Menschen verwandeln«, fuhr Sandra Thronton fort. »Daher leben sie meist zurückgezogen in Höhlen, auf Bergen oder in tiefen Wäldern.«

»Zum Glück«, sprach Vera dazwischen. »Ich finde diese Typen grottenhässlich.«

Die Hexe warf ihr einen strengen Blick zu. »Einen dieser ›grottenhässlichen Typen‹ werdet ihr morgen kennenlernen – oder glaubt ihr, ich hätte mit der Einführung in die alpinische Dämonenwelt nur eure Geduld quälen wollen?«

»Klasse, ich stelle mir schon vor, wie ich mit so einem tumben Krampus an der Seite mich beim nächsten Schwarzen Sabbat lächerlich mache ...« Sie zog einen Flunsch.

»Niemand macht sich lächerlich!«, erwiderte Sandra Thornton. »Erstens ist es kein Krampus, sondern ein Saurüssel, und zweitens wird sich Coco um ihn kümmern, da sie beide etwa im gleichen Alter sind.«

»Ein Saurüssel?«, fragte ich neugierig. Unwillkürlich stellte ich mir ein kleines süßes Ferkelchen vor und freute mich. Alles war besser, als meine Tage hier weiter allein zu fristen oder sie mir von Vera weiter vergiften zu lassen.

»Ja, er heißt Eberhard ...«

Vera prustete los: »Ein Saurüssel namens Eberhard. Na, herzlichen Glückwunsch zu deinem neuen Galan, Schwesterchen!«

Sandra Thornton bat meine Schwester, sich zusammenzureißen. »Ihr werdet ihn behandeln wie jedes andere Mitglied der Schwarzen Familie auch. So, und jetzt weiter im Text, denn ihr sollt nicht wie dumme Hühner erscheinen, wenn ihr euch mit Eberhard unterhaltet. Er hat noch viele weitere Verwandte. Ein häufiger Begleiter der Frau Percht ist der Wilde Jäger, auch Jännerwein genannt. Zu seiner Wilden Jagd gehören auch die Saurüssel. Ebenso wie Habergeiß, Vorpercht, Moosweib, Rape, Riese Abfalter, Baumpercht, Bär, Bärentreiber und Hahnengickerl ...«

Während uns die Hexe Thornton mithilfe der magischen Tafel die einzelnen Gestalten erklärte, uns ihre Stärken aber auch Schwächen und mögliche Gegenzauber einbläute, schweiften meine Gedanken erneut ab.

Als ich zur Fensterbank schaute, lag der kleine Dompfaff leblos auf dem Rücken, die Krallen starr gen Himmel gestreckt. Vera! Als ich sie ansah, grinste sie höhnisch und streckte mir die Zunge heraus.

Eberhard war tatsächlich keine Augenweide. Wir lernten ihn am nächsten Morgen am Frühstückstisch kennen. Eberhard trug einen Schweinekopf auf den krummen Schultern. Überhaupt war irgendwie alles an ihm krumm und missgestaltet – als hätte man ihn aus einem schief gewachsenen Baumstamm geschnitzt. Seine Haut war rosa mit braunen Sprenkeln. Die Arme, die...

Erscheint lt. Verlag 9.9.2023
Reihe/Serie Das Haus Zamis
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Coco Zamis • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • Dorian Hunter • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Spin-Off • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-5466-0 / 3751754660
ISBN-13 978-3-7517-5466-8 / 9783751754668
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