Wintersonnenwende (eBook)

Kriminalroman | Atmosphärisch, nordisch, fesselnd: Der Nr.1-Bestseller aus Schweden! Eiskalte Spannung aus Skandinavien
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2024 | 1. Auflage
460 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-3107-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wintersonnenwende -  Pascal Engman,  Johannes Selåker
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Es geht endlich weiter: Der nervenzerreißende neue Krimi der schwedischen Bestseller-Serie Die Nacht ist klirrend kalt und eine dünne Schneeschicht bedeckt Stockholm. Da zerreißen Schüssen die bisher ruhige Silvesternacht '94. Eine junge Frau flieht nackt durch den Schnee und verschwindet. Zurück bleibt ein Toter, hingerichtet mit einem Kopfschuss. Für Kommissar Tomas Wolf, der von seinem eigenen Trauma schwer gezeichnet ist, beginnt die Jagd nach einem skrupellosen Mörder. Zeitgleich forscht Journalistin Vera Berg in einem Vermisstenfall, dessen Spuren Tomas in ein verdächtiges Licht rücken. Was verbirgt er? Als ein weiterer bestialischer Mord geschieht, müssen die beiden sich zusammenraufen, um den Täter zu stellen. Denn unter einer Decke aus Schnee und Schweigen liegt eine Wahrheit begraben, die alles verändert ... Limitierter Farbschnitt nur in der Erstauflage »Düster. Fesselnd. Unvergesslich.« Johanna Mo »Nordisches Noir auf höchstem Niveau.« BTJ »Mankell hätte es nicht besser machen können.« Aachener Zeitung  »Bestechend ausgefeilte Charaktere, jenseits von klischeehaften Gut- und Böse-Kategorien.« Funke Mediengruppe 

Pascal Engman ist Schwedens aufstrebender Star der Kriminalliteratur. Er hat weltweit über 1 Million Bücher verkauft und wird in über 20 Sprachen übersetzt. David Lagercrantz bezeichnet ihn als »Meister der neuen Krimi-Generation«.

Pascal Engman ist Autor und Journalist. Sein Thriller-Debüt Der Patriot, erschienen 2017, wurde von Kritiker:innen und Leser:innen gleichermaßen gefeiert. Er hat weltweit über 1 Million Exemplare seiner Bücher verkauft und wird in über 20 Ländern veröffentlicht. In Schweden ist er einer der beliebtesten Krimiautoren.

Samstag, 31. Dezember 1994


1


Den Blick auf das gold lackierte Kopfende des Bettes gerichtet, empfing Ellen Alm die Stöße des Mannes hinter ihr. Sie kamen in einem steten, schneller werdenden Rhythmus. Bald wäre er fertig. Sein Griff um ihren Hals wurde fester. Sie gab vor, kurz vorm Ersticken zu sein, rang nach Luft, ruckte panisch mit dem Nacken, ging auf allen vieren ins Hohlkreuz und tat so, als wollte sie sich losreißen. So kam er schneller zum Ende. Typen wie ihn geilte es auf, sie leiden zu sehen.

»Hör auf, bitte«, röchelte sie. »Du tust mir weh.«

In Wahrheit spürte sie nicht das Geringste. Doch ihr Flehen hatte den gewünschten Effekt. Mit einem langen Stöhnen erfolgte der letzte Stoß. Er schubste sie von sich weg und betrachtete sie angewidert, während sein Altmänner-Schwanz zum Erdmittelpunkt hin erschlaffte. Keuchend fuhr er sich durch das verschwitzte schlohweiße Haar. Dann lächelte er überheblich.

Ellen ertrug weder seinen Blick noch seinen dürren, faltigen Körper. Sie stand auf und ging über den Teppichboden raus in den Flur und ins Bad. Die Zugluft vom Wohnzimmerfenster verursachte ihr Gänsehaut. Das Fenster blieb immer offen, um zu lüften.

Im Spiegel begutachtete sie die Spuren der Misshandlung. Ihre Lippen waren geschwollen, an ihrem Hals leuchteten rote Druckstellen. Aber sie war so sehr daran gewöhnt, dass sie keine Schmerzen fühlte.

Ihr Körper war zierlich, mädchenhaft. Dafür bezahlten Freier wie der da draußen. Bertil, so hieß er, war ein sadistisches Schwein. Aber es gab nicht viele gute Männer, die sich am Silvesterabend davonstehlen konnten.

Ellen wusch sich nur im Waschbecken. Sie wollte keine Zeit verlieren. Die Mädchen teilten sich die Zimmer, der Belegungsplan war eng getaktet. Und solange man ein Zimmer nutzte, musste man so viele Freier wie möglich abfertigen, sonst wurde man von den Betreibern des Bordells ohne Schutz eines Zuhälters nach draußen auf die Straße geschickt. Außerdem war es kurz vor Mitternacht, und in den frühen Morgenstunden ging der Betrieb erst richtig los. Dann zogen haufenweise Jungscliquen durch die Malmskillnadsgatan, die sich die angebrochene Silvesternacht mit ein paar Frauen versüßen wollten. Die ließ man sich nicht entgehen, unsichere und zaghafte Muttersöhnchen waren leicht abzuzocken.

Im Schlafzimmer hörte sie Bertil ächzen. Er war schon über siebzig und musste sich hinterher immer erholen. Eines Tages würde er so sterben, dachte Ellen bei sich. Sein Herz würde versagen, während er irgendein bemitleidenswertes osteuropäisches Mädchen mit dem Gürtel schlug. Aber bis dahin würde sie ihm das Geld aus der Tasche ziehen. Bertil war einer der wenigen Freier, bei denen sie nicht auf sofortiger Bezahlung bestand, er machte nie Probleme.

Sie tröpfelte sich Clear Eyes in die Augen, damit sich die Blutgefäße verengten, und überschminkte die Spuren von Bertils Misshandlungen. Dieser Moment war der schlimmste. Ihre Rolle war abgelegt, aber der Ekel blieb. Für Bertil war sie Lucy. Ihren richtigen Namen kannte er nicht. Und bei der Arbeit fühlte sie sich wie Lucy. Doch jetzt, hinterher, war sie wieder Ellen Alm. Dann gab es keinen Schutzwall gegen die Gefühle, die in ihr aufstiegen; abgesehen von den Drogen, die allem den Stachel nahmen. Aber mit den Drogen hatte sie im Herbst aufgehört, nachdem Pål sie verlassen hatte und ihre Mutter gestorben war.

Ellen zog resolut ihren Lippenstift nach, als die Erinnerung ans Hospiz sie überwältigte. Sie war nur einmal dort gewesen, zwei Tage, bevor ihre Mutter gestorben war. Ihre Mutter hatte voriges Jahr mit ihr gebrochen, als Ellen erst Gras geraucht und dann stärkere Sachen ausprobiert hatte. Ihre Mutter hatte sie mit den Worten, sie wolle nichts mit dreckigen Junkies zu schaffen haben, vor die Tür gesetzt. Und auf der Straße war sie dann komplett abgestürzt.

Im Hospiz war es, als hätte das Zerwürfnis nie stattgefunden. Ellen sah ihre Mutter vor sich, hörte ihre schwache Stimme, mit der sie ihre Lebenslüge offenbart und sie um einen letzten Gefallen gebeten hatte; untermalt von den Schreien aus dem Nebenzimmer, ein verzweifeltes Flehen, nicht zu sterben. Der unverwechselbare Geruch von fortgeputztem Tod.

Bei der Gelegenheit hatte sie ihre Mutter nach ihrem Vater gefragt. Wer er war und warum sie nie über ihn gesprochen hatte. Aber Mama hatte nur geseufzt und eine kalte Hand auf ihre gelegt.

»Ein andermal, Schätzchen«, hatte sie gesagt.

Zwei Tage später war sie gestorben.

In der Wohnung fiel eine Tür ins Schloss und kurz darauf eine zweite. Ellen kehrte zurück in die Wirklichkeit. Prellte der alte Sack sie etwa um ihre Kohle? Sie griff nach ihrem Eyeliner und schnellte herum, um Bertil nachzulaufen. Wenn er irgendwelche Spielchen versuchte, würde sie ihm den Stift in den Hals rammen. Als sie eben die Badezimmertür öffnen wollte, hörte sie einen Aufschrei und erstarrte. Ein Schuss fiel, ein zweiter.

Ellen riss die Tür auf und rannte ohne einen Blick ins Schlafzimmer den Flur entlang ins Wohnzimmer. Sie musste hier weg, fliehen. Hinter ihr erklangen Schritte, die rasch näher kamen. Sie erreichte das geöffnete Fenster und kletterte hinaus.

Ihre nackten Füße trafen auf das Vorderdach. Ein paar Meter entfernt führte eine Feuerleiter in den Innenhof hinunter. Die Kälte machte ihren Körper plump und schwerfällig. Sie hatte Angst, auszurutschen und hinzufallen.

Ein neuer Knall erklang, ein zweiter. Im ersten Moment glaubte Ellen, dass es Schüsse waren. Doch dann stiegen Silvesterraketen in den Himmel. Wie üblich hatte jemand nicht bis Mitternacht warten können. Sie kletterte die Feuerleiter hinunter und rannte nackt durch den Innenhof, während über ihr ein Farbenmeer explodierte. Sie hatte alles in der Wohnung zurückgelassen. Kleidung, Geld, das Adressbuch mit den Namen ihrer Stammkunden und allen Telefonnummern. Als sie die Tür zu einer Seitenstraße der Malmskillnadsgatan erreichte, hallte eine Stimme durch den Hof. Sie blieb stehen und blickte zu dem Fenster hoch, durch das sie geflohen war. Die Silhouette eines Mannes zeichnete sich darin ab. Doch das war es nicht, was sie vor Angst erstarren ließ.

Er hatte sie bei ihrem richtigen Namen gerufen.

Dem Namen, den niemand in dieser Welt kennen sollte.

2


Noch eine Viertelstunde, bis 1994 zu 1995 wurde. Der Küchentisch in der Dreizimmerwohnung in der Hornsgatan war gedeckt, aber das Essen – Rinderfilet mit Sauce béarnaise und Bratkartoffeln – war kalt. Die Servietten, die er zu Turmspitzen gefaltet hatte, steckten in den Gläsern. Goldfarbenes Konfetti lag zwischen den Gedecken, von der Deckenlampe ringelten sich Luftschlangen auf die Teller herab. Tomas Wolf fuhr zusammen, als im Park Tantolunden ein Böller explodierte. Er stellte sich ans Fenster. Die Kinder hatten das neue Jahr eigentlich bei ihm begrüßen sollen. Aber als sie gerade mit dem Essen beginnen wollten, hatte Ebba angefangen zu weinen und nach Hause gewollt, zu Klara.

Der siebenjährige Alexander hatte sich bemüht, seine kleine Schwester zu trösten. Er hatte ihr übers Haar gestrichen, versucht, sie zum Bleiben zu überreden, und dabei unentwegt besorgt zu seinem Vater gesehen, der seine Kinder hilflos betrachtete. Zum ersten Mal erhaschte Tomas einen Blick auf den jämmerlichen, bemitleidenswerten Mann, der er in den Augen seines Sohnes war.

Er griff nach seinen Zigaretten, nahm eine Dose Bier aus dem Kühlschrank, ging ins Wohnzimmer und schaltete die Deckenlampe aus, um den fast vollständig kahlen Raum nicht sehen zu müssen. Er ließ am Fenster zum Tantolunden die Jalousien herunter, sank in den Sessel, zündete sich eine Zigarette an, inhalierte einen tiefen Zug und lauschte dem leisen Knistern des Tabaks. Die aufglimmende Glut war die einzige Lichtquelle in der kompakten Dunkelheit.

1994 war ein Jahr wie kein anderes gewesen. Er dachte an den Glutsommer, in dem Schweden bei der Fußball-WM Bronze geholt hatte, während er einen zweifachen Frauenmörder gejagt hatte. Das alles lag erst fünf Monate zurück, trotzdem erschien es ihm wie ein anderes Leben.

Ende September war die Estonia gesunken und hatte über achthundert Menschen mit in den Tod gerissen. Ungefähr zur selben Zeit – Zeit war inzwischen konturlos, ein verworrenes, in sich selbst verstricktes Gebilde – war Klara mit den Kindern in ein Reihenhaus in Enskede gezogen.

Das Aus seiner Familie war bereits im Frühjahr besiegelt gewesen, nach seiner Rückkehr vom Militäreinsatz in Bosnien. Seine Wutausbrüche, Gedächtnislücken und Albträume, die darauf gefolgt waren. Angstattacken, bei denen er keine Luft bekommen hatte und fest davon überzeugt gewesen war, sterben zu müssen. Ihm war klar, dass irgendetwas mit ihm nicht stimmte, dass irgendwo unter seiner Haut eine blutende Wut saß. Er spürte den Schmerz, ohne dessen Ursprung lokalisieren zu können; und nur die Tabletten, die er regelmäßig bei einem Dealer mit Goldring im Ohr in der Zinken Bar kaufte, brachten Linderung.

Um seine Arbeit als Kriminalkommissar bei der Stockholmer Mordkommission bewältigen zu können, hatte er inzwischen ständig ein Notizbuch bei sich, in dem er sich die...

Erscheint lt. Verlag 2.9.2024
Reihe/Serie Wolf und Berg ermitteln
Übersetzer Ulla Ackermann
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 1995 • 90er • Ermittler • Ermittlung • Estonia • Fortsetzung • Frauen • Gewalt • Hass • Journalistin • kalt • Killer • Korruption • Krimi • Kriminalroman • metoo • Mörder • Noir • Nordic • nordisch • Ostsee • Probleme • PTSD • Schiff • Schnee • Schweden • Schwedisch • Serien • Skandi • Skandinavien • Tote • Trauma • Untergang • Winter • Zeitung
ISBN-10 3-8437-3107-1 / 3843731071
ISBN-13 978-3-8437-3107-2 / 9783843731072
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