Bitterer Verrat (eBook)

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2023 | 1. Auflage
560 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-2614-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Bitterer Verrat -  Christopher Reich
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Lange reiste der Chirurg Jonathan Ransom für 'Ärzte ohne Grenzen' um die Welt. Immer an seiner Seite: seine Frau Emma - bis er sie als Doppelagentin des CIA entlarvte. Nun lässt Jonathan sich selbst zum Spion ausbilden. Denn Emma befindet sich in der Hand von islamistischen Terroristen und nur Jonathan kann sie retten ...

Das Buch erschien vormals unter dem Titel 'Getrieben'.



Christopher Reich (* 12. November 1961 in Tokio) ist ein US-amerikanischer Autor. Seine Bücher wurden in 20 Sprachen übersetzt und waren mehrfach New York Times-Bestseller.

Prolog


Oberhalb von Camp 4
Tirich Mir

Im Nordwesten Pakistans
30. Mai 1984

»Hörst du das auch?«

Der Bergsteiger rammte sein Eisgerät tief in den Schnee, hob den Kopf und lauschte.

»Was denn?«, wollte sein Begleiter wissen, der sich ein Stück weiter unten eng an die fast senkrechte Felswand drückte.

»Hörte sich an wie ein Schrei.« Angestrengt versuchte Claude Brunner, der mit seinen zweiundzwanzig Jahren als bester Bergsteiger Frankreichs galt, das schrille Geräusch im heulenden Wind zu lokalisieren. Es schien sich aus großer Entfernung zu nähern. »Es kommt von dort!«

»Ein Schrei?«, erkundigte sich der zehn Jahre ältere Spanier Castillo. »Von einem Menschen?«

»Ja, wie ein Schrei«, erwiderte Brunner. »Aber nicht von einem Menschen. Das Geräusch klingt anders … lauter.«

»Lauter? Hier oben?« Ungläubig schüttelte Castillo den Kopf, sodass ein paar dicke Schneeflocken aus seinem Bart stoben. »Ich höre überhaupt nichts. Du bist erschöpft. Wahrscheinlich bildest du dir das nur ein.«

Der Wind ließ ein wenig nach. Brunner lauschte erneut. Doch außer dem Pochen seines Herzens hörte er nichts. Trotzdem hallte ihm das unheimliche Jaulen noch immer in den Ohren. Er spürte, wie ihm die Angst in den Nacken kroch.

»Wie viele Stunden hast du letzte Nacht geschlafen?«, wollte Castillo wissen.

»Überhaupt nicht.«

»Siehst du? Alles nur Einbildung. Hier oben fegt einem ständig der Jetstream um die Ohren. Das macht einen verrückt.«

Brunner drehte eine Schraube ins Eis und befestigte das Sicherungsseil daran. Castillo hatte recht. Er war müde. Erschöpft bis auf die Knochen. Sie waren um zwei Uhr morgens vom siebentausenddreihundert Meter hoch gelegenen Camp 4 aufgebrochen und hatten für die Flanke acht Stunden gebraucht. Keine schlechte Leistung, aber der Aufstieg hatte länger gedauert als geplant. Der Amerikaner, der zwei Stunden vor ihnen losgegangen war, um Fixseile zu verhängen und die Route zu sichern, hatte einen beachtlichen Vorsprung.

Brunner warf einen Blick in die Tiefe. Sechs angeseilte Bergsteiger kämpften sich die Wand hinauf. Mit ihren bunt leuchtenden Anoraks erinnerten sie an eine nepalesische Gebetsfahne. Der rote Anorak gehörte dem Italiener Bertucci, der blaue dem Engländer Evans, der gelbe dem Japaner Hamada. Die anderen kamen aus Deutschland, Österreich und Dänemark.

Ihre Expedition nannte sich »Klettern für den Weltfrieden« und wurde von der UNO gesponsert, aber die Idee ging zurück auf die Reagan-Administration und war auch von Margaret Thatcher unterstützt worden. Es war eine medienwirksame Aktion gegen den einhunderttausend Mann starken sowjetischen Einmarsch in Afghanistan. Jenseits der nächsten Bergkette, keine hundertsechzig Kilometer von ihnen entfernt, hatten die Sowjets den afghanischen Ministerpräsidenten ermordet, die Regierung gestürzt und einen ihrer Handlanger an die Spitze gesetzt, einen skrupellosen Diktator mit Namen Babrak Karmal.

Brunner richtete den Blick nach oben. Hoch über ihm tauchte gerade das letzte Mitglied der Expedition aus dem Schatten eines gigantischen Séracs auf. Der Amerikaner.

»Der legt ja ein Wahnsinnstempo vor«, stellte Castillo besorgt fest. »Der Schnee da oben ist tückisch. Bei unserer letzten Tour haben wir genau an dieser Stelle zwei unserer Leute verloren.«

»Vielleicht will er so etwas wie einen persönlichen Rekord aufstellen«, mutmaßte Brunner.

»Uns geht es aber nur darum, heil auf den Berg und wieder zurück zu kommen.«

Über den zerklüfteten Gipfeln des Hindukusch strahlte ein wolkenloser blauer Himmel. Der Wind pfiff ihnen noch immer mit rund fünfzig Stundenkilometern um die Ohren, hatte hier oben aber deutlich an Heftigkeit eingebüßt und setzte ihnen nicht mehr so zu wie in den vergangenen zwei Wochen. Optimale Bedingungen also für den Gipfelangriff.

Brunner wollte gerade eine weitere Stufe ins Eis schlagen, als ein Schrei an seine Ohren drang, der keinerlei Ähnlichkeit mit dem schrillen Jaulen von vorhin hatte. Es war ein ganz anderer, beängstigend vertrauter Laut.

Als Brunner zum Gipfel blickte, sah er, wie die dunkle Gestalt des Amerikaners sich im Schnee überschlug und den Hang hinunter auf sie zu stürzte.

»Schlag noch eine Sicherungsschraube für mich ein«, rief Brunner Castillo zu. »Ich muss versuchen, ihn aufzuhalten!«

»Das ist Selbstmord!«, rief Castillo zurück. »Entweder tötet er dich beim Aufprall, oder er reißt uns beide mit in die Tiefe!«

Brunner deutete mit der Hand auf die Bergsteiger weiter unten. »Wenn ich seinen Sturz nicht aufhalte, bringt er die anderen in Lebensgefahr. Sie werden ihn erst bemerken, wenn es zu spät ist. Nun mach schon! Schau, dass die Schraube fest sitzt.«

Castillo tat wie geheißen. Entschlossen hangelte Brunner sich ein Stück seitwärts über die Eiswand, um dem Amerikaner den Weg abzuschneiden. »Sitzt die Schraube?«, rief er.

»Eine Sekunde noch!«

Vergeblich versuchte der Amerikaner, Halt zu finden. Jedes Mal, wenn er gegen den Fels prallte, stöhnte er laut. Brunner sah, dass seine Augen weit aufgerissen waren. Kaum zu glauben, dass der Mann überhaupt noch bei Bewusstsein war. Vorsichtig rammte Brunner die Frontalzacken der Steigeisen ins Eis und hangelte sich noch ein Stück weiter nach links.

Der Amerikaner knallte gegen einen Felsvorsprung und wurde wieder in die Luft geschleudert. Kopfüber stürzte er auf Brunner zu.

»Michael!«, rief Brunner.

Der Amerikaner streckte die Arme nach Brunner aus. Mit beiden Händen griff Brunner nach ihm und bekam ihn an der Taille zu fassen. Die Wucht des stürzenden Körpers riss Brunner aus der Wand. Der Franzose stürzte kopfüber in die Tiefe, hielt dabei aber den Amerikaner mit beiden Armen weiter fest.

Ihr Sturz wurde abrupt vom Sicherungsseil gestoppt. Durch den Ruck entglitt der Amerikaner Brunners Griff und rutschte weiter über das Eis. Brunner griff nach dem Bein des Amerikaners und erwischte ihn mit einer Hand am Fußgelenk. Das Gewicht des Mannes riss ihm den Arm aus dem Schultergelenk. Brunner stieß einen lauten Schmerzensschrei aus, hielt den Fuß des Amerikaners aber mit eisernem Griff umklammert.

Eine gefühlte Ewigkeit hingen die beiden Männer kopfüber in der Wand, bis Castillo endlich zu ihnen heruntergeklettert war. Nachdem er die beiden Männer gesichert hatte, schlug er eilig ein Notbiwak auf. Aus einer Platzwunde am Kopf des Mannes lief unaufhörlich Blut, und eine seiner Pupillen war deutlich geweitet.

»Kannst du mich hören?«, fragte Brunner.

Der Amerikaner stöhnte und verzog das Gesicht zu einem gequälten Grinsen. »Danke, Kumpel. Wie’s aussieht, verdanke ich dir mein Leben.«

Brunner gab keine Antwort.

»Warum hast du dich da oben vom Seil losgemacht?«, fragte Castillo.

»Ging nicht anders«, erwiderte der Amerikaner.

»Warum nicht?«, fragte Brunner.

»Musste alles aufstellen.«

»Was soll das heißen, ›musste alles aufstellen‹?«, fragte Castillo hörbar verärgert.

Der Amerikaner murmelte ein paar unverständliche Worte.

»Los, Mann, red schon«, fuhr Castillo ihn an.

»Befehle, Mann. Befehle.« Der Amerikaner verdrehte die Augen und verlor das Bewusstsein.

»Befehle? Wovon redet der Kerl bloß?« Wütend griff Castillo sich den Rucksack des Amerikaners und öffnete ihn. »Ach du Scheiße.«

»Was gefunden?«, fragte Brunner.

Wortlos zog Castillo einen länglichen Karton aus dem Rucksack, auf dem an einer Seite »Eigentum des U. S. Verteidigungsministeriums« stand.

Brunner und Castillo sahen sich an. »Das Ding wiegt locker zwanzig Kilo«, schätzte Castillo. »Trotzdem hat er uns auf dem Weg zum Gipfel gnadenlos abgehängt. Hast du eine Ahnung, was das sein könnte?«

Brunner schüttelte den Kopf. Dann riss er den Blick von dem Karton los und starrte auf den Sérac über ihnen. Dieses Mal musste er Castillo nicht fragen, ob auch er das Geräusch hörte. Das beunruhigende Jaulen war jetzt genau über ihnen. Es war das ohrenbetäubende Dröhnen eines Düsenflugzeugs mit Triebwerksschaden.

Ein Schatten schob sich vor die Sonne. Dann sah er es – und ihm blieb die Luft weg.

Claude Brunner war klar, dass sie dem sicheren Tod ins Auge blickten. Ihnen blieben höchstens noch ein paar Minuten.

Das Flugzeug flog direkt über ihre Köpfe hinweg. Eine der Tragflächen kam dem Gipfel so nahe, dass sie Stücke aus dem Eis schnitt. Schnee und Eis wurden hoch in die Luft gewirbelt. Grelle Flammen schlugen aus einem der Motoren. Während Brunner noch gebannt auf die Maschine starrte, gab es plötzlich einen lauten Knall. Das brennende Triebwerk war explodiert. Das Flugzeug kippte nach links ab und ging in Sturzflug über. Brunner erkannte, dass es sich um eine amerikanische B-52 Stratofortress handelte. Von der Unterseite der Tragfläche prangte ihm ein großer weißer Stern entgegen.

Einen Moment lang bekam der Pilot die Maschine wieder unter Kontrolle. Die Nase hob sich, und das Jaulen ließ nach. Doch dann löste sich die rechte Tragfläche vom Rumpf. Das geschah so glatt und schnell, dass es aussah, als wäre es ganz normal. Ein paar Sekunden lang setzte die Maschine ihren Flug am strahlend blauen Himmel fort, als wäre nichts geschehen. Doch dann begann die Maschine zu trudeln und raste im Sturzflug auf die Berge in der Ferne zu. Teile lösten sich vom Rumpf. Große zylindrische Gegenstände schossen durch die Luft. Die Motoren heulten auf wie ein verendendes Raubtier.

Fünf endlose Sekunden vergingen, bis das Flugzeug gegen einen rund drei Kilometer entfernten Berg prallte. Brunner sah den gigantischen Feuerball, noch...

Erscheint lt. Verlag 15.8.2023
Reihe/Serie Jonathan Ransom Thriller Serie
Übersetzer Damaris Brandhorst
Sprache deutsch
Original-Titel RULES OF BETRAYAL
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Christopher Reich • CSI • Don Winslow • Doppelleben • John Grisham • Richard Pobi • Spion • Spionage • Thriller
ISBN-10 3-8412-2614-0 / 3841226140
ISBN-13 978-3-8412-2614-3 / 9783841226143
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