Der Spurenfinder (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman | Die neue magische Romanwelt vom Autor der Känguru-Chroniken

*****

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2023 | 1. Auflage
336 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-3105-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Spurenfinder -  Marc-Uwe Kling,  Johanna Kling,  Luise Kling
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»Elos von Bergen war nicht einfach irgendein Spurensucher. Er war es, der das Rätsel des Obelisken von Tarnok gelöst hat. Er brachte der Gräfin von Oberlinden ihren Greifen zurück. Er fing den Traummörder von Altschwanenberg. Er war der berühmteste Spurensucher der Verlorenen Provinzen. Wobei er sich selbst nie als Spurensucher bezeichnet hätte. Elos von Bergen war Spurenfinder.« Elos von Bergen hat das Spurenfinden eigentlich an den Nagel gehängt, seit ein Fall mit einem nachtragenden Nachtmagier ihn und seine Kinder Ada und Naru fast das Leben gekostet hätte. Darum wohnen die drei nun seit einigen Jahren in Friedhofen, dem verschlafensten Dorf des gesamten Königreichs. Dort arbeitet Elos - sehr zum Leidwesen der Kinder, die sich in dem Kaff unsäglich langweilen - an der Niederschrift seiner zwanzigbändigen Memoiren. Doch dann geschieht ausgerechnet in Friedhofen ein rätselhafter Mord, der den Spurenfinder in den verzwicktesten Fall seines Lebens hineinzieht. Und wenn er glaubt, seine Kinder würden derweil zu Hause bleiben und Däumchen drehen, täuscht er sich gewaltig.

Marc-Uwe Kling singt Lieder und erzählt Geschichten. Seine Känguru-Geschichten wurden 2010 mit dem Deutschen Radiopreis und 2013 mit dem Deutschen Hörbuchpreis ausgezeichnet. Im Kino waren das Känguru und der Kleinkünstler bereits mit zwei Blockbustern vertreten ('Die Känguru-Chroniken', 2020 & 'Die Känguru-Verschwörung' 2022). Die satirischen Dystopien QUALITYLAND (2017) und QUALITYLAND 2.0 (2020) eroberten die SPIEGEL-Bestsellerliste und werden derzeit verfilmt. Das Vorlesebuch DAS NEINHORN verkaufte sich fast eine Million mal.  

Laut unseren Spurensuchern behauptet Marc-Uwe Kling, jahrelang in einer Wohngemeinschaft mit einem Känguru und/oder in QualityLand gelebt zu haben, was Rückschlüsse über seinen Geisteszustand und/oder die Zuverlässigkeit unserer Spurensucher ziehen lässt.    Über Johanna Kling konnten wir wenige bis keine Informationen zusammentragen. Sie scheint bisher im Untergrund agiert zu haben. Offizielle Stellen behaupten, sie sei zwölf Jahre alt und habe eine Zwillingsschwester, was in unseren Augen höchst suspekt klingt.   Luise Kling ist angeblich besagte Zwillingsschwester und wohl ebenso zwölf Jahre alt, was, wenn man genauer darüber nachdenkt, wenig verwunderlich ist. Jede andere Altersangabe würde tatsächlich ein bergtrollgroßes Loch in die offizielle Familiengeschichte der Klings reißen.   Bernd Kissel ist unseren Spurensuchern kein Unbekannter. Er hat wohl mit Kling schon im Zuge der sogenannten Känguru-Comics kollaboriert. Quellen aus dem näheren Umfeld behaupten, bereits seine Schulbücher hätte er vollgekritzelt mit Elfen, Zauberern und Monstern.

DER JAHRMARKT


Elos von Bergen war ein Mann, der zu seinem Wort stand. Jedenfalls solange er keinen guten Grund hatte, es nicht zu tun. Und das nagende Gefühl, dass sich auf dem Jahrmarkt etwas Schlimmes ereignen könnte, etwas, das sich seiner Kontrolle entzog – zu viele Menschen, zu viele Möglichkeiten –, war zu vage. Es reichte nicht, um sein den Kindern gegebenes Versprechen zu brechen. Sie würden noch heute zum Jahrmarkt gehen.

Der Fußmarsch nach Rabenfurt dauerte eine knappe Stunde, und sie hatten verabredet, ihn gemeinsam mit der Familie Arden zurückzulegen. Darum standen sie nun am frühen Abend an der Weggabelung im Osten Friedhofens und warteten. Denn auf die Ardens musste man immer warten. Gelangweilt blickte sich Naru um. Direkt vor ihm traf der Trampelpfad zum Schönen See auf den Feldweg zum Arden-Hof. Der Mais zu seiner Linken war noch nicht abgeerntet. Zu seiner Rechten säumten Apfelbäume den Weg. Wie gerne wollte er auf einen davon klettern, denn Klettern war sein liebster Zeitvertreib. Aber er hatte Angst, seine feinen Klamotten schmutzig zu machen, und das, wo er doch quasi gleich zum ersten Mal mit Ilda ausging. Man musste sich nur die anderen wegdenken.

Ada stand neben ihm und zählte ihre Münzen. Die Zwillinge hatten alles Geld eingesteckt, das sie sich in letzter Zeit durch verschiedene Hilfsarbeiten verdient und noch nicht für Zimtbrötchen wieder ausgegeben hatten.

»Ich habe fünfzehn Henriettas«, sagte Ada. »Und sogar einen goldenen Fredlaff!«

Ganz unbescheiden benannten die Herrscher von Dreibrücken die Münzen des Landes nach sich selbst. Dreiunddreißig Henriettas waren so viel wert wie ein Fredlaff, weil die Prinzessin geboren wurde, als ihr Vater dreiunddreißig Jahre alt war. Wie oft hatte sich Naru in der Schule schon gewünscht, Fredlaff hätte seine Tochter mit hundert Jahren bekommen oder wenigstens im Alter von dreißig. Jedenfalls sorgte diese königliche Schrulle für allerhand Kopfzerbrechen auf den Märkten und in den Klassenzimmern des Landes.

»Wie viel hast du?«, fragte Ada.

»Sag ich nicht«, erwiderte Naru. In seiner Tasche hatte er neun Henriettas und drei Knöpfe.

»Und du?«, fragte Ada ihren Vater. »Wie viel hast du?«

»Genug«, sagte Elos.

Seit er die Spur der von Herzog Harling entführten Prinzessin Henrietta gefunden und dadurch vielleicht einen Krieg zwischen Dreibrücken und Syndrakos verhindert hatte, bekam er seine Fredlaffs nämlich vom Herrscher selbst. Eine königliche Rente. Ungemein praktisch für Elos. Nur die Zwillinge hatten diese schon oft verflucht. Ohne Fredlaffs Fredlaffs hätte sich Elos nämlich kaum nach Friedhofen zurückziehen können, um dort auszutesten, wie viel Langeweile Kinder ertragen konnten, bevor sie mit dem Kopf gegen die Wand liefen.

Plötzlich knallte ein kleiner Apfel gegen Narus Rücken. Das konnte nur eins bedeuten. Er wich schnell zur Seite aus, und der nächste kleine Apfel traf Elos’ Hinterteil.

Ilda, die gerade aus dem Feldweg kam und bis eben noch von den hohen Maispflanzen verdeckt gewesen war, hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund. »Oh! Entschuldigung, Herr von Bergen!«, rief sie. »Ich wollte Naru treffen.«

»Davon gehe ich aus, Kindchen«, sagte Elos und rieb sich die schmerzende Stelle. »Du hast einen kräftigen Wurf.«

»Es tut mir wirklich …«, begann Ilda, da traf sie ein Apfel an der Schulter.

»Hab ich dich!«, rief Naru triumphierend.

Timu und Raffa kamen lachend herbeigerannt. Sie bückten sich schon nach Äpfeln.

»Kinder, hört auf mit dem Blödsinn!«, rief eine strenge Frauenstimme. »Sonst drehen wir gleich wieder um.«

Mutter Arden erschien, und sofort ließen die Kinder die Äpfel fallen. Außer Naru, der sie in die Tasche seiner Jacke steckte, und Timu, der hineinbiss, sein Gesicht verzog und den sauren Apfel wieder ausspuckte.

Wie immer zog Rebecca Arden alle Blicke auf sich. Man hatte das Gefühl, selbst die Tiere glotzten sie an. Die selbstbewusste Bäuerin war die bei Weitem schönste Frau des ganzen Dorfes, und es war kein Wunder, dass ihr alle Junggesellen den Hof machten. Es war ebenfalls kein Wunder, dass Ilda so hübsch war, dachte Naru.

»Rebecca«, sagte Elos. »Wo hast du deinen Verehrer gelassen?«

»Hier bin ich!«, rief der Dorfvorsteher fröhlich. Er war ein adretter Mann Anfang vierzig mit feinen Gesichtszügen und einem schelmischen Lächeln. Sein noch kaum grauer Vollbart war auf sorgfältige Weise genauso sorgfältig gestutzt, dass man nicht merken sollte, wie viel Sorgfalt er darauf verwendete. Gleiches galt für seine schwarzen Haare. Seine Hände waren weich und gepflegt. Er pflückte auf der Wiese eine blaue Kornblume.

»Darf ich?«, fragte er, und nachdem Rebecca nickte, steckte er ihr die Blume ins Haar. Sie ließ es mit einem Lächeln über sich ergehen. Rebecca Arden war eine Bauerswitwe, die mit beiden Beinen auf dem Boden stand. Emmett Frelings romantische Anwandlungen fand sie offensichtlich dennoch auf amüsante Weise schmeichelhaft. Er behandelte sie wie eine Dame vom Hof, nicht wie eine mit Hof.

»Die Blume passt perfekt zu Ihrem Kleid, gnädige Frau«, sagte Emmett mit übertriebener Galanterie.

»Wir wollen los!«, quengelte Ada und zog Elos mit sich.

Vom Brunnenplatz an folgten sie der imperialen Straße nach Rabenfurt. Auf Höhe des alten Wachturms begegneten sie der Heilerin Felicitas, die mit ihrem Ochsenkarren unterwegs war. Wie immer trug sie ihre braunen Haare in einem straffen Dutt, was ihrem Gesicht etwas Strenges gab, selbst wenn sie mal gute Laune hatte, was so gut wie nie vorkam.

»Guten Abend, Frau Stellvertreterin«, sagte Emmett Freling. »Geht’s auch zum Jahrmarkt?«

»Nun ja«, sagte Felicitas grimmig, »da der Jahrmarkt nicht zu uns nach Friedhofen kommt, muss ich wohl nach Rabenfurz.«

»Rabenfurz«, wiederholte Timu lachend und fing sich einen strengen Blick von seiner Mutter ein.

»Ich würde ja hoffen, dass du in offizieller Mission unterwegs bist«, sagte Felicitas zu Emmett, »aber augenscheinlich ist das nicht der Fall.«

»Ich wünsche dir auch einen schönen Abend«, erwiderte der Dorfvorsteher lächelnd.

»Und die alte Straße könntest du auch mal reparieren lassen. Überall Löcher!«

Als die Heilerin außer Hörweite war, fragte Ada: »Warum ist die denn so ausgesprochen schlecht drauf?«

»Oh, wisst ihr das nicht?«, fragte Rebecca. »Felicitas reicht es nicht, stellvertretende Dorfvorsteherin zu sein.«

»Sie wäre gerne Dorfvorsteherin anstelle des Dorfvorstehers«, sagte Ilda.

»Sie hält mich für unfähig«, ergänzte Emmett nach einer kleinen Pause, »und behauptet, dass sie den Jahrmarkt und all seine guten Geschäfte nach Friedhofen hätte bringen können.«

»Als ob«, murrte Naru.

Nach einer knappen Stunde erreichten sie endlich den Stadtrand von Rabenfurt. Erste Holzhütten begannen die Straße zu säumen. Je weiter sie sich dem Zentrum näherten, desto mehr wurden diese von Steinhäusern abgelöst. Als sie schließlich auf dem großen Marktplatz ankamen, staunten die Kinder nicht schlecht. So überfüllt hatten sie Rabenfurt noch nie gesehen.

»Wo kommen nur die ganzen Leute her?«, wunderte sich Ilda.

In der Mitte des Platzes stand ein Reiterdenkmal für die berühmte Königin Iria. Die Großmutter von Fredlaff dem Zweiten hatte Dreibrücken erfolgreich durch die Unabhängigkeitskriege geführt. Zum Dank dafür wurde sie nun jeden Tag von Rabenfurts Raben angekackt. Die schwarzen Vögel saßen auf Kopf und Schultern der Königin und krächzten die Schaulustigen furchtlos an.

Die Gruppe aus Friedhofen stöberte über den Markt. Überall war reges Treiben. Es gab unzählige Stände voller Tand sowie große Zelte mit blubbernden Suppen und saufendem Volk.

Plötzlich stieß Raffa einen lauten Schrei aus. Er deutete auf eine Bude, die aussah wie ein Mund mit herausgestreckter roter Zunge.

»Da gibt es Zungenzeichen!«, rief er und rannte los. Die anderen Kinder liefen hinterher.

»Schön zusammenbleiben!«, mahnte Elos seufzend und folgte ihnen.

Hinter der Theke in Zungenform stand eine kräftige Frau mit Glasauge.

»Wie geht das?«, fragte Timu die Verkäuferin.

»Nun, junger Mann, das ist ganz einfach. Du streckst deine Zunge raus, ich lege dir so einen kleinen essbaren Schwamm darauf, und wenn er sich aufgelöst hat, dann hast du ein Zeichen auf deiner Zunge.«

»Darf ich, darf ich, darf ich?«, bettelte Timu.

»Wie lange bleibt dieses Zeichen denn auf der Zunge?«, fragte Rebecca skeptisch.

»Nun ja«, sagte die Verkäuferin. »So im Schnitt fünf Minuten bis acht Tage.«

Rebecca zog die Augenbrauen hoch. »Acht Tage?«

»Bitte, bitte, bitte … dürfen wir?«, bettelte nun auch Raffa.

»Eine Runde Zungenzeichen...

Erscheint lt. Verlag 30.11.2023
Reihe/Serie Spurenfinder
Illustrationen Bernd Kissel
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Detektivgeschichte • Enola Holmes • Ermittlertrio • Fabelwesen • Fantastische Welt • fantasy buch • Harry Potter • Känguru • Känguru-Chroniken • Kinder als Ermittler • Krimi • Krimi für Jugendliche • Kriminalroman • Magie • Märchen für Erwachsene • Neinhorn • Sherlock Holmes
ISBN-10 3-8437-3105-5 / 3843731055
ISBN-13 978-3-8437-3105-8 / 9783843731058
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