Dorian Hunter 129 (eBook)

Der Vampir vom roten Mond

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-5090-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dorian Hunter 129 - Earl Warren
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Ein Blatt löste sich vom Baum und schwebte genau bei dem Cro Magnon herunter. Er hob es erstaunt auf und sah Buchstaben ins Muster integriert. Reena stand auf dem Blatt.
Da geschah es. Die Äste und Zweige des Mangobaumes veränderten sich, und das Laub wurde schwarz und verwelkte. Auch der Stamm lief schwarz an, und tiefe Risse entstanden. Es knackte und prasselte, und ein unheilvolles, höhnisches Kichern war über das Rauschen des Windes zu hören.
Die beiden Knaben auf dem Baum schrien vor Angst und wollten schnell herunterklettern. Da begannen die Äste und Zweige sich schlangengleich zu bewegen ...


1. Kapitel


Unweit von der Grenzstation standen ein paar Gebäude, Gasthäuser und Herbergen für die Reisenden, die hier vorbeikamen. Unga schaute sich das Treiben bei der Grenzstation nur kurz an und schlug dann den Weg zu den Gasthäusern und Herbergen ein. Er hielt die große Reisetasche in der Hand, in der sich seine Ausrüstung und ein paar persönliche Dinge befanden.

Ungas Habe war in den Wirren der letzten Wochen arg zusammengeschrumpft. Aber er brauchte nicht viel. Hart getroffen hatte ihn eigentlich nur der Verlust seines Kommandostabs, den er in den Rachen des Allesverschlingers Crashvantra hatte schleudern müssen.

Bei den Gebäuden hatte sich eine Gruppe von dreißig bis vierzig Menschen angesammelt; Männer und Frauen, die in diesem gottverlassenen Ort wohnten, und Durchreisende. Unga konnte mit seinen zwei Metern Länge über die Köpfe der viel kleineren Inder und Nepalesen hinwegsehen. Er sah in der Mitte der Menschengruppe einen Mann mit gelber Kutte und kahl rasiertem Kopf, einen Sannyasin, einen Asketen, der irgendetwas demonstrieren oder vorführen wollte.

Unga zögerte. Außerhalb des Busses war er nicht mehr vor dem schneidenden Wind geschützt. Der Cro Magnon war abgehärtet, aber so ohne Weiteres konnte er den Klimawechsel vom indischen Tiefland mit seinen tropischen Temperaturen in die eisige Bergwelt auch nicht verkraften. Die Menschen um ihn herum waren in dicke Mäntel gehüllt, die mit Watte gefüttert waren, und trugen Mützen mit Ohrenschützern. Unga hatte nur seinen Umhang und war barhäuptig.

Die anderen Reisenden aus dem Bus beeilten sich, in die warmen Gasthäuser zu kommen. Unga aber blieb stehen. Der Sannyasin trug noch weniger am Leib als er und schien die Kälte gar nicht zu spüren. Konnte es sein, dass es sich um einen Padma-Sadhu handelte, oder war es nur irgendein Wanderasket?

»Was ist denn nun, Unga?«, fragte Don Chapman unter dem Umhang. »Ich friere mir hier alles Mögliche ab.«

»Warte!«, sagte der große Cro Magnon. »Da findet etwas Interessantes statt.«

Er hatte, genau wie Don Chapman, englisch gesprochen. Die plattnasige Frau neben Unga, die ihm kaum bis ans Brustbein reichte, schaute ihn von der Seite an. Zwei Männer, ein Inder und ein Asiate, wandten die Köpfe um. Aber hier kamen so viele merkwürdige Fremde durch, dass ein Mann mit zwei Stimmen nicht weiter auffiel. Außerdem fesselte das, was nun vorn geschah, das Interesse der Menschenmenge.

Die weiter vorn Stehenden berichteten nach hinten, in einem Grenzdialekt, den Unga kaum verstehen konnte, und auf Nepalesisch. Ein Wort, das mehrmals genannt wurde, bekam der Cro Magnon mit. »Mangobaumwunder« hieß es.

Unga hatte schon gesehen, dass besonders begabte Fakire und Yogis aus einem Samenkorn im Handumdrehen einen Baum wachsen lassen konnten. Es war ein ähnlich beliebtes Kunststück wie der indische Seiltrick, von dem es verschiedene Variationen gab.

Unga brauchte nicht lange zu warten. Er konnte nicht sehen, was der Sannyasin machte, der sich heruntergebeugt hatte, aber schon hörte er ein »Oh« und »Ah« aus vielen Kehlen, und dann wuchs in der Mitte des Menschenkreises ein Baum. Ein Mangobaum war es, mit sattgrünen, stark gerippten Blättern und glatter Rinde. Er schoss buchstäblich in die Höhe. Innerhalb einer Minute war er bereits über zwei Meter hoch, wuchs und wuchs immer mehr, bis er mit viereinhalb Metern seine endgültige Größe erreichte. Gelbe, saftige Mangofrüchte hingen an den Ästen, obwohl es Dezember war und hoher Schnee lag.

Die Menschen jubelten, zeigten sich lachend gegenseitig den Baum, mit allen Anzeichen der Begeisterung. Sie freuten sich wie die Kinder über die Abwechslung und die guten Mangofrüchte, die sie zu verzehren gedachten.

Der Asket mit der gelben Kutte und dem kahlen Kopf verneigte sich, die Hände in den Ärmeln verborgen. Er war noch jung und hatte ein sanftes, gütiges Gesicht.

Solche Wunder wurden meistens von den Padma-Anhängern vollbracht, einer Sekte, mit der Unga schon gleich nach seiner Ankunft in Indien Bekanntschaft gemacht hatte. Viel, so viel war seither geschehen. Unga hatte mehr erlebt und gesehen, als andere Menschen in ihrem ganzen Leben; ein paarmal war er nur um Haaresbreite dem Tod entgangen.

Don Chapman hatte inzwischen bemerkt, dass er sich in einer Menschenmenge befand, und verhielt sich unter Ungas Umhang ruhig.

Der Cro Magnon drängte sich durch die Menge, weil er den Sannyasin etwas fragen wollte.

Zwei Knaben stiegen auf den Baum, von dem Kuttenträger freundlich dazu ermuntert. Die vorderen Zuschauer pflückten die tief hängenden Früchte von den Zweigen ab. Lachend bissen sie hinein.

Unga stand nun vor dem Sannyasin. Interessiert betrachtete dieser den riesigen Mann mit der athletischen Figur, dem schwarzen, jetzt lang über den Kragen fallenden Haar und dem markanten Gesicht.

»Padmasambhawa Bodhisattwa«, sagte Unga. Er sah das Aufblitzen in den Augen des Sannyasin und wusste, dass er einen Padma-Anhänger vor sich hatte.

»Gepriesen sei der aus dem Lotos Geborene!«, sagte der Padma und verneigte sich tief.

Unga packte ihn an den Schultern, sobald er sich wieder aufgerichtet hatte. Er war froh, einen Padma vor sich zu sehen. Ihre Anzahl schrumpfte rapide in der letzten Zeit. Seit die Chakras, ihre größten Feinde, und die Dämonen des Luguri einen Waffenstillstand geschlossen hatten, bekämpften beide Gruppen die Padmas. Dabei arbeiteten sie teilweise sogar zusammen. Es sah sehr schlecht aus für die Padmas, diese Sekte, die das Gute wollte und eine Erweiterung des menschlichen Bewusstseins und ein Reich des Lichts anstrebte. Hohe Ideale, die nun in den Staub getreten wurden.

Unga umarmte den Padma vorsichtig, wobei er Don Chapman, der in einer Art Binde an Ungas linker Seite untergebracht war, mit einem Arm schützte.

»Mein Freund!«, sagte der Cro Magnon auf Englisch. »Ich bin auf dem Weg nach Katmandu, um die Padma-Sadhu Reena zu suchen. In Katmandu soll es noch eine größere, geschlossene Gruppe von Padmas geben.«

»Allerdings. Auch ich will dorthin. Das Mangobaumwunder habe ich mit den Kräften meines Geistes bewirkt, durch Padmas Hilfe, um ein paar Rupien von den Zuschauern zu erhalten. Ich habe nämlich kein Geld mehr, und wenn ich auch meinen Lebensunterhalt erbetteln kann, so will ich doch nicht bis Katmandu wandern. Die Beförderung dorthin aber ist teuer.«

»Mach dir darüber keine Sorgen mehr! Ich werde dir Geld geben.«

Unga und der Padma-Sadhu unterhielten sich leise. Die Zuschauer interessierten sich ohnehin nur für den Mangobaum und seine Früchte. Sie beachteten die beiden nicht; sie konnten sich nicht genug über den Mangobaum wundern, der hier trotz des rauen Klimas in kürzester Zeit entstanden war.

»Ich danke dir im Namen Padmas«, sagte der Sannyasin. »Trotzdem will ich meine Rupien einsammeln, nachdem ich das Wunder nun einmal bewirkt habe. Padma hat meine Gebete erhört.«

Der Padma-Sadhu nahm seine Tonschale. Unga hatte nichts dagegen, dass er sammeln ging. Die Zuschauer gaben freudig und nicht zu knapp. Unga wartete mit verschränkten Armen.

Da löste sich ein Blatt von dem Baum über ihm. Ungas scharfem Blick entging nicht, dass es an der einen Seite ein merkwürdiges buntes Muster aufwies. Das Blatt schwebte genau bei dem Cro Magnon herunter. Er hob es erstaunt auf und sah Buchstaben ins Muster integriert. Reena stand auf dem Blatt.

Der Cro Magnon erstarrte. Das war ein Zeichen. Aber von wem? Auf jeden Fall musste jemand es gegeben haben, der über übernatürliche Kräfte verfügte.

Stirnrunzelnd steckte Unga das Blatt in eine Tasche des Umhangs. Da geschah es. Die Äste und Zweige des Mangobaumes veränderten sich, verdorrten schneller, als sie ergrünt waren. Die Früchte schrumpften zusammen, und das Laub wurde schwarz und verwelkte. Auch der Stamm lief schwarz an, und tiefe Risse entstanden. Es knackte und prasselte, und ein unheilvolles, höhnisches Kichern war über das Rauschen des Windes zu hören. Die beiden Knaben auf dem Baum schrien vor Angst und wollten schnell herunterklettern. Da begannen die Äste und Zweige sich schlangengleich zu bewegen.

Aufschreiend und entsetzt wichen die Zuschauer zurück. Unga streckte die Arme nach den beiden Knaben aus, die außerhalb seiner Reichweite kletterten. Da wurden sie von den gespenstischen Ästen gepackt. Um den einen schlang sich ein Ast, presste ihn an den Stamm und zerdrückte ihm den Brustkorb. Der zweite Junge wurde von Zweigen erdrosselt.

Der Padma-Sadhu lief erschrocken auf den Mangobaum zu, der sich auf so teuflische Weise verändert hatte.

»Halt!«, rief er in einem indischen Dialekt, wohl dem seines Heimatbezirks. »Im Namen Padmas! Was geschieht da? Nein, nein!«

Er umklammerte den Baumstamm mit beiden Armen und wollte ihn rütteln. Dabei sprach er Gebetsformeln der Padma-Sekte und Anrufungen ihres höchsten Wesens, des Padmasambhawa Bodhisattwa, des Erhabenen und Erleuchteten.

Die Äste des Baumes rauschten Unheil verkündend. Der Wind von den Bergen schwoll zum Sturm an. Eine düstere Aura umgab plötzlich den Baum, verdunkelte die Umgebung.

Unga, der ein Stück...

Erscheint lt. Verlag 8.8.2023
Reihe/Serie Dorian Hunter - Horror-Serie
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-5090-8 / 3751750908
ISBN-13 978-3-7517-5090-5 / 9783751750905
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