Maddrax 615 (eBook)

Das Lazarus-Phänomen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-5310-4 (ISBN)

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Maddrax 615 - Ian Rolf Hill
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Ein fieser Cliffhanger, ich weiß. Ob Matthew und Haaley überleben werden? Geht am nächsten Morgen die Sonne auf? Ist Jacob Smythe wirklich tot?
All diese existenziellen Fragen - na ja, zwei davon - beantwortet dieser Band. Aber selbst wenn - wenn! - unsere beiden Helden das Sterben ihres gemeinsamen Wirtskörpers überleben sollten, müssen sie immer noch zu ihren eigenen zurück. Mit denen in der Zwischenzeit jedoch etwas geschehen ist, das Matt und Haaley in erneute Verzweiflung stürzen wird. Ihr wisst schon: Falls sie es überhaupt überleben...!


Das Lazarus-Phänomen

von Ian Rolf Hill

Matthew Drax starb... wieder einmal.

Wäre die Situation nicht so ernst und verstörend gewesen, hätte er darüber lachen können. Er konnte gar nicht mehr zählen, wie oft er in den letzten Tagen sein Leben verloren hatte und wiederauferstanden war – stets im Körper eines anderen Tieres. Eine einzigartige Erfahrung. Bloß an das Sterben würde er sich wohl nie gewöhnen.

Und man starb schnell hier im Dschungel von Amraka. So wie der Soldat, in den Matts Geist gefahren war, nachdem sein letzter Wirtskörper durch die Detonation einer Handgranate zerfetzt worden war.

Leider war auch der Soldat nicht ungeschoren davongekommen. Matt spürte bereits die kalte Hand des Todes, die sich langsam um sein klopfendes Herz schloss...

Normalerweise war es ein Ding der Unmöglichkeit. Laut Haaley, beziehungsweise Mabuta, waren menschliche Gehirne zu komplex, um den Geist eines weiteren Menschen in sich aufnehmen zu können. Daher wanderten ihre Bewusstseine ja seit geraumer Zeit von einem Tier in das nächste. Seit sie sich in den Körpern von Ameisen an Bord der USS Nimitz geschlichen hatten.

Okkupiert wurde dabei das sich in nächster Nähe befindliche Lebewesen. War dies ein Mensch, wurde der Geist des Körperwanderers abgestoßen und suchte sich einen neuen Wirtskörper.

Dass sich Matt und Haaley in einem sterbenden Soldaten wiederfanden, konnte nur eine Erklärung haben: Dessen Gehirn war derart geschädigt, dass es die fremden Geister nicht mehr abstoßen konnte.

Matts geistiges Gesichtsfeld zog sich zusammen, wurde dunkel an den Rändern. Er ahnte, warum das so war, verdrängte den Gedanken jedoch. Bilder tauchten vor seinem geistigen Auge auf.

Unbekannte Menschen, die ihm so vertraut waren, als ob er sie schon sein ganzes Leben lang kennen würde. Seine Schwester lachte ihn an. Er sah sich mit seinen Brüdern raufen.

Matt stutzte. Welche Schwester? Welche Brüder? Er war doch ein Einzelkind.

Eine alte Frau mit gütigem Blick legte ihm die Hand auf die Schulter. Dann auf die Wange. Verkündete, wie stolz sie auf ihn sei. Und obwohl er diese Frau nie zu Gesicht bekommen hatte, wusste er, dass sie seine Mutter war.

Cancers Mutter! Jetzt wusste er plötzlich auch den Namen des Sterbenden.

Der nackte Körper einer dunkelhaarigen Frau schmiegte sich an ihn. Das war nicht Aruula... das war... Jelena?

Jelena, die erschöpft und glücklich ein Neugeborenes an ihre Brust drückte. Pepe! Sein Sohn!

Nein, nicht sein Sohn, sondern der von Cancer, dessen Körper von einem Hustenanfall geschüttelt wurde. Matt schmeckte den Geschmack von Blut auf der Zunge, teilte den Schmerz des Sterbenden. Den physischen ebenso wie den psychischen, der so viel grausamer war, denn er ging mit der Gewissheit einher, dass er seine Liebsten nie wiedersehen würde.

Nie wieder... nie wieder... nie wieder...

Matt schluchzte, würgte, hustete. Blut sprühte in feinen Tropfen von seinen, nein, Cancers Lippen.

»Frère Jacob, Frère Jacob. Dormez-vous, dormez-vous...«

Verwirrt hielt Matts Bewusstsein inne. Was war das für ein Lied? Erst dachte er an Haaley, doch es war nicht ihre Stimme. Aber wer...?

»Sonnez les matines, sonnez les matines.«

Ein Schatten trat in sein schmales Sichtfeld – und nahm die Gestalt eines etwa zehnjährigen Mädchens an, das in schmutzige, zerlumpte Kleidung gehüllt war und neben ihm in die Hocke ging, die Arme locker auf den Knien.

»Hallo, ich bin Choyganmaa! Kannst du mich sehen?«

Sie neigte den Kopf und streckte eine Hand aus, als wollte sie seine rechte Gesichtshälfte berühren. »Sieht aus, als würde es wehtun. Tut das weh?«

Ein Finger bohrte sich in das offene Fleisch. Oder bildete er sich das bloß ein? Er wollte etwas sagen, doch es drang nur ein blubberndes Ächzen über Cancers Lippen.

»Du musst deutlicher sprechen«, beschwerte sich das Mädchen. »Sonst kann ich dich nicht verstehen. Ich suche meine Schwester, Ewgenija. Hast du sie gesehen? Ist sie vielleicht da drin?« Sie klopfte an seine blutige Stirn. »Hallo, Ewi! Bist du da drin?« Choyganmaa lachte. »Klar bist du da drin, sonst wäre ich ja nicht hier. Was ist los? Hat es BUMM gemacht? Das geschieht dir recht.« Choyganmaas Gesicht verzog sich vor Wut, Abscheu und Hohn. »Jetzt weißt du, wie das ist.«

Sie stand auf und stemmte die Fäuste in die Seiten. »Also, was sagst du, Ewi? Erstickst du lieber, als zu gestehen, was du mir angetan hast? Was du uns angetan hast? Ja, ersticken sollst du daran. Und damit würdest du echt glimpflich davonkommen, weißt du?«

Ooooh... wer wohnt in 'ner Ananas, ganz tief im Meer? Das war Haaleys Stimme!

»Sponschpfropf Schwammkopf«, erwiderte Choyganmaa. »Ja, sehr witzig, Ewi. Aber nicht besonders höflich. Du könntest mich wenigstens deinem Freund Mattie vorstellen. Ich weiß nämlich, dass auch er da drin ist.«

Hör auf! Hör auf damit! Haaleys Geiststimme brüllte, doch sie konnte Choyganmaa nicht übertönen.

Die nahm im Schneidersitz neben dem Sterbenden Platz. »Tut mir leid, aber du weißt selbst, dass ich das nicht kann. Aber ich werde auch ganz lieb sein. Ich erzähl' Mattie jetzt eine Geschichte.«

Frère Jacob, Frère Jacob. Dormez-vous, dormez-vous...

»Neeeein. Du verrätst ja schon das Ende!«

Das Mädchen beugte sich vor und tat so, als würde es dem Sterbenden den Mund zuhalten, obwohl der Gesang eindeutig in seinem Kopf erklang.

»Also, es war einmal ein Mann, der hatte vier Töchter...« Bilder prasselten auf Matt ein, schwemmten jede Erinnerung an Jelena, Aruula, Pepe und alle, die Cancer wichtig waren, hinweg.

»Dreimal darfst du raten, wer sein kleiner Liebling gewesen ist«, fuhr Choyganmaa fort. Sie wiegte den Kopf. »Tausendmal berührt... tausendmal ist nichts passiert... tausendundeine Nacht... und er hat... du weißt schon.«

Sonnez les matines, sonnez les matines.

Choyganmaas kindliches Antlitz verzog sich vor Hass. Sie sprang auf. »Also gut, wenn du die Geschichte erzählen willst, bitte. Aber lass nicht wieder die Hälfte weg.« Selbstvergessen begann sie zu tanzen. »Tausendmal krepiert. Tausendmal ist nichts passiert. Tausendundeinmal aufgewacht. Und dann hat's BUMM gemacht!«

Schatten wallten in Matts Blickfeld, das immer dunkler wurde. Gleichzeitig klangen Geräusche auf, die er nur zu gut kannte: Ein Fauchen. Ein Fiepen. Ein Kratzen. Ein Hecheln.

Taratzen!

Aber nicht hier im Dschungel, sondern in seinem Verstand – oder vielmehr: in Haaleys Verstand!

»Willkommen in meiner Welt«, sagte Choyganmaa mit Haaleys Stimme.

Das Schaben und Kratzen, mit dem sich die Taratzen einen Weg in das Innere des Kellerraums bahnen wollten, blieb für lange Zeit das einzige Geräusch, das in der Finsternis widerhallte. Ab und zu vernahm Ewgenija das Fauchen und Quieken vereinzelter Tiere.

Ihre Finger umklammerten den Driller, als wollten sie ihn zerbrechen. Hektisch nagte sie an ihrer Unterlippe. Saugte das Blut heraus und schluckte es herunter.

So wie sie es schon seit Tagen immer wieder tat. Oder waren es bloß Stunden gewesen?

Die Geschehnisse der jüngeren Vergangenheit verschwammen in einem diffusen Nebel. Sie konnte sich an keine Einzelheiten erinnern. Nur an das furchtbar schreckliche Gefühl nagenden Hungers. Und an rohes Fleisch, mit dem sie ihn zu stillen versucht hatte.

Von Choyganmaa hatte sie schon eine Ewigkeit nichts mehr gehört, vermutlich war sie eingeschlafen. Gut so, im Schlaf würden sie Hunger, Durst und Angst nicht so quälen.

Ewgenija aber würde nicht schlafen, das hatte sie sich geschworen. Sie würde alles tun, um wachzubleiben und ihre Schwester zu beschützen.

Außerdem warteten irgendwo da draußen noch die Zwillinge, Aksinja und Jevdokija, dass ihre große Schwester Ewgenija sie vor den Taratzen rettete, die in Heerscharen über Piita hergefallen waren.*

»Sie sind tot!«, sagte Choyganmaa.

»Nein, nein, nein«, entgegnete Ewgenija. »Das sind sie nicht. Ich kann doch hören, wie sie rufen.«

Ihre jüngere Schwester kicherte. »Du hast den Verstand verloren.«

»Hör auf. Die Einzige, die den Verstand verloren hat, bist du. Und jetzt schlaf weiter.«

»Kann nicht. Ich hab' solchen Durst. Und Hunger. Mein Bauch tut weh, so hungrig bin ich. Ich... ich könnte ein ganzes Piig essen, ich schwör's. Oder eine Taratze. Glaub mir, ich bin so hungrig, ich würde sogar Aksinja essen. Oder Jevdokija. Was eigentlich egal ist, weil sie genau gleich aussehen. Bist du nicht auch hungrig, Ewi? Ewi, sag doch was! Bist du hungrig?«

»Hör auf!«

Ein Quieken vor der Tür. Ein heftiger Schlag erschütterte die stählerne Tür. Stein und Mörtel knirschten, etwas rieselte auf den harten Boden.

»Prima! Jetzt hast du auch noch die Taratzen geweckt. Werden die...

Erscheint lt. Verlag 15.8.2023
Reihe/Serie Maddrax
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • 2265 • Abenteuer • action • Alien • Bestseller • brandon-morris • Cliff Allister • Cliff-Allister • Deutsch • Dr Who • eBook • E-Book • eBooks • Endzeit • ex vitro • ex-vitro • Fantasy • Fortsetzungsroman • heliosphere • Horror • Horror-Thriller • Kindle • Kurzgeschichten • Military • Multiversum • Perry Rhodan • Perry-Rhodan • Post-Apokalypse • Raumfahrt • Raumflug • Raumschiff • Raumstation • RaumZeit • Rekrut • rhen-dark • Rhen Dark • Romane • Roman-Heft • Science Fiction • Science Fiction Romane • Sci-fi • Sci Fi • SciFi • Space-opera • spannend • Star Trek • Star-Trek • Star Wars • Star-Wars • Techno • Thariot • Thriller • timothy-zahn • Timothy Zahn • tom-schnellhardt • Transport • troopers • Weltall • Weltraum-Abenteuer • Zyklus
ISBN-10 3-7517-5310-9 / 3751753109
ISBN-13 978-3-7517-5310-4 / 9783751753104
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