Nordseegauner. Ostfrieslandkrimi -  Sina Jorritsma

Nordseegauner. Ostfrieslandkrimi (eBook)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
180 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-96586-811-3 (ISBN)
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»Es gibt einen mysteriösen Todesfall in Norddeich!« Als Tanja Rieken in der Norddeicher Pension Blauwal am Morgen aufwacht, liegt ein Mann neben ihr. Doch es ist nicht ihr Freund, mit dem sie eigentlich das Zimmer teilt, sondern ein völlig Fremder. Und er ist tot! Was ist in der letzten Nacht geschehen? Wo ist Tanja Riekens Freund? Und wer ist überhaupt der strangulierte Tote? Der Pensionsbesitzer gibt gegenüber den Kommissaren Torsten Köhler und Gerrit Wolter schließlich zu, den Ermordeten zu kennen. Angeblich hat er seinen alten Studienfreund, der sich in einer Notlage befand, gratis in der Dachkammer wohnen lassen. Doch die Ermittler haben Zweifel an der Geschichte. War das Mordopfer vielmehr in üble Gaunereien verstrickt? Als wäre der Fall nicht nervenaufreibend genug, muss sich Köhler bald auch noch um seine Freundin Dortje sorgen. Denn die Kriminalreporterin kommt bei ihren eigenen Recherchen einem der Verdächtigen gefährlich nahe...

2


 

Die Kommissare standen mit dem Pensionswirt immer noch auf dem Flur. Nach einem kurzen Moment der Stille schlug Köhler vor: »Lassen Sie uns an einem ruhigen Ort weiterreden. Sie können sich denken, dass wir noch mehr Einzelheiten erfahren müssen.«

Hanke nickte und führte die Ermittler in ein kleines Lesezimmer. Hier schien die Zeit stehengeblieben zu sein, und Köhler fühlte sich in seine Kindheit zurückversetzt. Als er im Grundschulalter gewesen war, hatten seine Eltern öfter mit ihm einen Nordseeurlaub in Frühstückspensionen gemacht, die sich mit dem Gästehaus Blauwal vergleichen ließen. Und damals war der Kommissar an Regentagen gern in den Lesezimmern dieser Pensionen geblieben, wo es zahlreiche spannende Krimis gab. Sogar der unverwechselbare Geruchsmix aus Sonnenöl und altem Papier erinnerte ihn an diese Zeit. Köhler konnte sich lebhaft vorstellen, dass Hanke auch diesen Raum bald »entrümpeln« würde, damit das 21. Jahrhundert Einzug hielt. Doch darum ging es jetzt nicht. Die Ermittler und der Pensionswirt nahmen in den weichen abgewetzten Clubsesseln Platz. Die Regale waren mit zerlesenen Büchern gefüllt, größtenteils Krimis und Romanzen. Es gab auch einen Stapel mit Brettspielen. Während Köhler sich einen Eindruck von dem Zimmer verschaffte, sprach Hanke weiter: »Natürlich habe ich Dirk gefragt, warum er nicht zur Polizei gehen würde. Er behauptete, dass ihm dies nicht möglich sei. Die Leute hätten etwas gegen ihn in der Hand. Konkreter wollte er nicht werden. Dirk bot mir an, mich bei der Arbeit in der Pension unentgeltlich zu unterstützen, sofern er sich im Hintergrund halten konnte – also beispielsweise frühmorgens putzen, wenn die Gäste noch schliefen. Ich ließ mich darauf ein, weil er mir leidtat.«

Und vielleicht auch, weil eine Gratis-Arbeitskraft nicht zu verachten ist? Diesen Gedanken sprach Köhler nicht aus. Es fiel ihm schwer, sich Hanke als einen barmherzigen Samariter vorzustellen. Das Verhältnis zwischen dem jungen Pensionswirt und dem Mordopfer musste ohnehin noch genauer beleuchtet werden. Jedenfalls hielt der Kommissar Hanke nicht für völlig uneigennützig. War die Geschichte überhaupt plausibel? Köhler versuchte, sich in Dirk Lott hineinzuversetzen. Womöglich hatte dieser Mann im Studium Wind davon bekommen, dass Hanke der Erbe einer Pension an der Nordsee war – gab es eine bessere Möglichkeit, um unauffällig unterzutauchen? Wenn die Finsterlinge, von denen Lott angeblich verfolgt wurde, nichts von der Bekanntschaft zwischen den beiden Männern wussten, dann hatte sich Lott im Dachkämmerlein der Pension Blauwal ziemlich sicher fühlen können. Und doch war er jetzt tot. Während Köhler diese Überlegungen anstellte, setzte Wolter die Befragung fort: »Wussten deine Gäste, dass Lott unter deinem Dach lebte?«

»Das kann ich nicht mit hundertprozentiger Sicherheit beantworten, Gerrit. Mein Bekannter wollte natürlich unter dem Radar bleiben, wenn man das so nennen will. Am liebsten wäre er wohl unsichtbar geworden. Aber ich kann nicht ausschließen, dass er von dem einen oder anderen Gast gesehen wurde.«

»Zumindest von Tanja Rieken, als sie seine Leiche in ihrem Bett fand«, stellte Köhler nüchtern fest. Er fügte hinzu: »Haben Sie eine Erklärung dafür, dass Lott dort gelandet ist?«

»Nein, habe ich nicht. Darum war ich auch so geschockt, als ich bemerkte, wer der Tote war.«

Ob man dieser Aussage glauben konnte? Köhler stellte die Frage zurück, er wollte sich erst mit Wolter beraten. Sein Kollege kannte Hanke und konnte den jungen Pensionsbesitzer besser einschätzen. Köhler sagte: »Können wir uns Lotts Dachkammer anschauen, bevor wir uns mit Ihren Gästen befassen?«

»Ja, selbstverständlich.«

Mit diesen Worten stand Hanke auf und ging voran. Nach Köhlers Meinung benahm er sich viel kooperativer als noch kurze Zeit zuvor. Ob es daran lag, dass er tatsächlich die erste Verwirrung nach dem Tod seines Studienkollegen überwunden hatte? Oder trat er die »Flucht nach vorn« an, weil er die polizeilichen Ermittlungen in eine bestimmte Richtung zu lenken versuchte? Wusste er mehr über Lotts angebliche Verfolger, als er zugeben wollte?

Die drei stiegen ins Dachgeschoss hoch, wobei sie am ersten Stockwerk vorbeikamen. Dort verharrten die Urlauber immer noch im hinteren Flurabschnitt – inzwischen wohl weniger aus Furcht als von Neugier getrieben, wie Köhler vermutete. Jedenfalls versuchten sie alle, einen Blick auf das Zimmer mit der Leiche zu erhaschen. Allerdings wurde ihnen die Sicht durch das breite Kreuz von Polizeimeister Brodersen versperrt, der an der offen stehenden Tür wartete.

»Die Kriminaltechniker und der Bestatter sind auf dem Weg hierher«, rief er den Kommissaren im Vorbeigehen zu. Köhler bedankte sich mit einem Kopfnicken. Die zum Spitzboden führende schmale Treppe erinnerte ihn an eine Hühnerleiter. Und ihm fiel sofort ein wichtiges Detail auf: »An der Zimmertür Ihres Bekannten sehe ich kein Schloss.«

»Die Kammer ist eigentlich nicht für Wohnzwecke gedacht, zuvor habe ich sie als Lager benutzt. Es stimmt, von außen lässt sich die Tür nicht abschließen. Innen hat Dirk einen Riegel montiert, sodass er ungestört sein konnte, wenn er daheim war. Aber er hat mir berichtet, dass sich sowieso niemals jemand zu seinem Versteck verirrt hat. – Ich sage meinen Gästen, dass es hier oben für sie nichts Sehenswertes gibt. Und die meisten werden schon von der Treppe abgeschreckt.«

Köhler konnte sich vorstellen, dass zumindest ältere oder gebrechliche Personen keinen Drang verspürten, hier auf Entdeckungsreise zu gehen. Doch Tanja Rieken ist weder betagt noch macht sie einen unsportlichen Eindruck, dachte der Kommissar. Er zog sich Latexhandschuhe über, Wolter tat es ihm gleich. Köhler schob die hölzerne Tür auf. Die dahinter liegende Kammer hatte eine Fläche von schätzungsweise zehn Quadratmetern, wirkte aber aufgrund der Dachschrägen noch kleiner. Tageslicht drang nur durch eine Luke hinein, die nicht viel größer war als ein Schulheft. Neben der Tür gab es einen altmodischen Drehschalter. Der Kommissar betätigte ihn, woraufhin eine an einem Kabel baumelnde Glühbirne aufflammte. In ihrem Licht betrachteten die Ermittler die spartanisch wirkende Einrichtung. Es gab ein Feldbett, eine alte Seekiste und einen billigen Kleiderschrank aus Stoff. Hanke zeigte auf den Kasten: »Das ist ein Erbstück von einem Großonkel, der Matrose war. Ich habe die Kammer innerhalb eines Tages eingerichtet. Dirk brachte nur eine Reisetasche mit.«

Wolter hatte bereits den Reißverschluss aufgezogen, mit dem der Stoffschrank geschlossen wurde. Darin befanden sich nur wenige Textilien. Sie gehörten, von Größe und Stil her zu urteilen, einem männlichen Besitzer. Köhler nahm sich die Matratze des Feldbettes vor, konnte aber weder darunter noch darin etwas Verdächtiges bemerken. Er warf einen Blick auf die Seekiste: »Wenn der Kasten in Ihrem Familienbesitz war, dann haben Sie doch gewiss einen Schlüssel, oder?«

»Da ist ja ein Vorhängeschloss! Nein, das gehört mir nicht. Dirk muss es beschafft haben. Ich war nicht mehr hier oben, seit er eingezogen ist. Wenn er etwas von mir wollte, dann hat er mich angerufen und ist heruntergekommen.«

»Hier gibt es kein Bad«, stellte Wolter fest.

Hanke erwiderte: »Das stimmt, ich habe noch zwei sehr günstige Einzelzimmer mit einem Gemeinschaftsbad in der ersten Etage. Das konnte Dirk mitbenutzen. Er musste eben nur aufpassen, dass ihm dort keine anderen Gäste begegneten.«

Köhler führte sich vor Augen, dass Tanja Riekens und Frank Jennings Zimmer über eine eigene Nasszelle verfügte. Aber natürlich konnten die Frau und das spätere Mordopfer einander auf dem Korridor begegnet sein. Ob es zwischen ihnen gefunkt hatte? Lag hier ein Eifersuchtsdrama vor? War dies der Grund für Frank Jennings Verschwinden? Während Köhler über diese Möglichkeit rätselte, nahm er sich das Schloss vor. Er hatte seiner Freundin Dortje Brannum für solche Fälle eine Haarnadel abgeschwatzt, die er nun aus der Tasche zog. Der Kommissar bog den Draht zurecht und stocherte kurz im Schloss, woraufhin es aufsprang.

»Dürfen Sie das überhaupt machen?«, fragte Hanke.

»Wenn du in deinem Jurastudium aufgepasst hättest, dann wüsstest du, dass hier Gefahr im Verzug vorliegt«, stellte Wolter klar. »Außerdem hast du als Eigentümer der Pension uns Zugang gewährt.«

»Das Studium habe ich an den Nagel gehängt, seit Vater nicht mehr lebt«, murmelte Hanke.

Köhler vermutete, dass es ihm gar nicht recht war, dass die Kommissare die Kiste durchsuchten. Aber warum war er dann zunächst so entgegenkommend gewesen? Vermutlich, weil er wusste, dass er die Durchsuchung längerfristig sowieso nicht verhindern konnte. Der Kommissar hob den Deckel an und pfiff durch die Zähne. In dem Kasten lagen eine Pistole der Marke Glock sowie eine Schachtel mit dazu...

Erscheint lt. Verlag 17.7.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-96586-811-X / 396586811X
ISBN-13 978-3-96586-811-3 / 9783965868113
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