Euterpes Hermäon (eBook)

Erweiterte Ausgabe
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2023
220 Seiten
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978-3-7578-5021-0 (ISBN)

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Euterpes Hermäon - Markus G. Pichler
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Erweiterte Ausgabe von Euterpes Hermäon (2013) mit allen Werken der Originalausgabe sowie Histrionia, Die Botin, Belladonna & Maturitas.

Markus Gerhard Pichler wurde am 25. Oktober 1985 in Bruck an der Mur geboren.

WIELAND


Einst im Land der Ingwäonen

War die Armut denkbar klein,

Da ein König saß am Throne,

Der als Herrscher gut und rein.

Allen in dem großen Reich

War er teuer und genehm,

Schien, den Landesgöttern gleich,

Alles würdig anzugeh’n.

Wieland, dessen Stammeshalter,

Zog ins weite Land hinaus,

Um im besten Jünglingsalter,

Fern der Eltern Königshaus,

Selbst sich mutig zu beweisen,

Dass er jede Not und Leiden

Auf gefährlich Jünglingsreisen

Durch Geschicke könne meiden.

Wie Heroen in Gesängen

Sollte es dem Spund gelingen,

Furchtlos sich ins Volk zu mengen,

Kühn Gefahren zu bezwingen,

Bis er sich den Ängsten stellte,

Die in seinem Busen harrten,

Dass er nicht als Feigling gelte

Für die, die zu Hause warten.

Denn der tapfre Sohne dachte,

Dass nach Qualen und Entbehren

Es gelinge, wenn er’s machte,

Stolzer Miene heimzukehren.

Seinen Eltern nicht behagte

Insgeheim, doch weithin schweigend,

Dass er sich ins Fremde wagte,

In der Ängste Abgrund steigend.

Wenig sprach der Vater mahnend,

Doch dies tat er sehr bedächtig,

Die Gefahren wohl erahnend,

Zu dem Sohn, der eigenmächtig:

„Ehre dem, dem sie gebühre,

Aber tief in meiner Brust,

Wisse, Sohn, dass ich dort spüre,

Dass du nichts beweisen musst.“

Und der Mutter sanfte Stimme

Sprach zu Wieland kurz darauf:

„Dass mein Herz mir nicht ergrimme –

Ach, so ist der Weltenlauf!

Gestern warst du noch ein Knabe,

Der das Glück als Fügung nimmt –

Heut hast du am Wanderstabe

Selbst dein Schicksal vorbestimmt!“

„Doch bedenk vor allen Dingen“,

Hörte man sie leise mahnen,

„Wenn du hörst die Lerchen singen,

Müd und krank, am Tor der Ahnen,

Denke, dass dem Königssohne

Nicht bloß alles wohlgemut,

Da schon bald du auf dem Throne

Sitzest mit des Königs Blut.“

Also ließ er Schloss und Mauer

Hinter sich für fremde Ferne

Für die unbestimmte Dauer,

Dass die Welt er kennen lerne.

Stolz das Heimatland verließ

Mit dem Jüngling bloß ein Pferd,

Das mit Namen Rosa hieß,

Bis er redlich wiederkehrt.

Jenes Rosse, das bescheiden –

Und das Wieland Rosi nannte –

Musste mit dem Prinzen scheiden,

Dem das Wagnis Mut entbrannte.

Also sattelt’ er das Pferde,

Stieg hinan und gab das Zeichen,

Dass die Wehmut nimmer werde

Hinterlistig ihn beschleichen.

Über manche goldne Felder

Zogen sie in Windeseile,

Nah der üppig grünen Wälder

An der Riesenberge Steile.

Hart war aber manche Stunde,

Da’s Gelände oftmals schlicht

Nur dem Manne großer Kunde

Nicht als Müh’ entgegensticht.

Als sie in ein Brachland kamen,

Nach dem Tage, der geschunden,

Sich die zwei die Freiheit nahmen,

Nach den langen Wanderstunden

Eine Rast fürs kurze Ruhen

Einzulegen, und behände

Stieg er aus den Wanderschuhen

Innerhalb der Höhlenwände.

Als sich Wunsch zu speisen regte,

Hörte Wieland plötzlich Laute,

Unbekannt, und leise legte

Fremdes sich ins Altvertraute –

Und das furchterregend Toben

In dem schwarzen Höhlenschlund

Gab dem Prinzen just im Groben

Von Gefahr und Unglück kund.

Sind’s womöglich freundlich Klänge,

Die den Schmerz ins Ohr ihm tragen?

Zur Begrüßung Lustgesänge,

Die sich unbegründet schlagen?

Oder sind es Resonanzen,

Die bedrohlich anzuhören,

Von noch nicht bekannten Pflanzen,

Die der Fremden Ruhe stören?

Schwarze Biester aber flogen

Plötzlich aus dem dunklen Schlund

Auf die beiden zu und zogen

An dem wohlgenährten Fund!

Auch an Kleidern und den Haaren

Schlugen sie die Krallen ein –

Zerrten, zogen, bis die klaren

Leiber stöhnten unter Pein.

Während Wieland hilflos klagte,

Schrie und mit den Viechern zankte,

Kaum sich selbst zu wehren wagte

Und zu seinem Schwerte langte,

Wurd’ der schwarzen Diebe Raub

Ausgedehnt auf Wielands Essen,

Das in Windeseiles Staub

Hurtig wurde weggefressen!

Nach dem Angriff jener Plage,

Als die Not vorbeigeglaubt,

Wieland war mit einem Schlage

Der Verpflegung all beraubt.

Also zog er schwach und ärmlich,

Ohne Gut in Prinzenhand,

Abgemagert und erbärmlich,

Durch das weite, brache Land.

Ob des wilden Raubes stöhnte

Auch der treuen Rosa Magen,

Der vom Heimatstall verwöhnte,

Stimmend ein in Wielands Klagen.

Hungrig, durstig – ohne Speise

Mühten sich die beiden bang

Auf der Bettler schäbig Weise

Wild zerlumpt drei Tage lang.

Doch am dritten grausen Morgen,

Als die Brache sie verließen,

Schwanden ihre schlimmsten Sorgen,

Die den Hungertod verhießen.

Denn am Horizont erschienen

Grüne Bäume, grüne Haine,

Die die wackren, schlanken Mienen

Neu belebten – und die Beine.

Jener Bäume süßer Segen,

Der des Himmels güt’ger Lohn,

Ließ des Jünglings Kraft erbeben,

Die des Willens erster Sohn.

Auch das brave Rösslein schluckte

Artig, was zum Maul ihm kam,

Bis von neuen Kräften zuckte,

Was zuvor von Schwäche lahm.

Und sie blieben in dem Grünen,

Bis die beiden satt und heiter

Von der Götter fruchtbarst Bühnen

Zogen in die Fremde weiter.

Da der Weg des Wanderns Ziel,

Wieland, was er sah, behagte,

Wenn der Schwermut Folter fiel

Und erneut der Morgen tagte.

Wenn der Blumen Blütenpracht

Ihn umgab, wenn er erwachte,

Oder wenn in klarer Nacht

Mancher Stern vom Himmel lachte –

Wenn die Sonne wärmend schien,

Dann war Wieland ungelogen,

In dem Herze spürt’ er’s zieh’n,

Glücklich, dass er ausgezogen.

Als er eines Tages tränkte

Sein getreues Ross am Bache,

Seine großen Augen lenkte

Etwas hin zur fließend Lache.

Unbekleidet, leise keuchte,

Halb dem tiefen Blau enthoben,

Eine Nixe in der Feuchte,

Halb ins kühle Nass geschoben.

Und dem starren Jünglingsblicke

Folgten triebhaft auf dem Fuße

Ob des Wasserwesens Tricke

Füße, die dem Fluss der Muße

Unwillkürlich, aber eitel,

Doch gehorchten, bis vom Bein

Wieland bis zum Haaresscheitel

Sank ins Himmelsbild hinein.

In dem trüben Wasser schnaubte

Wieland, da die Nixe drückte

Und ihm Luft zum Atmen raubte,

Als sie über ihm sich bückte –

Kleine Bläschen im Gemenge

Stiegen, als der Sinne Schlachten

In der dunklen, blauen Enge,

Wieland in Bedrängnis brachten.

Doch im Kampfe mit dem Tode

Hat sich schrill und neu erhoben

Seines Lebenswillens Ode,

Bis es Wieland trieb nach oben.

Und durch letzte Kraft und Härte

Zog es ihn aus Grab und Moder,

Ob des Eifers regsam Werte,

Neuentfachend heiß Geloder.

An dem Ufer lag der Zarte,

Odem spürend, Raum und Zeit,

Der am Grase keuchend harrte,

Grad entfloh’n der Ewigkeit.

Denn da Unvernunft ihn lenkte,

War’s der Schwäche krummes Ding,

Das ihn zu der Nixe drängte

Und dass er ins Wasser ging.

Rosa nahm den schweren Streit

Schwach nur wahr und blickte platt,

Gänzlich ohne Ängstlichkeit

Unbewegt an seiner statt.

Nun, nachdem der Not Sekunden

Und der Schrecken abgeklungen,

War dem Prinzen auch entschwunden

Jener Drang, der eingedrungen.

Nach Erholung von dem Wahne

Stieg er auf, das Ross zu reiten,

Führte neuerstarkt die Fahne

Und des Herzens Emsigkeiten.

Laut ertönte sein Gesang

Furchtlos, da dem Tod entronnen,

Der des Jünglings Mut entsprang,

Nicht zu werden Fang der Wonnen.

Langsam ritt er in das kleine

Wäldchen, das am Weg gelegen,

Das mit sanfter Stimm’ die feine

Kühle pries als Göttersegen.

Frischer Atem lockt’ den Wandrer

Tief hinein in Wäldchens Dunkel,

Wo der dicken Rinden andrer

Segensruf ihm neu Gemunkel.

Mühsal wurd’ ihm bald das Schreiten

In des dichten Waldes Engen,

Bis der lange Marsch zur breiten

Lichtung führte aus den Fängen.

„Endlich“, sprach er, „eine Stelle,

Die des dunklen Waldes Bäumen

Mutig nicht sich beugt in Schnelle,

Da sie nicht bloß Wipfel...

Erscheint lt. Verlag 8.7.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Lyrik / Gedichte
Schlagworte Ästhetik • Epik • klassisch • Liebeslyrik • Romantik
ISBN-10 3-7578-5021-1 / 3757850211
ISBN-13 978-3-7578-5021-0 / 9783757850210
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