Der Schriftsteller und der Tod (eBook)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
256 Seiten
BLITZ-Verlag
978-3-7579-4248-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Schriftsteller und der Tod -  Alfred Wallon
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Die Ehe von Thomas Scholz ist gescheitert. Hartz 4 droht. Eine fatale Situation, denn der soziale Abstieg ist in greifbare Nähe gerückt. Ausgerechnet jetzt eröffnet ihm das Schicksal eine Chance: Die ganzen Jahre über hat er von einer erfolgreichen Karriere als Schriftsteller geträumt, aber letztendlich erschienen seine Romane bisher nur bei kleineren Verlagen. Jetzt eröffnet ihm seine Literatur-Agentin eine Möglichkeit, dass sein Roman bei einem großen Publikumsverlag erscheinen könnte - und ausgerechnet in diesem Moment befindet sich Scholz inmitten einer Schreibblockade. Gerade, als er eine Mordszene schildern muss. In seiner Verzweiflung greift er zu einer sehr ungewöhnlichen Methode - indem er selbst einen Mord begeht. Und es bleibt nicht nur bei diesem einen Mord... Die Kriminalpsychologin Julia Ried hat sich aus privaten Gründen nach Augsburg versetzen lassen. Zusammen mit ihrem Kollegen, Hauptkommissar Robert Brandner, muss sie den grausamen Mord an einer Prostituierten aufklären. Aber auch nach sorgfältigen Ermittlungen gibt es immer noch keine brauchbaren Hinweise auf den Täter. Das ändert sich erst, als ein zweiter Mord geschieht. Julia ahnt zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht, dass sie selbst im Blickfeld des Mörders steht...

Alfred Wallon geb. 1957, ist ein vielseitiger Autor, bis heute über 200 Romane in verschiedenen Genres veröffentlicht hat. Er schrieb Serien wie RIO CONCHO, DIE FORTS AM BOZEMAN TRAIL und TEXAS RANGER für den BLITZ-Verlag und beteiligt sich auch an RED ROCK RANCH und LOBO. Ab Sommer 2023 werden seine Romane exklusiv im BLITZ-Verlag veröffentlicht. Die Serie CIVIL WAR CHRONICLES wird mit einer Neuauflage als eBook und Taschenbuch abgeschlossen, inklusive drei neuen Romanen.

Zweites Kapitel


»Sind Sie aufgeregt?«, fragte Wolfgang Busch und schaute dabei in den Rückspiegel.

»Ein bisschen schon«, erwiderte Julia Ried. »Eigentlich hatte ich mir meinen Dienstantritt in Augsburg etwas unspektakulärer vorgestellt.«

»Morgen früh - ganz offiziell, mit Kollegenbegrüßung und vielem Händeschütteln, oder?«, fragte Busch, während er nach links in Richtung Bahnhof Oberhausen abbog. »Manchmal kommt eben alles anders.«

»Herr Kellermann sagte, es wäre gut für mich, wenn ich so schnell wie möglich mit der Praxisarbeit konfrontiert werde«, meinte Julia. »Also habe ich zugestimmt. Was ist denn schon dabei? Irgendwann muss es ja losgehen.«

Sie versuchte nach außen hin Ruhe und Gelassenheit zu demonstrieren. Aber sie ertappte sich immer wieder dabei, wie sie sich mit der rechten Hand eine widerspenstige blonde Haarsträhne aus der Stirn strich. Weil sie von Gunter Kellermann, dem Leiter der Mordkommission, darauf vorbereitet worden war, was sie gleich erwartete. Man hatte ihr gesagt, dass ihr Kollege, Hauptkommissar Robert Brandner, später nachkommen würde. Bei dieser Gelegenheit konnte sie auch ihn gleich kennenlernen.

Fünf Minuten später erreichte der Wagen die Ebnerstraße. Streifenbeamte waren bereits damit zugange, die neugierigen Gaffer auf Abstand zu halten. Julias Herzschlag beschleunigte sich, als sie zusammen mit Busch ausstieg und dann das Haus betrat, in dem der Mord passiert war. Die Straße befand sich in einem Stadtteil von Augsburg, von denen einige Bereiche als soziale Brennpunkte galten. Menschen unterschiedlichster Kulturen lebten hier in zahlreichen Wohnblocks und Reihenhäusern.

»Bleiben Sie in meiner Nähe und fassen Sie nichts an«, sagte Busch. Er wirkte wie ein Lehrer, der seiner Schülerin genau sagte, was sie zu tun und zu lassen hatte. Die Goldrandbrille, der struppige Vollbart und sein verwaschener Pullover taten ihr Übriges. »Nehmen Sie die Handschuhe und streifen Sie sich das hier über Ihre Schuhe«, fuhr er fort, während er selbst seinen Koffer öffnete und daraus einen dünnen durchsichtigen Overall herausholte, den er überstreifte. Ebenso wie die anderen drei Kollegen, die mit ihm und Julia an den Tatort gekommen waren. Das war ein Teil der Vorbereitungen, bevor sie Stück für Stück alles inspizierten.

»Schaffen Sie das?«, fragte Busch noch einmal. Sie bemerkte seinen skeptischen Blick.

»Natürlich«, erwiderte Julia hektisch, während ein Streifenbeamter aus der betreffenden Wohnung kam, sie kurz anschaute und sich dann direkt an Busch wandte. Julia hörte aber nur halbherzig zu. Sie registrierte etwas. Einen penetranten und süßlichen Geruch. Sie rümpfte ihre Nase.

»Gut, dann lasst uns mal unsere Arbeit machen«, meinte Busch zwischenzeitlich zu dem Polizisten. »Sorgt einfach dafür, dass die Schaulustigen auf Distanz bleiben.«

Dann betrat er die Wohnung mit seinen Kollegen, und Julia folgte ihnen. Sie spürte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte, als sie über den schmalen Flur ging und dabei die dunkelroten Flecken auf den Dielen bemerkte. Der Blutgeruch wurde intensiver, durchdringender – und überlagerte schließlich alles andere.

Der Raum, den sie betrat, war nicht sonderlich groß. An den Wänden hingen mehrere Spiegel, die Tapete war dunkelrot, und der Teppich auch. Instinktiv erfassten ihre Blicke das Bett in der Mitte des Zimmers. Die Laken waren zerwühlt. Und nass von Blut. Genauso wie die nackte Leiche, die mit gespreizten Beinen darauf lag. Die Fakten versetzten ihr einen Schock, und der Blutgeruch trüg noch ein Übriges dazu bei, um nicht nur ihren Magen in Aufruhr zu versetzen.

»Oh Gott...«, murmelte sie und wandte sich hastig ab. Sie schaffte es nicht mehr, das Würgen zu unterdrücken. Als sie losrannte, stolperte sie fast über ihre eigenen Füße. Sie musste weg aus diesem Zimmer. Der Anblick der Leiche, die sie gerade gesehen hatte, war zu viel. Säuerlicher Geschmack bildete sich in ihrer Kehle, und Sekunden später übergab sich Julia. Der ganze Mageninhalt entleerte sich auf die Dielen, und ihr wurde schwindlig. Zum Glück kam Busch zu ihr geeilt und stützte sie, bevor sie unter dem psychischen Druck zusammenbrach. Ihr Herzschlag raste. Sie hatte immer noch Mühe, ihr Gleichgewicht zu halten.

»Raus hier!«, gab ihr Busch zu verstehen. »Jetzt sofort. Warten Sie draußen im Treppenhaus, bis Ihr Kollege Brandner eingetroffen ist. In Ordnung?«

Julia nickte nur. Sie war innerlich noch viel zu aufgewühlt, um überhaupt sprechen zu können. Ihre Hände zitterten.

»Brauchen Sie einen Arzt?«, fragte er zur Sicherheit.

Julia winkte nur ab und verließ die Wohnung. Sie bemerkte Buschs Blicke, die ihr folgten, aber das kümmerte sie nicht. Mochte der doch denken, was er wollte. Er war Tatorte gewohnt und vermutlich schon entsprechend abgestumpft. Im Gegensatz zu Julia, die niemals im Leben damit gerechnet hatte, schon einen Tag vor ihrem offiziellen Arbeitsantritt eine volle Ladung Blut und Gewalt abzubekommen. Und das in einer Stadt wie Augsburg, deren Verbrechensstatistik im Vergleich zu Städten wie Frankfurt oder Berlin eher bescheiden wirkte.

Ich kann das nicht einfach verdrängen. Es wird nicht verschwinden. Es wird nie verschwinden, musste sich Julia eingestehen. Ich muss mich diesen Schatten stellen. Sonst schaffe ich es nicht...

Sie erreichte das Treppenhaus. Immer noch aufgewühlt von dem, was sie gesehen hatte. Der Polizist, der eben mit Busch gesprochen hatte, schaute sie kurz an und versuchte, ihr zuzulächeln.

»Ist es das erste Mal für Sie?«, fragte er.

»Ja... ich meine nein«, antwortete Julia und holte noch einmal tief Luft, bevor sie weitersprach. »Zumindest nicht so. Das war ja...«

Sie hatte immer noch Mühe, die Gedanken zu ordnen. Die Stimme des Polizisten machte ihr Mut, denn sie klang sanfter und verständnisvoller.

»Warten Sie einfach hier draußen«, schlug er ihr vor. »Ihr Kollege wird sicher gleich da sein. Das wird schon wieder, ganz bestimmt.«

»Danke«, Julia seufzte. Sie war wirklich froh darüber, dass wenigstens ein Mensch Verständnis für ihr Verhalten gezeigt hatte. Sie wusste, dass sie irgendwann mit solchen Bluttaten konfrontiert werden würde.

Die Wirklichkeit ist die beste Schulung, erinnerte sie sich wieder an die Worte ihres Ausbilders. Mit dem, was wir Ihnen hier zeigen und vermitteln, wollen wir Sie stärken für das, was jeden von Ihnen nach Ende der Ausbildung erwartet. Gewöhnen Sie sich besser so früh wie möglich an den Gedanken, dass Blut und Tod Ihre ständigen Begleiter sind.

Julias Gedanken brachen ab. In der Tat hatte sie die Wirklichkeit eingeholt. Drastischer als sie selbst vermutet hatte. Wahrscheinlich würden sich Busch und seine Kollegen das Maul über sie zerreißen, weil sie im entscheidenden Augenblick nicht hart genug gewesen war. Aber das interessierte Julia herzlich wenig. Sie musste erst einmal mit sich ins Reine kommen und das Chaos in ihrem Kopf ordnen, bevor sie über andere Dinge nachdachte. Sie hatte zum Tod eine eigene und sehr persönliche Einstellung – und nun hatte sie zum ersten Mal bemerkt, dass der Schutzwall, den sie in den letzten zwei Jahren um sich errichtet hatte, auf einmal Risse bekam.

Ich darf nicht zu oft daran denken, redete sie sich im Stillen Mut zu. Das alles liegt hinter mir, und ich muss nach vorn schauen. Die Zukunft ist hier in Augsburg, und nicht mehr in Hessen...

Auf einmal hörte sie Schritte. Weiter unten im Treppenhaus. Und die Stimme eines Polizeibeamten, der vor der Eingangstür stand. Julia war zu weit entfernt, aber sie hörte zumindest den Namen Brandner und schloss daraus, dass ihr Kollege jetzt im Anmarsch war. Wenn auch etwas spät.

Dumpfe Schritte erklangen auf der Treppe. Julia riskierte einen kurzen Blick über das Geländer nach unten. Von hier oben wirkten die unteren Stockwerke alt und düster. Und es roch muffig. Der Eigentümer hatte wohl schon lange keine Renovierungsarbeiten mehr vornehmen lassen. Dabei wäre es schon ausreichend gewesen, wenn man dem gesamten Treppenhaus einen helleren Anstrich verpasst hätte.

Ein Mann schleppte sich nach oben. Groß, nicht ganz schlank und mit ursprünglich schwarzen Haaren, die sich allmählich in graue verwandelten. Sein Gesicht wirkte verschlossen, irgendwie hektisch und nachdenklich. Er trug verwaschene Jeans und eine speckige Lederjacke, die nicht mehr ganz neu war. Irgendwie passte sie zu ihm.

Er erreichte die letzte Stufe. Julia spürte, dass sie seine Aufmerksamkeit genoss. Sie nahm sich zusammen und lächelte - und musste dann erleben, dass er den Blick abwandte und achtlos an ihr vorbei ging.

Was soll das denn jetzt?, dachte Julia. Ist der Typ kurzsichtig – oder nur arrogant und abweisend? Er müsste mich doch registriert haben. Aber stattdessen ignoriert er mich einfach. Das kann ja heiter werden, solch einen Kollegen zu bekommen.

*

»Da drin ist was Böses, Robert«, sagte Wolfgang Busch mit ungewöhnlich ernster Stimme. »Ich fürchte, es wird dir nicht gefallen. Genauso wenig wie deiner neuen Kollegin ...«

Er zeigte auf eine junge, zerbrechlich wirkende Frau, die im Treppenhaus stand und ganz bleich im Gesicht war. Hauptkommissar Robert Brandner hatte sie zwar beiläufig registriert, als er an ihr vorbeigegangen war. Aber mehr auch nicht.

»Neue Kollegin?« Brandner runzelte die Stirn. »Das höre ich zum ersten Mal.«

»Zumindest hat sie das behauptet, Robert«, meinte Busch. »Die Order, dass sie bei diesem Einsatz mit dabei ist, kam wohl von Kellermann ganz persönlich. Morgen fängt sie an. In deiner Abteilung. Sie heißt Julia Ried...«

»Das kann sie mir alles selbst erzählen – aber...

Erscheint lt. Verlag 30.4.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Augsburg • Ermittler • Krimi • kriminalpsychologin • Mord • Schreibblockade • Schriftsteller
ISBN-10 3-7579-4248-5 / 3757942485
ISBN-13 978-3-7579-4248-9 / 9783757942489
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