Geistertanz (eBook)

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2024 | 1. Auflage
245 Seiten
BLITZ-Verlag
978-3-7579-4167-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Geistertanz -  Alfred Wallon
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Im Jahr 1889 verbreitet sich eine neue Religion unter den Indianern. Sie geht von einem jungen Paiute-Mystiker namens Wovoka aus, der während einer Sonnenfinsternis in Trance fällt. Später behauptet er, er habe die Vision gehabt, dass in spätestens zwei Jahren alle Büffel zurückkehren und die Toten auferstehen würden. Außerdem würden alle Weißen aus dem Land verschwinden und niemals wiederkommen. Viele Menschen schließen sich dieser neuen Religion an und tanzen in Geisterhemden, die sie gegen alle Kugeln sämtlicher Feinde schützen sollen. Sie glauben, dass sich mit dem Tanz ihre desolate Situation in den Reservaten ändern und eine neue Zeit anbrechen wird. Der Scout Matt Devlin entdeckt Missstände in der Indianeragentur von Standing Rock. Die Situation spitzt sich dramatisch zu, als die Geistertanz-Bewegung weitere Anhänger findet und die ersten Auseinandersetzungen beginnen. Auch Sitting Bull kann viele junge Krieger nicht mehr zurückhalten. Niemand ahnt jedoch, dass Sitting Bulls Tod längst beschlossene Sache ist. Matt Devlin versucht, die Eskalationen noch zu verhindern. Aber mittlerweile hat ein neuer Offizier in Fort Yates das Kommando übernommen - und für ihn gibt es nur ein Ziel nach Sitting Bulls Ermordung: die Niederschlagung jeglichen Aufruhrs. Und genau das geschieht am 29. Dezember 1890 an einem kleinen Bach namens Wounded Knee Creek, dessen Name auf tragische und blutige Weise in die amerikanische Geschichte eingehen sollte...

Alfred Wallon geb. 1957, ist ein vielseitiger Autor, bis heute über 200 Romane in verschiedenen Genres veröffentlicht hat. Er schrieb Serien wie RIO CONCHO, DIE FORTS AM BOZEMAN TRAIL und TEXAS RANGER für den BLITZ-Verlag und beteiligt sich auch an RED ROCK RANCH und LOBO. Ab Sommer 2023 werden seine Romane exklusiv im BLITZ-Verlag veröffentlicht. Die Serie CIVIL WAR CHRONICLES wird mit einer Neuauflage als eBook und Taschenbuch abgeschlossen, inklusive drei neuen Romanen.

Zweites Buch: Untergang der Geistertänzer


»...Meine Kinder! Meine Kinder! In längst vergangenen Tagen rief ich euch auf, auf die Jagd zu gehen oder dem Kriegspfad zu folgen. Nun sind diese Pfade mit Sand verschüttet. Sie sind bedeckt mit Gras, die jungen Männer können sie nicht finden. Meine Kinder: heute rufe ich euch auf, einem neuen Pfad zu folgen – dem einzigen der noch offen ist: dem Pfad des Weißen Mannes...«

Wovokas letzte Worte 1932

»...Sitting Bull machte den Eindruck eines kranken Mannes. Sein Gesicht war von Hunger und Sorgen gezeichnet. Er war stark gealtert. Es bedeutete einen schweren Schlag für seinen stolzen Sinn, sich den verhassten Weißen ergeben zu haben und seiner geliebten Freiheit auf immer entsagen zu müssen. Er trug schwer daran...«

Colonel William Brown 1882

Der Wind, der vereinzelte Schneeflocken aus Richtung Norden vor sich hertrieb, war kalt und ließ die Krieger in ihren Geisterhemden frösteln. Aber sie spürten die Kälte des nahen Winters nicht, sondern richteten ihre Blicke vielmehr hinauf zum wolkenverhangenen grauen Himmel.

Die meisten von ihnen tanzten jetzt und überließen ihren Körper ganz der Ekstase, während die Schneeflocken immer dichter vom Himmel fielen. Die ersten kehligen Gesänge ertönten, und die einsetzende Euphorie ließ keinen der Krieger gleichgültig. Denn mit diesem Tanz überschritten sie die Grenze der realen Welt und bekamen Einblick in das neue Reich, das ihnen der Prophet Wovoka verkündet hatte.

Crow Killer lächelte, als er die tanzenden Lakota-Krieger beobachtete, aber er selbst konnte sich nicht in diese Euphorie hineinsteigern, die die meisten der Krieger erfasst hatte. Sie waren vor vier Nächten aus der Indianeragentur Standing Rock geflohen, weil sie sich nicht länger von den verhassten Weißen demütigen lassen wollen.

Weil sie hungerten, hatten sie die Farm eines Weißen überfallen und dessen Rinderherde gestohlen. Die meisten Tiere hatten sie in Sitting Bulls Lager gebracht, wo man das Vieh sofort geschlachtet und das Fleisch unter den Familien aufgeteilt hatte. Nur einen geringen Teil hatten Crow Killer und seine Gefährten für sich behalten.

Lange waren sie nicht im Lager geblieben, denn jeder wusste, dass der Tod eines weißen Farmers schwere Folgen mit sich bringen würde. Die Verantwortung dafür trugen Crow Killer, Black Fox und die anderen Krieger. Sie würden nicht mehr zurückkehren nach Standing Rock, denn sie wollten frei sein. Seitdem hatten sie sich in einem öden und unwegsamen Landstrich verschanzt.

»Warum tanzt du nicht, Crow Killer?«, riss ihn die Stimme des älteren Black Fox aus seinen Gedanken. Sein Blick war eine Mischung aus Unverständnis und leichter Verwunderung, weil er sich nicht den anderen Kriegern anschloss.

»Ich muss an unsere alte Heimat denken«, erwiderte Crow Killer und blickte dabei in Richtung Westen. Jenseits des Horizontes erstreckten sich die Black Hills, die von den Sioux auch Paha Sapa – heilige Berge genannt wurden. »Als ich ein Kind war, glaubte ich noch daran, dass unser Volk eine Zukunft hat und...«

»Wir haben eine Zukunft!«, unterbrach ihn Black Fox, dessen Augen fanatisch aufblitzten. »Wovoka, der neue Messias, hat sie uns verkündet. Jeder von uns wird wieder so leben wie unsere Vorfahren. Wenn wir den Geistertanz tanzen, dann werden die Büffel wieder kommen, und eine große Schicht neuer Erde wird diese Welt bedecken. Die roten Völker werden darüber schweben und erst wieder die neue Erde betreten, wenn alle Weißen vernichtet sind.«

»Ich kenne Wovokas Visionen«, sagte Crow Killer. »Ich habe mit Kicking Bear darüber gesprochen. Er war lange bei Wovoka und hat seine Worte vernommen. Sie sind stark und mächtig, und ich hoffe, dass sie sich erfüllen werden.«

»Du zweifelst am Propheten?«

Black Fox blickte erstaunt drein. Bisher hatte er Crow Killer für seine Tapferkeit und den Willen bewundert, sich von den Weißen nicht länger unterdrücken zu lassen. Er und zwanzig weitere Krieger hatten sich ihm sofort angeschlossen, als sie erfuhren, was Crow Killer geplant hatte. Jeder von ihnen wusste um das Unrecht, dass der Indianeragent James McLaughlin seinem Volk zufügte. Er ließ es zu, dass die im Reservat Standing Rock eingepferchten Sioux allmählich verhungerten, und die von der Regierung eingesetzten Indianerpolizisten schauten dabei schweigend zu.

»Ich zweifle nicht daran, dass ein Mann von einer besseren Welt träumt«, versuchte Crow Killer den aufgebrachten Black Fox zu beruhigen. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob sich dieser Wunsch jemals erfüllen wird. Selbst Sitting Bull weiß nicht, ob...«

»Sitting Bull wird langsam alt«, winkte Black Fox ab. »Er hat sein Leben gelebt und ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Wäre er der Anführer unseres gesamten Volkes, für den er sich immer noch hält, dann hätte er allen sagen müssen, sich gegen die Weißen zu erheben und McLaughlin zu töten – mitsamt den verräterischen Metal Breasts.«

Crow Killer konnte den Krieger gut verstehen. Sein Hass auf die Indianerpolizisten, die man hinter vorgehaltener Hand verächtlich Metal Breasts nannte, war groß. In seinen Augen waren diese Männer Verräter an ihrem eigenen Volk, weil sie sich von den Weißen anheuern ließen, um dann deren Gesetze zu befolgen. Gesetze, die sich ganz klar gegen die Sioux richteten.

»Sitting Bull weiß, dass in Standing Rock viele Alte und Schwache leben, Black Fox«, sagte Crow Killer. »Sie würden hier in den Badlands nicht lange am Leben bleiben. Sieh dich doch um! Der Winter hält Einzug. In den nächsten Tagen wird das Land im Schnee versinken. Willst du, dass die kleinen Kinder erfrieren? In Standing Rock haben sie wenigstens ein Dach über dem Kopf. Und wir haben ihnen noch etwas Gutes getan. Zumindest wird keiner von ihnen verhungern.«

Der Blick des jungen Kriegers wurde nachdenklich, während drüben beim Feuer die tanzenden Krieger einem weiteren Höhepunkt zustrebten und die schrillen Schreie der Frauen eine solche Intensität annahmen, dass er immer wieder hinüber schaute.

»Wovokas Visionen geben uns allen Kraft – und die Hoffnung, dass es einmal anders sein wird«, meinte Black Fox. »Wenn ich daran nicht mehr glauben könnte, dann hätte mein Leben keinen Sinn mehr.«

»Und trotzdem gibt es Verräter in unserem Volk«, erwiderte Crow Killer. »Henry Bull Head und seine Metal Breasts warten nur darauf, Sitting Bull zu töten. Sie glauben, dass nach seinem Tod ihr Einfluss auf unser Volk noch größer sein wird. Und diesen Hass schüren McLaughlins Leute. Ich habe nicht vergessen, was ich gehört habe, Black Fox.«

»Niemand wird Sitting Bull töten«, winkte Black Fox ab, weil er sich in der Zwischenzeit seine eigenen Gedanken über die ganze Sache gemacht hatte. »Ich kenne Bull Head. Er mag sich für einen großen Krieger halten, weil er den Uniformrock der weißen Soldaten trägt. Aber in seinem Herzen ist er ein elender Feigling.«

»Ich wünschte, ich könnte deinen Worten glauben«, seufzte Crow Killer. »Aber ich kann das Gespräch zwischen Bull Head und Agent McLaughlin nicht vergessen und...«

Er kam nicht dazu, diesen Satz zu beenden, denn genau in diesem Moment kam einer der Wachposten herbei geeilt. Seine warnende Stimme war so laut, dass die monotonen Gesänge von einem Augenblick zum anderen verstummten und die Menschen in ihren Tänzen inne hielten.

»Soldaten!«, rief der Wachposten. »Sie kommen hierher!«

Crow Killer und Black Fox kamen nun ebenfalls zu den anderen und erkannten, dass sich Furcht in den Augen des Kriegers widerspiegelte.

»Wie viele sind es?«, wollte Crow Killer wissen.

»Ich konnte sie nicht genau erkennen«, erwiderte der Krieger. »Der Schnee wurde immer dichter. Aber es sind sehr viele, Crow Killer. Und sie haben eine Kanone dabei!«

Jeder der Krieger wusste, was das bedeutete. Die Hoffnung darauf, dass man sie in der Abgeschiedenheit dieser Region nicht finden würde, war jäh zunichte gemacht worden.

»Sollen sie nur kommen!«, ergriff nun Black Fox das Wort und trat einen Schritt näher an das Feuer. »Auch die Langmesser-Soldaten sind nicht unsterblich. Brüder, wir glauben an den neuen Messias, den uns der Große Geist gesandt hat. Er lebt bereits auf dieser Erde und hat seinen Kindern gepredigt, wie unsere Zukunft aussehen wird. Niemand wird uns diese Zukunft streitig machen. Ihr tragt alle eure Geisterhemden, Brüder. Die Kugeln aus den Gewehren der Soldaten werden daran abprallen, und dann sind wir die Sieger!«

Er sagte das mit einer solchen Überzeugung, dass es keinen der anderen Krieger gleichgültig ließ. Black Fox war ein ehrgeiziger Krieger, der in seinem Herzen noch wild und ungestüm war. Das galt auch für die meisten anderen Sioux, die die Flucht in die Badlands gewagt hatten.

Crow Killer konnte die Blicke der Krieger spüren, die sich nun erwartungsvoll auf ihn richteten. Denn noch war er ihr Anführer.

»Wir werden kämpfen«, entschied er nach kurzem Überlegen. Denn er wusste, dass sie keine andere Chance mehr hatten.

*

Matt Devlin fluchte, als ihm der böige Wind weitere Schneeflocken ins Gesicht blies. Vor einer halben Stunde hatte es erneut zu schneien begonnen. Zuerst ganz zaghaft, aber dann deutlich stärker, und mittlerweile war das Land von einem dichten und dauerhaften Schneeteppich bedeckt.

Das machte das Vorwärtskommen für die Schwadron der 7th Cavalry natürlich nicht leichter. Zumal die Pferde in den unwegsamen Hügeln sichtliche Mühe hatten, den richtigen Weg zu finden. Seit Tagen kämpften sie sich durch das unwegsame Gelände, und für die Männer war es Schwerstarbeit. Selbst Matt Devlin, der schon seit drei Jahren in Fort Yates als Scout für...

Erscheint lt. Verlag 30.4.2024
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Abenteuer • Aufruhr • historisch • Indianer • Reise • Religion • Reservat • Roman • Scout • Sitting Bull
ISBN-10 3-7579-4167-5 / 3757941675
ISBN-13 978-3-7579-4167-3 / 9783757941673
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