Dorian Hunter 126 (eBook)

Der Tempel im Dschungel

(Autor)

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2023 | 1. Aufl. 2023
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-5086-8 (ISBN)

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Dorian Hunter 126 - Earl Warren
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Die Expedition marschierte wieder los. Das unheilvolle Schweigen dauerte an. Dann lichteten sich die Bäume; das Unterholz war nicht mehr so dicht. Mitten im Dschungel erhob sich ein altes Gemäuer, verwittert, von Pflanzen und Rankenwerk überwuchert.
Man konnte erkennen, dass der Tempel ein pyramidenförmiges Dach hatte. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne beleuchteten ihn, ließen eine düster glänzende Aura um das alte Gemäuer entstehen.
Jetzt war es Chet MacArthur, der die Expeditionsteilnehmer antrieb. »Auf! Hin zum Tempel! Wir schlagen unser Lager direkt dort auf.«
»Ich habe kein gutes Gefühl«, sagte Radschendra Bhandri leise.
Keiner hörte auf ihn. Die sechs Männer und die Frau liefen zu dem verwitterten alten Tempel - ihrem Schicksal entgegen ...

Endlich gibt es eine Spur von Jeff Parker, der sich offenbar in Indien aufhält - aber wird es dem Dämonenkiller-Team wirklich gelingen, den Kontakt zu Parker herzustellen?


2. Kapitel


Chet MacArthur hatte ab Mitternacht Wache. Zikaden zirpten, und es war drückend heiß. Der Geruch des fauligen Wassers hing über der Umgebung. Große Stechmücken tanzten im Feuerschein. Das Feuer brannte auf dem Vorplatz des Shiva-Tempels. Chet MacArthur schlug mechanisch nach den Stechmücken. Er nahm jeden Tag seine Malariatabletten und war gegen alle möglichen Tropen- und Dschungelkrankheiten geimpft, wie die anderen Expeditionsmitglieder auch.

Der Ort Ajanta mit seinen Höhlentempeln war nur vierzig Kilometer Luftlinie entfernt, aber diese Gegend hier hatte vielleicht seit Jahren kein Mensch mehr betreten. Und diejenigen, die den Weg zum verlorenen Shiva-Tempel gefunden hatten, waren nicht wiedergekehrt.

Chet MacArthur dachte an den Fluch, von dem sein Freund Radschendra Bhandri ständig redete. MacArthur glaubte nicht daran. Vielleicht gab es Gefahren, vielleicht sogar außer dem Ungeheuer im grünen See noch ein weiteres. Aber jedenfalls nichts, womit ein entschlossener und mutiger Mann, der über Waffen verfügte, nicht fertig werden konnte. Major Chet MacArthur dachte wie ein Soldat und ein Mann, der Übernatürliches nicht anerkannte.

Das Feuer war heruntergebrannt. Er legte ein paar neue Äste drauf. Dicker Rauch zog über die Schläfer, und zwei husteten.

Liz Ballard sah unter ihrem Moskitonetz selbst im Schlaf bildhübsch aus. Roger Ballard, ihr Mann, hatte den Arm besitzergreifend über sie gelegt. Er schnarchte leise und blies Whiskyatem in Liz' Richtung, denn nach dem Schock mit den beiden Toten hatte er vor dem Schlafengehen einen kräftigen Zug aus der Flasche genommen.

Mannen Smith war beim Tempel begraben. An Zakir Jawalarlal, den das Ungeheuer in den See geschleppt hatte, wollte MacArthur lieber nicht denken.

Silbern stand die Mondsichel über dem Dschungel. Ein paar Sterne blinkten, und der Chor der Tierstimmen war ständig zu vernehmen, ebbte manchmal ab und wurde dann wieder lauter.

Die Shiva-Statue ging dem Major nicht aus dem Sinn. Hatte sie nun die Stellung der Arme verändert oder nicht? Die Männer hatten nach Einbruch der Dunkelheit nur noch einen flüchtigen Blick in den Tempel geworfen. Selbst der großmäulige Roger Ballard hielt es für besser, bis zum Morgen zu warten. Die Schnellfeuergewehre lagen in Reichweite der Schläfer, und jeder Mann hatte außerdem zwei Dynamitpatronen bei sich.

MacArthur behielt seine Umgebung scharf im Auge, aber seine Gedanken kreisten ständig um die Shiva-Statue. Er fühlte sich von ihr angezogen, auf geheimnisvolle Weise angelockt. Der Drang in ihm wurde stärker. Aber der kaltblütige Soldat unterdrückte ihn. Ein anderer hätte nachgegeben. Er nicht. MacArthur wartete, bis seine Wache um war, bis drei Uhr morgens. Nichts Außergewöhnliches geschah in dieser ganzen Zeit.

MacArthur weckte schließlich Radschendra Bhandri. Der schlanke Inder gähnte, rieb sich die Augen und setzte sich auf. Im Halbschlaf noch öffnete er die Thermosflasche und schenkte sich einen Becher heißen Kaffee ein. Er trieb ihm den Schweiß aus den Poren – die Unterwäsche und das Kakizeug klebten widerlich an der Haut, aber er machte ihn wach. Gähnend nahm Bhandri sein Gewehr und ging in die Büsche, um sich zu erleichtern.

MacArthur wartete, bis er zurückkam. »Pass gut auf!«, sagte er. »Ich glaube nicht, dass dieses Biest im See weit vom Wasser weggeht, aber man kann nie wissen. Wenn du etwas Verdächtiges siehst, schießt du erst und siehst es dir dann genauer an, klar?«

»Klar, Chet.«

»Ich will noch einen Blick in den Tempel werfen, bevor ich mich für die restlichen drei Stunden aufs Ohr lege. Diese verdammten Moskitobiester fressen uns alle noch auf. Das sind die schlimmsten Ungeheuer hier.«

»Was willst du denn im Tempel? Sei vorsichtig, ja? Denk an Shivas Fluch!«

»Ich denke, ihr Mediziner seid nicht abergläubisch?«

»Wir wissen aber, dass es Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die unsere Wissenschaft nicht erfassen kann.«

MacArthur brummte etwas Unverständliches und ging zum Tempel. Er hatte die Stablampe am Gürtel hängen und schaltete sie nun ein. Der starke Lichtstrahl durchschnitt die Dunkelheit.

MacArthur trat durch das Hauptportal zwischen den mächtigen behauenen Säulen. Er stieg über Gesteinstrümmer und kam in die große Tempelhalle. Dort drinnen herrschte völlige Stille. Es roch modrig. Zwischen den Säulen zu beiden Seiten hing die Dunkelheit wie ein schwarzer Mantel.

Ein weniger mutiger Mann als MacArthur hätte Todesängste ausgestanden, der drahtige Major mit dem dünnen Oberlippenbärtchen indessen nicht. Das Gewehr schussbereit in der Linken, die Stablampe in der Rechten, ging er zu der Shiva-Statue. MacArthur leuchtete den grünen Jadegott mit der Mitrakrone und den vier Armen an. Shivas Gesicht schien in einem höhnischen Grinsen erstarrt zu sein. Seine Augen glänzten. MacArthur sah jetzt ganz genau, dass die Stellung der Arme eine andere war als zuvor. Er zögerte einen Moment, dann stieg er auf den niedrigen Altarsockel, stieß den im Flammenkranz stehenden Gott mit dem Gewehr an und berührte ihn dann mit der Hand. Kein Zweifel, das Standbild bestand aus Jade.

Der Major ging um die Statue herum und berührte sie von allen Seiten. Er konnte nichts weiter feststellen. Schulterzuckend wandte er sich ab, um den Tempel wieder zu verlassen. Am nächsten Morgen wollte er die Sache mit den anderen erörtern. Wenn die Statue die Arme ein wenig bewegen konnte, sah MacArthur darin keinen Grund, gleich die Nerven zu verlieren. Was machte das schließlich schon aus, solange nicht mehr geschah? Auf der Hut sein und auf die Statue achten musste man natürlich.

Chet MacArthur ging auf den Tempelausgang zu, der Shiva-Statue den Rücken zukehrend.

Das Hallen seiner Schritte klang unheimlich in dem großen Tempel mit dem Kuppeldach. Und dann hörte MacArthur etwas anderes, ein Knirschen, einen eigenartigen Laut aus der Richtung der Statue, die er gerade verlassen hatte. Der Major wollte herumwirbeln, da stach etwas zwischen seine Schulterblätter, drang in seinen Rücken ein und sendete glühende Schmerzwellen durch seinen ganzen Körper. MacArthurs Körper wurde völlig steif und so kalt wie Eis.

Der Major war völlig Herr seiner Sinne. Das Gewehr hatte er fallen lassen. Die Lampe beleuchtete vor seinen Füßen den Boden.

Knirschende Geräusche näherten sich im Dunkeln. Schritte hallten auf den Steinfliesen, zwischen deren Fugen Gräser und Moos wuchsen. Eine kalte, steinerne Hand packte den Major am Hals, zwei weitere legten sich auf seine Schultern. Eine vierte Hand packte etwas, das in MacArthurs Rücken steckte.

Radschendra Bhandri hörte seltsame Geräusche aus dem Tempel, so als stampfte jemand darin herum. Dann war ein unheimliches Stöhnen und Ächzen zu vernehmen.

Bhandri sträubten sich die Haare. Er weckte die anderen.

Roger Ballard, Liz und Edward Derby waren sofort wach. Die beiden Männer griffen nach den Schnellfeuergewehren.

»Was ist?«, fragte Roger Ballard. »Das Wasserungeheuer?«

»Nein, im Tempel.«

Ballard wollte aufspringen, verhedderte sich dabei aber im Moskitonetz und konnte sich nicht gleich befreien. Er schimpfte und fluchte, riss an dem zähen Geflecht.

»So sei doch endlich ruhig, Roger!«, rief Radschendra Bhandri. »Wir hören ja gar nicht, was im Tempel vorgeht.«

Als Roger Ballard das Netz abgestreift hatte und schwieg, war nichts mehr zu hören.

»Wo ist Chet MacArthur?«, fragte Liz Ballard.

Wie die Männer schlief auch sie in Kleidern; lediglich den beengenden Gürtel hatte sie abgelegt.

»Im Tempel«, sagte Bhandri. »Er wollte einen Blick hineinwerfen. Ich habe ihn gewarnt. Irgendetwas muss da drin passiert sein.« Er leuchtete zum Tempeleingang, und genau in diesem Moment erschien Chet MacArthur. Er war so blass wie eine Leiche und bewegte sich steif und hölzern. Das Gewehr schleifte er hinter sich her, die Lampe war ausgeschaltet.

»Chet!«, rief Radschendra Bhandri. »Was ist da drin passiert?«

Chet MacArthur kam näher. Seine Stimme klang völlig gleichgültig und etwas schleppend. »Nichts. Was soll denn passiert sein? Ich habe mich ein wenig umgesehen. Jetzt will ich die kurze Zeit, die bis zum Morgen bleibt, noch schlafen.«

»Aber wie siehst du denn aus, Chet'? So bleich wie ein Leichentuch. Es muss irgendetwas geschehen sein.«

»Mein Magen ist nicht ganz in Ordnung«, brummte MacArthur. »Aber das wird sich schon geben. Macht nicht ein solches Theater wegen einer Nichtigkeit! Geht doch in den Tempel und seht nach, wenn ihr meint, dass etwas nicht in Ordnung ist!«

Er ging zu seinem Lagerplatz, ohne die anderen weiter zu beachten, schlug das an zwei Ästen hängende Moskitonetz zurück, zog die Schuhe aus, öffnete den Gürtel und schlüpfte in den Schlafsack aus Synthetikgewebe. Es war eine Faser, die die Körperwärme ableitete, sodass man nicht so sehr schwitzte in der Tropennacht.

MacArthur legte sein Gewehr und die Lampe zurecht und streckte sich bequem aus. Die anderen beobachteten ihn.

»Na«, sagte der...

Erscheint lt. Verlag 27.6.2023
Reihe/Serie Dorian Hunter - Horror-Serie
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-5086-X / 375175086X
ISBN-13 978-3-7517-5086-8 / 9783751750868
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