G. F. Unger Western-Bestseller 2626 (eBook)

Die Quen-Sippe

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-5432-3 (ISBN)

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G. F. Unger Western-Bestseller 2626 - G. F. Unger
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Mein Bruder Abe war aus El Paso gekommen. Obwohl er von allen Quens den weitesten Weg hatte und gewiss einige Male die Pferde wechseln musste, war er keine Sekunde zu spät eingetroffen. Das gab es bei uns Quens nicht, wenn unsere Mom rief.
Sie hatte uns an ihr Sterbebett gerufen. Und es war jedem von uns klar: Diesmal war es ernst.
Außer meinem Bruder Abe waren noch meine Brüder Pernel, Virgil und meine Vettern Alvares und Johnny da. Und in der Ecke saß Onkel Tate. Er war der Bruder meines Vaters. Einen Vater hatten wir nicht mehr - schon lange nicht. Aber hätte er noch gelebt, wir wären gewiss nicht anders geworden. Im Gegenteil. Auch unser Alter gehörte zu jener Sorte, die sich durch Kühnheit behauptete, die keinem Streit und keinem Wagnis aus dem Wege ging - und die deshalb nicht sehr alt werden konnte ...


Die Quen-Sippe

Mein Bruder Abe war aus El Paso gekommen. Obwohl er von allen Quens den weitesten Weg hatte und gewiss einige Male die Pferde wechseln musste, war er keine Sekunde zu spät eingetroffen. Das gab es bei uns Quens nicht, wenn unsere Mom rief.

Sie hatte uns an ihr Sterbebett gerufen. Und es war jedem von uns klar: Diesmal war es ernst.

Außer meinem Bruder Abe waren noch meine Brüder Pernel, Virgil und meine Vettern Alvares und Johnny da. Und in der Ecke saß Onkel Tate. Er war der Bruder meines Vaters. Einen Vater hatten wir nicht mehr – schon lange nicht. Aber hätte er noch gelebt, wir wären gewiss nicht anders geworden. Im Gegenteil. Auch unser Alter gehörte zu jener Sorte, die sich durch Kühnheit behauptete, die keinem Streit und keinem Wagnis aus dem Wege ging – und die deshalb nicht sehr alt werden konnte ...

Mein Name? Ich heiße Ben, einfach Ben. Meine größeren Brüder hatten schon alle ihre Kriegsnamen und waren mehr oder weniger berühmt-berüchtigt.

Abe zum Beispiel hatte noch vor wenigen Monaten drüben in Mexiko für Juarez gegen die Franzosen gekämpft.

Pernel war der Führer von Guerillas gewesen, die bis vor einem Jahr den Yankees das Leben schwer machten.

Virgil war von New Orleans herübergekommen. Er hatte sogar eine Extra-Expresspost für sich fahren lassen. Er war elegant gekleidet – wie ein englischer Lord. Aber wir hatten schon gehört, dass er ein Spieler geworden war, der auf den noblen Saloonschiffen den Mississippi hinauf- und hinunterfuhr und auf sein Glück vertraute.

Unser Vetter Alvares Quen war ein schon fast legendärer Armee-Scout. Er hatte erst vor drei Monaten den gefährlichen Häuptling Bronco gefangen, einfach so mitten aus einem Kriegslager heraus. Alvares Quen hatte dadurch einen Apachenkrieg beendet, denn dieser Bronco war für seine Anhänger eine Art roter Messias gewesen, an dessen Wunderkraft sie glaubten. Als er verschwunden war, verzagten sie.

Dann war da noch unser Vetter Johnny Quen. Er galt zu dieser Zeit als einer der schnellsten Revolvermänner des Westens.

Das also waren wir jungen männlichen Quens: Abe, Pernel, Virgil, Alvares, Johnny und dann ich, Ben.

Wir waren groß, hager, dunkel und dabei blauäugig. Wir hatten alle die gleichen dunkelblauen Augen.

Nur Onkel Tate nicht. Onkel Tate, der ein Bruder unseres Vaters war, glich diesem überhaupt nicht. Wir Jungen aber glichen unserem Vater, der Alvares' und Johnnys Onkel gewesen war.

Und sie waren gekommen, weil Mom nach ihnen verlangt hatte.

Vor einigen Wochen hatte sie plötzlich angefangen, Briefe zu schreiben. Jeden Tag einen, denn die Schreiberei war Schwerstarbeit für sie. Dabei war sie nicht dumm. Sie hatte nur länger als zwanzig Jahre keinen Brief geschrieben.

Ihre Briefe waren offenbar alle in die Hände gekommen, für die sie bestimmt waren – und das war schon ein außergewöhnliches Glück, wenn man bedenkt, dass manche Adressen sehr unbestimmt waren.

Aber Mom hatte ja auch auf die Rückseite jedes Briefumschlags geschrieben: »Empfänger zahlt dem Überbringer 25 Dollar.«

Ja, unsere Mom wusste sich immer zu helfen.

Fünfundzwanzig Dollar waren der Monatslohn eines Cowboys, und so kurz nach dem Krieg konnte ein Mann mächtig froh sein, einen solchen Job zu haben. Tausende von Männern waren ohne Heim, ohne Job und Auskommen.

Nun, die Quens waren also alle gekommen.

Mom hatte ihnen Tag und Zeit genau angegeben.

Nur ich, Ben Quen, ich war daheim, denn ich war der jüngste Quen. Ich war daheim geblieben, nachdem ich aus dem Krieg gekommen war. Mom war alt geworden und brauchte jemanden. Sie konnte die kleine Ranch-Farm nicht mehr allein bewirtschaften.

Mom saß im Bett. Nell Carter, die Frau unseres Nachbarn, hatte sie gewaschen, frisiert und ihr das gute Bettjäckchen angezogen.

Sie wirkte gar nicht krank, aber vielleicht war ihre Erregung daran schuld. Sie war noch einmal angefüllt mit ihrer alten Energie, mit der sie es fertiggebracht hatte, uns ohne die Hilfe ihres Mannes großzuziehen.

Und sie hatte es geschafft.

Der Reihe nach blickte sie uns an.

Ich erinnerte mich daran, dass ich sie als kleiner Junge einmal ein Pferd hatte beschlagen sehen. Damals waren meine größeren Brüder wieder einmal fortgeritten und hatten sich wochenlang nicht blicken lassen.

Oh, wir alle erinnerten uns wohl in diesen Minuten des schweigenden Beisammenseins an viele Dinge, die zumeist für uns beschämend waren.

Plötzlich begann sie zu sprechen. Sie sagte mit ruhiger Stimme: »Ich sterbe heute. Und ich danke dem Herrn im Himmel, dass er es möglich machte, euch bei mir zu haben – alle Quens. Ich habe euch etwas zu sagen. Fast ein ganzes Jahr habe ich darüber nachdenken können. Ich weiß nur nicht recht, wie ich es euch sagen soll. Doch ich muss mich beeilen. Meine Kraft reicht nicht mehr lange.«

Nach diesen Worten musste sie sich wieder etwas ausruhen. Abermals sah sie jeden von uns mit ihren grauen Augen nachdenklich an.

Nachdem sie verschnauft hatte, kam sie zur Sache. Sie sagte: »Wir Quens sind doch eine lausige Bande von Raufbolden, Glücksrittern, Revolverhelden, Pferdedieben und Banditen. Stimmt das? Oder möchte mir jemand widersprechen?«

Niemand von uns sagte etwas. Wir alle dachten über unsere Vergangenheit nach, und sogar ich, der jüngste Quen, hatte einige dunkle Punkte in meinem Leben. Ich war im Krieg gewesen und ...

Nun, auch ich wagte nicht zu widersprechen.

Nur Onkel Tate sagte mild: »Mary, man könnte mit einigem guten Willen auch sagen, dass wir Quens eine stolze Sippe sind, die gerne dem Teufel ins Maul spuckt, dass wir es einfach im Blut haben und immer unterwegs sein müssen, um hinter den nächsten Hügel zu sehen. Was immer wir auch getan haben mögen, wir achteten stets die Frauen und vergriffen uns nie an Schwachen, sondern halfen den Hilflosen. Mary, was ist falsch an uns?«

»Alles«, schnappte sie, »einfach alles! Und dein lächerlicher Stolz, Tate, soll dich nur darüber hinwegtrösten, dass du ein Versager bist, der sein Leben nutzlos verschwendet – einfach vertan hat, so wie diese Jungs es vertun werden. Ihr Vater, der dein Bruder war, versuchte es. Er nahm sich eine Frau und setzte Kinder in die Welt. Doch er war zu schwach. Er schaffte es nicht. Seine Unstetigkeit war stärker als das Pflichtgefühl gegenüber seiner Familie. Er blieb der wilde Junge, auf den schon irgendwo eine Kugel wartete. Ihr alle habt bisher Glück gehabt. Vielleicht haben das meine Gebete bewirkt. Aber bald bin ich tot, und dann betet niemand mehr für euch. Ich will, dass es anders wird!«

Den letzten Satz stieß sie energisch aus. Und sie sah uns zwingend an.

»Für mich ist es zu spät, Mom. Ich bin dreißig Jahre alt und kann mich nicht mehr ändern«, sagte Abe.

»Und ich brauche nichts anderes als ein Pferd, einen Sattel und einen Colt. Das genügt mir. Dann bekommt man überall seinen Spaß«, stieß Pernel hervor.

Virgil aber sagte: »Auch ich fühle mich wohl. Schöne Kleidung, ein Leben unter den Noblen und Reichen – und überall schöne Frauen am Wege. Ich fühle mich wohl auf den Luxusschiffen des Mississippi. Ich besitze siebzehn Anzüge und achtunddreißig Seidenhemden. In meiner Luxuskabine ist eine Badewanne. Vor einem Monat hätte ich eine richtige Gräfin aus Germany heiraten können.«

Vetter Alvares begann zu lachen. Er machte dann den Mund auf, um seine Ansichten zu äußern. Nach ihm wären gewiss noch Johnny oder Onkel Tate an die Reihe gekommen.

Doch Mom sagte hart: »Hört auf, ihr Narren! Warum denkt ihr alle immer noch wie dumme Jungs? Warum könnt ihr nicht wie Männer denken, die den Unterschied begriffen haben?«

Wir staunten sie an.

»Welchen Unterschied?«, fragte Abe schließlich.

Mom saß jetzt einige Atemzüge lang mit geschlossenen Augen da. Man sah ihr an, dass sie Kraft sammelte, denn es kam ihr jetzt wohl sehr darauf an, uns zu überzeugen.

»Wenn ihr eines Tages tot seid wie euer Vater und Onkel«, sagte sie dann, »wird nichts von euch auf dieser Welt zurückbleiben – nichts! Ihr werdet zu Staub, zu Erde. Eure Namen wird man vergessen. Es wird von euch nichts geben außer einigen wilden Erinnerungen. Und nichts wird sein, auf das ihr stolz sein könntet. Nichts! Deshalb will ich, dass ihr mir an meinem Sterbebett einen Wunsch erfüllt. Versprecht es mir! Schwört es eurer Mom! Los! Ich will, dass ihr mir schwört, meinen letzten Wunsch zu erfüllen. Abe, du bist mein ältester Sohn. Fang an!«

Abe zögerte. Er witterte, dass Mom ein unsichtbares Lasso schwang, um ihn einzufangen. Aber ihre Augen waren fest, feierlich, zwingend und so merkwürdig weise und wissend. Wir glaubten damals, dass Mom über viele Jahre hinweg in die Zukunft blicken konnte.

»Mom, ich schwöre, dass ich dir deinen letzten Wunsch erfüllen will, so gut ich es kann«, sagte Abe plötzlich.

Sie nickte und sah Pernel an.

Auch dieser schwor.

Dann tat es Virgil, und nach ihm kam ich an die Reihe.

Alvares sagte...

Erscheint lt. Verlag 27.6.2023
Reihe/Serie Western-Bestseller
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • GF • g f barner • Indianer • jack-slade • Jugend • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • martin-wachter • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • sonder-edition • Western • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7517-5432-6 / 3751754326
ISBN-13 978-3-7517-5432-3 / 9783751754323
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